Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100869/9/Weg/Ri

Linz, 17.05.1993

VwSen - 100869/9/Weg/Ri Linz, am 17. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. September 1992, VerkR96/1390/1992-Hu, nach der am 29. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I.: Der Berufung betreffend das Faktum 1 wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.: Der Berufung betreffend das Faktum 2 wird hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe Folge gegeben, daß der Vorwurf der "besonders gefährlichen Verhältnisse" und die darauf basierende Bestrafung nach § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 behoben wird. Ansonsten wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Strafnorm hat jedoch "§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu lauten.

III.: Dem Eventualantrag auf Reduzierung der Geldstrafen wird mit der Maßgabe stattgegeben, daß für das Faktum 1 die Geldstrafe von 1.100 S auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden auf 24 Stunden und für das Faktum 2 die Geldstrafe von 5.000 S auf 1.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden auf 48 Stunden reduziert wird.

IV.: Der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 200 S. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 und 2. § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.100 S und 2.) 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 48 Stunden und 2.) 120 Stunden) verhängt, weil dieser am 19. Jänner 1992 um 10.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen , 1.) im Gemeindegebiet von A auf der Westautobahn A1 ca. bei Straßenkilometer 80,0 in Richtung Wien mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gelenkt und dadurch die auf Autobahnen höchstzulässige Geschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten hat und 2.) im Gemeindegebiet P auf der Westautobahn A1 ca. bei Kilometer 176,0 in Richtung Wien, im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich mit einer weit überhöhten Geschwindigkeit von 160 km/h gelenkt hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 610 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, er habe die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht gesetzt. Er sei zuerst mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h bis 135 km/h unterwegs gewesen und habe ab der Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auch diese höchste erlaubte Geschwindigkeit nicht überschritten. Er befahre die gegenständliche Autobahnstrecke des öfteren und wisse um die dort stationierten Radargeräte, sodaß er in diesem Bereich die Geschwindigkeit immer den Vorschriften entsprechend einhalte. In eventu beantragt der Berufungswerber eine Herabsetzung der Geldstrafe, zumal der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit nicht ausreichend gewürdigt worden sei und - was durch die Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides unter Beweis gestellt wurde für das Jahr 1991 kein Einkommen zu verzeichnen war. Außerdem wird beantragt, die besonders gefährlichen Verhältnisse und die Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 zu beheben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch die Vernehmung der Gendarmeriebeamten Bez.Insp. H und Insp. T als Zeugen sowie durch Verlesung der im ordentlichen Verfahren abgegebenen Zeugenaussagen dieser beiden Beamten. Zur Verhandlung ist - entschuldigt - ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen.

Auf Grund der angeführten Beweismittel wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber lenkte zu der im Straferkenntnis angeführten Zeit einen PKW und überschritt auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien bei Kilometer 180,0 die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h sowie in der Folge bei Kilometer 176,0 die durch das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" verordnete Höchstgeschwindigkeit um 60 km/h. Die Fahrbahn war trocken, die Sichtverhältnisse waren gut und die Verkehrsdichte unterdurchschnittlich. Eine Gefährdung anderer Straßenbenützer oder eine sonstige Rücksichtslosigkeit wurde von den Exekutivbeamten ebenso in Abrede gestellt wie die von der Erstbehörde angelasteten besonders gefährlichen Verhältnisse.

Die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ist durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand erfolgt. Beide Gendarmeriebeamten konnten sich allerdings an den Vorfall nur mehr insoweit erinnern, als sie vorher die Anzeige durchlasen. Die zeugenschaftliche Befragung der beiden Gendarmeriebeamten durch die Erstbehörde erfolgte etwa drei Monate nach der Tat, nämlich einmal am 13. April 1992 und einmal am 15. Mai 1992. Die damals gemachten Zeugenaussagen, die während der mündlichen Verhandlung zur Verlesung gebracht wurden, erfolgten noch in Erinnerung des Vorfalles, sodaß auch für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel daran besteht, daß vom Berufungswerber die festgestellten und zur Anzeige gebrachten Geschwindigkeitsüberschreitungen gesetzt wurden. Es ergab sich in der mündlichen Verhandlung kein Hinweis darauf, daß die in der Anzeige enthaltenen Ausführungen bzw. die verlesenen Zeugenaussagen nicht der Wahrheit entsprechend gemacht worden seien, sodaß die Geschwindigkeitsüberschreitungen als erwiesen angenommen werden.

Der 51-jährige Berufungswerber ist verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Er legte durch den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1991 dar, daß zumindest innerhalb dieses Zeitraumes davon ausgegangen werden muß, daß kein Einkommen vorlag. Der Berufungswerber ist vermögenslos und nicht sorgepflichtig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Ein Zuwiderhandeln gegen diese Verbotsnorm stellt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit, mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten, nämlich bei Straßenkilometer 180,00 der Westautobahn das Fahrzeug mit 160 km/h gelenkt zu haben, ist unschwer unter die zitierten Gesetzesnormen zu subsumieren, womit die objektive Tatseite und in Ermangelung von Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründen auch die subjektive Tatseite erfüllt ist.

Zum Faktum 2:

Gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 ist ab dem Standort des Zeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, verboten.

Bei Straßenkilometer 176,00 der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien ist das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" angebracht.

Ein Zuwiderhandeln gegen diese Verbotsnorm stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 dar und ist wie oben angeführt zu bestrafen.

Nach § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 ist die Verletzung der durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkung dann nach dieser Norm zu bestrafen, wenn besonders gefährliche Verhältnisse vorlagen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen diese Vorschrift verstoßen wurde.

Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren traten Gründe zutage, die die Annahme der besonders gefährlichen Verhältnisse oder der besonderen Rücksichtslosigkeit rechtfertigen würden.

Aus diesem Grund war der Tatvorwurf im Sinne des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, nämlich diese Verwaltungsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen zu haben, zu beheben.

Das Verhalten des Berufungswerbers, bei Autobahnkilometer 176,0 statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h 160 km/h gefahren zu sein, erfüllt sowohl objektiv als auch subjektiv das Tatbild des § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Zur Strafbemessung:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen beträgt bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen bis zu 10.000 S.

Im Falle des Faktums 1. (Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h) wäre die Erlassung einer Anonymverfügung zulässig gewesen. Die Strafhöhe nach der Anonymverfügungsverordnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beträgt für ein derartiges Delikt 900 S. Durch diesen Betrag wird der objektive Unrechtsgehalt der Tat mittels einer generellen Norm (Verordnung) bemessen. Im gegenständlichen Fall tritt jedoch als Milderungsgrund die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie die schlechte Einkommenssituation hinzu. Dies führt zwingend zur Verminderung der Geldstrafe, wobei die nunmehr festgesetzte Geldstrafe von 500 S als mit ausreichender Präventivwirkung ausgestattet angesehen wird.

Selbiges gilt zur Straffestsetzung hinsichtlich des Faktums 2, wobei hinzutritt, daß gemäß § 19 Abs.1 VStG bei einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, eine wesentlich höhere ist, als bei geringeren Geschwindigkeitsüberschreitungen. Deshalb war wie schon aus den oben dargelegten Gründen zu entnehmen ist, aber auch weil der Strafrahmen nach § 99 Abs.3 StVO 1960 ein anderer ist - die Geldstrafe mit 1.500 S festzusetzen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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