Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166135/8/Fra/Gr

Linz, 21.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juni 2011, VerkR96-20902-2009/Bru/Pos, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. September 2011, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums I (§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960) insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 40 Euro herabgesetzt wird; falls diese uneinbringlich ist wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden festgesetzt.

 

Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums II (§ 18 Abs.1 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums I (§ 52 lit.a Z.10a StVO) keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 Prozent der neu bemessenen Strafe (4 Euro).

Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums II (§ 18 Abs.1 StVO 1960) keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.3 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II: § 64, 65, 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (im folgenden: Bw)

a. wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 60 Euro (EFS 24 Stunden) und

b. wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 80 Euro (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er

als Lenker des PKWs Kennzeichen: X in der Gemeinde Ansfelden, Autobahn A1 bei Kilometer 174.100 in Fahrtrichtung Salzburg am 12. Juni 2009 um 13:36 Uhr die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 28 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde und

b. als Lenker des PKWs Kennzeichen: X in der Gemeinde Ansfelden, Autobahn A1 bei Kilometer 174.400 in Fahrtrichtung Salzburg am 12. Juni 2009 um 13:36 Uhr zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als nunmehr belangte – Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51 c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. September 2011 erwogen:

 

I.3.1. Zum Faktum 1 (§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960):

 

Der Bw hat im Rahmen der Berufungsverhandlung nach durchgeführter Beweisaufnahme und Erörterung des Sachverständigengutachtens seine Berufung gegen das Faktum 1 (§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960) auf das Strafausmaß eingeschränkt.

 

Da sohin der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu prüfen, ob die Strafe nach den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG allenfalls neu bemessen werden kann. Nach diesen Kriterien obliegt es der Behörde, unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation eines Beschuldigten eine tat- und schuldangemessene Strafe festzusetzen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Bw nach seinen Angaben ein durchschnittliches Einkommen bezieht vermögenslos, geschieden und für eine erwachsene Tochter sorgepflichtig ist. Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dies fällt nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshof als besonders mildernd ins Gewicht. Zutreffend hat bereits die belangte Behörde die lange Verfahrensdauer als mildernd gewertet. Im Hinblick auf die vom Bw bei der Berufungsverhandlung gezeigte Schuldeinsichtigkeit konnte die Strafe auf das nunmehrige Ausmaß neu festgesetzt werden, zumal dies dem Oö. Verwaltungssenat auch aus spezialpräventiven Gründen ausreichend erscheint.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zum Faktum 2 (§ 18 Abs.1 StVO 1960):

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z.1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt. Die als erwiesen angenommene Tat muss alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes enthalten, sie ist nach allen Wesenmerkmalen zu kennzeichnen. Der angefochtene Schuldspruch begnügt sich mit der Zitierung des Gesetzestextes. Dem Spruch ist nicht zu entnehmen, welche Geschwindigkeit und welchen Abstand zum vorderen Fahrzeug der Bw eingehalten hat. Aus diesen Angaben würde sich jedoch erschließen lassen, ob der Abstand des Bw im Sinne des § 18 Abs.1 StVO 1960 (nicht) ausreichend gewesen ist. Eine Spruchergänzung durch den UVS käme jedoch nur dann in Betracht, wenn während der Verfolgungsverjährungsfrist eine ausreichend taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn auch die Strafverfügung vom 13. Juli 2009 begnügt sich mit der Angabe des Gesetzestextes. Der Meldungsleger spricht zwar in seiner Vernehmung vom 28. Oktober 2009 davon, dass der Bw bei Kilometer 174.400 auf einer Streckenlänge von 150 m nur 10 bis 15 m Abstand eingehalten hätte, es fehlt jedoch eine Relation zur Geschwindigkeit. In der letzten während der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzten Verfolgungshandlung, nämlich in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 2. November 2009, fehlen wiederum die o.a. wesentlichen Angaben. Es kann aus dieser Verfolgungsverhandlung nicht entnommen werden, dass dem Bw der gesamte Akt zur Verfügung gestellt worden wäre. Dem wurde Bw nur die Zeugenniederschrift des Herrn GI X vom 28. Oktober 2009 sowie der Eichschein zur Verfügung gestellt. Wäre dem Bw auch die Anzeige zur Verfügung gestellt worden, könnte daraus eine taugliche Verfolgungsverhandlung resultieren, zumal der Anzeige u.a. zu entnehmen ist, dass der Bw bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 100 km/h einen Abstand von ca. 10 bis 15 m eingehalten hat.

 

Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine entsprechende Spruchkorrektur – unter der Prämisse, dass die Verwaltungsübertretung auch erwiesen wäre – vorzunehmen.

 

Dieser Spruchpunkt war daher wegen Verfolgungsverjährung aufzuheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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