Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231227/2/WEI/Ba

Linz, 12.09.2011

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, geb. X, deutscher Staatsangehöriger, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. X und Kollegen, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13. Jänner 2011, Zl. Sich 96-4972-2010-Sd, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG zu Recht erkannt:

 

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (in Folgenden nur Bw) wie folgt schuldig erkannt

 

"vom 12.08.2010 um 13:55 Uhr Gemeinde X, Gemeindestraße Ortsgebiet, X

 

Sie haben sich zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, weil Sie ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein ins Bundesgebiet eingereist sind. Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nichts anderes bestimmt ist oder nicht andere internationale Gepflogenheiten entsprechen, benötigen zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 120 Abs. 1 Ziff. 2 iVm § 15 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Ziff. 1 Fremdenpolizeigesetz"

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde nach dem Strafrahmen des § 120 Abs 1 FPG eine Geldstrafe von 1.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen. Gemäß § 64 VStG wurden als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 100 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw mit eingeschriebenem Brief (Postaufgabe 28.01.2011) am 3. Februar 2011 zugestellt worden ist, wendet sich die von den Rechtsvertretern des Bw mit Schreiben vom 11. Februar 2011 unter Vorlage einer Vollmacht eingebrachte Berufung, die keinen begründeten Berufungsantrag enthält. Sie lautet:

 

"Namens und im Auftrage des Beschuldigten legen wir gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.01.2011, zugestellt am 03.02.2011, Berufung ein."

 

Der unabhängige Verwaltungssenat geht im Zweifel zugunsten des Bw davon aus, dass eine volle Berufung gegen Schuld und Strafe gemeint ist. Von einem Verbesserungsverfahren wird aus prozessökonomischen Gründen abgesehen.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

 

2.1. Der von der belangten Behörde erhobene Tatvorwurf ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion (PI) X vom 12. August 2010, Zl. X.

 

Dem der Anzeige angeschlossenen Bericht vom 12. August 2010, Zl. X, des AbtInsp X X ist zu entnehmen, dass der Bw am 12. August 2010 um 13:55 Uhr in X, X, von der Streifendienst verrichtenden Außendienstpatrouille der PI x (AbtInsp X, Insp X) angehalten und kontrolliert worden war. Den Beamten fiel der auf der X Richtung stadtauswärts fahrende Pkw Fiat Panda, dt. Kz. x, auf, weil sich im Fond des Wagens ein offensichtlich ungesichertes Kleinkind befand, welches auf der Rücksitzbank stand und in Richtung des nachfolgenden Streifenwagen blickte.

 

Bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle konnte der Bw weder Führerschein noch ein Reisedokument vorweisen. Der Aufforderung, einen Angehörigen zwecks Beibringung eines amtlichen Lichtbildausweises anzurufen, habe der Bw nicht entsprechen wollen. Die Mitteilung einer für diesen Fall vorgesehenen Festnahme und die nochmalige Aufforderung zur Verständigung eines Angehörigen hätten den Bw nur zur Äußerung veranlasst, dass die Polizei seinen Pkw abschleppen könnte und er trotz der beiden im Fahrzeug sitzenden Kinder in Richtung stadteinwärts gehen wollte. Auf Grund dessen habe AbtInsp X um 14:00 Uhr die Festnahme nach dem Veraltungsstrafgesetz ausgesprochen. Der Bw wurde festgenommen und in die PI X eskortiert. In weiterer Folge wurde nach Rücksprache mit der Polizei X der Bruder des Bw verständigt, der um 14:35 Uhr mit einem Lichtbildausweis auf der PI X erschien. Daraufhin wurde die Festnahme wieder aufgehoben.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. September 2010, zugestellt am 20. November 2011 (nach deutschen Vorschriften im Wege der Regierung der Oberpfalz), hat die belangte Behörde dem Bw die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Der Bw kam dieser Aufforderung nicht nach.

 

In der Folge erging das angefochtene Straferkenntnis vom 13. Jänner 2011.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Bereits auf Grund der Aktenlage stand aus rechtlichen Gründen fest, dass der angefochtene Strafbescheid aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 120 Abs 1 FPG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer als Fremder

1. nicht rechtsmäßig in das Bundesgebiet einreist oder

2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 120 Abs 6 FPG schließt eine Bestrafung gemäß Abs 1 Z 2 eine solche wegen der zugleich gemäß Abs 1 Z 1 begangenen Verwaltungsübertretung aus.

 

Nach § 120 Abs 7 FPG liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senate VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031)

 

Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht ebenso wenig wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes (vgl VwGH 13.1.1982, Zl. 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15.2.1983, Zl. 81/11/0122; vgl mwN auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 2 zu § 44a VStG).

 

4.3. Im Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung des § 120 Abs 1 Z 2 FPG ist die dieser Blankettstrafnorm erst Inhalt gebende Vorschrift des § 31 FPG zu beachten. Nach der Überschrift regelt diese Bestimmung die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Sie lautet idF BGBl I Nr. 122/2009:

 

"§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

 

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

 

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes  nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

 

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

 

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

 

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

 

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

 

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt."

 

4.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Judikatur zum (vergleichbaren) Straftatbestand des § 82 Abs 1 Z 4 iVm § 15 Abs 1 des Fremdengesetzes 1992 im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG, der die eindeutige Umschreibung der als erwiesen angenommene Tat im Spruch fordert, ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtens nur dann in Betracht kommt, wenn keine der in den einzelnen Ziffern des § 15 Abs 1 FrG 1992 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs 1 FrG 1992 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang (vgl etwa VwGH 18.1.2000, Zl. 94/18/0396; VwGH 24.3.2000, 96/21/0919; VwGH 5.10.2000, 96/21/0861; VwGH 8.11.2000, 97/21/0223; VwGH 23.1.2001, 97/21/0056).

 

Diese Judikaturlinie hat der Verwaltungsgerichtshof auch für die inhaltlich gleichgelagerte Strafbarkeit des unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 107 Abs 1 Z 4 iVm § 31 Abs 1 FrG 1997 (vgl VwGH 30.5.2001, 2000/21/0009) fortgeführt.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs 1 FrG 1997 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs 3 FrG 1997 geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist - um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG zu entsprechen - die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller im § 31 Abs 1 FrG 1997 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts oder - im Fall des § 31 Abs 3 FrG 1997 - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu umschreiben (vgl VwGH 13.12.2002, 2000/21/0052; VwGH 17.6.2003, 2000/21/0191; VwGH 17.6.2003, 2002/21/0205, VwGH 18.5.2004, 2001/21/0103; VwGH 23.11.2004, 2003/21/0142; jüngst VwGH 24.10.2007, 2007/21/0303).

 

Diesen Ausführungen folgend kann für die weitgehend gleichgelagerte Bestimmung des § 31 Abs 1 FPG nichts anderes gelten. Nach der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 89) wurden nur geringfügige terminologische und inhaltliche Änderungen (Normierung von abschließenden Fallkonstellationen des rechtmäßigen Aufenthalts) vorgenommen.

4.5. Die belangte Behörde hat dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis lediglich zur Last gelegt, dass er sich in X, X, zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich am 12. August 2010 um 13:55 Uhr, nicht rechtmäßig aufgehalten habe, weil er ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments ins Bundesgebiet eingereist sei und Fremde zur rechtmäßigen Einreise grundsätzlich ein gültiges Reisedokument benötigen.

Mit diesem Tatvorwurf hat die belangte Behörde verkannt, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts streng von der Rechtmäßigkeit der Einreise zu unterscheiden ist. Indem sie diesen wesentlichen Unterschied, der auch im § 120 Abs 1 Z 1 und Z 2 FPG durch verschiedenen Verwaltungsstraftatbestände zum Ausdruck kommt, verkannte, hat sie eine verfehlte Anlastung vorgenommen. Der Tatvorwurf beschränkt sich nämlich einerseits auf die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Zeitpunkt und führt andererseits das bei der Kontrolle fehlende Reisedokument als Grund für die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts an, obwohl es darauf gar nicht ankommt. Vielmehr hätte sich die belangte Behörde im Spruch mit den verschiedenen Möglichkeiten eines rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG auseinandersetzen und durch Verneinung der alternativen Voraussetzungen die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des Bw darstellen müssen. Indem die Strafbehörde dies gänzlich unterlassen hat, wird der Spruch des angefochtenen Strafbescheides den beschriebenen Anforderungen des § 44a Z 1 VStG im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs in keiner Weise gerecht.

 

Im Übrigen hat die belangte Behörde auch übersehen, dass der Bw als deutscher Staatsbürger auch Bürger der Europäischen Union ist, der Sichtvermerksfreiheit genießt und jedenfalls ein Aufenthaltsrecht für drei Monate hat (vgl § 84 FPG aF, siehe nunmehr § 65 FPG idF BGBl I Nr.38/2011).

 

Was das im vorliegenden Fall in Betracht kommende Verwaltungsdelikt der unrechtmäßigen Einreise nach § 120 Abs 1 Z 1 FPG betrifft, fehlt es an einer ausreichenden Konkretisierung, weil völlig offen geblieben ist, wann und wo der Bw unrechtmäßig ohne ein gültiges Reisedokument einreiste. Diese Einreise des vermutlich von X kommenden Bw hätte vielleicht Stunden vor der Kontrolle, aber auch am Vortag oder noch früher sein können. Sie ist auch aus dem Akteninhalt nicht nachvollziehbar.

 

4.6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

Es war dem unabhängigen Verwaltungssenat daher auch im Grunde des § 66 Abs 4 AVG verwehrt, dem Bw durch Neuformulierung der wesentlichen Tatbestandsmerkmale einen anderen Tatvorwurf zu machen und damit eine neue Tat anzulasten und den Spruch des Straferkenntnisses auszuwechseln.

5. Schon aus diesen Gründen war aus Anlass der vorliegenden Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Mangels einer schlüssig angelasteten Verwaltungsübertretung und im Hinblick auf die bereits verstrichene Verfolgungsverjährungsfrist war auch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG zu verfügen.

Bei diesem Ergebnis hatte der Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens, noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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