Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150887/2/Re/Hue

Linz, 14.09.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Be­rufung des M M,  S, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. April 2011, Zl. BauR96-16-2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 21. Juli 2010 um 12.43 Uhr als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen  die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn bei ABKM 37.400 in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei lediglich eine bereits abgelaufene Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er bei der Einfahrt nach Österreich eine Vignette gekauft und er erst im Nachhinein festgestellt habe, dass eine Bekannte des Bw am 14. Juli 2010 ebenfalls eine 10-Tages-Vignette gekauft hatte. Der Bw habe seine Vignette nicht aufgeklebt, da die Vignette seiner Bekannten noch bis 23. Juli 2010 gültig gewesen sei. Dies könne ein namentlich genannter Zeuge bestätigen. Abschließend legte der Bw seine Einkommens- und Familienverhältnisse dar.

Als Beilage ist die Belegkopie über den Kauf einer 10-Tages-Vignette am 21. Juli 2010, 12.19 Uhr, beigelegt.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 30. November 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene Mautvignette angebracht gewesen.

 

Nach Strafverfügung vom 10. Jänner 2011 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Auf Anforderung übermittelte die A der belangten Behörde am 24. Februar 2011 sechs Beweisfotos. Auf diesen ist zu erkennen, dass auf der Windschutzscheibe des Kfz lediglich eine Vignette mit der Lochung "10. Juli 2010" angebracht war.

 

Dazu äußerte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.   

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

4.2. Unbestritten ist die Lenkereigenschaft des Bw und die Tatsache, dass die am Tattag vom Bw (vor der Tatbegehung) erworbene 10-Tages-Vignette zur Tatzeit nicht auf der Windschutzscheibe aufgeklebt war.

 

Wenn der Bw vorbringt, er habe seine Vignette nicht aufgeklebt, da bereits eine noch gültige auf der Windschutzscheibe angebracht war, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Mautvignette mit der Lochung "10. Juli 2010" am Tattag bereits abgelaufen war. Dies wird durch die vorliegenden Beweisfotos unzweifelhaft und eindeutig bewiesen. Die vom Bw angebotene diesbezügliche Zeugeneinvernahme war deshalb entbehrlich.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken. Auch ein ausländischer Lenker ist dazu verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Es sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw übersehen hat, dass die aufgeklebte Vignette am Tattag nicht mehr gültig war.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Mildernd ist die Unbescholtenheit zu werten. Im Hinblick darauf, dass als weiterer Milderungsgrund der Besitz einer gültigen 10-Tages-Vignette zur Tatzeit kommt (und die Missbrauchsgefahr bei einer Tagesvignette – Mehrfachverwendung auf verschiedenen Kfz – aufgrund der kurzen Gültigkeitsdauer der Vignette wesentlich geringer als bei einer nicht angebrachten Jahresvignette ist), erscheint es vertretbar unter Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Mindestmaßes herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht  so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind: Wegen der Tatsache, dass für eine Vignette der Kaufpreis dereinst bezahlt wurde, kann nicht auf unbedeutende Folgen der Übertretung geschlossen werden. Die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut vor Benützung einer Mautstrecke iS einer nicht ordnungsgemäßen Anbringung ist eo ipso erheblichen Tatfolgen gleichzusetzen. Hinsichtlich des Verschuldens ist zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er übersehen hat, dass die aufgeklebte Vignette zur Tatzeit bereits abgelaufen war. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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