Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150861/2/Lg/Hue/Ba

Linz, 25.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X X, vertreten durch Rechtsanwälte X – X – X – X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 22. März 2011, Zl. BauR96-137-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
12 Stunden verhängt, weil er am 10. September 2009, 9.20 Uhr, als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X die A8, km 75.000, Staatsgrenze und Gemeinde Suben, in Fahrtrichtung Passau benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Auf dem Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die Einspruchsgründe in keiner Weise geeignet gewesen seien, das Verfahren zur Gänze einzustellen. Der Bw habe sich korrigiert: statt Bad Griessee handle es sich um Bad Griesbach. Weiters müsse sich der Bw nochmals geirrt haben: die letzte Abfahrt vor Suben sei der Ort Pocking nicht "Pohlingen". Diesen Ort "Pohlingen" gebe es auf der Landkarte nicht. Direkt am Grenzübergang Suben sei eine Vertriebsstelle bei X X, Haus X, eingerichtet. Wenn die Angaben des Bw zutreffen sollten, wäre der Bw daran direkt vorbeigefahren.

Hinsichtlich der Strafbemessung wurden strafmildernd die Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer gewertet und die Mindeststrafe unter Anwendung des ao. Milderungsrechtes auf die Hälfte herabgesetzt.

 

2. In der Berufung verwies der Vertreter des Bw auf seine Stellungnahmen vom 5. Oktober 2009 und 1. und 10. März 2011. Da der Bw nach dem Einspruch vom 5. Oktober 2009 für die Dauer von über 16 Monaten keine weitere Rückäußerung erhalten habe, sei er weiterhin der Ansicht, dass "Gründe für die beantragte Einstellung des Verfahrens vorliegen".

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 10. September 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Anlässlich der Betretung sei dem Bw gem. § 19 Abs.2 BStMG mündlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen worden. Zusätzlich finden sich folgende Ergänzungen in der Anzeige: "Keine Vignette, Navi, Lenker will nicht zahlen".

 

Nach Strafverfügung vom 17. September 2009 brachte der Vertreter des Bw am 5. Oktober 2009 vor, dass der Bw den Polizeibeamten vor Ort bereits mitgeteilt habe, dass er sich auf der Fahrt von Bochum nach Bad Griessee befunden habe. Dabei handle es sich um eine Fahrtstrecke von ca. 500 km. Der Bw sei auf dem Weg zu seinem Bruder gewesen, der am 10. September 2009 in den Kliniken X, X operiert habe werden sollen. Gegen 9.20 Uhr habe der Bw versehentlich die letzte Ausfahrt Pohlingen passiert, obwohl die Fahrtstrecke im Navigationssystem eingegeben gewesen sei. Daraufhin sei der Bw bei der nächstmöglichen Ausfahrt in Suben ab- und direkt wieder auf die A8 in entgegen gesetzter Fahrtrichtung zur Abfahrt Pohlingen zurückgefahren. Deshalb habe sich der Bw nicht auf die Mautpflicht "einstellen können". Dies könne durch Familienangehörige und Krankenhausunterlagen glaubhaft gemacht werden. Aufgrund der geschilderten Ausnahmesituation gehe der Bw davon aus, dass "die Durchführung eines streitigen Einspruchsverfahrens gegenüber ausländischen Gästen entbehrlich" sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass beispielsweise am Grenzübergang Kufstein/Tirol bis zur ersten Ausfahrt Kufstein Süd noch keine Mautpflicht bestehe.

Als Beilagen sind in Kopie Hotelrechnungen angeschlossen.   

 

Der Vertreter des Bw brachte am 1. März 2011 vor, dass sich der Bw aufgrund des beträchtlichen Zeitablaufs hilfsweise auf den Eintritt der Verfolgungsverjährung berufe. Es werde um Überprüfung und Stellungnahme zu der erhobenen Verjährungseinrede gebeten.

 

Die Erstbehörde erläuterte dem Rechtsvertreter daraufhin mit E-Mail vom 1. März 2011 die gesetzlichen Bestimmungen des § 31 VStG hinsichtlich der Verjährungsfristen.

 

Der Vertreter des Bw bot der belangten Behörde am 10. März 2011 "zur Vermeidung eines streitigen Einspruchs-/Berufungsverfahrens" ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Bezahlung einer herabgesetzten Strafe/Ersatzmaut von 100 Euro an.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben ist, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen) ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

4.2. Unbestritten ist, dass der Bw als Lenker des Kfz zur Tatzeit eine Mautstrecke befahren hat und keine gültige Vignette auf der Windschutzscheibe des Kfz aufgeklebt war.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls vorliegende Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 18.12.1997, Zl. 97/06/0224). Insbesondere ist festzuhalten, dass der Umstand, dass der Bw (wie zu seinen Gunsten angenommen sei) irrtümlich nach Österreich gefahren ist, Fahrlässigkeit (nicht Schuldlosigkeit) begründet, da ihm (trotz der Streckenführung durch sein Navigationsgerät) bei gehöriger Aufmerksamkeit das Überschreiten der Staatsgrenze und damit die Mautpflicht nicht entgehen hätte dürfen, zumal auf diese durch eine Reihe von Informationsschildern an der Staatsgrenze hingewiesen wird. Zudem ist notorisch, dass es u.a. auch an der Staatsgrenze in Suben Vignettenverkaufsstellen gibt. Die Mautpflicht beginnt an der Staatsgrenze. Der Grenzübergang Suben ist auch nicht von den Ausnahmen in der Mautordnung erfasst. Weiters tut auch eine allenfalls nur kurz benützte Mautstrecke der Mautpflicht keinen Abbruch.

 

Die Verfolgungshandlung in Gestalt der Strafverfügung vom 17. September 2009 wurde kurz nach der Tat innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist und dieses Straferkenntnis noch weit vor Ende der dreijährigen Strafbarkeitsverjährungsfrist gefällt (§ 31 VStG). Zudem wurden dem Vertreter des Bw durch die belangte Behörde diese gesetzlichen Fristen erläutert. Es ist dem Oö. Verwaltungssenat deshalb nicht klar geworden, weshalb der Rechtsvertreter des Bw nach wie vor von Verjährung ausgeht.

 

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass von der Behörde ohnehin von einem Überwiegen von Milderungsgründen ausgegangen, das ao. Milderungsrecht (§ 20 VStG) angewandt und die gesetzliche Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt wurde. Eine weitere Reduktion ist rechtlich nicht möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw vor Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung (iSd Aufklebens einer gültigen Vignette) zu Sorgen gehabt hätte bzw. ihm bei entsprechender Aufmerksamkeit das Auffahren auf eine Mautstrecke nicht entgehen hätte dürfen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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