Linz, 07.09.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 10. August 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X X, vertreten durch Rechtsanwälte OG X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 31. März 2011, Zl. SV96-3-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch wird dahingehend korrigiert, dass anstelle des Namens M der Name A einzusetzen ist.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 73 Euro zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden verhängt, weil er als Verantwortlicher der Firma X, X, X, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass H W am 17.4.2009 beschäftigt wurde, obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit eine Meldung bei zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet wurde.
Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
"Die vorgenannte Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten.
1. Im an den Beschuldigten adressierten Verwaltungsstraferkenntnis wird ausgeführt, dass 'Sie, Herr M, haben als Verantwortlicher der Fa. X, X, X, welcher für die Erfüllung der Sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung übergangen:'
Die Behörde geht von einem offensichtlich falschen Sachverhalt aus, da kein Herr M in der Firma des Beschuldigten tätig ist, sodass die Ansicht der belangten Behörde, dass Herr M eine Verwaltungsübertretung begangen hätte, unrichtig ist.
Die Straferkenntnis wird daher bereits aus diesem Grund aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen sein.
2. Im Übrigen ist der dem Straferkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt bereits verjährt, da im § 111 ASVG normiert wird, dass die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs.2 ein Jahr beträgt. Der dem Straferkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt ereignete sich bereits im Jahr 2009, nämlich am 17.04.2009 gegen 09:35 Uhr."
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.
Der Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 21.4.2009 enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:
"Bei einer Arbeitnehmerkontrolle des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, mit Unterstützung von Organen der Polizeiinspektion Perg, am 17. April 2009 um 09:35 Uhr in 4222 Langenstein, Bundesstraße 3 (B3) mit der Kreuzung der Paschinger Landesstraße wurde Herr W H, geb. X, wh. X, X kontrolliert. Herr W war als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtl. Kennzeichen X von Richtung Linz kommend auf der B3 unterwegs. Das Fahrzeug ist auf die Firma X, X, X, zugelassen.
Herr W gab an als Kraftfahrer für die Firm X unterwegs zu sein. die Tätigkeit für die Firma X wird seit dem Jahr 209 ausgeübt. Ein genaues Datum konnte Herr W bei der Kontrolle nicht nennen. Er gab jedoch an, bisher im Jänner 1 mal, im Februar 20 mal und im April 1 mal tätig gewesen zu sein. Am Tag der Kontrolle (17.4.2009) war Herr W seit 07:30 Uhr für die Firma X unterwegs. Als voraussichtliches Dienstende wurde 13:00 Uhr von Herrn W H angegeben. Die Entlohnung beträgt 10,-- € netto pro Stunde.
Eine Abfrage der Sozialversicherungsdaten ergab, dass Herr W H nicht bei der Sozialversicherung als Dienstnehmer der Firma X, X, X, angemeldet ist."
Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.4.2009 äußerte sich der Bw wie folgt:
"ich habe mit meinem Dienstnehmer H W eine regelmäßige Beschäftigung für einen Tag pro Monat vereinbart. Als Unternehmer für Kleintransporte habe ich täglich planmäßig vorgesehene Zustellfahrten für meine Auftraggeber zu erfüllen. Diese Zustellfahrten für den Zentralraum in Oberösterreich führe ich selber durch. Ich habe mit Herrn W vereinbart, dass er mich für einen Tag pro Monat vertritt, damit ich persönliche Termine bei Behörden und Geschäftsfreunden (Kunden, Lieferanten etc.) wahrnehmen kann.
Das monatlich vereinbarte und bezahlte Entgelt beträgt EUR 64,-- brutto. Auf Grund der Art und des Umfanges der Beschäftigung liegt keine Vollversicherungspflicht in der Sozialversicherung vor, sondern lediglich eine geringfügige Beschäftigung. Auf Grund eines Irrtums war ich der Meinung, dass für diese Beschäftigung keine Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich ist. Sofort nach Bemerken dieses Irrtums habe ich veranlasst, dass mein Steuerberater nachträglich eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse für diesen geringfügig Beschäftigten vornimmt. Eine Kopie der Anmeldung liegt diesem Schreiben bei. Ich ersuche höflich, dass mir dieses Versehen nachgesehen wird. Ich stehe wirtschaftlich unter enormen Druck, da ich als kleiner Unternehmer die Auswirkungen der Wirtschaftskrise voll zu spüren bekomme. Von meinen Auftraggebern wurden bestehende Verträge nicht verlängert bzw. kam eine Verlängerung nur zu Stande, weil ich einer wesentlichen Verschlechterung der Auftragsbedingungen zustimmte.
Betreffend die von Ihnen vorgenommene Einschätzung meines monatlichen Nettoeinkommens gebe ich bekannt:
Die letzte Einkommenssteuerveranlagung liegt für 2007 vor. In diesem Jahr (2007) musste ich einen Verlust von EUR 14.528,-- hinnehmen. Unter der Annahme dass es zu keiner weiteren Verschlechterung der Auftragssituation kommt, liegt die Prognoserechnung für 2008 bei einem Jahresgewinn von EUR 12.000.
Ich habe Sorgepflichten für folgende Kinder:
Sohn J H
Tochter V U
Weiters habe ich Sorgepflichten für meine Lebensgefährtin, Frau U J, geb. am X.
Ich ersuche nochmals um wohlwollende Beurteilung des von mir dargestellten Sachverhalts und von einer Verwaltungsstrafe Abstand zu nehmen."
4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, Herr W sei seit dem gegenständlichen Tatzeitpunkt als geringfügig beschäftigt gemeldet. Dies für 8 Stunden pro Monat zu einem Lohn von 64 Euro. Die Bedingungen seien zum Tatzeitpunkt dieselben gewesen. W würde einmal pro Monat die erwähnten Fahrten für den Bw vornehmen. Natürlich sage der Bw Herrn W, wo er hinfahren müsse. Dies wurde von Herrn W zeugenschaftlich bestätigt. Der Bw "gestand den Sachverhalt ein" und verwies auf das Verjährungsargument.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Die Tat ist unstrittig. Die Verjährungsfrist des § 111 Abs.2 ASVG ist eine Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne von § 31 Abs.1 und 2 VStG, welche ein Jahr ab dem Tatzeitpunkt (hier: dem 17.4.2009) beträgt und durch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.4.2009 unterbrochen wurde. Die irrtümliche Nennung des Namens M (neben den anderen, korrekten Namensbezeichnungen) im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses war zu korrigieren, zumal die Aufforderung zur Rechtfertigung frei von diesem offensichtlichen Irrtum ist.
Die Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte der Mindestgeldstrafe (nämlich auf 365 Euro) im angefochtenen Straferkenntnis ist wegen der Unbescholtenheit des Bw, dem Verschuldensgrad (Fahrlässigkeit infolge Rechtsunkenntnis) und die naturgemäß mit dem gegenständlichen Delikt verbundenen Tatfolgen nicht zu beanstanden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder