Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166111/12/Ki/Kr

Linz, 03.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 8. Juni 2011 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Mai 2011, VerkR96-9751-2010, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Oktober 2011 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich Faktum 1) behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt.

II.              Hinsichtlich Faktum 1) des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Gemäß Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Mai 2011, VerkR96-9751-2010, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 2.11.2010, 11:07 Uhr, in der Gemeinde Moosdorf, Landesstraße Freiland, Baustellenbereich Furkern, Nr. 156 bei km 32.329 mit dem Fahrzeug "Kennzeichen X, PKW, BMW E36, schwarz" im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Er habe dadurch § 52 lit.a Z.10a StVO verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2d StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe verpflichtet.

 

1.2. Gegen diesen Punkt des Straferkenntnisses hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag den Bescheid aufzuheben. Der Vorwurf der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 33 km/h wird zurückgewiesen. Aus technischer Sicht sei es nicht möglich, bei km 32.329 bereits die gemessene Geschwindigkeit von
83 km/h erreicht zu haben.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung mit Schreiben vom 22. Juni 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 


2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Oktober 2011. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber persönlich teil, als Zeuge wurde der Meldungsleger, X, einvernommen. Ebenfalls anwesend war der verkehrstechnische Amtssachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung, X. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der zur Last gelegte Sachverhalt wurde der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom Meldungsleger mit Anzeige vom 9. Dezember 2010 zur Kenntnis gebracht. Der Meldungsleger führte darin aus, dass die Messung im abfließenden Verkehr erfolgte. Eine Anhaltung sei aus verkehrstechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Die Kontrollen seien gemäß Messprotokoll durchgeführt worden, der Eichschein liege bei der PI Ostermiething auf. Standort des Beamten sei gewesen "B156, km 32,204, ca. 5 m neben dem Fahrbahnrand, Messentfernung: 75 m". Als Tatort wurde km 32.329 festgehalten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erließ gegen den Berufungswerber zunächst eine Strafverfügung (VerkR96-9751-2010 vom 14. Dezember 2010) welche beeinsprucht wurde.

 

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen, dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass diese Berufung auf die Geschwindigkeitsübertretung im Baustellenbereich beschränkt ist.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Zeuge, er könne nicht mehr angeben, ob er oder sein Kollege die Messung durchgeführt habe. Weiters stellte sich heraus, dass die Angabe hinsichtlich Messentfernung in der Anzeige (75 m) nicht richtig sein kann, tatsächlich ergibt sich auf Grund der Angaben in der Anzeige eine Messentfernung von 125 m.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige errechnete im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung, ob tatsächlich mit dem im Straferkenntnis bezeichneten Fahrzeug (BMW E36) innerhalb einer Strecke vom 125 m eine Beschleunigung von 0 auf 83 km/h, dies unter Berücksichtigung, dass die Wegfahrt von einer geschotterten Fläche erfolgt ist, möglich wäre. Der Sachverständige kam schlüssig zum Ergebnis, dass eine derartige Beschleunigung nur unter optimalsten Verhältnissen möglich wäre, im konkreten Falle jedoch in Anbetracht der geschotterten Fläche bzw. des festgestellten "Durchdrehens der Räder" nicht nachvollziehbar ist.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, insbesondere unter Berücksichtigung der durch den verkehrstechnischen Sachverständigen angestellten Berechnungen, dass im vorliegenden Falle die vorgeworfene Verwaltungsübertretung hinsichtlich Punkt 1) des Straferkenntnisses nicht nachgewiesen werden kann.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dazu wird zunächst darauf hingewiesen, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Eine Bestrafung ist demnach nur zulässig, wenn dem Beschuldigten die zur Last gelegte Übertretung tatsächlich nachgewiesen werden kann.

 

Im vorliegenden Falle ist im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung hervor gekommen, dass ein derartiger Nachweis hinsichtlich Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses nicht möglich ist. Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat ausdrücklich festgehalten, dass nur unter günstigsten Verhältnissen eine Beschleunigung auf die vorgeworfene Geschwindigkeit möglich gewesen wäre, dies aber in Anbetracht der geschotterten Fläche eher unwahrscheinlich ist. Demnach kann dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht nachgewiesen werden, weshalb hinsichtlich Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses der Berufung Folge gegeben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden konnte.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum