Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222516/2/Bm/Ba

Linz, 28.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau B K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B B, M, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14.7.2011, BZ-Pol-10041-2011, wegen einer Übertretung nach der Gewerbe­ordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14.7.2011, BZ-Pol-10041-2011, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 360 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 25 und § 74 GewO 1994 iVm Vorschrei­bungspunkt 12 der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung vom 21.3.2000, MA 11-GeBA-15-2000 Wr, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als Gewerbeinhaberin hinsichtlich des Gastgewerbebetriebes 'I', P,  W, zu vertreten, dass aus diesem Gastgewerbebetrieb am 29.05.2011, in der Zeit von 00.30 Uhr bis 00.35 Uhr, laute und störende Musik wahrgenommen (diese Musik war bereits im Kreuzungsbereich 'R/P' deutlich hörbar!) werden konnte, obwohl im Vorschreibungspunkt 12 der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung

vom 21.03.2000, MA 11-GeBA-15-2000 Wr (wesentlicher Bestandteil: Verhandlungsschrift vom 21.03.2000) folgendes festgelegt wurde:

Die Musikanlage ist mit einem Lautstärkenbegrenzer auszustatten. Dieser Begrenzer ist auf einen Wert von 90 dB als Dauerschallpegel einzustellen. Der Messpunkt muss etwa in der Mitte des Lokales zwischen den Boxen liegen. Die Type des Lautstärkenbegrenzers ist der Behörde bekanntzugeben. Die endgültige Einstellung hat im Beisein eines Behördenvertreters vor Inbetriebnahme zu erfolgen, wobei nach erfolgter Einstellung eine Plombierung der Anlage erfolgt. Sollte entgegen den Erwartungen erhebliche Lärmübertragungen insbesondere in Richtung P über die Fensterfläche und das Zuluftgerät erfolgen, so wird dieser maximale Pegel zwecks Vermeidung von erheblichen Nachbarbeein­trächtigungen von der Behördenseite entsprechend reduziert."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw durch ihren anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausge­führt, die Behörde habe § 44a VStG nicht angewendet, da es nicht reiche, im Spruch laute und störende Musik anzuführen, ohne konkrete Werte anzugeben. Diese seien auch nicht festgestellt worden.

Die Bw habe eine Fachfirma damit beauftragt, dass nicht lauter als 90 dB gespielt werden könne.

 

Aus diesen Gründen werden nachstehende Anträge gestellt,

der UVS Oberösterreich möge

der Berufung Folge geben und das Verfahren nach § 45 VStG einstellen;

in eventu

die Rechtssache aufheben und zur Verfahrensergänzung an die Erstbehörde zurückverweisen.

 

3. Nach Einlangen dieser Berufung wurde vom Bürgermeister der Stadt Wels mit Berufungsvorentscheidung vom 17.8.2011 das Straferkenntnis durch Auswechslung des Tatvorwurfes geändert. In der Berufungsvorentscheidung wurde der Bw Folgendes vorgeworfen:

"Zumindest am 29.5.2011, von 00.30 Uhr bis 00.35 Uhr, haben Sie die Musikan­lage in ihrem Gastgewerbebetrieb 'I', P, W, in Betrieb genommen, ohne vorher den gemäß Vorschreibungspunkt 12 der betriebsan­lagenrechtlichen Genehmigung vom 21.3.2000, MA 11-GeBA-15-2000 Wr (wesentlicher Bestandteil: Verhandlungsschrift vom 21.3.2000), vorgeschrie­benen Lautstärkenbegrenzer im Beisein eines Behördenvertreters vor Inbetrieb­nahme endgültig einstellen zu lassen.

Dadurch konnte aus Ihrem Gastgewerbebetrieb bereits im Kreuzungsbereich R/P laute und störende Musik wahrgenommen werden."

 

Nach Zustellung dieser Berufungsvorentscheidung wurde durch den anwalt­lichen Vertreter der Bw der Vorlageantrag an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gestellt.

 

4. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat aufgrund des Vorlageantrages die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzu­heben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z 1 VStG).

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b GewO 1994 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.     die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.     die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, d.h., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforder­lich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2. anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkreti­sierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbe­gründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z 1 VStG).

 

Vorweg ist auszuführen, dass durch den Vorlageantrag der Bw die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17.8.2011 außer Kraft getreten ist und Sache, über die der Oö. Verwaltungssenat zu ent­scheiden hat, die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 14.7.2011 ist.

 

Vorliegend wird der Bw vorgeworfen, Auflagepunkt 12 des Betriebsanlagen­genehmigungsbescheides vom 21.3.2011, MA 11-GeBA-15-2000, nicht eingehalten zu haben, da zum Tatzeitpunkt aus dem Gastgewerbebetrieb laute und störende Musik wahrgenommen werden konnte.

Dieses vorgeworfene Verhalten korrespondiert allerdings nicht mit dem im Genehmigungsbescheid enthaltenen Vorschreibungspunkt 12. Nach diesem Auf­lagepunkt wird die Bw als Inhaberin der Betriebsanlage nämlich verpflichtet, die Musikanlage mit einem Lautstärkenbegrenzer auszustatten und diesen Begrenzer auf einen Wert von 90 dB als Dauerschallpegel einzustellen. Nach dem Auf­lagenpunkt hat die endgültige Einstellung im Beisein eines Behördenvertreters vor Inbetriebnahme zu erfolgen, wobei nach erfolgter Einstellung eine Plombie­rung der Anlage erfolgt.

 

Eine Verletzung des § 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit dem Vorschreibungspunkt 12 der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung vom 21.3.2011 kann nach der Ausgestaltung des Auflagepunktes somit nur darin gelegen sein, dass die Musikanlage nicht mit einem Lautstärkenbegrenzer ausge­stattet wurde und keine endgültige Einstellung im Beisein eines Behördenver­treters vor Inbetriebnahme erfolgt ist.

Ein solcher Tatvorwurf ist allerdings dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen, weshalb die Anforderungen des § 44a Z 1 VStG nicht erfüllt sind.

Das angefochtene Straferkenntnis war sohin zu beheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen.

 

Eine Abänderung des Straferkenntnisses im Sinne der Berufungsvorentscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat war nicht möglich, da dies eine unzulässige Auswechslung der Tat darstellen würde.

 

7. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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