Linz, 27.09.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn X X, X, X-X, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 19. Mai 2011, Zl. BauR96-417-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF;
zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen X am 20. Juli 2010 um 9.42 Uhr die mautpflichtige A8 bei ABKM 37.400 in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer zeitabhängigen Maut unterliegt. Es sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen.
2. In der Berufung brachte der Bw Folgendes vor:
Eine Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut seitens der ASFINAG hat
Dass das Aufkleben der Vignetten, It. Punkt 7.1 der Mautordnung Version 25 Teil A,
Alles, was nicht zweifelhaft ausgeschlossen ist, gilt für mich eindeutig als zulässig und vollkommen gesetzeskonform.
Die von der ASFINAG im Schreiben vom 14.03.2011 dargestellte Deliktbeschreibung „Komplette Nichtentrichtung der Maut - Keine Vignette. Tatbestand der Mautprellerei wurde erfüllt." entspricht bewiesenermaßen nicht den Tatsachen.
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 30. November 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gemäß § 19 Abs.4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 1. September 2010 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.
Nach Strafverfügung vom 16. Dezember 2010 bringt der Bw vor, dass die Vignette bereits in Deutschland (OMV Autogrill Deutschland GmbH Donautal West, Reichsgrafenstraße 36, 94036 Passau) am 20.7.2010, 9.10 Uhr – wie dem kopierten Belegschein Nr. 1205/003/00003 zu entnehmen – gekauft worden sei. Verstöße gegen § 20 Abs.1 und § 10 Abs.1 BStMG liegen nicht vor, die Autobahngebühr sei noch vor der österreichischen Grenze durch Erwerb einer zeitabhängigen Vignette beglichen worden. Ebenso liege kein Verstoß gegen § 11 Abs.1 BStMG vor, da die Vignette am Fahrzeug angebracht worden sei. Da der Bw sich keiner Schuld bewusst sei, bitte er um Einstellung des Verfahrens.
Dem Einspruch beigelegt ist eine Rechnungskopie der Autogrill Deutschland GmbH.
Einer Stellungnahme der ASFINAG vom 14. März 2011 sei zu entnehmen, dass der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz ohne die Maut mittels einer ordnungsgemäß geklebten Vignette zu entrichten, benutzt habe. Dies sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert worden. Dem Schreiben angeschlossen sind Beweisfotos.
Dazu äußerte sich der Bw mit Schreiben vom 28. März 2011 folgendermaßen:
Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.
Mit "Abmahnung" vom 28. Juli 2011 forderte der Bw die Erstbehörde auf, bei künftigen Briefkorrespondenzen die Angaben seines Geburtsdatums sowie sonstiger Daten sensibler Art in der Adresszeile zu unterlassen, da dies einen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen darstelle und er sich sonst gezwungen sehe, rechtliche Schritte einzuleiten.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.
Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Punkt 7.1. der Mautordung lautet: An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.
Die Vignette ist - nach Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Das Ankleben einer Vignette auf der Seitenscheibe ist nicht zulässig. Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen.
Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.
§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).
Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).
Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).
4.2. Der Bw benutzte das mautpflichtige Straßennetz ohne die Maut mittels einer ordnungsgemäß geklebten Vignette zu entrichten. Dies wurde von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert. Auf dem Beweisfoto ist keine Vignette sichtbar. Im Zweifel wird dem Bw jedoch Glauben geschenkt, dass bereits zum Zeitpunkt der Tat eine Vignette auf der Heckscheibe befestigt war (vgl. sein Schreiben vom 28. März 2011). Somit ist klar, dass Punkt 7.1. der Mautordnung nicht eingehalten wurde, da diese ein Aufkleben auf der Windschutzscheibe vorschreibt. Diese Vorschrift stellt keinen sinnlosen Formalismus dar, sondern sichert die automatische Vignettenkontrolle.
Die Tat ist dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt die Unkenntnis der österreichischen Rechtslage, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, da es der Bw versäumt hat, sich vor Benützung der mautpflichtigen Strecken im ausreichenden Maße über die rechtlichen Vorschriften zu informieren. Insbesondere ist auf die Vignettenrückseite zu verweisen, wo, wie in der Mautordnung und unter Beifügung einer bildlichen Darstellung, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Vignette an der Windschutzscheibe anzubringen ist. Auf die Vignettenrückseite nimmt das Schreiben des Bw vom 28. März 2011 explizit Bezug. An der Klarheit der Hinweise auf der Vignettenrückseite zweifelt auch der Bw nicht, wie sein Schreiben vom 28. März 2011 zeigt ("wie auf der Vignettenrückseite empfohlen … auf die Frontscheibe geklebt").
Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts die gesetzliche vorgesehene Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten wurde. Eine Anwendung des § 21 VStG scheidet aus, da das Verschulden des Bw nicht als geringfügig anzusehen ist und das Erschweren der (automatischen) Vignettenkontrolle keine unerhebliche Tatfolge darstellt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder