Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240847/2/Gf/Mu

Linz, 16.09.2011

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das aus Anlass einer Übertretung des Tierarzneimittelkontrollgesetzes ergangene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 8. August 2011, Zl. VetR96-15-1-2010, zu Recht:

I. Der hinsichtlich Spruchpunkt "1." des angefochtenen Straferkenntnisses erhobenen Berufung wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt.

       II. Der Berufungswerber hat hinsichtlich Spruchpunkt "1." weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 8. August 2011, Zl. VetR96-15-1-2010, wurde über den Rechtsmittelwerber mit Spruchpunkt "1." eine Geldstrafe in einer Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 50 Euro) und mit Spruchpunkt "2." eine Geldstrafe in einer Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro) verhängt, weil er als Tierarzt am 26. Juni 2010 in X an zwei Tierhalter einerseits das Tierarzneimittel "Sebacil" zur Behandlung von Karpfenläusen bei Regenbogenforellen abgegeben habe, obwohl dieses Tierarzneimittel in Österreich nur für Schafe, Schweine und Hühner zugelassen sei; wenngleich im vorliegenden Fall ein Therapienotstand vorgelegen sei, hätte dieses Mittel – weil dessen Inhaltsstoff "Phoxim" bei Fischen hochtoxisch wirke – dennoch für deren Behandlung nicht umgewidmet und abgegeben werden dürfen, da eine derartige Umwidmung von "Sebacil" nur dann zulässig gewesen, wenn gleichzeitig sichergestellt gewesen wäre, dass die Therapierung nicht in einem Teich, sondern in Form einer Badebehandlung (samt nachfolgender Entsorgung des Therapiewassers) durchgeführt wird; andererseits habe er dieses Arzneimittel auch abgegeben, ohne es mit einer Signatur am Behältnis versehen,  einen ordnungsgemäßen Abgabeschein ausgestellt und die Tierhalter schriftlich darauf hingewiesen zu haben, dass eine von der Fach- bzw. Gebrauchsanweisung abweichende Anwendung erforderlich ist. Dadurch habe er sowohl eine Übertretung des § 4 Abs. 2 Z. 1 des Tierarzneimittelkontrollgesetzes, BGBl.Nr. I 28/2002, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 36/2008 (im Folgenden: TAKG), i.V.m. § 20 Abs. 1 des Tierärztegesetzes, BGBl.Nr. 16/1975, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 135/2006 (im Folgenden: TierärzteG), als auch eine Übertretung des  § 4a Z. 2 TAKG begangen, weshalb er jeweils nach § 13 Abs. 1 Z. 3 TAKG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt auf Grund einer entsprechenden Anzeige des Landespolizeikommandos für Ober­österreich sowie im Wege des von der belangten Behörde durch­geführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; Die vom Berufungswerber bekannt gegebenen Einkommensverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden; seine Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 10. August 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. August 2011 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung.

 

Darin stellt der Rechtsmittelwerber zunächst klar, dass sich seine Berufung lediglich gegen Spruchpunkt "1." richtet. Begründend wird dazu näher ausgeführt, dass bezüglich der Bekämpfung der Karpfenlaus bei Fischen ein Therapienotstand bestehe, weil es in Österreich kein einziges zu diesem Zweck zugelassenes Tierarzneimittel gebe. Als Fachtierarzt für Fische, als Mitglied der Prüfungskommission der Österreichischen Tierärztekammer für den FTA für Fische und als ausschließlich für Fischzuchten zuständiger Betreuungstierarzt im steirischen, niederösterreichischen und burgenländischen Tiergesundheitsdienst übe er seinen Beruf stets nur nach den Vorgaben des Tierärztegesetzes aus. Weiters habe er wissenschaftliche Arbeiten zum Themenkreis der Bekämpfung der Karpfenlaus bei Therapienotstand publiziert. Außerdem dürfe nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2001/82/EG ein Tierarzt dann, wenn es in einem Mitgliedstaat kein genehmigtes Tierarzneimittel gegen eine Erkrankung einer zur Nahrungsmittelerzeugung genutzten Tierart gibt, insbesondere zur Vermeidung unzumutbarer Leiden "in direkter Eigenverantwortung ausnahmsweise den betreffenden Tieren eines Bestandes ..... Arzneimittel verabreichen". Durch § 4 Abs. 2 TAKG sei diese Regelung gerade mit dem Ziel umgesetzt worden, einem Tierarzt im Falle eines Therapienotstandes die Möglichkeit zu geben, ein für eine bestimmte Tierart nicht genehmigtes Tierarzneimittel anwenden zu können. Im vorliegenden Fall habe der Fischbestand auf Grund des hochgradigen Befallgrades mit Karpfenläusen bereits die Nahrungsaufnahme eingestellt gehabt, weshalb sowohl aus veterinärmedizinischen als auch aus tierschutzrecht­lichen Gründen ein sofortiger Handlungsbedarf bestanden habe. Davon abgesehen erweise sich die Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses auch als widersprüchlich, wenn einerseits auf Grund der fischtoxischen Wirkung des Inhaltsstoffes "Phoxim" eine Umwidmung des Mittels "Sebacil" strikt verboten, anderseits aber eine solche in Form einer Badebehandlung zulässig sei, wobei hinzukomme, dass im konkreten Fall ohnehin eine die Fischtoxation ausschließende Dosierung des Tierarzneimittels gewählt worden und die Behandlung daher auch erfolgreich gewesen sei.

 

Daher wird die Aufhebung des Spruchpunktes "1." des angefochtenen Straferkenntnisses und die diesbezügliche Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Zl. VetR96-15-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Z. 1 TAKG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der der Anordnung, dass bei Vorliegen eines Therapienotstandes ein Tierarzneimittel, das in Österreich für eine andere Tierart oder für
dieselbe Tierart, aber für eine andere Indikation zugelassen ist, nur von einem Tierarzt oder unter der direkten persönlichen Verantwortung eines Tier­arztes angewendet wird, zuwiderhandelt.

 

3.2. Unter dem Aspekt des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z. 1 VStG bedarf sohin das Tatbestandselement des "Zuwiderhandelns" einer entsprechend sachverhaltsbezogenen Konkretisierung im Spruch des Straferkenntnisses.

 

Diesen Anforderungen wird das hier angefochtene Straferkenntnis aber deshalb nicht gerecht, weil es in seinem Spruch ohnehin sowohl davon ausgeht, dass der Rechtsmittelwerber ein Tierarzt ist als auch, dass ein entsprechender Therapienotstand vorgelegen hat und das in Rede stehende Mittel für eine andere Tierart zugelassen ist, sodass die (Alternativ-)Voraussetzungen des § 4 Abs. 2  Z. 1 TAKG erfüllt sind und sohin auch kein vorschriftswidriges Verhalten vorliegt.

 

Die Anlastung einer Rechtswidrigkeit könnte allenfalls darin erblickt werden, dass – wie dies im letzten Satz des Spruchpunktes "1." angedeutet wird – die an sich, d.h. von den sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen her zulässige sog. "Umwidmung" vielmehr in der Form hätte erfolgen müssen, dass die Anwendung des Tierarzneimittels nicht unmittelbar im Fischteich selbst, sondern extern ("in Form einer Badebehandlung mit entsprechender korrekter Entsorgung des Therapiebadewassers") vorgenommen wird. Damit wird dem Beschwerdeführer jedoch keine Übertretung des § 4 Abs. 2 TAKG, sondern allenfalls eine Verletzung des § 21 Abs. 2 des Tierärztegesetzes und/oder des § 3 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes angelastet.

 

Mangels zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung kam jedoch eine entsprechende Korrektur – ganz abgesehen davon, dass der Oö. Verwaltungssenat gemäß den Art. 129 ff B-VG nicht als eine Strafverfolgungsbehörde, sondern als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle eingerichtet ist – schon von vornherein nicht in Betracht.

 

3.3. Davon abgesehen geht aus dem vorgelegten erstbehördlichen Akt aber auch nicht hervor, weshalb im Fall eines Therapienotstandes die Anwendung des gegenständlichen Tierarzneimittels lediglich dann "korrekt" sein soll, wenn diese in Form einer Badebehandlung erfolgt. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, inwieweit es hierbei auf den vom Bundesministerium für Gesundheit herangezogenen Punkt 6.6. einer weder hinsichtlich ihrer Urheberschaft noch hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit näher belegten Fachinformation über "Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Entsorgung von ..... Abfällen" (vgl. dazu auch den im Akt befindlichen Beipackzettel [?] zum Tierarzneimittel "Sebacil 500") ankommen soll.

 

3.4. Im Ergebnis wurde somit dem Berufungswerber eine Tat angelastet, die er jedenfalls so nicht begangen hat, wobei für ihn auch nicht von vornherein zweifelsfrei erkenn- und nachvollziehbar war, welche Verfehlung ihm konkret zur Last gelegt werden sollte.

 

Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis bezüglich seines Spruchpunktes "1." aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG zu Spruchpunkt "1." weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 


VwSen-240847/2/Gf/Mu vom 16. September 2011, Erkenntnis

 

TAKG §4 Abs2 Z1;

TAKG §13 Abs1 Z3

 

Hinsichtlich der Annahme der Behörde, dass die Anwendung des gegenständlichen Tierarzneimittels im Fall eines Therapienotstandes lediglich dann "korrekt" sein soll, wenn diese in Form einer sog "Badebehandlung" (also nicht im Fischteich selbst, sondern extern) erfolgt, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit es hierbei auf den vom Bundesministerium für Gesundheit herangezogenen Punkt 6.6. einer weder hinsichtlich ihrer Urheberschaft noch hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit näher belegten Fachinformation über "Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Entsorgung von ... Abfällen" (vgl dazu auch den im Akt befindlichen "Beipackzettel" (?) zum Tierarzneimittel "Sebacil 500") ankommen soll.

 

 

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