Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730195/3/BP/Wu VwSen-730196/2/BP/Wu

Linz, 12.09.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung 1. der X, sowie als gesetzliche Vertreterin für 2. der minderjährigen X, beide StA der Türkei, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 28. März 2011, GZ: Sich40-28432-2010, betreffend eine Ausweisung der Berufungswerberinnen nach dem Fremdenpolizeigesetz sowie über einen Antrag der Berufungswerberinnen auf Verlängerung der jeweiligen Aufenthaltsbewilligung "beschränkt", zu Recht erkannt:

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der        angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.     Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung     "beschränkt" wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

I.       İtiraz asılsız olduğundan reddedilmesine ve itiraz edilen kararın     onaylanmasına.

 

II.     İtiraz caiz olmadığından reddedilmesine.

 

Hukuki dayanak:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 28. März 2011, GZ.: Sich40-28432-2010, wurde gegen die Berufungswerberinnen (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 54 Abs. 1 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung iVm. § 11 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 sowie § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, die Ausweisung angeordnet und die Ausreiseverpflichtung mit 29. April 2011 festgesetzt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass die Bw, beide Staatsangehörige der Türkei, seit dem 10. Mai 2010 rechtmäßig im Bundesgebiet  aufhältig seien. Am 14. März 2010 habe die Erst-Bw für sich und ihre minderjährige Tochter einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "beschränkt" gestellt.

 

Aus dem besagten Antrag sei ersichtlich, das der Gatte der Erst-Bw für sie und die im Jahr X geborene Zweit-Bw zu sorgen habe. In Österreich habe die Erst-Bw keine gesetzliche Krankenversicherung und sei auch nicht berufstätig. Ihr Ehegatte – ebenfalls ein türkischer Staatsanggehöriger – sei im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels. Weiters sei er auch Bezieher der Wohnbeihilfe.

 

Bei der Prüfung der Anträge sei festgestellt worden, dass das Familieneinkommen nicht ausreichend sei. Aufgrund der vorgelegten Lohnzettel des Ehegatten, verfüge er über ein monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 1.367,41 Euro. Die monatlichen Mietkosten beliefen sich auf 673,43 Euro. Abzüglich des Werts der freien Station in Höhe von 253,51 Euro ergebe sich daraus ein monatlich verfügbares Einkommen in Höhe von 947,49 Euro.

 

Nach den Richtsätzen, des § 293 ASVG müsste der Gatte jedoch ein monatlich verfügbares Einkommen in Höhe von mindestens 1.311,97 Euro besitzen. Daraus resultiere ein monatlicher Differenzbetrag in Höhe von 364,48 Euro.

 

Auf die Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme zur beabsichtigten Ausweisung mit Schreiben vom 15. März 2011, die von der Erst-Bw persönlich übernommen worden sei, habe die Erst-Bw nicht reagiert.

 

Zu den persönlichen Verhältnissen führt die belangte Behörde aus, dass Erst- und Zweit-Bw gemeinsam mit deren Gatten bzw. Vater, der seit dem Jahr 2000 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, an einer Adresse gemeldet und wohnhaft sind. Mangels anderer Angaben könne angenommen werden, dass die Bw enge Familienbeziehungen zu ihrem Herkunftsland hätten. Die Erst-Bw spreche türkisch und habe auch dort die Schulausbildung absolviert. Weiters sei sie mit Kultur und gesellschaftlichen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates vertraut. Aufgrund des relativ kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet von 10 Monaten, sei von keinem hohen Grad an Integration auszugehen. Die Erst-Bw spreche nur wenig Deutsch und habe bislang einen Deutschkurs Stufe 1 absolviert. Beruflich sei sie nicht integriert.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass aufgrund der Einkommensverhältnisse der Familie feststehe, dass der Aufenthalt hier im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen werde.

 

Die Sozialhilferichtsätze (Sozialhilfeverordnung des Landes OÖ.) erforderten für ein Ehepaar ein monatlich verfügbares Einkommen von 1.189,56 Euro, für ein minderjähriges Kind 122,41 Euro – insgesamt also 1.311,97 Euro.

 

Das monatliche Einkommen des Ehegatten der Erst-Bw betrage 1.367,41 Euro. Die Mietkosten beliefen sich auf 673,43 Euro. Der Wert für die "freie Station" betrage 253,51 Euro. Nach Abzug der Mietkosten und Addition des Werts der freien Station resultiere ein monatlich verfügbares Einkommen von 947,49 Euro. Die erforderlichen Existenzmittel seien somit nicht gesichert.

 

Nach einer Interessensabwägung im Sinne des § 66 FPG (in der bis zum 1. Juli 2011 geltenden Fassung) kommt die Behörde zu dem eindeutigen Schluss, dass die öffentlichen Interessen die familiären bzw. privaten Interessen der Bw überwögen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bw rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 7. April 2011.

 

In der Berufung wird u.a. angemerkt, dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Umstände großteils nicht den Tatsachen entsprechen würden. Das Einkommen des Ehegatten der Erst-Bw betrage seit März 2011 monatlich 1.480,88 Euro netto. Dies sei um ca. 113 Euro mehr als der im Bescheid angenommene.

 

Die vom Ehegatten bezogene Wohnbeihilfe des Landes belaufe sich auf 315 Euro. Zudem lägen aufrechte Krankenversicherungen für Erst- und Zweit-Bw vor.

 

Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "beschränkt" gemäß § 44 NAG beantragt

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Zudem darf angemerkt werden, dass den von den Bw vorgelegten Unterlagen und Dokumenten völlige Glaubwürdigkeit zugemessen wird.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

Insofern sich die Daten bezüglich Einkommen des Ehegatten der Erst-Bw, das Vorliegen einer Krankenversicherung für die Bw und die Höhe der Wohnbeihilfe widersprechen, werden die unter Punkt 1.2. angeführten Daten als entscheidungsrelevant anerkannt.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 62 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, sind Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

 

1.      der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11          Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

2.      das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen,       die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.  

 

Gemäß § 62 Abs. 3 FPG hat die Behörde in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst klargestellt, dass die Erst-Bw einen mit 14. März 2011 datierten Verlängerungsantrag gestellt hat und eine Aufenthalts-bewilligung "beschränkt" anstrebt.

 

Die belangte Behörde stützte ihre Ausweisungsentscheidung auf § 54 FPG iVm. § 11 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 iVm. § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG jeweils in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009.

 

Als Versagungsgründe sah sie demnach eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (dadurch, dass die Erst-Bw nicht die entsprechenden Mittel für den Lebensunterhalt der Familie aufbringe) und die Gefahr, dass die Bw Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssten, zumal der erforderliche Unterhalt gemäß den Richtlinien nach § 293 ASVG nicht bestehe.

 

In diesem Sinn ist nun die Nachfolgebestimmung des § 54 Abs. 1 FPG in der nunmehrigen Fassung des § 62 Abs. 1 Z. 1 FPG einschlägig. Daher muss auch auf § 11 NAG in der aktuellen Fassung Bedacht genommen werden.

 

3.2.2. Gemäß § 11 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes I Nr. 38/2011, dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.      gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG     erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder      ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2.      gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates   oder der Schweiz besteht;

3.      gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner          Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht        einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner           Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

 

4.      eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption   (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.      eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder        visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt          oder

6.      er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder        nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft     wurde.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.      der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.      der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.      der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich       auch leistungspflichtig ist;

4.      der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.      durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.      der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der          Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der          bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

 

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in          einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren      Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 11 Abs. 4 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.      sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde          oder

2.      der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder           terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende          Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld      extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht     ausgeschlossen werden können.

 

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist unwidersprochen, dass die Erst-Bw keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, weshalb der Familienunterhalt von ihrem Ehegatten zur Gänze bestritten wird. Dass für die Erst-Bw und ihre Tochter eine Sozialversicherung vorliegt, ist unbestritten.

 

 

Gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm. Abs. 5 NAG ist zur Beurteilung der Existenzmittel auf § 293 ASVG und damit verbunden die Sozialhilferichtsätze Bedacht zu nehmen.

 

Die aktuellen Sozialhilferichtsätze (Sozialhilfeverordnung des Landes .) erfordern für ein Ehepaar ein monatlich verfügbares Einkommen von 1.189,56 Euro, für ein minderjähriges Kind zusätzlich 122,41 Euro – insgesamt also 1.311,97 Euro.

 

Das monatliche Einkommen des Ehegatten der Erst-Bw beträgt nunmehr 1.480,88 Euro. Davon sind nun die Mietkosten in Höhe von 673,43 Euro abzüglich des Werts der "freien Station" in Höhe von 253,51 Euro zu subtrahieren. Daraus folgt:

 

1.480,88

-  673,43

+ 253,51

1.060,96

 

Verglichen mit den erforderlichen 1.311,97 ergibt sich somit ein monatlicher Differenzbetrag von 251,01 Euro, die der Familie der Bw zur Erreichung der laut den Richtsätzen erforderlichen Einkünfte pro Monat fehlen.

 

Vergessen soll an dieser Stelle auch nicht werden, dass der Ehegatte der Erst-Bw monatlich eine Mietbeihilfe des Landes Oberösterreich in Höhe von 315 Euro bezieht. Diese Mietbeihilfe stellt fraglos eine soziale Leistung einer Gebietskörperschaft dar.

 

Es ist also festzuhalten, dass der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm. Abs. 5 NAG vorliegt.

 

3.3. Im Hinblick auf § 11 Abs. 3 NAG ist nun zu überprüfen, ob in Hinblick auf das Privat- und Familienleben der Bw von der Tatsache des Vorliegens eines Erteilungshindernisses nach Abs. 2 leg. cit. abgesehen werden kann.

 

Der Aufenthalt der Bw im Bundesgebiet, der weitgehend rechtmäßig zu bewerten ist, beläuft sich lediglich auf mittlerweile gut 1 Jahr. Er ist also als relativ kurz anzusehen.

 

Die Bw führen ein Familienleben, das grundsätzlich auch schützenswert ist. Hiezug ist aber anzumerken, dass offenkundig das Familienleben der Bw mit dem Ehegatten bzw. Vater bis zum Jahr 2010 auf Entfernung gelebt wurde.

 

 

Die Erst-Bw ist nicht beruflich und aufgrund der kurzen Dauer wohl auch nur marginal sozial im Bundesgebiet integriert. Sie zeigt zwar den Willen zur Integration, indem sie einen Deutschgrundkurs absolvierte und ist unbescholten, kann aber sonst auf keine besonderen Merkmale der Integration verweisen. Dem einjährigen Aufenthalt in Österreich steht ein 34 Jahre langer Aufenthalt im Herkunftsstaat gegenüber. Die Erst-Bw genoss in der Türkei ihre Schul- bzw. Berufsausbildung und ist dort fraglos sozialisiert. Auch der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Tochter ist angesichts der Tatsache ihres Alters (6 Jahre) sowie dem Umstand, dass sie 5 Jahre davon in der Türkei gelebt hat, nicht als schwerwiegend zu bezeichnen.

 

Säumnis von Seiten der Behörden sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

 

Bei einer Gesamtbetrachtung ist festzuhalten, dass – nur weil ein Familienleben und dies erst seit einem Jahr aufrecht im Bundesgebiet geführt wird – das wirtschaftliche Wohl des Staates, das durch die oa. Normen geschützt werden soll, im Rahmen einer Interessensabwägung nicht als niederrangig und aufzugeben angesehen werden kann. 

 

Ein Absehen vom Vorliegen eines Erteilungshindernisses ist also rechtlich nicht möglich.

 

3.4. Die nach § 61 Abs. 2 FPG gebotene Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen folgt dem Wortlaut nach den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 NAG, weshalb sich eine Wiederholung der unter Punkt 3.3. dieses Erkenntnisses angeführten Integrationskriterien und der dazu angestellten Argumente erübrigt.

 

Festzuhalten ist dazu, dass die ausgesprochenen Ausweisungen als Ausfluss des öffentlichen Interesses im Verhältnis zu den privaten und familiären Gegebenheiten und Interessen schwerer wiegen, weshalb die verhängten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu bestätigen waren.

 

3.5. Mangels Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates  zur Erteilung von Niederlassungsbewilligungen war der in der Berufung enthaltene diesbezügliche Antrag als unzulässig zurückzuweisen; überdies ist die Erteilung des angestrebten Aufenthaltstitels nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

 

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 23,00 Euro angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

Talimat

Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.

 

 

Bernhard Pree

 

 

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde im angefochtenen Punkt I. aufgehoben;

VwGH vom 2. Oktober 2012, Zl.: 2011/21/0231-9 

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