Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301073/11/Br/Th

Linz, 20.09.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr, vom 21. Juni 2011, GZ.: Pol-76/11, wegen einer Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes, nach der am 20. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,  zu Recht:

 

 

I.       Der Berufung wird statt gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1  Z1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

Zu II.:       § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin gemäß § 3 Abs.2 Z1 iVm § 15 Abs.1 Z2 und sowie Abs.2  des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl. Nr. 147/2002, eine Geldstrafe in Höhe von 400,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, verhängt und wider sie den Tatvorwurf erhoben, "sie habe es als Hundehalterin zu vertreten, dass ihr Hund (brauner Pitbull-Rüde) von ihr nicht derart beaufsichtigt wurde, dass Menschen und Tiere durch diesen Hund nicht gefährdet wurden, da dieser Hund am 8.2.2011 gegen 11.30 Uhr, in 4400 Steyr, im Schloßpark auf den Hund (Huskymischlings-Rüde) von Fr. X einbiss und diesen dadurch gefährdete, weil ihr Hund an einer Flexi-Leine geführt wurde und keinen Maulkorb trug. Sie habe auch keine Versuche unternommen, ihren Hund von seinem Angriff auf den Hund von Fr. X abzuhalten. Diese Flexi-Leine sei nicht ausreichend  gewesen ihren Hund davon abzuhalten, auf den Hund von Fr. X einzubeißen.

Sie habe ihren Hund somit nicht derart verwahrt, dass Tiere durch diesen nicht gefährdet werden. Da Hunde in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren und zu führen sind, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes dar."

 

 

2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige von Hrn. X wurde gegen die Beschuldigte mit ha. Aufforderung zur Rechtfertigung, wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes, ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Der Beschuldigten wurde eine mehr als zweiwöchige Frist zur Rechtfertigung eingeräumt. X nahm jedoch die Möglichkeit zur Rechtfertigung nicht wahr, sodass das Verwaltungsstrafverfahren - wie angedroht - ohne ihre Anhörung durchgeführt wurde.

 

Die erkennende Behörde hatte von folgendem Tatbestand auszugehen:

 

Gegenständlicher Tatbestand wurde von Hrn. X angezeigt.

Anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der erkennenden Behörde schilderte Hr. X glaubhaft und schlüssig den Sachverhalt und bestätigte den Tatbestand.

Von der damaligen Freundin des Anzeigers, der Geschädigten Fr. X, wurde ebenfalls ggst. Sachverhalt anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme vor der erkennenden Behörde

bestätigt.

 

Die erkennende Behörde hat hierüber wie folgt erwogen:

 

In § 3 Abs. 2 Ziff. 1 des Oö. Hundehaltegesetzes wird normiert, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden.

 

§ 15 Abs.1 Ziff. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes legt fest, das eine Verwaltungsübertretung begeht, wer eine Hund entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.1 und 2 hält.

 

Gem. § 15 Abs. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes sind Verwaltungsübertretungen von der Bezirks Verwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

Zur Verantwortlichkeit der Beschuldigten wurde von der erkennenden Behörde wie folgt erwogen:

 

Fr. X konnte zum Tatzeitpunkt im eigenen Namen darüber zu entscheiden, wie ggst. Hund zu verwahren oder zu beaufsichtigen ist.

 

Somit war die Beschuldigte Hundehalter im Sinne des § 1 Abs.2 Ziff.2 des Oö. Hundehaltegesetzes.

 

Hinsichtlich des Verschuldens genügt gem. § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei der ggst. Verwaltungsübertretung gehört zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt. Bei Ungehorsamsdelikten belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld, solange der Beschuldigte nicht das Gegenteil glaubhaft macht.

 

Infolge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hat die Beschuldigte verkannt, dass sie durch ihr Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichte und mußte als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden.

 

Die Übertretung der Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes war sohin aufgrund der Anzeige von Hrn. X sowie aufgrund des ha. durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Als straferschwerend wurde gewertet, dass die Beschuldigte bereits wegen der Übertretung der

Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes bestraft wurde.

Weitere mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht bekannt.

 

Da Fr. X der Aufforderung zur Bekanntgabe seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht nachgekommen ist, mußten diese - wie der Beschuldigten in ha. Aufforderung zur Rechtfertigung mitgeteilt - wie folgt geschätzt werden: € 1.500,- Nettoeinkommen pro Monat, keine Sorgepflichten.

 

 

Die ausgesprochene Geldstrafe entspricht somit dem Verschuldensgehalt, dem Strafrahmen der angewendeten Rechtsvorschriften sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten.

 

Die Kosten des Verfahrens gründen in den bezogenen Gesetzesstellen. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2. Gegen diesen Bescheid, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte vom 1. 8. und mit einem weiteren Schreiben vom 2.8.2011 ergänzten Berufung.

Darin rechtfertigt sich die Berufungswerberin im Ergebnis dahingehend, dass sie mit ihrem Hund angeleint und diesen mit Maulkorb versehen spazieren gegangen sei. Plötzlich sei ein schwarzer-weiß-grauer Hund auf "uns" zugesprungen. Dieser Hund sei vorher auf sie und dann auf ihren Hund losgegangen. Sie sei folglich von diesem Hund in den Daumen gebissen worden.  Ebenfalls sei ihr Hund zweimal im Bereich der Schnauze gebissen worden. Dadurch habe sich der Maulkorb geöffnet und der Hund habe sich natürlich auch zu Wehr gesetzt. Sie habe versucht die Hunde zu trennen, während dem gegenüber die anderen Hundebesitzer (eine Frau und ein Mann) tatenlos daneben gestanden seien. Diese haben auch die ihr und ihrem Hund von deren Hund zugefügten Verletzungen mitbekommen.

Da man sich letztlich geeinigt habe, finde sie diesen Vorwurf und ihr damit tatsachenwidrig vorzuwerfen den Hund nicht sachgerecht angeleint und ohne Maulkorb geführt zu haben, unberechtigt.

Sie sei bis 2012 in Wels inhaftiert, könne daher der Behörde nicht entgegen kommen und werde im übrigen wegen der Bissverletzung am Finger noch immer behandelt.

Erst nach diesem Zwischenfall hätten die Zweitbeteiligten deren Hund angeleint. Man habe sich darauf geeinigt die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Sie sehe daher nicht ein diese Rechnung (gemeint wohl diese Strafe) zu bezahlen.

 

 

3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt dem Grunde nach bestritten wird, war die Beweisführung im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung durchzuführen. Die Berufungswerberin wurde zu diesem Zweck aus der Justizanstalt Wels vorgeführt.   

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.

Die als Zeugen geladenen Anzeiger, X und X, blieben unentschuldigt der Berufungsverhandlung fern. Die Zustellung der Ladungen erfolgte durch Hinterlegung.

 

 

4. Sachverhalt:

Die Berufungswerberin schildert den Vorfall, so wie bereits in ihrer Berufung, im grundlegenden Gegensatz zu den Anzeigern. Demnach habe nicht ihr Hund, sondern jener der Zeugen, sie vorerst angesprungen und erst dadurch sei ihr an der Leine befindliche und mit Beißkorb versehene Hund auf den angreifenden Hund losgegangen. Sie selbst sei vom anderen Hund am Daumen verletzt worden. Erst durch den Kampf mit dem angreifenden Hund sei schließlich der Beißkorb ihres Hundes weggerissen worden.

Sie habe auch die Aufforderung zu Rechtfertigung nicht mehr bekommen, weil sie in dieser Zeit inhaftiert worden sei.

Den Hund habe sie zwischenzeitig weggeben müssen.

Der Behördenvertreter vertrat betreffend die nicht erschienenen Zeugen die Auffassung, dass es wohl wenig Sinn machen würde diese nochmals zu laden. Seiner Erfahrung nach würden diese Personen auf behördliche Schriftstücke kaum reagieren. Selbst er habe mehrfach versucht ehe er die Zeugin X mit zweimonatiger Verspätung befragen konnte. Auf die neuerliche Ladung und Einvernahme dieser Zeugen wurde daher einvernehmlich verzichtet.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Darstellung der Berufungswerberin könnten letztlich nur von den nicht erschienenen Zeugen widerlegt werden. Laut Auffassung der Berufungsbehörde scheinen die Anzeigeangaben kaum glaubwürdiger als die Verantwortung der Berufungswerberin. Es liegen demnach diametrale Schilderungen vor, wobei offenbar die Anzeiger nicht geneigt zu sein scheinen sich zu den Anzeigenangaben zu bekennen. Da die Angaben der Berufungswerberin durchaus denkbar sind, vermag deren Verantwortung mit den bloßen – auch nicht glaubwürdiger scheinenden – Anzeigerangaben, zumindest nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit entgegen getreten werden.

Als Konsequenz dieses Beweisergebnisses folgt daher in rechtlicher Hinsicht, dass im Falle des nicht eindeutigen Beweisergebnisses im Zweifel der Tatnachweis als nicht erbracht gilt und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und nach § 45 Abs.1 Z1 VStG die Strafbescheidbehebung und Verfahrenseinstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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