Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420694/6/WEI/Ba

Linz, 17.10.2011

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des X X, X, X, vom 23. August 2011 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend eine Festnahme den Beschluss gefasst:

 

 

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 24. August 2011 per Telefax eingebrachten Schreiben vom 23. August 2011 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) folgende handschriftlich verfasste Beschwerde eingebracht:

 

"Betreff Beschwerde gegen die Festnahme

 

Ich wurde heute Dienstag den 23.8.2011 um ca 8h von zwei

Polizeibeamten vom Post X zum sofortigen Strafantrit

nach Linz abgeholt. Da ich die einzige Person am Hof bin

ist das ein ding der Unmöglichkeit ich war hinterm

Haus beim Händischen Futterzusammen rechen, ich hatte

keine möglichkeit mehr mein Vieh zu Füttern außerdem ist

bei der Erntezeit keine geeignede Person zu finden und schon

gahr nicht auf die Stunde.

Mein Bruder hat mir erst am Abend das Vieh gefüttert

mir ist aber nicht bekannt um welche Uhrzeit er seitens

der Polizei verständigt wurde. Zudem ist mein Bruder vor

einem Jahr Herzoperiert worden.

Außerdem bin ich mit Heuarbeit nicht fertig die jetzt bei den

Heißen Tagen erledigt werden muß.

Ich ersuche dringend um Erlass der Strafsache.

Ich bin zur Zeit ihn Haft Nitschestraß Linz.

 

                                                                                Hochachtungsvoll

                                                                                X X"

 

2.1. Mit Schreiben vom 28. August 2011, zugestellt durch Hinterlegung am 14. September 2011, gewährte der Oö. Verwaltungssenat dem Bf Parteiengehör und erteilte einen Verbesserungsauftrag wie folgt:

 

"Ihre Beschwerde vom 23.08.2011;

Parteiengehör und Verbesserungsauftrag

 

 

Sehr geehrter Herr X!

 

In Ihrer beim Oö. Verwaltungssenat per Telefax eingebrachten Beschwerde vom 23. August 2011 berichten Sie über Ihre Abholung durch die Polizei X zum Strafantritt nach x, obwohl Sie in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb wegen des Viehs und der Erntezeit unabkömmlich seien. Die Heuarbeit müsse in den heißen Tagen erledigt werden und Ihr kranker Bruder sei möglicher Weise nicht in der Lage, Sie zu vertreten. Schließlich ersuchen Sie um einen "Erlass der Strafsache".

 

Nach vorläufiger Prüfung durch den unabhängigen Verwaltungssenats erscheint Ihre "Beschwerde wegen Festnahme" mangelhaft. Sie geben nicht einmal die Behörde an, in deren Auftrag Sie festgenommen wurden. Ihre Schilderung des Sachverhalts ist überdies unzureichend, Ihr Begehren in sich widersprüchlich, weil Sie zunächst "Beschwerde gegen die Festnahme" im Betreff angeben und am Ende doch nur einen Strafnachlass anstreben und damit indirekt zugeben, dass die gegen Sie verhängte Strafe rechtskräftig und vollstreckbar ist. Sie müssten auch eine Aufforderung zum Strafabtritt erhalten haben, der Sie nicht nachgekommen sind. Sie haben keinerlei Gründe angeführt, warum Ihre Vorführung zum Strafantritt rechtswidrig gewesen sein soll.

 

Eine beim unabhängigen Verwaltungssenat einzubringende Maßnahmenbeschwerde muss gemäß § 67c Abs 2 AVG einen notwendigen Inhalt aufweisen. Die Beschwerde hat den angefochtenen Verwaltungsakt zu bezeichnen (Z 1), nach Zumutbarkeit das Organ und die belangte Behörde anzugeben (Z 2), den Bezug habenden Sachverhalt zu schildern (Z 3), die Gründe der Rechtswidrigkeit anzuführen (Z 4) und das bestimmte Begehren zu enthalten, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären (Z 5).

 

Soweit Sie nur einen Strafaufschub oder eine Unterbrechung des Strafvollzuges anstreben, wofür Ihre Vorbringen in erster Linie zu sprechen scheint, teilt Ihnen der unabhängige Verwaltungssenat mit, dass über eine solche Antragstellung die Behörde zu entscheiden hat, die gegen Sie den Strafbescheid (Straferkenntnis) rechtskräftig erlassen hat. Der Oö. Verwaltungssenat ist dafür nicht zuständig, er kann auch die Strafe nicht erlassen. Sie müssten sich daher an die Strafbehörde wenden.

 

Abschließend wird Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und ein Vorbringen zur allfälligen Verbesserung zu erstatten. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist wird mit Zurückweisung vorgegangen werden (§ 13 Abs 3 AVG).

 

Sie werden außerdem darauf hingewiesen, dass Sie im derzeitigen Verfahrenstadium Ihre "Maßnahmenbeschwerde" noch ohne Kostenersatzfolgen gemäß § 79a AVG zurückziehen können, weil die (unbekannte) belangte Behörde vom Oö. Verwaltungssenat noch nicht mit der Angelegenheit befasst worden ist.

 

..."

 

2.2. Mit Schreiben vom 22. September 2011, eingelangt am 23. September 2011, reagierte der Bf wie folgt:

 

"Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft

Urfahr-Umgebung vom 29.12.2009 Zl: VerkR 96-7019-2009-

Ihr Schreiben vom 28.08.2011 – GZ VwSen-420694/2/WEI/Ba

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zum gegenständlichen Schreiben teile ich mit, dass die Verwaltungsstrafe im Ausmaß von

 

EUR 470,00

 

Zuzüglich dem Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in der Höhe von

 

EUR 62,90

 

bereits bezahlt wurde.

 

Ich stelle dazu allerdings fest, dass das Ausmaß wesentlich zu hoch angesetzt wurde und ersuche um höchstmögliche Rückzahlung auf mein Konto Nr. X bei der Raiba X, BLZ X.

 

Mit der Bitte um Kenntnisnahme

 

 

Freundliche Grüße

X X (eh. Unterschrift)"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und Durchführung eines Verbesserungsverfahrens festgestellt, dass die Beschwerde schon nach der Aktenlage zurückzuweisen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983; zahlreiche weitere Judikatur bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

4.2. Der Bf hat mit seiner Eingabe vom 22. September 2011 die Mängel der eingebrachten Beschwerde nicht verbessert. Er hat den bekämpften Verwaltungsakt weder genau bezeichnet, noch den Bezug habenden Sachverhalt, noch die Gründe der Rechtswidrigkeit angeführt. Aus seiner Beschwerde geht nur hervor, dass er eine Haftstrafe in Linz antreten musste. Dabei könnte es sich um eine primäre Freiheitsstrafe oder eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe gehandelt haben. In beiden Fällen musste er gemäß § 53b VStG zuvor eine Aufforderung zum Strafantritt binnen einer bestimmten Frist erhalten haben, die er nicht befolgte. In seiner Beschwerde behauptete er jedenfalls keine Rechtswidrigkeit, sondern brachte nur Umstände für einen Strafaufschub oder eine Unterbrechung des Strafvollzuges (vgl § 54a VStG) vor. Er ersuchte schließlich dringend um "Erlass der Strafsache". Der Oö. Verwaltungssenat hatte ihn dazu im Verbesserungsauftrag belehrt, dass er für eine Entscheidung über Strafaufschub oder Strafunterbrechung nicht zuständig ist und auch eine verhängte Strafe nicht erlassen kann.

 

Nunmehr verweist der Bf nur auf eine offenbar rechtskräftige Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 29. Dezember 2009, Zl. VerkR 96-7019-2009, hinsichtlich der er die Verwaltungsstrafe und die Kosten des Verfahrens bereits bezahlt habe. Trotz der erfolgten Belehrung durch den Oö. Verwaltungssenat vermeint er in Verkennung der Sache, dass er im gegenständlichen Verfahren einen Teil des bezahlten Strafbetrags samt Kosten zurückerstattet bekommen könnte. Der Bf hat damit den möglichen Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde und damit das Thema verfehlt.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat hatte dem Bf mit Schreiben vom 28. August 2011 einen qualifizierten Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG mit dem ausdrücklichen Hinweis erteilt, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist von zwei Wochen mit Zurückweisung vorgegangen wird. Der Bf nahm innerhalb der zur Mängelbehebung eingeräumten angemessenen Frist keine taugliche Verbesserung vor, weshalb seine Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.

 

5. Eine Kostenentscheidung zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde, die gemäß § 79a Abs 3 AVG im Fall der Zurückweisung einer Beschwerde als obsiegende Partei anzusehen ist, war nicht zu treffen, weil die belangte Behörde nicht ins Verfahren eingebunden war und daher keine Kosten entstanden sind.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundestempelgebühren für die Beschwerde in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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