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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100899/9/Weg/Ri

Linz, 11.05.1993

VwSen - 100899/9/Weg/Ri Linz, am 11. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt über die Berufung des A Z vom 22. Oktober 1992, eingeschränkt am 11. Mai 1993, gegen das Faktum 2.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. Oktober 1992, VerkR96-2310-1992/Wa, zu Recht:

I.: Dem Antrag auf Zuerkennung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG wird stattgegeben und die Geldstrafe statt mit 8.000 S mit 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe statt mit 336 Stunden mit 5 Tagen festgesetzt.

II.: Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren fällt nicht an.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 20, § 51 Abs.1, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber unter Punkt 2.) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden verhängt, weil dieser am 27. Juni 1992 um 14.15 Uhr ein Fahrrad in S vom B über die B und die S in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 800 S in Vorschreibung gebracht.

2. Mit gleichem Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Perg unter Punkt 1.) ebenfalls wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 11.000 S (im NEF 336 Stunden) verhängt, weil der Berufungswerber am 27. Juni 1992 um 14.00 Uhr (also eine Viertelstunde vorher) einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die dagegen ebenfalls eingebrachte Berufung liegt - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - bei der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Kammer, während für die gegenständliche Entscheidung das unterfertigte Einzelmitglied zuständig ist. Die Alkholisierung wurde mittels Messung der Atemluft auf einem Alkomaten festgestellt, wobei nach dem diesbezüglichen Meßprotokoll ein Atemluftalkoholgehalt von 0,54 mg/l aufscheint.

3. Der Berufungswerber hat die gegen das Faktum 2.) eingebrachte Schuldberufung am 11. Mai 1993 zurückgezogen und sein Berufungsbegehren ausschließlich darauf gerichtet, ihm das außerordentliche Milderungsrecht im Sinne des § 20 VStG zu gewähren.

4. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe (diese beträgt im gegenständlichen Fall 8.000 S) bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder - was hier nicht der Fall ist - der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Es gilt zu überprüfen, ob nachstehender Sachverhalt die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes rechtfertigt, wobei als Bewertungsmaßstab das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/02/0280/7, heranzuziehen ist.

Nach diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß einem nach § 5 Abs.1 StVO 1960 straffällig gewordenen PKW-Lenker ein Rechtsanspruch auf Anwendung des § 20 VStG zusteht, wenn dieser völlig unbescholten ist, der gesetzliche Grenzwert nur geringfügig überschritten wird, wenn die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat und der Beschwerdeführer in keinen Verkehrsunfall verwickelt war, wobei Erschwerungsgründe nicht vorgelegen sind.

Im gegenständlichen Fall ist ebenfalls von einer vollkommenen verwaltungsstrafrechtlichen (auch justizstrafrechtlichen) Unbescholtenheit des Berufungswerbers, einem 40-jährigen Hauptmann des Bundesheeres, auszugehen. Dies stellt einen besonders ins Gewicht fallenden Milderungsgrund dar. Weiters war der Berufungswerber bei seiner nur etwa 300 m währenden Fahrt mit dem Fahrrad in keinen Unfall verwickelt. Das Gefährdungspotential durch das Lenken eines Fahrrades in alkoholisiertem Zustand ist außerdem - zumindest was die übrigen Verkehrsteilnehmer betrifft - wesentlich geringer als jenes beim Lenken eines PKW's. Der Alkohlisierungsgrad ist zwar nicht mehr als äußerst geringfügig zu bewerten, beim Vorliegen einer Atemluftalkoholkonzentration von 0,54 mg/l ist jedoch auch von keiner (allenfalls als erschwerend wirkenden) übermäßigen Alkoholisierung auszugehen. Der Grad des Verschuldens, der sich jedoch bei der Anwendung des § 20 VStG nicht auswirkt (hier ist von Milderungs- und Erschwerungsgründen die Rede) ist ebenfalls gering zu bewerten, weil der Berufungswerber auf dem Weg zum Gendarmerieposten war, wo er über Geheiß der Gendarmeriebeamten wegen eines vorher verursachten Verkehrsunfalles erscheinen mußte.

Die Wertung des oben angeführten Sachverhaltes ergibt unter Berücksichtigung des vom Verwaltungsgerichtshofes vorgegebenen Maßstabes, daß die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und somit das außerordentliche Milderungsrecht zuzuerkennen war.

Was die nunmehr festgesetzte Strafhöhe betrifft, so ist auch mitzuberücksichtigen, daß der Berufungswerber wegen einer kurz vorher mit dem PKW durchgeführten Fahrt ebenfalls wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 bestraft wurde und die nunmehr verhängte mit 5.000 S bemessene Ahndung dem Spezialpräventivcharakter einer Strafe voll entspricht. Eine gänzliche Ausschöpfung des um die Hälfte verminderten Strafrahmens war jedoch in Anbetracht der 35%igen Überschreitung des Grenzwertes nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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