Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252762/9/Py/Hu

Linz, 29.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 26. Jänner 2011, SV96-203-2009-Sc, SV96-203-1-2009-Sc bis SV96-203-11-2009-Sc, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäf­tigungs­­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Juni 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 2, 24, 27, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 26. Jänner 2011, SV96-203-2009-Sc, SV96-203-1-2009-Sc bis SV96-203-11-2009-Sc, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x (FB Nr. x) mit Zweigniederlassung in x, 138 Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden verhängt, weil die x zu den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Zeiträumen im Schlachthof x, 138 namentlich angeführte ausländische Staatsangehörige mit Fleischzerlege- und Fleischverpackungs­arbeiten ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen beschäftigt hat. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 27.600 Euro vorgeschrieben.

 

2. Dagegen wurde vom Bw rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und zusammengefasst vorgebracht, dass die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn für die Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses unzuständig war, da die Arbeitnehmer nicht im Sprengel der belangten Behörde tätig wurden, sondern in Salzburg. Richtig sei, dass im Sprengel der belangten Behörde im Firmenbuch eine Zweigniederlassung der x zu FN x an der Adresse x registriert war. An dieser Adresse war allerdings der Bw niemals tätig und hat dieser auch von dort niemals irgendwelche Entscheidungen hinsichtlich der Anstellung der gegenständlichen ungarischen Staatsbürger getätigt. Vielmehr wurden sämtliche Entscheidungen und Handlungen stets am Sitz der Gesellschaft in Budapest getroffen. Die gegenständlichen ungarischen Staatsbürger waren entgegen dem angefochtenen Straferkenntnis niemals Beschäftigte der Zweigniederlassung der x in Österreich, sondern stets Arbeitnehmer der x mit Sitz in Budapest, wo sich auch die Verwaltung der Gesellschaft befindet und wo auch der Bw seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der x nachkommt. Seitens der x wurde nur formal eine Zweigniederlassung an der Adresse in x registriert. Eine Geschäftstätigkeit wurde dort niemals ausgeübt und war auch niemals beabsichtigt. Vielmehr wurde seitens des AMS Salzburg – im Übrigen völlig rechtswidrig - von der x verlangt, dass als Voraussetzung für die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen eine Zweigniederlassung in Österreich erforderlich ist. Der Sitz der Gesellschaft ist somit keineswegs die in Österreich registrierte Zweigniederlassung, sondern ist der Sitz der Gesellschaft in Budapest, was auch von der belangten Behörde nicht bestritten wurde. Somit ist nach ständiger Judikatur des VwGH der Tatort in Budapest gelegen und eine Zuständigkeit der belangten Behörde nicht gegeben. Es liegt keine in Österreich nach dem Verwaltungsstrafgesetz strafbare Handlung vor. Sollte der Bw als Geschäftsführer der x eine Verantwortung treffen, dass er eine Handlung gesetzt oder unterlassen hätte, so hätte er dies im Zuge seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der x in Budapest am Sitz der Gesellschaft getan. Gemäß § 2 VStG sind jedoch nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Das angefochtene Straferkenntnis ist daher von einer unzuständigen Behörde erlassen worden und liegt darüber hinaus keine Tathandlung in Österreich vor.

 

Des weiteren wendet der Bw unter näherer Begründung ein, dass keine Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG vorliegt, da die gegenständlichen ungarischen Staatsbürger im Zuge einer zulässigen Entsendung von der x in Österreich beschäftigt wurden und die Voraussetzungen für die Erteilung von EU-Entsendebestätigungen gegeben sind. Weiters wird unter Hinweis auf den Beitrittsvertrag der Republik Ungarn zur Europäischen Union eine Zulässigkeit der gegenständlichen Beschäftigung von ungarischen Arbeitnehmern gemäß Gemeinschaftsrecht eingewendet. Ergänzend dazu wird vorgebracht, dass seitens der belangten Behörde der maßgebliche Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt wurde und zudem die Höhe der verhängten Strafen ein eklatanter Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Gewaltenteilung darstellt und zudem unangemessen ist.

 

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 15. Juni 2011 legte der Bw weitere ergänzende Urkunden und Unterlagen vor.

 

3. Mit Schreiben vom 22. März 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Juni 2011, die auf Grund des den Verfahren zugrunde liegenden Sachverhaltes gemeinsam mit den im Verfahren zu VwSen-252712, VwSen-252713, VwSen-252746, VwSen-252807, VwSen-252864 und VwSen-252865 anberaumten mündlichen Berufungsverhandlungen betreffend die weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer der x durchgeführt wurde. An dieser Verhandlung haben die in den gegenständlichen Verfahren einschreitenden Bw mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie ein Vertreter des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Verfahrensparteien teilgenommen. Der zur Verhandlung geladene Zeuge x entschuldigte sich für die mündliche Berufungsverhandlung. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte bereits auf Grund der Einvernahmen der Bw ausreichend geklärt werden. Der - im Übrigen nicht bestrittene – Umstand, dass von Herrn x als dem von der Geschäftsführung beauftragten zuständigen Vorgesetzten der im Schlachthof x tätigen ungarischen Arbeitskräften verschiedene Geschäftsunterlagen verwaltete wurden, ändert nichts an dem im Beweisverfahren eindeutig hervorgetretenen Sachverhalt betreffend die Unternehmensleitung. Eine Vertagung der Verhandlung zur neuerlichen Ladung des Zeugen x konnte daher entfallen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

4.1. Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, einem Fleischzerlege- und Konservierungsbetrieb mit Sitz in H-1089 Budapest, x, im Handelsregister des Justiz- und Polizeiministeriums Ungarn registriert unter Cg. x. Auf Grund interner Vereinbarungen unter den Geschäftsführern des Unternehmens obliegt Frau x die Personalverwaltung des Unternehmens, die sie in dem von ihr geleiteten Büro am Firmensitz des Unternehmens in Budapest durchführt. Neben diesem Verwaltungssitz in Budapest betreibt das Unternehmen einen Produktionsstandort im ungarischen Ort x, der ca. 180 km von Budapest entfernt liegt. Für die dortige Fleischverarbeitung (Schlachtung und Zerlegung von Schweinen) ist Herr x als weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer zuständig. Der Bw als dritter im Firmenbuch eingetragener handelsrechtliche Geschäftsführer ist Mehrheitseigentümer des Unternehmens und für das operative Geschäft in Deutschland und Österreich zuständig.

 

Das Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 260 (ungarische) Mitarbeiter/innen im Bereich der Fleischverarbeitung und Konservierung. Ihre Arbeitsverträge wurden in Ungarn, am Unternehmenssitz in Budapest oder am Produktionsstandort in x, abgeschlossen. Die Anmeldung zur Sozialversicherung wird ebenfalls in Ungarn durchgeführt. Zum Abschluss dieser Arbeitsverträge sind sowohl Frau x als auch Herr x befugt. Bereits bei Abschluss der Arbeitsverträge werden die künftigen Arbeitnehmer/innen darauf hingewiesen, dass es auch zu einem Arbeitseinsatz im Ausland (Österreich und Deutschland) kommen kann. Welche Arbeitnehmer/innen letztendlich tatsächlich im Ausland zum Einsatz kommen, hängt von deren jeweiligen Qualifikationen und Fähigkeiten ab und wird zumeist aufgrund ihrer am Produktionsstandort x hervorgetretenen Arbeitsleistung entschieden.

 

Im Jahr 2008 nahm die x aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma x, (in der Folge : Firma x) im Schlachthof in x ihre Tätigkeit als Fleischzerleger auf. Nach mehreren Beanstandungen anlässlich arbeitsmarktrechtlicher Kontrollen fand zur Abklärung der arbeitsmarktbehördlichen Voraussetzungen in weiterer Folge ein Gespräch der Vertragsparteien x und Firma x mit Vertretern des Arbeitsmarktservices, der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer statt. Im Zuge dieses Gespräches wurde vom AMS die Erteilung arbeitsmarktbehördlicher Bewilligungen für die eingesetzten ungarischen Arbeitnehmer in Aussicht gestellt. Dafür wurde allerdings die Gründung einer Niederlassung des Unternehmens in Österreich für erforderlich erachtet. Daraufhin erfolgte über Antrag der x beim Landesgericht Ried am 3.1.2009 unter Firmenbuchnummer FN x die Eintragung Zweigniederlassung unter der Geschäftsanschrift x. Bei dieser Adresse handelte es sich um die Unterkunft des im Schlachthof in x eingesetzten Vorarbeiters der Firma x. Eine tatsächliche Unternehmenstätigkeit wurde an diesem Standort nie entfaltet und war dies auch zu keinem Zeitpunkt geplant, sondern sollten mit dieser Zweigniederlassung die vom AMS geforderten Voraussetzungen für die Erlangung der arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen geschaffen werden. Die im September 2009 vom AMS Salzburg erteilten arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen für im örtlichen Geltungsbereich Salzburg eingesetzte Fleischarbeiter mit Staatsangehörigkeit Ungarn wurden wiederum der x, unter der Adresse x, erteilt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den nachvollziehbaren und glaubwürdigen Schilderungen der in der mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Juni 2011 einvernommenen handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens über die Unternehmensstruktur der x und die Beweggründe zur Eintragung einer Zweigniederlassung im österreichischen Firmenbuch. Gestützt wird diese Verantwortung durch den Umstand, dass auch aus den im Akt einliegenden und den von den Parteien vorgelegten Urkunden und Unterlagen nicht hervorgeht, dass seitens der x bei der Abwicklung der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit unternehmerische Entscheidungshand­lungen von der im Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung in x aus gesetzt wurden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 2 Abs.1 und 2 VStG sind nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder, wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde die Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

5.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss zur Auslegung des im Sinn des § 27 Abs.1 VStG maßgebenden Begriffes des „Ortes der Begehung“ die Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG herangezogen werden. Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen. Für den Bereich des VStG kommt es in Sachen, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens beziehen – dies wird auch für in Filialen gegliederte Unternehmen angenommen –, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht auf den Ort an, an dem das Unternehmen betrieben wird. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Arbeitnehmerschutz, zur Ausländerbeschäftigung, zum Arbeitsrecht, zur Lebensmittelkennzeichnungsver­ordnung sowie auch zum Öffnungszeitengesetz Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, für welches der zur Vertretung nach außen Berufene gemäß § 9 VStG gehandelt hat. Im Hinblick auf § 2 Abs.2 VStG ist der Verwaltungsgerichts­hof in zahlreichen Verwaltungsmaterien zum Ergebnis gekommen, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Ob in derartigen Fällen ein zu Vertretung nach außen befugtes Organ, ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG oder ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle. Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort daher im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften zu treffen gewesen wären (Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1723ff mit Judikaturnachweisen).

 

Die belangte Behörde sieht ihre Zuständigkeit zur Verfolgung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung auf Grund der im Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung der x in x als gegeben an. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall von Übertretungen des § 28 AuslBG jedoch im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel auch die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (vgl. VwGH vom 15.9.1994, Zl. 94/09/0140, und vom 19.1.1995, Zl. 94/09/0258).

 

Auf Grund der eindeutigen Ergebnisse des im Rahmen des Berufungsverfahrens durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die Unternehmensleitung der x vom Sitz des im Firmenbuch eingetragenen Unternehmens in Ungarn aus erfolgte. Selbst wenn zur Abwicklung der geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens mit dem österreichischen Vertragspartner Urkunden und Unterlagen in Österreich bereitgehalten wurden, ergibt sich daraus nicht, dass damit auch die Unternehmensleitung in Österreich gelegen ist. In Übereinstimmung mit den Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens ergibt sich auch aus den im Akt einliegenden Urkunden und Unterlagen, dass die Zweigniederlassung x selbst nie als Firmensitz in Erscheinung trat und auch die später ausgestellten arbeitsmarkt­behördlichen Bewilligungen dem Unternehmen nicht unter dieser Adresse zugingen. Alleine das Vorliegen eines "inländischen Anknüpfungspunktes" des Unternehmens (in Analogie zur Regelung des § 18 Abs.1 AuslBG hinsichtlich des im Bundesgebiet gelegenen Betriebssitzes bei Betriebsentsendungen) reicht zur Begründung eines inländischen Tatortes bei Übertretungen des § 28 Abs.1 Z1 lit.a. AuslBG iVm § 3 AuslBG nicht aus.

 

Im Ergebnis trat daher aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens zweifelsfrei zutage, dass die entsprechenden Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung von Verwaltungsübertretungen vom Unternehmenssitz in Ungarn aus gesetzt hätten werden müssen. Der Bw ist daher gegebenenfalls durch Unterlassen der gesetzlich geforderten Vorsorgehandlungen am Unternehmenssitz in Ungarn strafbar geworden. Es ist somit der auch im Firmenbuch eingetragene Unternehmenssitz als Tatort gemäß § 2 VStG anzusehen, wobei dieser Tatort im Ausland gelegen ist. Da eine spezielle Bestimmung dahingehend fehlt, dass die nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a. AuslBG iVm § 3 AuslBG begangenen Verwaltungsübertretungen, welche im Ausland begangen werden, als im Inland begangen anzusehen und strafbar sind, liegt gemäß der allgemein geltenden Bestimmung des § 2 VStG keine Strafbarkeit vor, weil die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht im Inland begangen wurden. Es war daher – ohne weiteres Eingehen auf die Sache – das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Andrea Panny

 

 

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