Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730232/2/BP/MZ/Wu

Linz, 06.10.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      5A02, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Russland, X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 23. April 2010, AZ: 1058563/FRB, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in ein Verfahren betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von 10 Jahren befristeten Rückkehrverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 71 und 72 iVm § 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Апелляция отклоняется как необоснованная и оспариваемое решение подтверждается.

 

Юридическое основание:

§§ 71 und 72 iVm § 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit verfahrensrechtlichem Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 23. April 2010, AZ: 1058563/FRB, wurde ein Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 2. April 2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungserhebung gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 1. Februar 2010 (betreffend Rückkehrverbot) gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG 1991 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Februar 2010 gegen den Bw ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich ausgesprochen wurde. Dieser Bescheid sei dem Bw eigenhändig am 3. Februar 2010 in der X zugestellt worden.

 

Mit Schriftsatz vom 2. April 2010 habe der Bw durch seinen nunmehrigen Rechtsvertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eine Berufung gegen oben genannten Bescheid eingebracht.

 

Der Wiedereinsetzungsantrag sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass der Bw angegeben habe, der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig zu sein. Dieser habe seinem Vorbringen nach zwar vermutet, dass der zugestellte Bescheid negative Folgen hätte und dagegen ein Rechtsmittel zu erheben wäre, den genauen Inhalt aber nicht verstanden. Beim nächsten Haftbesuch seiner Gattin habe der Bw dieser den Bescheid mit der Bitte mitgegeben, ehestmöglich geeignete Schritte einzuleiten. Der Bescheid sei dann einer Flüchtlingsorganisation vorgelegt worden, welche jedoch untätig geblieben sei. Letztendlich habe die Gattin des Bw den nunmehrigen Rechtsvertreter am 31. März 2010 kontaktiert, und nach dessen Übersetzung erst die Rechtsmittelbelehrung und die sich daraus ergebende Berufungsfrist verstanden. Somit würden die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen, zumal den Bw allenfalls ein minderer Grad des Versehens treffen würde.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG aus, dass der Bw selber in seinem Wiedereinsetzungsantrag angebe, nachteilige Folgen durch den ausgehändigten Bescheid sowie dass gegen diesen ein Rechtsmittel zu erheben sein werde vermutet zu haben.

 

Zusammengefasst habe der Bw in weiterer Folge mit beachtlicher Sorglosigkeit gehandelt, da er den Bescheid lediglich seiner Gattin übergeben habe und in der Folge wochenlang untätig geblieben sei. Etwa wäre es dem Bw leicht möglich gewesen, mit dem sozialen Dienst, welcher in der X zur Unterstützung der Häftlinge tätig sei, umgehend Kontakt aufzunehmen und sich von diesem beraten zu lassen. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass im konkreten Fall weder die Voraussetzungen des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses vorliegen noch von einem minderen Grad des Versehens des Bw auszugehen, und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand daher abzuweisen sei.

 

1.2. Gegen diesen, nachweislich am Montag dem 26. April 2010 zugestellten, Bescheid erhob der Bw mit Telefax vom 10. Mai 2010, und damit rechtzeitig, das Rechtsmittel der Berufung.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Wesentlichen nicht entgegengetreten.

 

Ergänzend wird vorgebracht, dass der Bw  – entgegen der Auffassung der belangten Behörde – in der Strafhaft durch Übergabe des fremdenpolizeilichen Bescheides an seine Gattin alle nur erdenklichen Mittel ausgeschöpft habe, um geeignete Schritte gegen den Bescheid zu unternehmen. Dass die in Folge von der Gattin des Bw vor der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung mit der Angelegenheit befassten Organisationen nicht tätig geworden wären, könne dem Bw nicht angelastet werden. Unzutreffend sei auch die Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Einschreiter eine Beratung des sozialen Dienstes in der X hätte in Anspruch nehmen können, da dies zum einen durch die belangte Behörde nicht bewiesen worden und zum anderen der soziale Dienst für Vertretungen in Rechtsangelegenheiten nicht zuständig sei.

 

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wäre die Erstbehörde verpflichtet gewesen, die Ehegattin des Einschreiters und diesen selbst einzuvernehmen und auch Erkundigungen darüber zu pflegen, welche Möglichkeiten Häftlingen in der X für rechtliche Beratung und Vertretung zur Verfügung standen.

 

In rechtlicher Sicht habe die belangte Behörde übersehen, dass sich der Bw in Haft befinde und daher keinesfalls über jene Freiheiten verfüge, die ansonsten Fremde auf freiem Fuß haben. Selbst in solchen Situationen sei es für einen Fremden ungleich schwerer als für einen Inländer, einerseits den Inhalt eines Bescheides zu verstehen und andererseits innerhalb der kurzen Frist von 14 Tagen ein Rechtsmittel zu erheben. Umso schwieriger sei es für einen in Haft befindlichen Fremden, innerhalb dieser Frist geeignete Schritte zu setzen, sodass das Vorgehen des Bw, den Bescheid schon beim ersten Haftbesuch seiner Ehegattin mit dem Auftrag auf weitere Veranlassung zu übergeben, keinesfalls als beachtliche Sorglosigkeit anzulasten sei.

 

Es werde daher beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Erhebung der Berufung gegen den Bescheid der belangten Behörde  vom 1. Februar 2010 zur AZ 105863/FRB zu bewilligen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Gleiches hat – wie im gegenständlichen Fall – für Rechtsmittel bezüglich Rückkehrverbote zu gelten, da diese sich von der Wirkung her von einem Aufenthaltsverbot nicht unterscheiden.

 

Im Sinne dieser Ausführungen ergibt sich schließlich in Verbindung mit § 72 Abs. 4 AVG, wonach gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung dem Antragsteller das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zusteht, nunmehr eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion des Bundeslandes Oberösterreich am 4. Juli 2011 zuständigkeitshalber der erkennenden Behörde übermittelt wurde.

 

2.2. Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte trotz diesbezüglichem Antrag abgesehen werden, da im Sinne von § 67d Abs. 4 AVG ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen ist, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs 1 EMRK nicht entgegensteht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bw im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4.  Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

3.2. Dass der Bw durch die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 1. Februar 2010, mit welchem gegen ihn ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich ausgesprochen wurde, einen Rechtsnachteil erleidet, da er durch das Versäumnis Prozesshandlungen, die zur Wahrung seiner Rechte und rechtlichen Interessen notwendig und zweckmäßig wären nicht mehr vornehmen kann, bedarf keiner näheren Erläuterung.

 

Die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch den Bw ist daher dem Grunde nach zulässig.

 

3.2. In Folge gilt es zu prüfen, ob es sich bei dem vom Bw geltend gemachten Grund für die Fristversäumnis – nämlich seinen mangelnden Kenntnissen der deutschen Sprache – um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis handelt. Weiters ist aufgrund der in § 71 Abs. 1 Z 1 AVG durch das Wort "und" erfolgten alternativen Verknüpfung der Tatbestandselemente zu beurteilen, ob den Bw an der Fristversäumung kein Verschulden bzw nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

3.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Umstand, dass eine Partei die deutsche Sprache überhaupt nicht oder nur mangelhaft beherrscht, prinzipiell keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar (siehe etwa VwGH 1.8.2000, 2000/21/0097; 19.9.2007, 2007/08/0097). Wie der Gerichtshof betont, handelt es sich weder bei der Zustellung eines in deutscher Sprache gehaltenen Bescheides noch bei der Unkenntnis der deutschen Sprache um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs 1 Z 1 AVG (siehe ua VwGH 7.10.1993, 93/01/0910; 19.11.1999, 96/19/1221).

 

Vielmehr genüge es, dass dem Sprachunkundigen bewusst gewesen sein musste, rechtlich bedeutsame behördliche Schriftstücke erhalten zu haben (vgl VwGH 11.10.2001, 98/18/0355; 19.11.2003, 2003/21/0090). Bestehe Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des behördlichen Schreibens, habe sich die Partei – allenfalls unter Heranziehung eines Dolmetschers – mit dem Inhalt der Erledigung einschließlich der Rechtsmittelbelehrung vertraut zu machen (VwGH 27.1.2004, 2003/21/0167). Vor allem der Rechtsmittelbelehrung sei von einem Fremden, der die deutsche Sprache nur ungenügend beherrsche, besondere Aufmerksamkeit zu widmen (VwGH 10.5.2000, 95/18/0972). Weil aus dieser die Zulässigkeit und die Art des zur Verfügung stehenden Rechtsmittels sowie die Einbringungsbehörde und die Dauer der Frist hervorgehe, treffe den Sprachunkundigen diesbezüglich eine erhöhte Sorgfaltspflicht (VwGH 7.8.2001, 98/18/0068). Habe es eine der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Partei verabsäumt, diesbezüglich entsprechende Erkundigungen einzuholen, treffe sie ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden (vgl VwGH 12.12. 1997, 96/19/3394; 10.5.2000, 95/18/0972).

 

3.2.2. Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung kann das Vorbringen des Bw, aufgrund seiner mangelhaften Kenntnisse der deutschen Sprache erst am 2. April 2010 gegen den am 3. Februar 2010 zugestellten Bescheid Rechtsmittel erhoben zu haben, nicht zum Erfolg führen.

 

Wie der Bw ausdrücklich in seinen Schriftsätzen festhält, war ihm von Anfang an bewusst, dass der an ihn ausgehändigte Bescheid nachteilige Folgen haben dürfte und daher ein Rechtsmittel vonnöten sein werde. Zum einen scheitert eine Stattgabe der Berufung daher bereits daran, dass im Sinne des Höchstgerichts ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht vorliegt.

 

Zum anderen vermag der belangten Behörde nicht entgegen getreten zu werden, wenn diese annimmt, die bloße Übergabe des in Rede stehenden Bescheides an die Gattin des Bw mit dem Ersuchen, entsprechende Schritte einzuleiten, stelle ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar. Vielmehr hätte der Bw alles in seiner Macht stehende tun müssen, um Kenntnis vom Inhalt des behördlichen Schriftstückes zu erhalten und in Folge entsprechende Dispositionen tätigen zu können. Angedacht sei hier nur die Befassung eines Dolmetschers oder eines Rechtsanwalts, Rückfragen bei einem Vollzugsbeamten, der Anstaltsleitung oder auch einem Mithäftling. Derlei Versuche wurden vom Bw offensichtlich nicht unternommen bzw nicht geltend (und glaubhaft) gemacht, weshalb jedenfalls von einem den minderen Grad des Versehens übersteigenden Verschulden auszugehen ist.

 

3.3. Bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes wird vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates auch nicht verkannt, dass der Aufenthalt des Bw in Strafhaft eine besondere Situation darstellt, welche zu einer anderen als der soeben dargestellten Beurteilung führen könnte.

 

3.3.1. Auch diesbezüglich besteht eine umfassende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Danach ist die Tatsache, dass sich eine Partei in Haft befindet, für sich allein genommen noch kein Hinderungsgrund, der bei der Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigte. Dies deshalb, weil durch einen Aufenthalt in einer Haftanstalt die Dispositionsfähigkeit nicht so weit verloren gehe, dass die Partei allein deswegen außer Stande wäre, die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels zu wahren (vgl VwGH 7.9.2004, 2001/18/0037; 31.8.2006, 2004/21/0139). Die verspätete Einbringung eines Rechtsmittels ist daher nicht schon deshalb unverschuldet oder lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen, weil sich eine Partei in Haft befindet.

 

Dies gilt auch – wie im vorliegenden Fall – für Häftlinge, die (noch) unvertreten und/oder der deutschen Sprache nicht mächtig sind (vgl VwGH 13.12.2001, 99/21/0110; 19.11.2003, 2003/21/0090; 31.8.2006, 2004/21/0139), das heißt auch das Zusammentreffen von Haft und mangelnder Sprach- oder Rechtskenntnis ist per se noch kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl VwGH 13.12.2001, 99/21/0110; 28.1.2003, 2002/18/0291; 31.8.2006, 2004/21/0139).

 

Ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG läge nur dann vor, wenn zu den mit dem Aufenthalt in einer Haftanstalt allgemein verbundenen Einschränkungen ein konkreter, den Häftling speziell treffender "Verhinderungsgrund" (VwGH 31.8.2006, 2004/21/0139) hinzuträte. Von Relevanz wäre beispielsweise, wenn der Häftling den von ihm gewünschten Rechts- oder sonstigen Beistand nicht rechtzeitig erhalten hat oder wenn ihm die Möglichkeit genommen wäre, trotz eines diesbezüglichen Wunsches ein Rechtsmittel zu verfassen und einzubringen (vgl VwGH 24.2.2000, 96/21/0430; 28.1.2003, 99/18/0320; 31.8.2006, 2004/21/0139).

 

Wesentlich dabei ist, dass die in Haft befindliche Partei konkret und in nachvollziehbarer Weise – zum Beispiel durch Angabe des Tages und der Aufsichtsperson, an die sie sich gewandt hat – behauptet und glaubhaft macht, den Wunsch geäußert zu haben, mit einem Rechtsvertreter oder sonstigen Beistand in Kontakt zu treten, ihre Verlangen aber ignoriert oder abgelehnt wurden (VwGH 13.12.2001, 99/21/0110; 19.11.2003, 2003/21/0090; 31.8.2006, 2004/21/0139).

 

3.3.2. Dass neben den mangelnden Sprachkenntnissen und zu den mit dem Aufenthalt in der X allgemein verbundenen Einschränkungen ein konkreter, den Bw speziell treffender "Verhinderungsgrund" vorgelegen sei, der den Bw an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert hätte, wurde von diesem nicht geltend gemacht.

 

3.4. Abschließend wird angemerkt, dass der am 1. Juli 2011 durch das Bundesgesetz BGBl I 2011/38 in Kraft getretene § 59 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, wonach Entscheidungen gemäß den §§ 52 bis 56 leg cit – und damit auch die in § 54 geregelten Rückkehrverbote – in Bescheidform ergehen und den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Drittstaatsangehörigen verständlichen Sprache oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Drittstaatsangehörige sie versteht, zu enthalten haben, widrigenfalls ein Wiedereinsetzungsgrund vorliege, im gegenständlichen Fall außer Betracht bleiben kann, weil der in Rede stehende Sachverhalt bereits zu einem Zeitpunkt verwirklicht wurde, in welchem die genannte Vorschrift noch nicht bestand.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

Разъяснение права и порядка обжалования:

Обжалование данного решения  в обычном порядке не допускается.

 

Указание:

Данное решение может быть обжаловано в Конституционном и/или в Высшем Административном суде земли в течение 6 недель с момента вручения; аппеляция должна быть подана - за исключением предусмотренных законом случаев - уполномоченным адвокатом. За подачу каждого обжалования взимается пошлина в размере 220 евро.

 

 

Bernhard Pree

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 28. August 2012, Zl.: 2011/21/0251-9

 

 

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