Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100903/2/Br/Rd

Linz, 09.11.1992

VwSen - 100903/2/Br/Rd Linz, am 9. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung der Herrn C G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P P, vom 25.9.1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. August 1992, VerkR96/9025/1990 wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.b und § 16 Abs.1 lit.a StVO iVm. § 99 Abs.3a der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren werden 600 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 16 Abs.2 lit. b und § 16 Abs. 1 lit.a StVO iVm. § 99 Abs.3a der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159/1960 idF. des BGBl.Nr. 423/1990 - StVO; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat wider den Berufungswerber mit obigem Straferkenntnis zwei Strafen in Höhe von je 1.500 S im Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 7.11.1990 gegen 13.35 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der H Landesstraße in H in Richtung B gelenkt, wobei er auf Höhe des Strkm. (Straßenkilometer) 2,61. unmittelbar vor einer unübersichtlichen Rechtskurve einen in gleicher Richtung fahrenden PKW überholt und 2. trotz Gegenverkehr überholt habe, sodaß der Lenker eines entgegenkommenden PKW zum Abbremsen und Auslenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde sinngemäß und im wesentlichen aus, daß die Übertretung von einem Patrouillenwagen der Bundesgendarmerie aus wahrgenommen werden habe können. Das Dienstfahrzeug sei vom Lenker des Angezeigtenfahrzeuges überholt worden, wobei der Überholvorgang an einer unübersichtlichen Kurve erfolgte wäre, wobei ein entgegenkommender PKW der Post zum scharfen Abbremsen und Auslenken nach rechts gezwungen worden sei. Das Dienstfahrzeug sei mit ca. 60 km/h unterwegs gewesen. Der Meldungsleger sei als Zeuge vernommen worden und wurden auch Lichtbilder beigeschlossen, welche die Unübersichtlichkeit der Kurve belegten. Die Angaben des Meldungslegers seien glaubwürdig gewesen, da diese schlüssig und widerspruchsfrei wären und sohin die Erstbehörde keinen Grund gehabt habe diesen nicht zu folgen. Die verhängten Strafen seien dem objektiven Unrechtsgehalt angepaßt und sei dieser Art von Übertretungen, welche immer wieder Ursache für Verkehrsunfälle wären, mit aller Strenge entgegenzutreten.

2. Gegen das Straferkenntnis wird binnen offener Frist Berufung erhoben und hiezu sinngemäß ausgeführt: Gemäß § 22 Abs. 1 VStG habe ein kumulatives Verhängen mehrerer Strafen nebeneinander nur dann zu erfolgen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe oder wenn eine Tat unter mehrere, einander nicht ausschließende Strafdrohungen falle. Beides sei gegenständlich nicht der Fall. Unbestritten sei, daß es sich um einen einzigen Überholvorgang gehandelt habe, sohin um eine einzige Tat, sodaß der erste Fall nicht vorliege. Aber auch die zweite Voraussetzung liege nicht vor, weil ihm die eine strafbare Handlung, nämlich Überholen trotz Gegenverkehrs, nicht vorgeworfen worden werden könne. In der Anzeige heiße es, "während des Überholmanövers" sei ihm ein PKW der Post entgegengekommen, so könne dies nur bedeuten, daß dieses Fahrzeug im Zuge des Überholmanövers plötzlich aufgetaucht sei, also daß es aus der unübersichtlichen Kurve gekommen wäre. Es ließe sich auch aus der Anzeige nicht entnehmen, daß dieser Post-PKW schon sichtbar gewesen sei, als er zum Überholen ausgeschert habe. Wenn er tatsächlich in einer unübersichtlichen Kurve überholt habe, dann könne ihm nicht auch noch vorgeworfen werden, daß er auch überholt habe, obwohl ihm ein Fahrzeug entgegengekommen sei und er dieses behindert habe. Die Voraussetzung für eine Strafkumulation lägen daher nicht vor. Ferner sei die Strafe auch zu hoch bemessen. Es wäre zuwenig berücksichtigt worden, daß er zur Gänze unbescholten sei und er sich bisher im Straßenverkehr noch nichts zuschulden kommen habe lassen. Wie aus den Fotos hervorgehe, verleite die Straße darüber hinaus auch zum Überholen. Zumindest könne man annehmen, daß hiefür genügend Platz wäre um den Überholvorgang rechtzeitig zu beenden. Möglicherweise habe er sich hinsichtlich der Geschwindigkeitsdistanz getäuscht, sodaß sein Überholvorgang länger ausgefallen sei, als er ursprünglich angenommen gehabt habe. Sohin stelle er den Antrag die Strafe in angemessener Weise zu mäßigen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da vom Berufungswerber ausschließlich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Erstbehörde sowie eine unrichtige Strafbemessung behauptet wird. Die gesonderte Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Berufungswerber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Zl.: VerkR96-9025-1990 5. Rechtlich war sohin für den unabhängigen Verwaltungssenat wie folgt zu erwägen:

5.1. Gemäß § 16 Abs. 2 lit. b StVO ist bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen;....... das Überholen verboten. Ebenso verboten ist dies gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO, wenn hiedurch andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten, oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist. Beide Voraussetzungen hatten zugetroffen und stehen außer Streit.

5.1.1. Eine Kumulation hat dann zu erfolgen, wenn 2 verschiedene Tatbilder vorliegen welche einander nicht ausschließen, indem jedes für sich alleine und beide auch gleichzeitig begangen werden können (VwGH 28.10.1983, 83/02/0233). Dies trifft gegenständlich wohl zweifelsfrei zu. Wird daher gegen mehrere Überholverbote verstoßen, so sind unter § 22 VStG die Strafen kumulativ zu verhängen (Benes-Messiner, komment. Ausgabe der StVO zu § 16 FN 1, sowie E 13 und E 55). Demzufolge schließen einander die zur Last liegenden Bestimmungen nicht aus und ist gegen beide eine eigene Strafe zu verhängen (auch VwGH 30.6.1970, 1429/1969, ZVR 1971/70). Die Schutzfunktion hinsichtlich des § 16 Abs. 1 lit.a StVO besteht nicht nur darin, einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen, sondern auch, alle Schäden zu verhindern, die beim Überholen und Wiedereinordnen entstehen können ("E 55" OGH 23.11.1977, 8 Ob 160/77, ZVR 1979/120). Der rechtlichen Argumentation im Berufungsvorbringen vermochte daher nicht gefolgt zu werden. Insbesondere würde diese Rechtsansicht zum wohl verfehlten Ergebnis führen, daß im Sinne des § 16 Abs.1 lit.a StVO eine Gefährdung und Behinderung des Gegenverkehrs nur dann pönalisiert wäre, wenn gleichsam "den Gegenverkehr schon sehend" überholt würde.

5.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (siehe 6.1.), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausma des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.2.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe an sich keinesfalls zu hoch bemessen wurde. Der Erstbehörde ist in ihrer Begründung durchaus zu folgen, daß derartigen Übertretungen mit aller Strenge entgegenzutreten ist. Ist es doch gerade diese Art von mangelnder Disziplin im Straßenverkehr welche - wohl unbestreitbar - oft zu den schwersten Verkehrsunfällen mit den schrecklichsten Folgen führt. Es erscheint daher, sowohl aus Sicht der Spezialprävention (den Berufungswerber künftighin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten) aber auch aus Gründen der Generalprävention (den Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen generell zu pönalisieren) die Verhängung von "spürbaren Strafen" angezeigt. Die verhängten Strafsätze sind daher, bei bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen, selbst bei eher unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der Sorgepflicht für ein Kind, durchaus angemessen. Sowohl der erhebliche objektive Unrechtsgehalt als auch der Grad der subjektiven Schuld die mit dem Überholen herbeigeführte Gefahr wurde offenkundig geradezu in Kauf genommen - lassen auch bei dem Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit eine geringere Strafe nicht angebracht erscheinen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6. Der Ausspruch über die Kostenentscheidung gründet in der unter II. bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zu stellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechts anwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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