Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252857/18/Lg/Ba

Linz, 11.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 21. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der F C, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. April 2011, Zl. BZ-Pol-76098-2010, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

 

II.        Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 50 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie es als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma C KG, X, X, zu verantworten habe, dass durch diese Firma die bulgarische Staatsbürgerin G T am 7.11.2010 beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafan­trag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 16.11.2010, die Rechtfertigung der Bw vom 6.12.2010 sowie auf die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 13.4.2011.

 

Die objektive Tatseite der Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels samt Beilagen als erwiesen anzusehen. Das Verhalten der Bw sei schuldhaft im Sinne des § 5 Abs.1 VStG.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das angeführte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und als Berufungsgründe geltend gemacht:

 

·         unrichtige rechtliche Beurteilung

·         wesentliche Verfahrensmängel

·         unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen, sowie

·         Berufung hinsichtlich der Strafhöhe.

 

Im Einzelnen wird zu den Berufungsgründen wie folgt ausgeführt:

 

1.)    Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Nach dem Spruch des Straferkenntnisses habe es Frau F C als unbe­schränkt haftende Gesellschafterin und somit als iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Ver­tretung nach außen Berufener der Firma C KG, X, X, zu verantworten, dass durch diese Firma an oa. Adresse im C's Pub zumin­dest am 07.11.10 die bulgarische Staatsbürgerin G T, geb. X, als Küchenhilfe beschäftigt wurde, obwohl für diese Ausländerin keine entsprechende Bewilligung ausgestellt worden sei.

Es sei dadurch die Rechtsvorschrift des § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG verletzt worden.

 

Die Behörde verweist in der Begründung auf die Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG, wonach das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen sei, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswär­tigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen werde, die im allgemeinen

Betriebsfremden nicht zugänglich sind und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

 

Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung sei - nach unrichtiger Ansicht der Behörde - schon aufgrund des angeführten Sach­verhaltes ('Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels') als erwiesen anzuse­hen.

 

Die Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei durch die Rechtfertigung vom 06.12.10 nicht gelungen und somit auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

 

Diese rechtliche Begründung der Behörde ist unzutreffend.

 

Tatsächlich hat die Behörde dem Täter grundsätzlich nicht nur den objektiven Tatbestand, sondern auch das Verschulden nachzuweisen. Die Beschuldigte hat in ihrer Rechtfertigung vom 06.12.10 alles dargelegt, was für ihre Entlastung spricht. Sie hat geeignetes Tatsachenvorbringen erstattet und konkrete Be­weisanträge gestellt.

 

Gemäß § 37 i.V.m. § 39 Abs. 2 AVG ist die Behörde verpflichtet, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen (siehe VfGH 04.04.2001, 99/09/0143). Die Regelung des § 5 Abs. 1 2.Satz VStG befreit die Behörde nicht von der Verpflichtung, im Hinblick auf § 25 Abs. 2 VStG von sich aus alle Umstände zu berücksichtigen, von denen sie bereits bei der Ermittlung des äußeren Tatbe­standes Kenntnis erlangt hat. (Siehe Erkenntnis vom 17.04.1956, 904/55, Slg. 4046 A).

 

Die Beschuldigte hat konkret vorgebracht, dass Frau T G we­der persönlich noch organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit der Beschuldigten maßgeblich unterworfen war. Auch habe keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber der Be­schuldigten bestanden.

 

Frau G hat gegenständlich freiwillig, völlig unentgeltlich und nur für kurze Zeit ausgeholfen. Dieser Gefälligkeitsdienst erfolgte (wie dargestellt) über Ersuchen des Gatten der Beschuldigten, nämlich von Herrn A C.

 

Herr A C hat in der Niederschrift vom 07.11.10 angeführt, dass Frau T G seine Freundin ist. Sie hält sich deshalb auch öfters im Lokal als Gast auf.

Wenn Herr A C in dieser Niederschrift vom 07.11.10 auch angegeben hat, dass er 'die Lebenshaltungskosten von Frau G trägt', so muss eindeutig festgehalten werden, dass hier von der Behörde ein unzulässiger Zu­sammenhang mit dem Gefälligkeitsdienst vom 07.11.10 herzustellen versucht wird. Ein derartiger Zusammenhang besteht nicht.

 

Frau G ist schon längere Zeit die Freundin von Herrn A C und kommt dieser deshalb auch schon seit längerer Zeit für die Wohnungskos­ten, sowie allgemeinen Lebenshaltungskosten, auf. Diese Kosten wurden und werden unabhängig von einer 'Beschäftigung' getragen und kann deshalb kein 'Entgeltcharakter' angenommen werden.

 

Würde man andererseits (unrichtigerweise) davon ausgehen, dass durch die Tra­gung von Lebenshaltungskosten durch Herrn C eine Verbindung zur (von der Behörde zu Unrecht angenommenen) 'Beschäftigung' von Frau T G besteht, so muss man diesfalls bei richtiger rechtlicher Beurteilung aber zugrunde legen, dass eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung von Frau F C nicht gegeben ist.

 

Eine diesbezügliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kann nur dann angenommen werden, wenn die betroffene Partei tatsächlich die (effektive) Möglichkeit hatte, aus Eigenem sämtliche notwendige und zumutbare Maßnah­men zu treffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten hätten lassen. Bei der an­genommen Sachkonstellation wäre dies tatsächlich im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden für diese rechtliche Beurteilung durch die Behörde auch keine nachvollziehbaren Feststellungen getroffen.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde wäre daher die gegenständliche 'Tat' der Beschuldigten weder in subjektiver, noch in objektiver Hinsicht zuzurechnen, sodass eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu rügen ist.

 

Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Frau F C scheidet damit schon von vorneherein aus.

 

In der Rechtfertigung vom 06.12.10 wurden zum gesamten Sachverhalt aus­drücklich die zeugenschaftliche Befragung sämtlicher betroffener Personen, ins­besondere von Frau F C und Frau T G, beantragt. In offenbarer Verkennung der Rechtslage hat die Behörde die Aufnahme dieser ausdrücklich beantragten Beweise unterlassen. Sie hat sich (unzulässigerweise) damit begnügt, dass von der anzeigenden Behörde (Finanzamt Grieskirchen Wels) angeführt wurde, dass die 'Rechtfertigung aus ha. Sicht nicht geeignet sei, den Tatvorwurf zu entkräften'. Dazu wurde jedoch nicht dargelegt, weshalb dem Tatsachenvorbringen und den konkreten Beweisanträge keine Relevanz zu­kommen soll.

 

Anzumerken ist insbesondere, dass auch von der anzeigenden Behörde (Finanz­amt Grieskirchen Wels) unmittelbar bei der Kontrolle keine entsprechende Ein­vernahme von Frau G durchgeführt wurde. Seitens der anzeigenden Behörde kann daher wohl nicht beurteilt werden, inwieweit die Angaben in der Rechtfertigung geeignet sind, den Tatvorwurf zu entkräften.

 

Im Übrigen ist es unzweifelhaft Sache der hier belangten Behörde den maßge­benden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Es ist insbesondere unzulässig, ohne nähere Prüfung einfach den angezeigten Sachverhalt zugrunde zu legen und das gesamte Vorbringen, samt der konkreten Beweisanträge der Beschuldigten, außer Acht zu lassen.

 

In diesem Zusammenhang wird auch eine Verletzung der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 3 AVG gerügt. Im vorliegenden Straferkenntnis findet sich keine begründete und schlüssig nachvollziehbare Feststellung, inwiefern tatsächlich davon auszugehen ist, dass die Beschuldigte 'Arbeitgeber' der angeführten Per­son zum fraglichen Zeitpunkt gewesen sein soll.

 

Der Sachverhalt ist somit überhaupt unzureichend konkretisiert und verstößt das gegenständliche Straferkenntnis damit auch gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zudem hervorzuheben, dass Frau T G bulgarische Staatsangehörige (und daher EU-Bürgerin) ist und ihren gesam­ten Lebensmittelpunkt derzeit in Österreich hat.

 

Im EU-Beitrittsvertrag wurde wie folgt festgelegt:

 

Schlussakte - II.Erklärungen - A.Gemeinsame Erklärungen der derzeitigen Mitgliedstaaten - 1.Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

 

Amtsblatt Nr. L 157 vom 21/06/2005 S. 0391 - 0391

 

1. Gemeinsame Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

Die Europäische Union weist auf das hohe Maß an Differenzierung und Flexibilität in der Regelung für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hin. Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, bulgarischen Staatsangehörigen nach nationalem Recht verstärkt Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, um die Angleichung an den Besitzstand zu beschleunigen. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für bulgarische Staatsangehörige in der Europäischen Union sollten sich daher beim Beitritt Bulgariens erheblich verbessern. Darüber hinaus werden die EU-Mitgliedstaaten der die vorgeschlagene Regelung auf die bestmögliche Weise nut­zen, um so rasch wie möglich zu einer vollständigen Anwendung des Besitzstands im Be­reich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gelangen.

 

Demgemäß besteht unzweifelhaft auch die Verpflichtung Österreichs bulgari­schen Staatsbürgern nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminie­ren. Eine Bestrafung wegen Ausübung einer kurzfristigen und unentgeltlichen Hilfstätigkeit durch eine bulgarische Staatsangehörige in Österreich würde aber eine derartige Diskriminierung darstellen.

 

Der Sachverhalt wurde demnach von der Erstbehörde in mehrfacher Hinsicht rechtlich unrichtig beurteilt.

 

2.)    Wesentliche Verfahrensmängel:

 

Sämtlichen, in der Rechtfertigung vom 06.12.10 gestellten Anträgen, wurde nicht entsprochen. Durch die Aufnahme dieser Beweise, insbesondere der zeu­genschaftlichen Einvernahme von Herrn A C und Frau T G hätte nachgewiesen werden können, dass tatsächlich nur ein freiwilliger, völlig unentgeltlicher und nur kurzer Gefälligkeitsdienst durch Frau G (ausschließlich über Ersuchen von Herrn A C) erfolgt ist.

 

Insofern ist daher von einem schwerwiegenden Verfahrensmangel anzugehen. Die betroffene Partei wurde in wesentlichen Verteidigungsrechten beeinträch­tigt. Es liegt insoweit auch eine Verletzung des Rechtes auf Wahrung des Partei­engehöres vor.

 

Beweisanträge dürfen nur dann angelehnt werden, wenn Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (siehe VwGH 22.01.1987, 86/16/0221).

 

Beweisanträgen ist somit stattzugeben, falls dies im Interesse der Wahrheitsfin­dung notwendig erscheint (VwGH 16.01.1992, Slg 13560A).

 

Wäre den gestellten Beweisanträgen entsprochen worden, so hätte die Behörde zu einem anderen Bescheidergebnis gelangen können und müssen und hätte je­denfalls keine Bestrafung der betroffenen Partei erfolgen dürfen.

 

Die belangte Behörde stützt sich bei der Feststellung des im Spruch angeführten Sachverhaltes ausschließlich auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels. Als Kontrollbehörde kommt dem Finanzamt Grieskirchen Wels jedoch 'Parteistellung' zu und bedeutet dies unzweifelhaft, dass dieser Behörde (im Gegensatz zu einem unbeteiligten Zeugen) im Vorhinein nicht die gebotene Ob­jektivität im gegenständlichen Verfahren beizumessen ist. Dass nach Ansicht der anzeigenden Behörde den Angaben in einer Rechtfertigung keine Relevanz zu­komme, entbindet daher die zur Entscheidung berufene Behörde nicht davon, das ordnungsgemäße Ermittlungsverfahren durchzuführen, die vorliegende Be­weisergebnisse sorgfaltig zu prüfen (auch in Richtung des Entlastungsbeweises für den Beschuldigten) und insbesondere sämtliche Beweisanträge einzuholen. Da dies im vorliegenden Fall unterblieben ist, liegt eine Verletzung des Grund­satzes auf Durchführung eines fairen Verfahrens vor.

 

In diesem Zusammenhang ist nochmals die Verletzung der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 3 AVG zu rügen.

 

Selbst die Erhebungsergebnisse des Finanzamtes Grieskirchen Wels können keine ausreichenden Beweise dafür darstellen, dass Frau G am 07.11.10 unfreiwillig oder länger als eine Stunde im Lokal ausgeholfen hat. Auch gibt es keinerlei Beweisergebnisse, die berechtigt darauf schließen lassen würden, dass für die Gefälligkeit vom 07.11.10 ein Entgelt geleistet worden ist.

 

Im Rahmen dieser Berufung wird deshalb nochmals die zeugenschaftliche Ein­vernahme nachfolgender Personen beantragt:

·         Herrn A C, X, X;

·         Frau T G, X, X;

·         FOI N. W, p.A. Finanzamt Grieskirchen-Wels, Team KI AB;

 

Dies jeweils zum Beweis dafür, dass Frau T G am 07.11.10 lediglich einen freiwilligen, völlig unentgeltlichen und nur kurzzeitigen Gefälligkeitsdienst im Lokal 'C's Pub' ausgeübt hat und weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit Herrn A C oder der betroffenen Partei maßgeblich unterworfen war und auch keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber Herrn A C oder der Beschuldigten bestanden hat.

 

 

3.)    Unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen:

 

Der gesamte festgestellte Sachverhalt, welcher gleichzeitig den Spruch des Straferkenntnisses bildet, wird als unrichtig bekämpft.

 

Die angeführte Person (Frau T G) war nicht bei Frau F C 'als Arbeitgeber' beschäftigt und traf diese daher auch keinerlei Verpflichtung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.

Durch die betroffene Partei wurde bereits in der Rechtfertigung vom 06.12.10 hervorgehoben, dass Frau G nur eine kurzfristige Aushilfstätigkeit völlig unentgeltlich und nur als (freiwilligen) 'Freundschaftsdienst' gegenüber Herrn A C ausgeübt hat.

 

Die vorliegenden Beweisergebnisse des Finanzamtes Grieskirchen Wels können diese Angaben nicht widerlegen.

 

Vor allem wäre die Behörde erster Instanz auch verpflichtet gewesen, Herrn A C und Frau T G persönlich zu befragen und wäre daher festgestellt worden, dass gegenständlich tatsächlich nur eine freiwillige, völlig unentgeltliche und kurzzeitiger Gefälligkeitsdienst für Herrn A C erfolgte.

 

Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätten nach­stehende richtige Feststellungen getroffen werden müssen:

 

·         Am 07.11.10 kam Frau G gegen 14:00 Uhr (als Gast) ins Lokal. Da Herr A C dringend das Lokal verlassen musste, hat er Frau G gebeten, im Lokal kurz aufzupassen und allenfalls in der Küche auszuhelfen, wenn in der Zeit seiner Abwesenheit etwas benötigt werde. Frau G war schon früher einige Male (als Gast) im Lokal. Aufgrund der Nahebeziehung zu Herrn C war auch die diesbezügliche Vertrauenswürdigkeit gegenüber Frau G gegeben.

 

·         Frau T G hat diese kurzfristige Aushilfstätigkeit (ca. eine Stunde) völlig unentgeltlich und nur als 'Freundschaftsdienst' ausgeübt.

 

·         Frau G war demgemäß weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit der Beschuldigten maßgeblich unterworfen. Auch bestand keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber Frau F C.

 

·         Frau G war demnach am 07.11.10 auch nicht im Betrieb beschäftigt und bestand daher auch keinerlei Verpflichtung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes wäre das gegenständliche Verwaltungsstrafver­fahren daher einzustellen gewesen.

 

4.)    Berufung gegen die Höhe der verhängten Strafe:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachtei­lige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Diesbezüglich nimmt die belangte Behörde nur eine unzureichende Abwägung vor. Es wird lediglich pauschal angeführt, dass weder Strafänderungsgründe noch Straferschwerungsgründe vorliegen.

 

Tatsächlich ist hervorzuheben, dass die betroffene Partei bisher unbescholten ist (eine rechtskräftige Verurteilung wird nicht festgestellt) und im vorliegenden Fall die Folgen der Tat nur als gering zu werten sind.

 

Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens-, sowie Familienverhält­nisse ist die verhängte Strafe jedenfalls überhöht. Die belangte Behörde hätte jedenfalls von ihrem außerordentlichen Strafmilderungsrecht Gebrauch machen müssen.

 

Allenfalls hätte gemäß § 21 VStG überhaupt von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden müssen. Unter der Berücksichtigung des tatsächlichen Sach­verhaltes erscheint das Verschulden der betroffenen Partei geringfügig. Auch die Folgen der Übertretung sind im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen unbedeutet. Eine Bestrafung erscheint daher weder aus spezialpräventiven, noch gene­ralpräventiven Gründen geboten. Bereits die Androhung einer Strafe würde im vorliegenden Falle den Zweck erfüllen.

 

Es werden daher nachstehende

 

Berufungsanträge

 

gestellt:

 

1.)       Die Berufungsbehörde wolle eine öffentliche und mündliche Beru­fungsverhandlung anberaumen und das Straferkenntnis der Stadt Wels vom 19.04.11, BZ-Pol-76098-2010, vollinhaltlich und ersatzlos auf­heben und weiters das gegenständliche Verfahren einstellen;

 

in eventu

 

2.)       möge die Berufungsbehörde den angeführten Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entschei­dungsfindung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen;

 

jedenfalls

 

3.)       möge die verhängte Geldstrafe angemessen herabgesetzt werden bzw. überhaupt gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgese­hen werden.

 

4.)       Der betroffenen Partei mögen weiters die gesamten entstandenen Ver­fahrenskosten zuerkannt werden."

 

 

3. Anlässlich der Berufungsvorlage nahm die Behörde wie folgt zur Berufung Stellung:

 

"Betreffend Frau G wurde beim AMS Wels jeweils mit 19.03.2010, 27.04.2010, 220.09.2010 und 25.10.2010 eine Beschäftigungsbewilligung beantragt und diese Anträge jeweils negativ beschieden. Frau G wurde im Lokal arbeitend angetroffen. In der Niederschrift vom 07.11.2010 wurde durch den Beschuldigten ausgesagt, dass er dringend Arbeitskräfte für Service, Küche und Bäckerei suche.

 

Es wird in der Berufung, darauf hingewiesen, dass Frau G bulgarische Staatsangerhörige und somit EU-Bürgerin sei und eine Verpflichtung Österreichs bestehe, bulgarische Staatsbürger nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminieren. Eine Bestrafung wegen Ausübung einer kurzfristigen und unentgeltlichen Hilfstätigkeit durch eine bulgarische Staatsanghörige in Österreich würde eine solche Diskriminierung darstellen.

 

Hier wird verkannt, dass nicht die bulgarische Staatsangehörige aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werde, sondern die Beschuldigte eine Übertretung des in Österreich geltenden Ausländerbeschäftigungsgesetzes begangen hat, in welchem klargestellt wird, dass Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Jänner 2007 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom 21. Juni 2005, Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, genießen, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG. Eine solche Angehörigeneigenschaft der beschäftigten Ausländerin ist im Verfahren nicht vorgebracht worden.

 

Zur Berufung gegen die Strafhöhe ist seitens der belangten Behörde einzuwenden, dass betreffend die Beschuldigte bereits mit Straferkenntnis vom 15.09.2006, BZ-Pol-76035-2006, eine einschlägige Vormerkung vorliegt und dieses Faktum in der Begründung des Straferkenntnisses erwähnt wurde. Die Berufungswerberin ist deshalb nicht, wie in der Berufung behauptet, unbescholten.

 

Gemäß § 55 VStG zieht ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses ais getilgt. Innerhalb offener Tilgungsfrist ist nicht zu unterscheiden, ob bereits ein größerer oder ein kleinerer Teil dieser Frist abgelaufen ist (vgl VwGH 07.09.19988, 88/18/0077). Seitens der belangten Behörde war somit das erhöhte Strafmaß bei wiederholter Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes heranzuziehen. Darüber hinaus wurde ohnehin nur die gesetzliche Mindeststrafe verhängt.

 

Für die Anwendung des § 21 VStG sind während des Verfahrens keine maßgeblichen Gründe hervorgekommen."

 

 

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält den Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 16.11.2010. Darin findet sich folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 7.11.2010 gegen 15.00 Uhr wurde durch Ermittlungs- und Erhebungsorgane des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, Team KIAB (FOI W, FOI S, FOI M, FOI W, FOI L) in X, X im Lokal C's PUB eine Kontrolle nach dem AuslBG und nach dem ASVG durchgeführt.

 

Als einzige Arbeitskraft wurde im Lokal G T, bulg. Staatsbürgerin, geb. X, ausgewiesen mit bulg. Identitätskarte Nr. X, wohnhaft in X, X beim Pizza zubereiten angetroffen.

 

Anschließend wurde mit G ein mehrsprachiges Personenblatt aufgenommen.

Im wesentlichen wurde darin angegeben, dass Sie für C ca. 1 Stunde ausgeholfen hat und eine Pizza zubereitet hat.           

 

Weiters wurde um ca. 15.24 Uhr mit C A eine Niederschrift aufgenommen. Auf die beiliegende Niederschrift wird verwiesen.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle konnte keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorgewiesen werden."

 

In das Personenblatt trug die Ausländerin ein, für die Firma C X zu arbeiten und seit 7.11.10 1 Stunde zu arbeiten. Beschäftigt sei sie als "Pizza".

Laut amtlichem Vermerk sei sie beim Pizza zubereiten angetroffen worden und sei alleine im Lokal tätig gewesen. C sei um ca. 15.30 Uhr gekommen.

 

Gegenüber den Kontrollorganen gab A C an:

 

Frage: Seit wann arbeitet Fr. G im Lokal?

Antwort: Sie ist kurz vor 14.00h gekommen. Ich bin kurz danach aus dem Lokal gegangen, um zu Hause gemeinsam mit meiner Gattin Brot zubereiten, auch für das Lokal. Zu Fr. G habe ich gesagt, dass die mithelfen soll, wenn von der Küche etwas gebraucht wird. Ansonsten passt auch Fr. D M auf das Lokal während meiner Abwesenheit auf. Sie ist Gast im Lokal und keine Mitarbeiterin.

Frage: Hat Fr. G bereits öfters hier gearbeitet?

Antwort: Sie ist eine Freundin von mir. Öfters ist sie im Lokal zum Konsumieren. Dabei hat sie auch schon ausgeholfen, wenn viel los war und ich die Arbeit alleine nicht machen konnte.

Frage: Bekommt sie dafür Geld?

Antwort: Nein. Ich trage die Lebenshaltungskosten wie  Wohnung, Essen, Zigaretten etc.

Frage: Sie haben beim AMS mehrmals einen Antrag auf Beschäftigungsbewilli­gung für Fr. G gestellt. Benötigen Sie Arbeitskräfte, wenn ja, für welche Tätigkeit?

Antwort: Ich brauche dringend eine Arbeitskraft für Service, Küche, Bäckerei, da ich 7 Tage/Woche das Lokal geöffnet habe. Dies von 9.00 – 24.00h. Die vom AMS vermittelten Arbeitskräfte wollen nur den "Stempel" haben.

Vorhalt: Bei der kürzlich durch die Finanzbehörde hier durchgeführten Kontrolle wurden Sie und Fr. G im Lokal angetroffen. Dabei wurde Ihnen mitgeteilt, dass die Arbeitsaufnahme der Ausländerin erst nach Erteilung der Bewilligung möglich ist. Sie haben dabei zugesichert, dass Fr. G nicht im Lokal vorher arbeiten wird. Warum wurde sie bei der heutigen Kontrolle als einzige Arbeitskraft im geöffneten Lokal (mit mehreren Gästen) betreten?

Antwort: Ich habe heute weg müssen, um meiner Frau beim Brotbacken behilf­lich zu sein. Ich hatte daher keine Möglichkeit, und so habe ich Fr. G gebeten, während meiner Abwesenheit die Küche und Service zu übernehmen.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich die Bw mit Schriftsatz vom 6.12.2010 wie folgt:

 

"Frau F C wird vorgeworfen, dass sie 'als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Verantwortung nach au­ßen Berufene der Firma C KG' für die im Folgenden festgestellte Übertre­tung verantwortlich sei.

 

Demnach sei zumindest am 07.11.10 die bulgarische Staatsbürgerin G T, geb. X, als Küchenhilfe beschäftigt worden, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft oder EU-Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt oder einen Aufenthaltstitel 'Dauerauf­enthalt EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Diese Feststellung ist unzutreffend und ist wie folgt entgegenzuhalten:

Das Lokal 'Cs Pub', situiert in der X in X, wird von Herrn A C, dem Ehegatten der Betroffenen, geführt. Dieser ist seinerseits mit Frau T G sehr gut und sehr eng befreundet.

 

Am 07.11.10 kam Frau G gegen 14:00 Uhr (als Gast) ins Lokal. Da Herr A C dringend das Lokal verlassen musste, hat er Frau G gebeten, im Lokal kurz aufzupassen und allenfalls in der Küche auszuhelfen, wenn in der Zeit seiner Abwesenheit etwas benötigt werde. Frau G war schon früher einige Male (als Gast) im Lokal und kannte deshalb auch die wesentlichen Arbeitsabläufe. Aufgrund der Nahebeziehung zu Herrn C war natürlich auch die diesbezügliche Vertrauenswürdigkeit gegenüber Frau G gegeben.

 

Ausdrücklich festzuhalten ist jedoch, dass Frau G diese kurzfristige Aushilfstätigkeit (ca. eine Stunde) völlig unentgeltlich und nur als 'Freundschaftsdienst' ausgeübt hat.

 

Frau G war demgemäß weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit Frau F C maßgeblich unterworfen. Auch bestand keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber Frau F C.

 

Die angeführte Person war demnach am 07.11.10 auch nicht bei Frau F C (oder der Fa. C KG) 'als Küchenhilfe' beschäftigt und traf diese daher auch keinerlei Verpflichtung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.

 

Der diesbezügliche Vorwurf ist daher schon sachverhaltsmäßig unbegründet.

 

Beweis:           persönliche Einvernahme von Frau F C; sowie                                                       zeugenschaftliche Befragung von

·         Herrn A C, X, X;

·         Frau T G, X, X;

·         FOI N. W, p.A. Finanzamt Grieskirchen-Wels, Team KIAB;

·         weitere Beweise vorbehalten

 

Ausdrücklich hervorzuheben ist, dass Frau T G bulgarische Staatsangehörige (und daher EU-Bürgerin) ist und ihren gesamten Lebensmit­telpunkt derzeit in Österreich hat.

 

Im EU-Beitrittsvertrag wurde wie folgt festgelegt:

 

Schlussakte - II.Erklärungen - A.Gemeinsame Erklärungen der derzeitigen Mitgliedstaaten - 1.Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

Amtsblatt Nr. L 157 vom 21/06/2005 S. 0391 - 0391

 

1. Gemeinsame Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer; Bulgarien

 

Die Europäische Union weist auf das hohe Maß an Differenzierung und Flexibilität in der Regelung für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hin. Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, bulgarischen Staatsangehörigen nach nationalem Recht verstärkt Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, um die Angleichung an den Besitzstand zu beschleunigen. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für bulgarische Staatsangehörige in der Europäischen Union sollten sich daher beim Beitritt Bulgariens erheblich verbessern. Darüber hinaus werden die EU-Mitgliedstaaten der die vorgeschlagene Regelung auf die bestmögliche Weise nut­zen, um so rasch wie möglich zu einer vollständigen Anwendung des Besitzstands im Be­reich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gelangen

 

Demgemäß besteht unzweifelhaft auch die Verpflichtung Österreichs bulgari­schen Staatsbürgern nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminie­ren. Eine Bestrafung wegen Ausübung einer kurzfristigen und unentgeltlichen Hilfstätigkeit durch eine bulgarische Staatsangehörige in Österreich würde aber eine derartige Diskriminierung darstellen.

 

Beweis:           zeugenschaftliche Befragung von

·         Frau T G, X, X;

·         FOI N. W, p.A, Finanzamt Grieskirchen-Wels, Team KIAB;

                        gesamter Akt der Behörde;

                        weitere Beweise vorbehalten.

 

Aus all den oben angeführten Gründen scheidet eine strafrechtliche Verantwort­lichkeit von Frau F C gemäß § 9 VStG schon von vorneherein aus.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde kann eine diesbezügliche verwaltungs­strafrechtliche Verantwortlichkeit nur dann angenommen werden, wenn die be­troffene Partei tatsächlich die (effektive) Möglichkeit hatte, aus Eigenem sämtli­che notwendige und zumutbare Maßnahmen zu treffen, die unter den vorherseh­baren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten hätten lassen.

Sie konnte sich natürlich auch auf ihren Gatten A C verlassen und hat für ein entsprechendes Kontrollsystem gesorgt, welches Vorkommnisse der (hier - zu Unrecht - angelasteten) Art hintanhält.

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde ist daher die gegenständliche 'Tat' der Beschuldigten weder in subjektiver, noch in objektiver Hinsicht zuzurechnen und ist auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu rügen.

 

Beweis:           persönliche Einvernahme von Frau F C; sowie                                                       zeugenschaftliche Befragung von

·         Herrn A C, X, X;

·         Frau T G, X, X;

·         FOl N. W, p.A. Finanzamt Grieskirchen Wels, Team KIAB;

                        weitere Beweise vorbehalten.

 

Die betroffene Partei stellt deshalb den

 

Antrag

 

auf ersatzlose Einstellung: des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Der ausgewiesene Rechtsvertreter möge schriftlich von der Einstellung verständigt werden.

 

Nur der Vollständigkeit halber werden die Einkommens und Familienverhältnisse wie folgt dargestellt:

 

Frau F C verfügt über monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich € 1.300,00. Sie hat fünf Kinder im Alter vom 19 Monaten, drei Jahren und drei x 21 Jahren (Drillinge). Die Kinder leben im gemeinsamen Haushalt mit dem Vater und werden von diesem unterstützt."

 

Mit Schriftsatz vom 13.4.2011 nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels wie folgt Stellung:

 

"In der Rechtfertigung vom 6.12.2010 wird ausgeführt, dass Frau G T, geb. X eine Nahebeziehung zu Herrn C hat, völlig unentgeltlich und kurzfristig einen Freundschaftsdienst ausgeübt hat. Außerdem wird ausgeführt, dass Frau G T bulgarische Staatsbürgern und daher EU-Bürgerin ist und ihren gesamten Lebensmittelpunkt in Österreich hat und laut EU-Vertrag die Verpflichtung Österreichs besteht, bulgarische Staatsbürger nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminieren.

 

Dazu wird vom Finanzamt Grieskirchen-Wels ausgeführt, dass die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht geeignet ist, den Tatvorwurf zu entkräften.

 

Grundsätzlich nach § 2 (1) AuslBG gilt ein Ausländer im Sinne diese Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Als Beschäftigung gilt die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Die Frage, ob eine dem Geltungsbereich unterliegende Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmer­ähnlichen Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes bzw. des Vertragsverhältnisses, sondern nach dem wahren wirtschaftlichen Wert der ausgeübten Tätigkeit zu beurteilen. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird.

 

Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfene Beschäftigung auszugehen. Ein wesentliches Merkmal ist die Entgeltlichkeit der Tätigkeit, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften ergeben kann. Nicht nur Geldleistungen erfüllen dieses Tatbestandsmerkmal, sondern alle Leistungen, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhält (auch Naturalleistung, wie die freie Unterkunft und freies Essen als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft). In der Niederschrift vom 7.11.2011 wurde von Herrn C angegeben die Lebenserhaltungskosten, wie Wohnung, Essen, Zigaretten usw. für Frau G zu tragen.

Auch eine nur kurzfristige oder aushilfsweise Verwendung von Ausländern ist als ein der Bewilligungspflicht unterworfenes Beschäftigungsverhältnis iSd § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen, sofern es sich nicht um einen (bewilligungsfreien) Gefälligkeitsdienst handelt. Als Gefälligkeitsdienste können nur kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste angesehen werden. Bei der vorletzten Kontrolle am 17.9.2010 wurde Frau G ebenfalls im Lokal angetroffen. Ausserdem wurde beim AMS bereits am 19.3.2010, 27.4.2010, 22.9.2010 und 25.10.2010 um eine Beschäftigungsbewilligung für Frau G angesucht. Die Ansuchen wurden vom AMS negativ entschieden."

 

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte das Kontrollorgan S aus, den beiden Kontrollen am 7.11.2010 und am 25.3.2011 sei eine weitere Kontrolle vorhergegangen, bei der A C, der sich stets als Chef ausgegeben habe, auf anonyme Anzeigen und die rechtliche Problematik der Ausländerbeschäftigung aufmerksam gemacht worden sei.

 

Bei der Betretung am 7.11.2010 sei T G beim Zubereiten einer Pizza betreten worden. Der Zeuge habe die Niederschrift mit A C aufgenommen. In der Niederschrift habe A C dringenden Arbeitskräftebedarf zur Sprache gebracht und argumentiert, T G sei eine Freundin. A C habe die Aushilfe durch T G nicht in Abrede gestellt aber in Richtung Freundschaftsdienst argumentiert, jedoch nicht gesagt, dass es sich um einen Gefälligkeitsdienst handle. Wenn A C bei einer Kontrolle nicht im Lokal gewesen sei, sei er von T G herbeigerufen worden und kurz darauf erschienen.

 

R S und M D sagten zeugenschaftlich aus, sie seien Stammgäste im Lokal. Stammgäste würden sich bei Bedarf selber bedienen. M D bestätigte, dass T G bei der Kontrolle am 7.11.2010 eine Pizza zubereitete, weil ein Gast nicht bis zur Rückkehr A Cs habe warten wollen. Normalerweise würden Fremde (gemeint: Nicht-Stammgäste) während der Abwesenheit A Cs nicht bedient. T G sei die Freundin von A C, der er den Lebensunterhalt zahle.

 

Die Zeugin T G sagte aus, A C habe aufgrund einer persönlichen Nahebeziehung ihren Lebensunterhalt finanziert. Sie habe im Lokal nichts gearbeitet und daher auch kein Geld bekommen. Wenn A C auf Urlaub gefahren sei, hätten sie und eine Kellnerin gearbeitet. Im November 2010 habe A C keine Kellnerin gehabt. Von insgesamt 7 Beschäftigungsbewilligungsanträgen für sie habe sie Kenntnis. Das beantragte Beschäftigungsausmaß sei glaublich "normal" bzw. "8 Stunden pro Tag" gewesen. A C "hätte auf jeden Fall genug Arbeit für mich gehabt, damit ich 8 Stunden arbeiten hätte können". Die Beschäftigungsbewilligungsanträge seien gestellt worden, weil die Leute, die das AMS geschickt habe, untauglich gewesen seien; sie hätten (im Gegen­satz zur Zeugin) nicht Pizza und Kebap zubereiten können. Wenn A C alleine im Lokal gewesen sei und "weg musste", habe die Zeugin ausgeholfen. Dies sei vielleicht einmal im Monat gewesen. Wenn viel los gewesen sei, habe es sein können, dass A C gesagt habe, "gehe bitte, trag das zu dem Tisch ... und Ähnliches. Das war aber selten." Zu der Zeit, als A C die Beschäftigungsbewilligungsanträge gestellt habe, sei auch von der Firma L ein Beschäftigungsbewilligungsantrag gestellt worden, welcher ebenfalls abgelehnt worden sei.

 

A C sagte zeugenschaftlich aus, es sei vorgekommen, dass in Stresssituationen T G, ebenso wie andere Gäste, ausge­holfen hätten. Ferner bestätigte A C, dass er den Lebensunterhalt der T G aufgrund einer persönlichen Nahebeziehung bestritten habe.

 

In den Schlussvorträgen bekannten sich beide Parteien (der Vertreter des Finanzamtes und der Vertreter der Bw) zu der Feststellung, dass überein­stimmend davon ausgegangen werde, dass die Situation bei den Kontrollen am 7.11.2010 und am 25.3.2011 unterschiedlich zu beurteilen seien. Während bei der zweitgenannten Kontrolle die Arbeitstätigkeit der T G nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen und außerdem eine für die Bewältigung der anfallenden Arbeit ausreichende Kellnerin im Lokal gewesen sei, stehe für die Kontrolle am 7.11.2010 die Arbeitsleistung der T G ebenso fest wie die damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Leistungen des A C, sodass in diesem Fall von einer Arbeitstätigkeit der T G auszugehen sei. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde der Unabhängige Verwaltungssenat ersucht, das Vorliegen einer rechtskräftigen Vorstrafe nach dem AuslBG zu prüfen.

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unbestritten ist, dass T G zum Zeitpunkt der Kontrolle eine Arbeitstätigkeit ausübte. Sie selbst und A C räumten ein, dass dies in Stresssituationen bzw. bei Abwesenheit des A C öfter der Fall war, was vor dem Hintergrund der Bestreitung des Lebensunterhaltes durch A C glaubhafter ist, als die Erzählung von "üblichem Stamm­gästeverhalten", da Stammgäste keine finanziellen Leistungen von A C erhielten. Es stehen also einander finanzielle Leistungen A Cs und Arbeitsleistungen T Gs gegenüber. Die fallweisen Arbeitstätigkeiten sind in synallagmatischem Zusammenhang mit den finanziellen Leistungen des A C zu sehen, auch wenn das volle Äquivalent der Arbeitsleistungen in Relation zur Bezahlung nicht erwiesen werden kann. Auch der sich in der Stellung von zahlreichen Beschäftigungs­bewilligungsanträgen ausdrückende Arbeitskräfte­bedarf spricht für das Vorliegen einer Beschäftigung. Blickt man näher auf die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Bejahung eines Gefälligkeits-/Freundschaftsdienstes kumulativ erforderlichen Elemente, so zeigt sich, dass im Verhältnis zur Bw (!) kein persönliches Naheverhältnis bestand und das Vorliegen einer Unentgeltlichkeitsabrede nicht einmal behauptet wurde. In Übereinstimmung mit den Schlussvorträgen der Parteien in der öffent­lichen mündlichen Verhandlung ist daher von einer Beschäftigung auszu­gehen.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechen. Zum Verschulden ist zu bemerken, dass die Bw keinen Vorteil aus dem allfälligen Argument ziehen kann, dass sie die Geschäftsführung des Lokal A C überließ, ohne dessen Tätigkeit zu steuern bzw. zu kontrollieren. Selbst dieses Ver­halten wäre als grob sorgfaltswidrig bzw. grob fahrlässig einzustufen. Ginge man hingegen von voller Kenntnis der Sachlage der Bw aus, wäre bedingter Vorsatz anzunehmen. Im Zweifel sei zugunsten der Bw von – allerdings durchaus schwerwiegender – Fahrlässigkeit ausgegangen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzumerken, dass die einschlägige Vor­strafe laut im Akt einliegendem Strafregister mit Bescheid vom 15.9.2006 erlassen wurde und daher zum Zeitpunkt des Erlassens des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates bereits getilgt ist. Auszugehen ist daher vom ersten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z 1 AuslBG (1.000 Euro bis 10.000 Euro). Im Hinblick auf die Schuldform (Fahrlässigkeit) der Bw und das letztlich doch geständige Verhalten ihres Vertreters erscheint die Anwendung des § 20 VStG bzw. die volle Ausschöpfung des so gewonnenen Strafrahmens vertretbar. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist das Verschulden der Bw nicht aus geringfügig einzustufen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

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