Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100907/8/Br/La

Linz, 10.12.1992

VwSen - 100907/8/Br/La Linz, am 10. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A G, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F L, vom 8. Oktober 1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 25. September 1992, Zl.: VerkR96/6543/1992+1/Li, zu Recht:

I. Der Berufung wird zu Punkt a) insofern Folge gegeben als die Strafe auf 500 S herabgesetzt wird. Der erstinstanzliche Kostenbeitrag wird auf 50 S reduziert.

Zu Punkt b) wird der Berufung keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

II. Kosten für das Berufungsverfahren entfallen gemäß § 65 VStG zu Punkt a), während gemäß § 64 VStG zu Punkt b) 400 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt werden.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 4 Abs.1 lit.c ,§ 4 Abs.2 iVm. § 99 Abs.2a der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO 1960; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Zu II.: § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 25. September 1992 über den Berufungswerber wegen der oben bezeichneten Übertretungen Geldstrafen von je 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall je 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weil er am 25.1.1992 um 09.15 Uhr, den PKW auf der B Bezirksstraße aus Richtung H kommend und es nach dem bei km 1,341 in D verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden, an dem er ursächlich beteiligt gewesen sei, unterlassen habe, a) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, zumal er sich und das Fahrzeug vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernt habe, b) sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos A-H vom 28.2.1992, GZP-33/92-St, sowie der Zeugenaussage von Frau B vom 23.7.1992 und der eigenen Verantwortung erwiesen sei. Insbesonders sei der Berufungswerber mit überhöhter Geschwindigkeit, die Fahrbahnseite der Frau B mitbenützend, entgegengekommen und so sei das Verhalten des Berufungswerbers mit dem Unfall auch in ursächlichem Zusammenhang stehend zu erachten gewesen.

3. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsanwalt sinngemäß aus, er habe die Übertretung nicht begangen. Sein Verhalten sei mit dem Unfall nicht in ursächlichem Zusammenhang gestanden. Das Abkommen von der Fahrbahn resultiere ausschließlich in einem Fahrfehler der Frau B. Dieser Fehler sei völlig unabhängig vom Entgegenkommen seines PKW's gewesen. Zum Unfall wäre es auch ohne einen Gegenverkehr gekommen, weil eben das Fahrzeug der Frau Blechinger infolge der herrschenden Fahrbahnglätte nicht ausreichend beherrscht worden wäre.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau, Zl.: VerkR96/6543/1992+1/Li; im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.12.1992 wurde die bereits von der Erstbehörde vernommene Zeugin T B sowie A P und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen.

5. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Auf Grund des erhobenen Beweisergebnisses steht das Verhalten des Berufungswerbers mit dem Unfall in ursächlichem Zusammenhang. Dies ergibt sich aus den schlüssigen und den Denkgesetzen entsprechenden Angaben der Zeugin Blechinger. Das Fahrzeug der Zeugin wurde durch den entgegenkommenden Lenker zum Bremsen und Auslenken nach rechts veranlaßt. Die diesbezüglichen Ausführungen der Zeugin waren den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar. Der fragliche Straßenzug ist an der Unfallstelle ca. 4 Meter breit und verlief für die Zeugin in einer Linkskurve. Die Zeugin hatte das entgegenkommende Fahrzeug in einer Entfernung von etwa 20 Metern wahrgenommen gehabt. Ohne an dieser Stelle darauf einzugehen, ob von der Zeugin das gegnerische Fahrzeug schon früher wahrgenommen werden hätte können oder müssen, ist es doch typisch, daß eine entsprechende Reaktion auf diese Wahrnehmung erfolgt. Ebenso typisch liegt diese in einem Auslenken bzw. Ausweichen nach rechts und allenfalls auch in einem Abbremsen des Fahrzeuges. Indem dieses Manöver zum Schleudern und folglich zum Unfall führte, gründet darin auch die ursächliche Unfallbeteiligung des Berufungswerbers. Seine Verantwortung und auch die Aussage der Zeugin A P steht inhaltlich nicht in Widerspruch mit den Angaben der Zeugin B. Die beantragte Beischaffung des gerichtlichen Strafaktes konnte unterbleiben, zumal im gerichtlichen Verfahren die Schuldfrage und nicht die ursächliche Beteiligung zu klären war.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.2.1. Im Sinne des § 4 Abs.2 und § 4 Abs.1 lit.c der Straßenverkehrsordnung haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken (§ 4 Abs.1 lit.c). Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben die in Absatz 1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen (§ 4 Abs.2, 2.Satz). Inhalt dieser Pflicht ist einerseits die Ermöglichung der Sicherung von Unfallspuren. Es dürfen insbesonders vor einem behördlichen Einschreiten keine Spuren verwischt werden. Eine Verletzung der (passiven) Mitwirkungspflicht liegt u.a. auch im Abmontieren des Kennzeichens an einem der beteiligten Fahrzeuge. Darin ist die Absicht zu erblicken, Feststellungen über den Unfall zu verschleiern (VwGH 27.4.1979, 1739/79 ZfV 1980/117). Andererseits dient die sofortige Meldepflicht dem straf- und zivilgerichtlichen Verfahren und erfolgt nicht in der Vollziehung der Straßenverkehrsordnung (Benes-Messiner, komment. Ausgabe zur StVO, 8. Auflage, Anm. 15 u. 29). Der Meldepflicht wird folglich nur dann entsprochen, wenn der Inhalt der Verständigung den Polizei- oder Gendarmeriebeamten in die Lage versetzt, eine vollständige Meldung zu erstatten. Eine vollständige, ihren Zweck erfüllende Meldung ist aber nur möglich, wenn die Verständigung neben den Personalien des Beschädigers (des am Unfall in ursächlichem Zusammenhang Beteiligten) genaue Angaben über Unfallort, Unfallzeit, beschädigendes und beschädigtes Objekt (Fahrzeug, Gartenzaun u.a.) und Unfallursache enthält.

Im Sinne des § 22 des Verwaltungsstrafgesetzes sind die beiden Tathandlungen jeweils gesondert zu bestrafen. Den gesetzlichen Bestimmungen folgend ist jedem der beiden Delikte ein anderer deliktischer Unwert inne liegend, sodaß für beide Delikte eine eigene Strafe zu verhängen ist. Der objektive Unrechtsgehalt der unterlassenen Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung erfährt dadurch eine Abschwächung, daß der Berufungswerber der Geschädigten, wenn auch nicht in Form eines Nachweises der Identität, seinen Namen und Adresse bekanntgegeben hat. Den gesetzlichen Erfordernissen wurde hiedurch jedoch nicht genüge getan.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde zu 2) verhängte Strafe durchaus angemessen erscheint. An der Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften liegt insbesondere in der zivilen Rechtsdurchsetzung eines durch einen derartigen Vorfall geschädigten Verkehrsteilnehmer. Durch derartige Zuwiderhandlungen wird der (die) Geschädigte in den Möglichkeiten der Schadensdurchsetzung allenfalls benachteiligt und kann dadurch in elementarerweise in seinen Rechten beeinträchtigt werden. Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung ist angesichts dieser Beeinträchtigung groß. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite stellt eine beabsichtigte Fernhaltung der Behörde kein schutzwürdiges Interesse dar. Selbst wenn gegenständlich ein weiteres unlauteres Motiv dem Fehlverhalten nicht zugrunde lag, ist der Unrechtsgehalt im Hinblick auf den Regelungszweck dieser gesetzlichen Bestimmung, nicht unbedeutend. Es erscheint daher, sowohl aus Sicht der Spezialprävention (den Berufungswerber künftighin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten) aber auch aus Gründen der Generalprävention (den Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen generell zu pönalisieren) die Verhängung von doch "spürbaren Strafen" angezeigt. Die verhängten Strafsätze sind daher, bei einem von 500 S bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmen und bei gut durchschnittlichen Einkommensverhältnissen, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten, durchaus angemessen. Die unter 1) verhängte Strafe war im Hinblick auf die geringere subjektive Tatschuld entsprechend zu ermäßigen, sodaß mit der Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden konnte.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

7. Der Ausspruch über die Kostenentscheidung gründet in der unter II. bezogenen Gesetzesstellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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