Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100910/2/Bi/Fb

Linz, 16.11.1992

VwSen - 100910/2/Bi/Fb Linz, am 16. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des H F, gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 10. September 1992, VerkR96/9194/1992/Li, verhängten Strafe zu Recht:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Im Punkt 1. wird die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 84 Stunden herabgesetzt. In den Punkten 2.a bis d bis 5. wird die Geldstrafe auf je 100 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 12 Stunden herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1. auf 400 S und in den Punkten 2.a bis d bis 5. auf je 10 S. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages im Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 20, 24 und 51 VStG, § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, § 102 Abs.1 und § 36e i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 10. September 1992, VerkR96/9194/1992/Li, über Herrn H F wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2.a) § 102 Abs.1 i.V.m. § 6 Abs.1 KFG 1967, b) § 102 Abs.1 i.V.m. § 15 Abs.1 lit.a KFG 1967, c) § 102 Abs.1 i.V.m. § 23 KFG 1967, d) § 102 Abs.1 i.V.m. § 8 Abs.1 KFG 1967, 3.) § 36e KFG 1967, 4.) § 102 Abs.10 KFG 1967 und 5.) § 102 Abs.4 KFG 1967 gemäß 1.) § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 i.V.m. § 20 VStG und 2.) bis 5.) § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1.) 7.000 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage 2.a) 200 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden b) 300 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden c) 100 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden d) 200 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden 3.) 500 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden 4.) 200 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden 5.) 300 S, im NEF Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden verhängt, weil er am 5. Juli 1992 um 2.43 Uhr das Moped KTM, auf dem Güterweg U in S, Gemeinde S, Bezirk B, in Richtung S bis zur Forstgarage gelenkt und 1.) sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, 2.) sich vor Antritt der Fahrt nicht vom ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges überzeugt hat, zumal a) die Vorderbremse nicht funktionierte, b) der Scheinwerfer und das Rücklicht nicht funktionierten, c) der Rückspiegel fehlte und d) das Moped keine verläßlich wirkende Lenkvorrichtung aufwies, mit der das Fahrzeug leicht, schnell und sicher gelenkt werden konnte, zumal durch die "Stummellenker" der nötige Lenkeinschlag nicht gegeben war, 3.) weiters war am Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht und 4.) führte er kein zur Wundversorgung geeignetes Verbandszeug mit, 5.) zudem hat er mit seinem Fahrzeug mehr störenden Lärm verursacht, als bei ordnungsgemäßem Zustand des Fahrzeuges unvermeidbar war, da der Auspuff defekt war.

Gleichzeitig wurde er zur Leisung eines Verfahrenskostenbeitrages von insgesamt 880 S und zum Barauslagenersatz für den Alkomat gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 in Höhe von 10 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung gegen das Strafausmaß erhoben, die seitens der Erstbehörde ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der damit zur Berufungsentscheidung zuständig geworden ist. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er bestreite die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht, bitte aber zu bedenken, daß sich der Vorfall aus einer Notsituation heraus ereignet habe. Er habe zu Hause am Abend ein Bier getrunken, und um 2.30 Uhr habe seine Schwester angerufen und gesagt, sie hätte ihre Autoschlüssel verloren. Er habe keine andere Möglichkeit gesehen, ihr den Zweitschlüssel zu bringen, als das Moped zu nehmen, obwohl dieses nicht mehr für den Gebrauch bestimmt und bereits ein Termin für ein Service vereinbart war. Er habe einen Güterweg benutzt, auf dem nicht mehr mit Verkehr zu rechnen war. Er sehe das Unrecht ein, ersuche aber, auf sein Einkommen und die Einmaligkeit der nicht beabsichtigten Tat, resultierend aus einer Notsituation, Rücksicht zu nehmen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren überdies, die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zur Übertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960:

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht von 8.000 S bis 50.000 S. Gemäß § 20 VStG kann, wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Der Rechtsmittelwerber war zum Zeitpunkt der Übertretung noch nicht 17 Jahre alt, sohin Jugendlicher, sodaß die Bestimmungen der außerordentlichen Strafmilderung anzuwenden sind, wobei von einem Strafrahmen von 4.000 S bis 50.000 S auszugehen ist.

Der Rechtsmittelwerber hat anläßlich seiner Anhaltung angegeben, vom 4. Juli 1992, 23.45 Uhr, bis 5. Juli 1992, 0.15 Uhr, insgesamt 2 Halbe Bier in einem Bierzelt in Schneegattern getrunken zu haben, wobei er die Fahrt deshalb angetreten habe, weil er noch einen Freund vom Bierzelt holen wollte. Im Rahmen der Atemalkoholüberprüfung am 5. Juli 1992 wurden Atemalkoholwerte von 0,43 mg/l um 2.45 Uhr und 0,41 mg/l um 2.46 Uhr festgestellt.

Nunmehr verantwortet er sich dahingehend, er habe am Abend ein Bier getrunken und um 2.30 Uhr aufgrund eines Telefonanrufs seiner Schwester noch eine Fahrt mit dem Motorrad angetreten, obwohl diese nicht mehr beabsichtigt war.

Abgesehen davon, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung vertritt, daß die unmittelbar im Zusammenhang mit einer Amtshandlung gemachten Angaben der Wahrheit näher kommen, als eine lange danach abgefaßte Rechtfertigung, die im übrigen auch mit der Stellungnahme des Rechtsmittelwerbers vor der Erstbehörde am 12. August 1992 nicht übereinstimmt, ist davon auszugehen, daß auch der bei der Amtshandlung angegebene Alkoholkonsum nicht vollständig ist, zumal zwischen Trinkende und Atemalkoholuntersuchung zweieinhalb Stunden vergangen sind, sodaß sich der Rechtmittelwerber bereits in der Alkoholabbauphase befand. Trotzdem lag der bei der Alkomatuntersuchung festgestellte niedrigste Atemalkoholgehalt noch knapp über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,4 mg/l, was den Schluß zuläßt, daß der Rechtsmittelwerber mehr getrunken hat als die angegebenen zwei Bier. Im Zweifel ist jedoch davon auszugehen, daß er sich aus einer Notsituation heraus entschlossen hat, die Fahrt doch noch anzutreten.

Die Verhängung der Mindeststrafe ist somit im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung sowie unter Bedachtnahme darauf, daß der Rechtsmittelwerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und daher davon ausgegangen werden kann, daß er bis zum Tatzeitpunkt einen ordentlichen Lebenswandel geführt und die Tat, die im übrigen mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, aus achtenswerten Beweggründen begangen hat. Er verdient monatlich als Lehrling 4.800 S netto, hat kein Vermögen und keine Sorgepflichten, sodaß die Verhängung der Mindeststrafe für ihn in einer Größenordnung von nicht ganz einem Monatsgehalt liegt.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates genügt die Verhängung der Mindeststrafe auch dem general- sowie vor allem spezialpräventiven Zweck, der darin liegt, dem Rechtsmittelwerber rechtzeitig vor Augen zu führen, daß Alkoholübertretungen zu den gravierendsten Verstößen der Straßenverkehrsordnung überhaupt gehören, denen eine besondere Gefahr für das Leben und die Gesundheit nicht nur anderer Straßenbenützer sondern auch des alkoholbeeinträchtigten Fahrzeuglenkers selbst immanent ist. Dem Rechtsmittelvorbringen läßt sich entnehmen, daß der Berufungswerber über den Vorfall intensiv nachgedacht und in Zukunft Alkoholgenuß bei der Teilnahme am Straßenverkehr unterlassen wird.

Zu den Übertretungen gemäß dem Kraftfahrgesetz 1967:

Aus der Anzeige geht hervor, daß dem Rechtsmittelwerber beim Lenken des Mopeds sehr wohl bewußt war, daß dieses weitgehende Mängel aufwies, wobei ein Fahrzeug mit derartigen Defekten (Vorderbremse, Scheinwerfer, Rücklicht, Rückspiegel, Lenkvorrichtung, Auspuff), bei dem überdies die Begutachtungsplakette fehlte und kein Verbandszeug vorhanden war, keinen Beitrag zur Verkehrssicherheit leistet. Der Rechtsmittelwerber hat bei der Amtshandlung angegeben, er sei von zu Hause über die K Landesstraße bis zum Güterweg gefahren, wobei, selbst wenn die Fahrt aus einer Notsituation heraus durchgeführt wurde, nicht nur die enorme Eigengefährdung durch mangelnde Lenkbarkeit und gänzlich fehlende Sicht besteht, sondern aufgrund der mangelnden Erkennbarkeit des Fahrzeuges auch eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer - selbst wenn um diese Zeit fast kein Verkehr mehr herrscht - nicht auszuschließen ist. Auch wenn der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt des Vorfalls erst 16 Jahre alt war und noch keine Lenkerausbildung absolviert hat, so ist ihm als Verkehrsteilnehmer logisches Denken und Abschätzen dieser Gefahr zumutbar, auch wenn seine Schwester schlimmstenfalls an diesem Tag dann eben mit einem Taxi heimfahren hätte müssen.

§ 134 Abs.1 KFG sieht einen Strafrahmen bis 30.000 S vor, jedoch keine Mindeststrafe, sodaß die Bestimmungen der §§ 12 und 13 VStG anzuwenden sind.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die generelle Herabsetzung der verhängten Strafen in den Punkten 2. bis 5. des Straferkenntnisses auf je 100 S aufgrund des jugendlichen Alters des Rechtsmittelwerbers, seiner finanziellen Verhältnisse (4.800 S Lehrlingsentschädigung) sowie der von ihm geltend gemachten Notsituation gerechtfertigt und entspricht auch general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen. Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, in Anbetracht seines Einkommens bei der Erstbehörde um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum