Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730293/3/SR/ER/Jo

Linz, 18.10.2011

 

E R K E N NT N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geb. X, StA Mazedonien, vertreten durch X, Rechtsanwältin in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Wels vom 22. September 2010, AZ.: 1-1014321/FP/10, betreffend ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der Bescheid vom 22. September 2010 wegen Unzuständigkeit des Polizeidirektors der Stadt Wels ersatzlos behoben wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Polizeidirektor der Stadt Wels hat mit Bescheid vom 22. September 2011, AZ.: 1-1014321/FP/10, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß §§ 60 und 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verfügt, welches im Wesentlichen mit rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen wegen Verbrechen nach dem Suchmittelgesetz (SMG) und dem Verbrechen der Schlepperei begründet wird.

 

2. Der Bw hat durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 dagegen Berufung erhoben und begründend ausgeführt, der Bw führe nunmehr einen tadellosen Lebenswandel und bekräftige dies auch durch seinen Umzug nach Wien, wo er über keinen Bekanntenkreis verfüge und somit auch keine Verbindungen zum Suchtgiftmilieu mehr habe. Außerdem erwarte seine Frau das zweite Kind und er sei für seine Familie unabkömmlich. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung seiner privaten und familiären Verhältnisse hätte kein Aufenthaltsverbot gegen den Bw erlassen werden dürfen.  

 

3. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich der Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

3.2. Aus dem Vorlageakt ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Mazedonien. Er ist mit der Österreicherin X seit X verheiratet und verfügte über einen bis 6. November 2010 gültigen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger. Er ist Vater einer am X geborenen Tochter und eines zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch ungeborenen Kindes (errechneter Geburtstermin: X).

Am 9. Oktober 2009 wurde der Bw mit Urteil des Landesgerichts Wels 12 Hv 147/09b wegen Verbrechen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 8 Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt.

Am 17. Februar 2010 wurde der Bw mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt, Zl. 36 Hv 102/09v-8, wegen des Verbrechens der Schlepperei zu einer Zusatzhaftstrafe von zehn Monaten, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Am 2. August 2010 gab der Bw im Zuge einer Einvernahme durch die Bundespolizeidirektion Wels, zu der er anlässlich der geplanten Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen ihn geladen wurde an, dass er im Begriff sei, nach X, zu übersiedeln, da er am 9. August 2010 in X eine unselbstständige Beschäftigung aufnehmen werde.

Am 3. August 2010 meldete der Bw seinen Hauptwohnsitz in X ab und meldete am selben Tag einen Hauptwohnsitz in X, an.

Mit Bescheid vom 22. September 2010 erließ der Polizeidirektor der Stadt Wels gegen den Bw ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Diesen Bescheid hat die belangte Behörde mittels RSa-Brief an die Adresse X, zugestellt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verfahrensakt.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Verwaltungssenat hat dazu in der Sache erwogen:

 

4.1. Gemäß § 125 Abs. 16 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2011, GZ 2011/22/0097, ausgeführt, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der Benennung des innerstaatlichen Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z. 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z. 6 dieser Richtlinie handelt.

 

§ 9 Abs 1 Z 1 FPG und § 9 Abs 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor. 

 

4.2. Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom  31. Mai 2011, GZ. 2011/22/0097 folgt letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden  Maßnahme – wie z.B. Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

4.3.1. Für die Erlassung fremdenpolizeilicher Maßnahmen richtet sich die örtliche Zuständigkeit im Inland gemäß § 6 Abs. 1 FPG nach dem Hauptwohnsitz im Sinn des § 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetzes 1991 – MeldeG), in Ermangelung eines solchen nach einem sonstigen Wohnsitz des Fremden im Bundesgebiet. Bei Vorliegen mehrer sonstiger Wohnsitze ist jener maßgeblich, welcher zuletzt begründet wurde.

 

4.3.2. Der Bw war zweifelsfrei zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots durch die belangte Behörde mit Hauptwohnsitz in X angemeldet, und der Bw verfügte über keinen weiteren gemeldeten Wohnsitz.

 

Der Polizeidirektor der Bundeshauptstadt Wien wäre daher gemäß § 6 Abs 1 FPG für die allfällige Erlassung eines Aufenthaltsverbots zuständig gewesen.

 

Da die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nicht zugekommen ist, war der vorliegende Bescheid aufzuheben.

 

5. Eine Übersetzung dieser Entscheidung war gemäß § 59 Abs. 1 FPG nicht erforderlich, da der Bw der Aktenlage zufolge der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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