Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730330/15/Wg/MB/Wu

Linz, 18.10.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, wohnhaft in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 28. März 2011, zu GZ: Sich40-25386-2007, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 28. März 2011 – zugestellt durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 30. März 2011 –, zu GZ: Sich40-25386-2007, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die zweimalige rechtskräftige Bestrafung des Bw wegen Verwaltungsübertretungen gem § 81 SPG in der Höhe von jeweils EUR 100 vom 2. Dezember 2010 und vom 12. Jänner 2011. Darüber hinaus führt die Behörde an, dass der Bw vom LG Wels zur Zl. 15 Hv 123/10X mit Urteil vom 12. November 2010 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StPO zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden ist. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass gegen den Bw ein unbefristetes Waffenverbot verhängt wurde, zwei weitere Strafverfahren betreffend Übertretungen gem § 81 SPG bei der Behörde anhängig sind und Anzeigen wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung gem § 107 Abs. 1 StGB bzw. des Verbrechens des Raubes gem. § 142 StGB vorliegen. Hieraus sei eine erhöhte Gewaltbereitschaft ableitbar und eine negative Zukunftsprognose zu stellen, da mit weiteren Straftaten gegen die Rechtsgüter des Leib und Lebens zu rechnen sei.

 

Aus dem Versicherungsdatenauszug sei zudem ersichtlich, dass der Bw in der Zeit zwischen dem 14. Juli 2008 bis zum 5. September 2008, in der Zeit zwischen dem 5. November 2008 bis zum 12. Dezember 2008, in der Zeit zwischen dem 19. Jänner 2009 bis zum 4. Februar 2009, in der Zeit zwischen dem 9. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009, in der Zeit zwischen dem 21. September 2009 bis zum 8. Juli 2010, in der Zeit zwischen dem 14. Juli 2010 bis zum 19. Juli 2010, in der Zeit zwischen dem 11. Oktober 2010 bis zum 13 Oktober 2010 und in der Zeit zwischen dem 18. Dezember 2010 bis zum 15. Februar 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden sei. Der Bw habe mehrere Lehrverträge abgebrochen und verfüge seit dem 16. Februar 2011 über kein Einkommen mehr. Arbeitslosengeld sei ebenso wenig zurechenbar. Insofern sei der Bw als mittellos anzusehen.

 

Diese berufliche Integration spiegle wiederum die Intention des Bw wieder, nicht gewillt zu sein, sich längerfristig im Bundesgebiet zu integrieren.

 

Der Bw habe aufgrund der Niederlassungsbewilligung einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Es gelinge ihm aber trotz positiver Deutschprüfung nicht, sich am selbigen zu etablieren.

 

Betreffend das Privat- und Familienlebens des Bw führt die Behörde aus, dass der Bw seit 25. März 2008 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei und als Bezugsperson seinen Vater, X, geb. X, StA Österreich, wohnhaft in X, angeben könne. Die Beziehung zum Vater sei jedoch nicht mehr gegeben. Er werde von diesem auch nicht unterstützt.

 

Der Bw sei darüber hinaus im Alter von 17 Jahren nach Österreich gekommen, völlig gesund, habe im Heimatstaat eine abgeschlossene Schulausbildung, spreche die Heimatsprache und sei mit den Sitten und Gebräuchen seines Heimatstaates bestens vertraut. Eine Reintegration sei daher problemlos möglich.

 

Dagegen richtet sich der Schriftsatz des Bw vom 11. April 2011, mit welchem Berufung gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes erhoben wird. Der Bw argumentiert, er habe die im Aufenthaltsverbot angeführten Straftaten im Zuge "persönlicher Konflikte" begangen und es sei überdies niemand "wirklich" zu Schaden gekommen. Im Zeitpunkt der Berufung gegen das Aufenthaltsverbot sei der Bw nach eigenen Angaben wiederum in Untersuchungshaft wegen ähnlicher Delikte befindlich. Er werde aber versuchen, in Zukunft seine Konflikte gewaltfrei zu lösen, denn er wolle in Österreich bleiben, da er sich in Österreich mehr Chancen für seine Zukunft sehe. Die Situation in seinem Heimatland sei sehr ungewiss.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Akt dem Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, einem aktuellen Versicherungsdatenauszug der GKK und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. September 2011, zu welcher der Bw trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Der Bw ist erst am 28. September 2011 zur niederschriftlichen Einvernahme beim Unabhängigen Verwaltungssenat erschienen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren, ist libanesischer Staatsbürger und wohnhaft in X. Er ist der Sohn eines österreichischen Staatbürgers – X, geb. X – und ist seit dem 25. März 2008 rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen.

 

Ihm wurde am 19. Februar 2008 ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger", gültig bis 18. Februar 2009 erteilt. Zusammenführender ist sein Vater. Dieser Aufenthaltstitel wurde bis zum 26. Oktober 2009 verlängert. In weiterer Folge wurde dem Bw eine Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt, gültig bis 16. Oktober 2010 erteilt.  Das Verlängerungsverfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, welches mit Antrag vom 12. Oktober 2010 eröffnet wurde, ist noch anhängig.

 

In der Anfangszeit seines Aufenthaltes in Österreich wurde er von seinem Vater unterstützt. Er wohnte ca. 1 1/2 Jahre bei seinem Vater, wurde von ihm aber "hinausgeworfen". Der Grund hierfür war der Vorfall, der zur Verurteilung durch das LG Wels am 12. November 2010 führte.

 

Bei der Niederschriftlichen Einvernahme am 28. September 2011 beschrieb der Berufungswerber das Verhältnis zu seinem Vater wie folgt: " Es war generell sehr schwierig zu Hause bei meinem Vater, wir haben viel gestritten. Zur Zeit ruft er mich hie und da an und erkundigt sich, wie es mir geht. Darüber hinaus haben wir aber keinen Kontakt".

 

Abgesehen vom Vater des Bw leben keine Verwandten in Österreich. Die Mutter, wie auch die Großeltern des Bw leben im Libanon.

 

Der Bw hat in Österreich einen Freundeskreis, sowie eine "feste" Freundin, die österreichische Staatsbürgerin ist. Es besteht aber keine Lebensgemeinschaft.

 

Laut Versicherungsdatenauszug hat der Bw in der Zeit zwischen dem 14. Juli 2008 bis zum 5. September 2008, in der Zeit zwischen dem 5. November 2008 bis zum 12. Dezember 2008, in der Zeit zwischen dem 19. Jänner 2009 bis zum 4. Februar 2009, in der Zeit zwischen dem 9. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009, in der Zeit zwischen dem 21. September 2009 bis zum 8. Juli 2010, in der Zeit zwischen dem 14. Juli 2010 bis zum 19. Juli 2010, in der Zeit zwischen dem 11. Oktober 2010 bis zum 13 Oktober 2010 und in der Zeit zwischen dem 18. Dezember 2010 bis zum 15. Februar 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Bis zumindest 28. September 2011 ist der Bw jedenfalls ohne Beschäftigung und lebt von der Notstandshilfe. Er legt jedoch eine Bestätigung vor, wonach er bei der Firma X im Geschäftslokal (Pizzeria) am X zu arbeiten beginnen kann, jedoch jedenfalls zum Zeitpunkt des 27. September das Lokal noch umgebaut wird.

 

Überdies besucht der Bw nach seinen Angaben seit Kurzem (2 1/2 Wochen am 28. September 2011) die Abendschule in Vöcklabruck. Der Bw möchte die HAK-Matura absolvieren.

 

Eine Vereinsaktivität weist der Bw keine auf – sie ist aber beabsichtigt (Fußballverein in X).

 

Die Deutschkenntnisse des Bw können als gut bezeichnet werden. Der Bw hat einen Wifi-Deutsch-Kurs besucht und binnen 5 Monaten nach seiner Einreise die Sprache erlernt. Am 10. Jänner 2009 absolvierte der Bw die Deutschprüfung auf Niveau A2 positiv.

 

Mit Schreiben vom 8. Februar 2011 – zugestellt durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 11. Februar 2011 – wurde der Bw von der Fremdenpolizeibehörde von der beabsichtigten Verhängung eines Aufenhaltsverbotes für das Bundesgebiet im Ausmaß von 5 Jahren informiert.

 

 

Mit Urteil des Landesgerichts Wels zu Zl. 15 Hv 123/2010x vom 12. November 2010 – rechtskräftig seit 15. November 2010 – wurde der Bw wegen des Deliktes der gefährlichen Drohung gem § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, mit einer auf 5 Jahre verlängerten Probezeit, verurteilt.

Das Landesgericht Wels hat in diesem Urteil zu Recht erkannt:

 

"A) X ist schuldig, er hat nachts zum 14.08.2010 in X X und X durch nachfolgende Äußerungen teils unmittelbar, teils mittelbar zumindest mit einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1.)   X unmittelbar durch die Äußerung: "Warte auf Montag, hab Geduld, ich warte vor deiner Wohnung und ruf gleich die Polizei, weil die sollen dich mitnehmen, weil ich bring dich um", nachdem er sie in einer verbalen und tätlichen Auseinandersetzung beschimpft, bespuckt , am Hals erfasst und weggeschubst hatte,

2.)   X mittelbar durch die gegenüber X gemachte Äußerung: "Ich bring deine Schwester um, du wirst es schon noch sehen. Pass auf, dass deine Schwester am Montag nicht alleine herumläuft, weil ich sie sonst umbringe", welche Drohung er zweimal wiederholte.".

X hat hiedurch jeweils das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB und unter Bedachtnahme auf § 36 StGB nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Wochen sowie gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Bei der Strafbemessung war mildernd: das Tatsachengeständnis und das Alter unter 21 Jahren bei der Tatbegehung, erschwerend: die Tatwiederholung."

 

Mit Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck zu Zl. 4 U 178/2010m vom 22. Februar 2011 – rechtskräftig seit 26. Februar 2011 – wurde der Bw wegen leichter Körperverletzung gem § 83 Abs. 1 StGB verurteilt, jedoch gem §§ 31 und 40 StGB von der Verhängung einer Zusatzstrafe zur Verurteilung des Landesgerichts Wels zu Zl. 15 Hv 123/2010X vom 12. November 2010 abgesehen.

Das Gericht hat in diesem Urteil zu Recht erkannt:

 

"Sachverhalt: X ist schuldig im Sinne des Strafantrages der Staatsanwaltschaft Wels vom 10.12.2010, er hat am 24.10.2010 gegen 3.00 Uhr in X (vor dem Lokal "X") X dadurch, dass er ihm zumindest einen Faustschlag gegen das Gesicht versetzte, vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch X eine Prellung und Schwellung am linken Auge sowie eine Zahnverletzung erlitt.

 

Strafbare Handlung(en): Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB

 

Strafe: Gemäß § 40 StGB letzter Satz wird unter Bedachtnahme auf die Verurteilung des LG Wels von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.

 

Strafbemessungsgründe: Mildernd: Tatsachengeständnis, Provokation, Unbescholtenheit, J 21; erschwerend: kein Umstand."

 

Mit Urteil des Landesgerichts Wels zu Zl. 15 Hv 49/2011s vom 10. Mai 2011 – rechtskräftig mit 10. Mai 2011 – wurde der Bw wegen der leichten Körperverletzung gem § 83 Abs. 1 StGB, der gefährlichen Drohung gem § 107 Abs. 1 StGB und des Raufhandels gem § 91 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten bedingt, mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Das Gericht hat in diesem Urteil zu Recht erkannt:

 

"X ist schuldig; er hat

1.)        am 02.04.2011 in X X durch Versetzen von Faustschlägen gegen das Gesicht vorsätzlich am Köper verletzt, wobei die Tat eine Verletzung im Bereich der Lippe (Rissquetschwunde) zu Folge hatte;

2.)        am 09.04.2011 in X im einverständlichen Zusammenwirken mit X an einem Angriff mehrerer tätlich teilgenommen, wobei der Angriff eine Körperverletzung, nämlich eine blutende Verletzung im Gesicht des X verursacht hat;

3.)        am 09.04.2011 in X X durch die Äußerung: "I bring di um, du Wixer ! I bring di um!" zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

 

X hat hiedurch begangen

zu 1.) das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB,

zu 2.) das Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs. 2 StGB und

zu 3.) das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB

und wird hiefür unter Anwendung von § 28 Abs. 1 StGB sowie unter Bedachtnahme auf § 36 StGB nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten sowie gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

 

Bei der Strafbemessung war mildernd: die teilweise geständige Verantwortung sowie das Alter unter 21 Jahren, erschwerend: eine einschlägige Vorverurteilung, der rasche Rückfall sowie das Zusammentreffen von Vergehen."

 

Mit Urteil des Landesgerichts Wels zu Zl. 25 Hv 44/2011d vom 16. Juni 2011 – rechtskräftig seit 20. Juni 2011 – wurde der Bw schließlich wegen des Einbruchsdiebstahls gem §§ 127, 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Das Gericht hat in diesem Urteil zu Recht erkannt:

 

"X und X sind schuldig; sie haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten X am 30. März 2011 in X im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12, 1. Fall, StGB) der Marktgemeinde X als Verfügungsberechtigte über die Hauptschule X eine versperrte Handkasse mit etwa EUR 210,-- Bargeld und drei Mobiltelefone (ein Mobiltelefon schwarz, ein Mobiltelefon Marke Sony Ericsson K660i und ein Mobiltelefon Marke Sony Ericsson W680i) im Gesamtwert von etwa EUR 100,-- durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude, Einbruch in einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude befindet und Aufbrechen eines Behältnisses (Einschlagen eines Fensters mit einem Geißfuß, Einsteigen durch das Fenster in das Hauptschuldgebäude, Aufbrechen der versperrten Eingangstür zum Direktorat, Aufzwängen von drei versperrten Holzkästen mit einem Messer) mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz weggenommen.

 

X und X haben hiedurch jeweils das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB begangen und hierfür X unter Bedachtnahme auf § 36 StGB sowie Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 10. Mai 2011, 15 Hv 49/11f, nach dem § 129 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird hinsichtlich beider Angeklagten die verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen."

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass nach Angabe des Bw am 27. September 2011 vor dem Landesgericht Wels eine Hauptverhandlung stattfand, in der der Bw als Beschuldigter geführt wurde. Gegenstand dieser Verhandlung war der Tatvorwurf im Strafantrag 7 St 65/11g, worin dem Bw die Delikte der leichten Körperverletzung gem § 83 Abs. 1 StGB, der Nötigung gem § 105 Abs. 1 StGB, der versuchten Nötigung gem §§ 15 iVm 105 Abs. 1 StGB und der gefährlichen Drohung gem § 107 Abs. 1 und 2 4. Fall StGB zur Last gelegt werden.

Konkret wurden ihm folgende Taten angelastet:

 

"Die Staatsanwaltschaft Wels legt X [...] zur Last: Es habe

  1. X am 5.2.2011 in X X durch versetzen eines Faustschlages in das Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine Rissquetschwunde im Augenbrauchenbereich links zur Folge hatte,
  2. X Anfang April in X X durch die sinngemäße Äußerung, wenn er aus dem Gefängnis komme und sie einen Freund hätte, würde er diesen umbringen und ihr Leben zerstören, mithin durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Körperverletzung, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Aufnahme einer neuen Freundschaft, genötigt,
  3. X etwa Mitte bis Ende Mai 2011 in X X durch die sinngemäße Äußerung, dass er ihr Auto in die Luft sprengen würde, wenn er sie noch einmal in X sehen würde, mithin durch gefährliche Drohung, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme weitere Besuche in X, zu nötigen versucht,
  4. X am 15.7.2011 in X X durch die sinngemäße Äußerung, er werde ihr Elternhaus anzünden, mit einer Brandstiftung gefährlich bedroht, um sie in Furch und Unruhe zu versetzen,
  5. X etwa um den 8.7.2011 in X X durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine Schwellung der Nase zur Folge hatte.

 

Es habe dadurch begangen

 

X

zu 2. das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB,

zu 3. das Vergehen der Nötigung nach den § 105 Abs 1 StGB,

zu 4. das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB,

zu 5. das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB,

zu 6. das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB,

zu 7. das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB

Es seine hiefür zu bestrafen

 

X unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 36 StGB nach § 107 Abs 2 StGB."

 

Ein in Bezug stehendes Urteil ist zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden. Jedoch hat sich der Bw diesbezüglich geständig verantwortet (s. Niederschrift vom 28. September 2011, S 1).

 

Am 28. September 2011 wurde er niederschriftlich befragt, wie er zu den im Strafregister aufscheinenden Verurteilungen steht. Er gab dazu an, dass er damals neu in Österreich gewesen sei und dass er dabei nicht nachgedacht habe. Befragt zu der am 16. Juni 2011 erfolgten strafrechtlichen Verurteilung wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch gem §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB gab er an, dass es sich um eine unüberlegte Angelegenheit gehandelt habe und er das Geld gebraucht hätte.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt, der Niederschrift betreffend die öffentliche mündliche Verhandlung und der Niederschrift vom 28. September 2011. Der Vertreter der Erstbehörde legte in der mündlichen Verhandlung am 27. September 2011 zwei polizeiliche Anzeigen vom 24. Juli 2011 und vom 4. September 2011 vor. Die darin erhobenen Tatvorwürfe werden im ggst. Berufungsverfahren aber nicht berücksichtigt, da noch keine strafrechtliche Verhandlung durchgeführt wurde und auch kein Urteil vorliegt. 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097 ausgesprochen, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der innerstaatlichen Benennung des Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art 3 Z 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. l. 348/98 (in der Folge: RückführungsRL) handelt. Aus diesem Erkenntnis folgt, dass durch die notwendige unmittelbare Anwendung der RückführungsRL der UVS als Rechtsmittelinstanz iSd Art 13 Abs. 1 der RückführungsRL berufen ist.

 

Die Berufung wurde fristgemäß eingebracht.

 

Gem § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig. Insofern ist das gem. §§ 60 Abs 1, Abs. 2 Z 2, 63 und 66 FPG vor BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbot des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck weiterhin gültig und stellt einen tauglichen Berufungsgegenstand dar.

 

Gem § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

  1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Ein Aufenthaltsverbot ist gem § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Gem § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

  1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
  2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
  3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
  4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
  5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
  6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
  7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
  8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
  9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gem § 53 Abs. 3 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

  1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
  2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
  3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
  4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
  5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
  6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
  7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
  8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Wird durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gem § 61 Abs. 1 FPG 2005 idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gem § 61 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

  1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
  2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
  3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  4. der Grad der Integration;
  5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
  6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
  8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
  9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Der Bw ist durch sein im Verlängerungsstadium befindliches Verfahren gem § 24 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl I 100/2005 idF 38/2011 (= idgF) als Drittstaatsangehöriger anzusehen, der sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (vgl. § 24 Abs. 1 2. Satz NAG idgF). § 63 FPG ist anwendbar.

 

Die belangte Behörde stützte das Aufenthaltsverbot auf näher bezeichnete rechtskräftige Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des SPG und das Urteil des LG Wels vom 12. November 2010. Während des Berufungsverfahrens erfolgten weitere strafrechtliche Verurteilungen. Insgesamt liegen nunmehr 4 rechtskräftige Verurteilungen wegen gerichtlich strafbarer Taten vor. Gem § 63 Abs. 2 iVm 53 Abs. 3 Z 1 StGB sind als bestimmte Tatsachen Straftaten dann zu werten, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen mit Strafe bedrohte Handlungen, wenn sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet oder auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind (vgl. die Legaldefinition in § 71 StGB). Insofern beruhen die Verurteilung vom Landesgericht Wels zu Zl. 15 Hv 123/10X vom 12. November 2010 und die Verurteilung vom Landesgericht Wels zu Zl. 15 Hv 49/2011s vom 10. Mai 2011 auf gleicher schädlicher Neigung (gefährliche Drohung). Selbiges lässt sich für die Verurteilung vom Bezirksgericht Vöcklabruck zu Z. 4 U 178/2010M vom 22. Februar 2011 und für die Verurteilung vom Landesgericht Wels zu Zl. 15 Hv 49/2011s vom 10. Mai 2011 feststellen (Körperverletzung). Insofern ist auch der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

 

In diesem Zusammenhang muss auch die am 27. September 2011 durchgeführte Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Wels – wenngleich abgeschwächt – mitberücksichtigt werden, zumal eine Verurteilung gem §§ 107 und 83 Abs. 1 StGB aufgrund der geständigen Verantwortung zu erwarten ist.  Es liegt noch kein Urteil vor. In Anbetracht der bereits vorhandenen – oben angegebenen - rechtskräftigen Strafurteile war es aber nicht notwendig, mit der Entscheidung im ggst. Berufungsverfahren weiter zuzuwarten.

 

Blickt man auf die hinter den Delikten des StGB, welche das Leib und Leben, die Willensfreiheit und das Vermögen schützen – also Grundinteressen der Gesellschaft –, stehenden Lebenssachverhalte, so weißt die Chronologie der Taten darauf hin, dass der Bw eine Gefährdung iSd § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF darstellt und darstellen wird. Die Taten fanden am 14. August 2010 (§ 107 StGB), am 24. Oktober 2010 (§ 83 Abs. 1 StGB), am 30. März 2011 (§§ 127, 129 StGB) und am 9. April 2011 (§§ 83 Abs. 1 und 107 StGB) im engen zeitlichen Zusammenhang und kontinuierlich statt. Zusätzlich dazu sind rechtskräftig verurteilte Taten auch noch nach Mitteilung der Fremdenpolizeibehörde von der beabsichtigten Verhängung eines Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet im Ausmaß von 5 Jahren – Schreiben vom 8. Februar 2011, zugestellt durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 11. Februar 2011 – gegeben. Die Ankündigung hat den Bw nicht davon abgehalten, weiter straffällig zu werden. Dies stellt somit wiederum ein Indiz dafür dar, dass der Bw auch weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden bzw. den in Art 8 Abs. 2 EMRK aufgezählten öffentlichen Interessen zuwider handeln wird (siehe dazu VwGH 14. Juni 2007, Zl. 2006/18/0263). Dies ergeben auch die Ausführungen des Bw zu den Beweggründen betreffend die Straftat, welche vom Landesgericht Wels mit Urteil zu Zl. 25 Hv 44/2011D vom 16. Juni 2011 gem §§ 127, 129 Abs. 1 u 2 StGB mit 1 Monat Freiheitsstrafe (bedingt, 3 J PZ) bestraft wurde. Der Bw gibt hierzu an, dies einerseits unüberlegt, andererseits aber auch aus Geldmangel gemacht zu haben. Zumal der Bw derzeit kein aufrechtes Arbeitsverhältnis hat, sondern nur eine – sehr vage – Einstellungsbestätigung vorweisen kann, von seinem Vater nicht unterstützt wird und auch sonst keine Unterhaltsmittel vorzuweisen vermag, legt dies ebenfall des Schluss nahe, dass eine gesteigerte Wiederholungsgefahr gegeben ist. Auch die zeitliche Nähe zur letzten erfolgten Verurteilung vom 16. Juni 2011 bestätigt dieses Ergebnis.

 

Der Bw gibt dagegen an, er werde versuchen, in Zukunft seine Konflikte gewaltfrei zu lösen, denn er wolle in Österreich bleiben, da er sich in Österreich mehr Chancen für seine Zukunft sehe. Dies ist vor dem Hintergrund der dargestellten strafbaren Handlungen nicht glaubwürdig.

 

Es ist zu befürchten, dass der Bw erneut Straftaten gegen fremdes Vermögen, Freiheit sowie Leib und Leben setzen wird. Sein persönliches Verhalten stellt eine erhebliche aktuelle wie potentielle Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft berührt. Es ist somit der Tatbestand für ein Aufenthaltsverbot gem. § 63 FPG 2005 idgF erfüllt.

 

Gem § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF ist in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die belangte Behörde setzte das Aufenthaltsverbot mit 5 Jahren fest. Da mittlerweile auch die Voraussetzung für ein maximal 10-jähriges Aufenthaltsverbot iSd § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 idgF erfüllt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Verhängung eines 5-jährigen Aufenthaltsverbotes angemessen ist, um dem Gefährdungspotential des Bw Rechnung zu tragen.

 

Verstärkt wird dies durch die bereits zur grundsätzlichen konkreten Gefährdungsprognose getätigten Aussagen. Der Bw hat kontinuierlich und gehäuft Delikte verwirklicht, welche gegen die Grundinteressen einer demokratischen Gesellschaft – Schutz der Rechtsgüter: Leben, körperliche Integrität, Freiheit und Vermögen – stehen. Der Bw hat sich letztlich auch nicht durch die Ankündigung der belangten Behörde ein Aufenthaltsverbot für 5 Jahre zu verhängen, davon abhalten lassen, im nahen zeitlichen Kontext weitere Delikte zu begehen. Die Taten wurden in einem Zeitraum von ca 1 1/2 Jahren gesetzt und reichen bis unmittelbar vor die zu treffende Entscheidung des Verwaltungssenates – und, in Ansehung der Unschuldsvermutung, möglicherweise sogar darüber hinaus. Die Beteuerungen des (nun eintretenden) Wohlverhaltens des Bw lassen sich vor diesem Hintergrund nicht verifizieren, da keine greifbaren Anhaltspunkte vorhanden sind. Weder das soziale Umfeld, noch die berufliche Situation des Bw wurden nachweislich und wirkungsvoll geändert, um das hinter den jeweiligen Taten stehende Umfeld so zu beeinflussen, dass das Gefährdungspotential ausreichend und nachhaltig beseitigt wird.

 

Eine Dauer von 5 Jahren bei einem Gesamtrahmen von 18 Monaten bis zu 10 Jahren ist daher als unbedingt erforderlich anzusehen, um ein sich allenfalls einzustellendes Wohlverhalten zu erproben.

 

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in dieses Recht ist nur dann zulässig, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und dabei auf die von Art 8 EMRK geschützten Interessen des Rücksicht genommen wird. Damit einher gehen die gesetzlich normierten Voraussetzungen des § 61 FPG 2005 idgF.

 

Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG 2005 ist, sofern durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG 2005 gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 weiter.

 

Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw seit 25. März 2008 rechtmäßig in Österreich aufhältig ist und sich derzeit im Verlängerungsverfahren befindet.

 

Familiäre Bande des Bw in Österreich sind gegeben. Jedoch ist nur von einer sehr abgeschwächten Form des Familienlebens auszugehen, da der Kontakt mit seinem Vater sehr sporadisch ist und er von seinem Vater nach anfänglicher Unterkunftgabe "hinausgeschmissen" wurde; der Bw wohnt nunmehr in einer eigenen Wohnung. Der Vater unterstützt seinen Sohn auch nicht weiters, obwohl dieser – wie die Beweggründe zur erfolgten Diebstahlsverurteilung zeigen – finanzielle Mittel gebrauchen könnte. Allenfalls intensiver können die ersten 1 1/2 Jahre beurteilt werden, da der Bw in dieser Zeit mit dem Vater zusammengelebt hatte. Aktuell kann jedoch ein minderer Grad an Familienleben angenommen werden. Das zu schützende Interesse des Familienlebens ist somit als gering zu bewerten.

 

Darüber hinaus stellt einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Im konkreten Fall ist der Bw seit 25. März 2008 in der Österreich niedergelassen. Da vom Bw – aus welchen Gründen auch immer – eine berufliche Tätigkeit in Österreich nicht nachhaltig und kontinuierlich ausgeübt wurde, ist ihm keine nachhaltige berufliche Integration gelungen. Eine Änderung konnte der Bw dahingehend nicht ausreichend nachweisen, zumal er lediglich eine Einstellungszusage beibrachte, welche sich auf ein Lokal bezieht, das seinen Betrieb noch nicht aufgenommen hat und er darüber hinaus keine weiteren Gründe liefert, die von einer nicht nur kurzfristigen beruflichen Tätigkeit überzeugen könnten.

 

Als – wenn auch schwaches – Zeichen der (sozialen) Integration schlägt der vom Bw angegebene Freundeskreis, sowie seine Freundin nieder. Positiv ist ebenso das schnelle Erlernen der Sprache mit positiven A2-Abschluss und der Besuch der Abendmatura (HAK-Abschluss) zu werten. Aus dem Sachverhalt gehen darüber hinaus aber keine besonderen Merkmale sozialer Integration hervor. Es waren keine besonderen Merkmale gesellschaftlichen Engagements (aktuelle Vereinsmitgliedschaft, soziales Engagement, etc.) ersichtlich.

 

Der heute fast zwanzigjährige Bw (geb. X) hat den überwiegenden Teil seines Lebens im Libanon verbracht. Er hat den größten Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht.  Eine Reintegration im Herkunftsstaat ist – die Ansicht der Erstbehörde teilend – problemlos möglich, zumal die Mutter, wie auch die Großeltern des Bw im Libanon leben.

 

Die Interessensabwägung hat daher zu ergeben, dass dem – zweifelsohne – vorhandenem Interesse des Bw am Verbleib in Österreich, aufgrund der teilweisen beruflichen wie sozialen Integration, des vermindert vorhandenen Familienlebens und der sonstigen privaten Kontakte, das erhebliche öffentliche Interessen gegenüber steht, zumal der Bw weder unbescholten, noch hinreichend beruflich integriert ist, Störungen der öffentlichen Ordnung gegeben sind und eine mühelose Integration im Heimatland möglich ist. Das Interesse an der Verhinderung von Straftaten – einem Ziel des Art 8 Abs. 2 EMRK – gegen die Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit, der Freiheit und des Vermögens überwiegt das eher gering zu bewertende persönliche Interesse des Bw am Verbleib im Bundesgebiet und das Interesse an einer neuerlichen Einreise für die Zeit von 5 Jahren beginnend mit dem Zeitpunkt der Ausreise des Bw. Das Aufenthaltsverbot ist zur Erreichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele erforderlich und in der konkreten Ausgestaltung auch angemessen und somit zulässig gem § 61 FPG 2005 idgF.

Zusammenfassend ist vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen und Bewertungen hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach, aber auch hinsichtlich der Intensität (Dauer des Aufenthaltsverbotes) nicht ergibt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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