Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730119/3/BP/Wu VwSen-730120/3/BP/Wu

Linz, 29.08.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des 1. X und 2. der X, beide StA von Mazedonien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide des Polizeidirektors von Wels vom 5. Oktober 2010, AZ: 1-1015908/FP/10 und 1-1016261/FP/10, betreffend Ausweisungen der Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 68 Abs. 4 AVG

 

 

Apelimi refuzohet si i pa bazë dhe vertetohet Vendimi i kundërshtuar.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 5. Oktober 2010,
AZ: 1-101598/FP/10 und 1-1016261/FP/10 wurden gegen die Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 53 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, jeweils die Ausweisung angeordnet.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Erst-Bw, ein Staatsangehöriger von Mazedonien, am 8. Dezember 2003 illegal nach Österreich eingereist sei und am 11. Dezember 2003 einen Asylantrag gestellt habe, der zunächst mit Bescheid des BAA vom 8. Jänner 2004 und in der Folge mit Bescheid des UBAS vom 30. März 2007 rechtskräftig abgewiesen worden sei.

 

Die Zweit-Bw, die Ehegattin des Bw, ebenfalls eine Staatsangehörige von Mazedonien, sei am 6. Februar 2004 illegal ins Bundesgebiet eingereist und habe noch am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der erstinstanzlich bereits am 23. Februar 2004 und zweitinstanzlich – wie der ihres Gatten am 30. März 2007 – rechtskräftig negativ beschieden worden sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 26. April 2010 die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde ab.

 

Seit Abschluss der Asylverfahren hielten sich die Bw ohne jegliche fremden- bzw. asylrechtliche Bewilligung und somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

Die Bw hätten am 25. Mai 2010 Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen nach dem NAG gestellt.

 

Die Bw seien während der gesamten Aufenthaltsdauer keinerlei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen und hätten bis 17. Mai 2010 finanzielle Unterstützung aus der Grundversorgung bezogen. Deutschkenntnisse auf Niveau A2 seien nicht nachgewiesen worden.

 

Insbesondere gibt die belangte Behörde eine Stellungnahme der Bw vom 1. September 2010 zusammengefasst wieder, aus der ua. hervorgeht, dass drei Kinder der Bw in Österreich niedergelassen sind, mit denen die Bw im gemeinsamen Haushalt – im Sinne einer sich wechselseitig unterstützenden Großfamilie - leben. Der Sohn X sei nach Angaben der Bw auf deren Hilfe angewiesen, da sie sich um den Enkel kümmern würden. Auch müssten die Bw ihrem Sohn X beim Haubau helfen. In X leben neben dem Vater des Erst-Bw auch seine Brüder. Zum Heimatland bestünden – auch mangels Wohnmöglichkeit – keine Beziehungen mehr.

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde weiters aus, dass Kinder der Bw das Bundesgebiet freiwillig verlassen und mittels Auslandsantragstellung Aufenthaltstitel erlangt hätten.

 

Die Bw hätten den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht, sprächen albanisch, serbokroatisch und mazedonisch. Sie seien nicht nur der Verpflichtung vom 18. Mai 2010 das Land zu verlassen nicht gefolgt, sondern hätten auch nicht die Beratung zur freiwilligen Heimkehr in Anspruch genommen.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass aufgrund des rund 7- bzw. 6-jährigen Aufenthalts in Österreich die Ausweisung einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privatleben der Bw darstelle, der allerdings dadurch zu relativieren sei, dass dieser jeweilige Aufenthalt auf Rechtsgrundlage eines unbegründeten Asylantrages nur temporär legal beruht habe.

 

Spätestens im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Abweisung der Asylanträge habe den Bw bewusst sein müssen, dass es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG um eine mit der Dauer des Verfahrens befristete Berechtigung handle. Den Bw habe bewusst sein müssen, dass sie ein Privatleben während dieses Zeitraums geschaffen hätten, in dem sie einen unsicheren Aufenthaltsstatus gehabt haben.

 

Nachdem beide Bw den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht hätten, die dortige Sprache beherrschen würden, sei ihnen eine Reintegration zumutbar.

 

Zusammenfassend könne daher nur festgestellt werden, dass die Ausweisungen nicht nur zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und somit im Lichte des § 66 Abs. 1 FPG zulässig schienen, sondern auch unter Beachtung der Bestimmungen des § 66 Abs. 2 und 3 FPG zulässig seien.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2010.

 

Zunächst wird gerügt, dass als Rechtsgrundlage der Ausweisungen § 53 Abs. 1 FPG in der Stammfassung angeführt sei, weshalb der Sachverhalt auf einer nicht mehr aktuellen Norm erhoben worden sei, weshalb der Antrag gestellt werde, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und zur neuerlichen Sachverhalts-ermittlung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

Weiters wird ausgeführt, dass sich die belangte Behörde im Rahmen der Interessensabwägung nicht entsprechend mit den für eine familiäre Integration sprechenden Sachverhaltselementen auseinandergesetzt habe. Der erhobene Sachverhalt wird aber ansich nicht in Frage gestellt, sondern lediglich die schon bekannten Umstände verstärkend betont. Die belangte Behörde habe vor allem auch nicht geprüft, inwieweit das Familienleben der schon in Österreich legal ansässigen Söhne bzw. Enkel von den fremdenpolizeilichen Maßnahmen betroffen wären und ob diese die Bw überhaupt begleiten könnte, um das Familienleben aufrecht zu erhalten.

 

In rechtlicher Hinsicht hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Söhne der Bw, die aufgrund ihrer jeweiligen Verehelichung mit aufenthaltsberechtigten Ehegattinnen legal im Bundesgebiet leben würden. Die Dringlichkeit der Ausweisungen sei nicht im öffentlichen Interesse gegeben.

 

Abschließend werden die Anträge gestellt, die ggst. Bescheide dahingehend abzuändern, dass ausgesprochen werde, dass eine Ausweisung auf Dauer unzulässig sei in Eventu auf die schon oa. Zurückverweisung.

 

1.3. Mit Schreiben vom 2. August 2011 legten die Bw ein Sprachzertifikat Niveau A2 für den Erst-Bw vom 15. Juli 2011 sowie Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen der Stufe 3 und 4 durch die Zweit-Bw vor.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass die von den Bw geschilderten Umstände des (Groß)-Familienverbandes völlig glaubhaft erscheinen und gewürdigt werden. 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus. Es ist dabei aber darauf hinzuweisen, dass die relevierten Sprachkenntnisse nunmehr dokumentiert sind (vgl. Punkt 1.1.3.). ein aktueller Versicherungsdatenauszug ergab, dass die Bw zwar seit dem Jahr 2010 freiwillig sozialversichert sind, aber weiterhin keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehenden Ausweisungen auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurden, weshalb diese Ausweisung als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen sind.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch von den Bw selbst unbestritten, dass sie über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügen und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig sind. Allerdings ist bei der Beurteilung der Ausweisung bzw. der Rückkehrentscheidung auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt    entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren         Aufenthaltstatus   bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Die belangte Behörde ging in den angefochtenen Bescheiden davon aus, dass ein Familienleben im engeren Sinn von der jeweiligen Ausweisung nicht betroffen sein könne, zumal beide Ehegatten gemeinsam von der Maßnahme betroffen und die 3 Söhne der Bw schon erwachsen seien. Grundsätzlich ist bei derartigen Konstellationen tatsächlich davon auszugehen, dass ein Familienleben im engeren Sinne nicht mehr vorliegt; hier jedoch ist der Fall etwas anders gelagert, zumal die Bw gemeinsam mit ihren Kindern, Enkeln wie auch einem Aszendenten in einem "Großfamilienverband" zusammen in einem Haushalt leben. Nachdem die Großeltern bei der Enkelbetreuung offensichtlich eingesetzt sind, wäre ein Familienleben als durch die Ausweisungsentscheidungen durchaus tangiert anzusehen.

 

Nun ist aber darauf hinzuweisen, dass das Familienleben, je nach abgestufter Form bei der Interessensabwägung zu überprüfen ist und nicht per se unantastbar jedenfalls zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führt.

 

3.4.2. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.3. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Erst-Bw seit 8 Jahren, die Zweit-Bw seit 7 Jahren im Bundesgebiet, wobei der Aufenthalt größtenteils durch die geführten Asylverfahren legal war. Es ist hier (vgl. § 61 Abs. 8 FPG) aber darauf hinzuweisen, dass die Zweit-Bw mit den Söhnen schon zu einem Zeitpunkt nach Österreich einreiste, als dem Erst-Bw bereits die negative erstinstanzliche Asylentscheidung bekannt war. Gleich, ob man davon ausgeht, dass der Antrag berechtigt war oder nicht, ist doch klargestellt, dass das Familien- bzw. Privatleben in einem zumindest unsicheren Aufenthaltsstatus geführt wurde. Dies gilt insbesondere für die geltend gemachte erforderliche Betreuung des Enkelkindes.

3.4.4. Dass ein Familienleben im weiteren Sinn geführt wird (Großfamilienverband) steht außer Zweifel. Hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des Privatlebens, worunter wohl auch der Familienzusammenhalt im weiteren Sinn zu subsumieren sein wird, ist anzumerken, dass die Hilfe beim Hausbau oder die Betreuung von Enkelkindern nicht unmittelbar und ausschließlich persönlich an die Bw geknüpft sein müssen.

 

3.4.5. Hinsichtlich der beruflichen Integration können beide Bw keinerlei verfestigte Umstände anführen; im Gegenteil liegt eine berufliche Integration – auch nach dem Parteienvorbringen - nicht vor. Dies wirkt sich fraglos zu Ungunsten der Bw aus und wird nur wenig dadurch gemildert, dass eine freiwillige Selbstversicherung (auch erst) seit Mai 2010 gegeben ist. Bedacht genommen muss bei der Erörterung der beruflichen Integration auch auf das Alter der Bw (zwischen 40 und 50) werden, was die Zumutbarkeit einer beruflichen Tätigkeit nicht ausschließt.

 

Weiters muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass die Bw bis 17. Mai 2010 durch die Grundversorgung des Landes finanziell unterstützt wurden, was über einen langen Zeitraum (2004 – 2010) die Selbsterhaltungsfähigkeit verneinen lässt.

 

3.4.6. Hinsichtlich der sozialen Integration ist positiv ins Treffen zu führen, dass sich die Bw um Erwerb von Deutsch-Sprachkenntnissen bemühten und im Fall des Erst-Bw dies auch durch ein Zertifikat Niveau A2 von Erfolg gekrönt ist. Aufgrund des 7 bzw. 8 Jahre umfassenden Aufenthalts ist von einem gewissen Maß an sozialer Integration auszugehen, was auch durch den Umstand gefördert werden mag, dass im Großfamilienverband auch österreichische Staatsangehörige zu finden sind.

 

Der – nach Ansicht der Bw - zu prüfende Umstand, ob die restlichen Familienmitglieder die Bw bei einer Rückkehr begleiten könnten, ist aufgrund der besonderen Beschaffenheit der familiären Konstellation eher von untergeordneter Relevanz, zumal auch aus der altersstrukturellen Gegebenheit heraus keine Notwendigkeit (weder für die Bw noch für die Restfamilie) besteht nur einen gemeinsamen Haushalt zu führen. 

 

Ein besonders hohes Maß an sozialer Integration kann mit Hinweis auf die obigen Darstellungen also nicht erkannt werden.

 

3.4.7. Beide Bw verbrachten den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat, wobei sie albanisch und mazedonisch sprechen (der Erst-Bw zudem auch serbokroatisch). Eine Reintegration ist ihnen jedenfalls zumutbar und die Anmerkung, dass die Bw in ihrem Heimatdorf über keine Wohnmöglichkeit bzw. über kein Grundstück mehr verfügen, nicht besonders gewichtig zu werten. 

3.4.8. Nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte kommt dem Umstand der strafgerichtlichen Unbescholtenheit keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Auch ist festzuhalten, dass die jeweiligen Verfahren nicht als überdurchschnittlich lange oder diese Dauer durch den Behörden zurechenbare Verzögerungen extendiert waren.

 

3.4.9. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist festzustellen, dass die für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sprechenden Elemente des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK die persönlichen Interessen der Bw an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.

 

3.5. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und die angefochtenen Bescheide zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 28,60 Euro (Eingabegebühr) 11,70 Euro (Beilagen), insgesamt 40,30 Euro angefallen.

 

 

Sqarim të drejtave ligjore:

 

Kundër këtij Vendimi në bazë të drejtave ligjore të rregullta nuk lejohet ankesa.

 

Njoftim:

 

Kundër këtijë Vendimi është e mundur që brenda gjasht jave nga dita e marrjes të bëhet ankesa pranë Gjyqit Kushtetues dhe/apo pranë Gjyqit Suprem Administrativ; kjo duhet të bëhet - mvarësisht nga rastet e veçanta ligjore – nga një avokate e autorizuar apo nga një avokat i autorizuar. Për çdo lloj të këtyre ankesave të bëra duhet të paguhen 220 euro taksa.

 

Bernhard Pree

 

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