Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-111015/6/Kl/Pe

Linz, 04.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9.6.2011, VerkGe96-79-1-2011, betreffend den Verfallsausspruch in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 zu Recht erkannt:

Die Berufung vom 3.8.2011 wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 37 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und § 10 Zustellgesetz.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9.6.2011, VerkGe96-79-1-2011, wurde gegen die x mit Sitz in x, x, x, x, der Verfall der am 1.3.2011 eingehobenen vorläufigen Sicherheit nach § 37a Abs.1 und 2 Z2 VStG im Betrag von 1.453 Euro gemäß § 37 Abs.5 und § 17 Abs.3 VStG ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Firma der Aufforderung, mitzuteilen, wer der gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortliche der Firma ist, nicht nachgekommen sei, sodass keine bestimmte Person verfolgt bzw. bestraft werden könne, weshalb auf den Verfall der vorläufigen Sicherheit selbständig erkannt werden könne.

Gemäß §§ 10 und 23 des Zustellgesetzes wurde eine Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen.

 

2. Dagegen wurde Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass mit Schreiben vom 19.4.2011 ein Zustellbevollmächtigter benannt worden sei und für die Bekanntgabe eines strafrechtlich Verantwortlichen eine Fristverlängerung beantragt worden sei. Mit Schreiben vom 29.6.2011 wurde ein strafrechtlicher Verantwortlicher benannt und eine ladungsfähige Anschrift bekannt gegeben. Der Ausspruch des Verfalls gemäß § 17 Abs.3 VStG sei daher unzulässig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Es wurde Parteiengehör gewahrt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet (§ 51e Abs.3 Z4 VStG). Auch wurde eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

Im Grunde des vorliegenden Aktes ist erwiesen, dass die x mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.4.2011 aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen mitzuteilen, wer der gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortliche der x ist, und einen für dieses Verfahren in Österreich wohnhaften Zustellbevollmächtigen namhaft zu machen. Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Aufforderungen wurde der Verfall der eingehobenen vorläufigen Sicherheit sowie die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding angedroht. Dieses Schreiben wurde am 8.4.2011 zugestellt. Mit Schreiben vom 29.6.2011, eingebracht am 30.6.2011, also nach Erlassung des Verfallsbescheides, wurde von der x ein verantwortlicher Geschäftsführer samt Anschrift bekannt gegeben. Unter Bezugnahme auf diese Bekanntgabe hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 4.7.2011 dem einschreitenden Rechtsvertreter mitgeteilt, dass der Aufforderung vom 4.4.2011 nicht fristgerecht nachgekommen worden sei und daher mit Bescheid vom 9.6.2011 die eingehobene vorläufige Sicherheit für verfallen erklärt worden sei. Mit Eingabe vom 14.7.2011 teilte der Rechtsvertreter mit, dass mit Schreiben vom 19.4.2011 ein Zustellungsbevollmächtigter benannt worden sei. Der Verfallsbescheid hätte nicht ergehen dürfen und hätte zudem dem Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden müssen. Ablichtungen des Schreibens vom 19.4.2011 sowie des Sendeprotokolls wurden angeschlossen. Dies nahm die belangte Behörde zum Anlass, dem Rechtsvertreter den Verfallsbescheid vom 9.6.2011 zuzustellen, welcher am 20.7.2011 vom Rechtsvertreter übernommen wurde. Er wurde mit Berufung vom 3.8.2011 bekämpft.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 37a Abs.5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs.5 der Verfall ausgesprochen wird.

 

Gemäß § 37 Abs.5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist. § 17 ist sinngemäß anzuwenden.

 

Gemäß § 17 Abs.3 VStG kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden kann und wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden.

 

Da der belangten Behörde ein verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der x nicht bekannt war und daher auch ein Beschuldigter als bestimmte natürliche Person nicht bekannt war, war sie grundsätzlich berechtigt, gemäß § 17 Abs.3 VStG vorzugehen.

 

5.2. Gemäß § 10 Abs.1 Zustellgesetz kann Parteien und Beteiligten, die über keine inländische Abgabestelle verfügen, von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen für bestimmte oder für alle bei dieser Behörde anhängigen oder anhängig zu machenden Verfahren einen Zustellbevollmächtigten namhaft zu machen. Kommt die Partei bzw. der Beteiligte diesem Auftrag nicht fristgerecht nach, so ist die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorzunehmen; auf diese Rechtsfolge ist im Auftrag hinzuweisen.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Auftrag  zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten als verfahrensrechtlicher Bescheid zu qualifizieren, und zwar auch dann, wenn das Schreiben der Behörde zwar nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, jedoch einen eindeutigen normativen Abspruch in Form der Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten enthält. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheiden, wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung.

Das von der belangten Behörde erlassene Aufforderungsschreiben vom 4.4.2011 hat eindeutig einen normativen Charakter, verweist auf die Bestimmung des § 10 Zustellgesetz und beinhaltet auch die Rechtsfolgen der Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding. Im Übrigen wurde der Bescheid auch nachweislich zugestellt und vom Geschäftsführer, Herrn x am 8.4.2011 übernommen. Damit wurde der Auftrag wirksam. Eine Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten ist innerhalb einer 14-tägigen Frist ab Übernahme des Schreibens nicht erfolgt. Das vom Rechtsvertreter nachträglich vorgelegte Schreiben vom 19.4.2011 ist nachweislich bei der Behörde vor der Bekanntgabe durch den Rechtsvertreter mit Schreiben vom 14.7.2011 nicht bei der Bezirkshauptmannschaft eingelangt. Bei dem Aufforderungsschreiben bzw. bei der bescheidmäßigen Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten handelt es sich aber um eine Bringschuld, sodass es im Sorgfaltsbereich der aufgeforderten Person gelegen ist, sich vom Einlangen ihres Schreibens zu überzeugen bzw. sich danach zu erkundigen. Die durch die Aufforderung ergangene Verpflichtung zur Namhaftmachung ist erst mit nachweislichem Eingang der Bekanntgabe bei der Behörde erloschen. Ein Faxprotokoll hingegen stellt keinen Zustellnachweis dar, insbesondere da nur die Absendung dokumentiert ist, nicht jedoch, ob das Fax auch in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt ist. Es liegt daher kein Zustellnachweis vor. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dieses Schreiben am 19.4.2011 nicht bei der belangten Behörde eingelangt ist. Entsprechend hat auch der OGH in seiner Entscheidung vom 30.3.2011, 9 Ob A 51/10f, judiziert, dass „der ‚OK-Vermerk’ eines Telefax-Sendeberichts keinen Beweis für den Zugang beim Empfänger erbringt; ein Telefax reist im Prinzip auf Gefahr des Versenders.“ Er schließt sich dabei der Rechtsprechung der deutschen Höchstgerichte an (z.B. Urteil des BGH 7.12.1994, VIII ZR153/93). Da sohin bis zum Einlagen des Sendesignals beim Empfänger der Absender das Übermittlungsrisiko trifft, reicht der bloße, vom Sendegerät ausgehende Sendebericht für den Nachweis des Zugangs beim Empfänger nicht aus.

 

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurde die Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten am 8.4.2011 zugestellt. Eine Berufung dagegen wurde innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht erhoben, sodass die Rechtskraft mit 26.4.2011 eintrat. Es war daher innerhalb einer weiteren Frist von 14 Tagen, das heißt bis 9.5.2011, ein Zustellungsbevollmächtigter zu benennen. Da das Schreiben vom 19.4.2011 tatsächlich nicht bis zum 9.5.2011 bei der Behörde eingelangt ist, war daher die Behörde berechtigt gemäß der angedrohten Rechtsfolge eine Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorzunehmen.

 

Der Aufforderung vom 4.4.2011, einen strafrechtlich Verantwortlichen der Behörde binnen 14 Tagen zu benennen, wurde ebenfalls in der bereits genannten Frist nicht nachgekommen. Auch diese Aufforderung wurde nicht bekämpft. Es war daher die belangte Behörde berechtigt, gemäß § 17 Abs.3 VStG den Verfall auszusprechen. Diesen Bescheid vom 9.6.2011 hinterlegte die Behörde bei der Behörde und lief die Abholfrist bis 23.6.2011.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz, welcher mangels einer ausdrücklichen Regelung in § 23 Zustellgesetz Anwendung findet, ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

 

Das Dokument wurde erstmals am 9.6.2011 zur Abholung bereitgehalten, sodass nach der zitierten Bestimmung des § 17 Abs.3 Zustellgesetz der Bescheid mit diesem Tag als zugestellt gilt. Auch in der damit in Gang gesetzten Rechtsmittelfrist von 14 Tagen, die am 23.6.2011 endete, wurde kein Rechtsmittel gegen den Verfallsbescheid erhoben. Der Verfallsbescheid erwuchs daher in Rechtskraft.

Es wurde daher die nunmehr vorliegende Berufung vom 3.8.2011 verspätet eingebracht und war daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

 

Sowohl die Vorlage des Schreibens über die Mitteilung eines Zustellbevollmächtigten mit 14.7.2011 sowie das Schreiben vom 29.6.2011 über die Bekanntgabe eines verantwortlichen Geschäftsführers, Herrn x, sind nach Rechtskraft des Verfallsbescheides ergangen und finden daher keine Beachtung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: „OK-Vermerk“ eines Telefax-Sendeberichts, kein Beweis für Zugang beim Empfänger

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidugn wurde eingestellt;

VwGH vom 26.03.2012, Zl. 2011/03/0223 und 2011/03/0224-8

 

 

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