Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252685/3/Kü/Ba

Linz, 20.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung von Frau I M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, vom 12. Jänner 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 2010, Gz. 0055536/2009, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes  zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 2010, Gz. 0055536/2009, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe von 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 146 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Gewerbeinhaberin und Betreiberin der Firma M I mit dem Sitz in X, X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeber ihrer Verpflichtung, eine von dieser in der Krankenversicherung (Vollversi­cherung) pflichtversicherten, beschäftigte Dienstnehmerin - vor Arbeitsantritt - beim zu­ständigen Krankenversicherungsträger anzumelden insofern nicht nachgekommen ist, als die angeführte Unternehmung als Dienstgeber im Lokal 'P' X, X die slowakische Staatsbürgerin Frau K L, geboren X, wohnhaft X, X als Kellnerin und somit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit (vollversichert) gegen Entgelt - € 1.000,00 netto pro Monat und Getränke und Unterkunft - im Ausmaß von 9 Std. tgl. (09:00 bis 18:00 Uhr), 5 Tage pro Wo­che seit 31.07.2009 beschäftigt hat, ohne diese Arbeitnehmerin - vor Arbeitsantritt - beim zuständigen Krankenversicherungsträger, nämlich der Gebietskranken­kasse mit Sitz in Linz, Gruberstraße 77 angemeldet zu haben. Die Anmeldung erfolgte am 24.08.2009 als Ar­beiterin in Vollbeschäftigung."

 

Begründend wurde festgehalten, dass sich für die Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen darstelle.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzu­heben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass das Lokal "P" zwischen 3.8.2009 und 10.8.2009 urlaubsbedingt geschlossen gewesen sei. Zudem würde das Lokal während der Haupturlaubszeit im Sommer (Juli-August) kaum von Gästen aufgesucht. Die Anstellung eines weiteren Arbeitnehmers in dieser schlecht frequentierten Zeit wäre finanziell für das Lokal nicht tragbar gewesen. Diese Gründe seien ausschlaggebend dafür gewesen, dass Frau L K trotz positiver Beschäftigungsbewilligung des AMS vom 31.7.2009 erst mit 24.8.2009 beschäftigt worden sei.

 

Frau L K sei zum Zeitpunkt der Personenbefragung der deutschen Sprache kaum mächtig gewesen. Aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse und der Angst, dass die Beschäftigungsbewilligung aberkannt würde, habe sie im Zuge der Personenbefragung angegeben, bereits am 31.7.2009 als Kellnerin im P beschäftigt gewesen zu sein. Richtig sei jedoch, dass sie dem Amtsorgan mitteilen habe wollen, dass der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung mit Bescheid des AMS Linz vom 31.7.2009 positiv bewilligt worden sei und die Anstellung im Lokal aufgrund dieser Bewilligung rechtens sei.

 

Richtig sei, dass Frau L K die Arbeit erst am 24.8.2009 angetreten habe und mit diesem Datum auch beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden sei.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 13. Jänner 2011            vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (bestehend aus drei Mitgliedern) berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, Gz. 0055536/2009. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durch­führung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bw ist Betreiberin des Lokals P, X, X. Am 11.11.2009 gegen 13.00 Uhr wurde das Lokal von Ermittlungs- und Erhebungsorganen des Finanzamtes Linz kontrolliert. Bei dieser Kontrolle wurde die slowakische Staatsbürgerin L K, welche im Lokal als Kellnerin beschäftigt war, angetroffen. Der slowakischen Staatsbürgerin wurde von den Kontrollorganen ein sogenanntes Personenblatt vorgelegt, in welchem die Sprachen serbokroatisch und tschechisch angekreuzt sind. Ausgefüllt ist dieses Personenblatt in tschechischer Sprache. Frau K hat angegeben, fünf Tage pro Woche für eine Entlohnung von 1.000 Euro netto pro Monat sowie Getränke und Unterkunft zu arbeiten. In der Rubrik beschäftigt seit findet sich die Angabe "9.00 – 18.00", welche durchgestrichen ist. Im Anschluss daran steht das Datum 31. Juli 2009.

 

Der Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozial­versicherungen zeigt, dass Frau L K am 24.8.2009 von der Bw zur Sozialversicherung angemeldet wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Linz, welchem das Personenblatt beiliegt. Bei diesem Personenblatt ist auffällig, dass sowohl serbokroatisch als auch tschechisch angekreuzt sind und sich bei den Angaben zur Tätigkeit sowohl in Zeile 2 (serbokroatisch) als auch in Zeile 3 (tschechisch) Angaben finden. Zudem ist festzustellen, dass bei der Rubrik beschäftigt seit, obwohl ansonsten nur Angaben in tschechischer bzw. serbo­kroatischer Sprache enthalten sind, sich der handschriftliche Vermerk "31. Juli 2009" findet. Dieses Datum deckt sich mit der Beschäftigungsbewilligung, welche die Bw für die slowakische Staatsbürgerin L K vom AMS Linz erhalten hat. Insgesamt bestätigt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat aus den handschriftlichen Angaben im Personenblatt das Vorbringen der Bw, wonach die erst im November 2009 bei der Kontrolle angetroffene Ausländerin der deutschen Sprache nicht mächtig ist und insofern das Anliegen der Kontrollorgane nicht zur Gänze verstanden hat.

 

Die Angaben der Bw, wonach die Ausländerin erst ab 24.8.2009 beschäftigt wurde, bestätigen auch die von der Bw vorgelegten Lohnabrechnungen, wonach für August 2009 für Frau L K acht Sozialversicherungstage bzw. Lohnsteuertage vermerkt sind, für die ein Entgelt bezahlt wurde. Zudem ist festzuhalten, dass die Kontrolle des Lokals erst im November 2009 stattgefunden hat, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die slowakische Staatsangehörige zur Sozialversicherung gemeldet gewesen ist. Im gesamten Strafantrag finden sich außer dem bereits oben beschriebenen Personenblatt keinerlei Beweise dahin­gehend, die das Vorbringen der Bw zum Beschäftigungsbeginn der slowakischen Staatsangehörigen widerlegen könnten. Vielmehr ist nochmals an dieser Stelle festzuhalten, dass die Bw ihre Darstellung durch die schriftlichen Lohnabrechnun­gen belegen konnte, wonach der slowakischen Staatsangehörigen nur für acht Arbeitstage ein Entgelt bezahlt wurde. Für einen Beschäftigungsbeginn ab Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gibt es somit im gesamten Verfahrensakt keinen Beweis. Die mangelnden Deutschkenntnisse der slowakischen Staatsangehörigen sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund der Angaben im Personenblatt nachvollziehbar und kann eine Kontrollsituation für eine ausländische Staatsangehörige, die den Grund der Kontrolle nicht zur Gänze versteht, unter Umständen zu Angaben führen, die nicht den Tatsachen entsprechen. Alleine auf der im Personenblatt enthaltenen Datumsangabe kann daher im Hinblick auf die übrig vorliegenden Unterlagen eine Beschäftigung vor dem 24.8.2009 nicht abgeleitet werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 111 Abs 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-       mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-       bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

5.2. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund der im Akt einliegenden Schriftstücke kein Beweis für eine Beschäftigung der slowakischen Staatsangehörigen L K im Zeitraum 31.7. bis 23.8.2009. Vielmehr kann die Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch Vorlage der – nicht von ihr selbst erstellten – Lohnabrechnungen für die slowakische Staatsangehörige den schlüssigen Nachweis dafür erbringen, dass sie Frau K im August nur acht Tage gegen Entgelt beschäftigt hat und dies mit dem Zeitraum ab 24. August 2009 auch vereinbar ist. Die erst am 11.11.2009 durchgeführte Kontrolle des Lokals kann keinen Beweis für die Beschäftigungssituation im August 2009 erbringen. Insgesamt war daher bei der gegebenen Sachlage davon auszugehen, dass die der Bw angelastete Verwal­tungsübertretung nicht erwiesen ist. Im Zweifel war gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK zugunsten der Bw davon auszugehen, dass sie die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat und war im Ergebnis der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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