Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166030/14/Ki/Kr

Linz, 25.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 10. Mai 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. April 2011, VerkR96-1999-2011, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 27. September 2011 und am 24. Oktober 2011 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der erstinstanzlichen Behörde wird auf 7 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom
26. April 2011, VerkR96-1999-2011, den Berufungswerber für schuldig befunden, er sei am 3. März 2011, 07.45 Uhr (Unfallszeit) in Marchtrenk, Haidstraße (Gemeindestraße) aus Richtung Eichenstraße in Richtung Neufahrnerstraße fahrend, Vorfall auf Höhe Güterweg Oberneufahrn (Unfallsort) mit dem PKW Nissan Almera, Kennzeichen X mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt. Er habe dadurch § 4 Abs.5 erster Satz StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b. StVO wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt.

 

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 10. Mai 2011 Berufung mit dem Antrag der "UFS" (gemeint wohl UVS)  in Linz möge in Stattgabe dieses Rechtsmittels das angefochtene Straferkenntnis beheben (aufheben) und das Verfahren gegen den Beschuldigten einstellen; in eventu die verhängte Strafe mildern.

 

Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass nach der Berührung der Außenspiegel der Beschuldigte sofort stehen geblieben sei. Er habe mit der Unfallsgegnerin in Verbindung treten wollen, nur sei dies durch diese verhindert worden. Nach dem Stillstand habe der Beschuldigte wegen des bestehenden Verkehrs nicht zurücksetzten können. Als dies möglich geworden sei, habe sich der Beschuldigte bereits von der Unfallstelle entfernt. Auch sei es fragwürdig, dass sich die Zeugin, die sich zu dem herab gefahrenen Spiegelteil begab, sich nicht einige Meter weiter zu dem angehaltenen PKW des Beschuldigten begeben und ihrerseits versuchte Kontakt mit diesem aufzunehmen.

 

Resümierend wird festgehalten, dass der Beschuldigte keinesfalls ein Verhalten setzte, welches unter dem Gesichtspunkt "Fahrerflucht" vom Tatbestand des § 4 StVO umfasst sei.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 16. Mai 2011 vorgelegt.

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 27. September 2011 und am
24. Oktober 2011. An beiden Verhandlungen nahmen jeweils der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teil. Bei der Verhandlung am 27. September 2011 wurde der verkehrstechnische Amtssachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung, X, beigezogen. Bei der Verhandlung am 24. Oktober 2011 wurde die "Unfallsgegnerin" X als Zeugin einvernommen. Bei beiden Verhandlungen war die belangte Behörde entschuldigt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlungen ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut einer bei der Polizeiinspektion Marchtrenk am 3. März 2011 mit der nunmehrigen Zeugin einvernommenen X aufgenommenen Niederschrift lenkte diese am 3. März 2011 um 07.45 Uhr ihren PKW auf der Haidstraße von der Neufahrnerstraße kommend in Richtung Eichenstraße (Marchtrenk). Glaublich zwischen der Gutenbergstraße und dem Haus Haidstraße 20 sei ihr ein PKW mit dem Kennzeichen X entgegen gekommen. Da die Straße sehr schmal sei und sie diese Strecke gut kenne, habe sie den PKW auf das Bankett gelenkt, da sich das Aneinandervorbeifahren sonst nicht ausgehe. Sie habe sich also mit den rechten zwei Reifen auf dem Bankett befunden. Sie sei glaublich mit noch sehr langsamer Geschwindigkeit gefahren. Wie schnell sie noch war, könne sie nicht angeben. Der Lenker des anderen PKW sei an ihrem vorbei gefahren und habe dabei den linken Außenspiegel beschädigt. Der Spiegel sei dabei zugeklappt und die Abdeckung sei weg gesprungen. Sie sei aus ihrem Fahrzeug ausgestiegen um die Abdeckung zu holen. Der andere Lenker habe kurz angehalten und als sie in Richtung ihres Fahrzeuges zurück ging, sei er weg gefahren.

 

Laut einer ebenfalls am 3. März 2011 aufgenommenen Niederschrift bei der Polizeiinspektion Marchtrenk gab der nunmehrige Berufungswerber zu Protokoll, er habe am 3.3.2011 um 07:45 Uhr den PKW Nissan Almera auf der Haidstraße von der Eichenstraße kommend in Richtung Neufahrnerstraße gelenkt. Zirka auf Höhe des Güterweges Oberneufahrn sei ihm glaublich ein dunkler PKW entgegen gekommen, der von einer Dame gelenkt wurde. Er sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gefahren. Da er diese Strecke schon kenne sei er bereits im Vorhinein zur Sicherheit des anderen Fahrers auf das Bankett ausgewichen. Die Dame sei jedoch in der Mitte der Straße geblieben und er habe erst gedacht, sie werde wahrscheinlich im letzten Moment ausweichen. Es habe auch so ausgesehen als würde es sich ausgehen, dass sie aneinander vorbeifahren können. Das habe sie jedoch nicht getan und so hätten sich die beiden Außenspiegel ihrer PKW's berührt. Der Spiegel sei dabei zugeklappt worden. Er habe angehalten, das Fenster herunter gelassen und in diesem Moment noch keine Beschädigung an seinem PKW bemerkt. Diese habe er erst später bemerkt. Er sei ein Stück mit seinem PKW zurück gefahren, dann habe er noch gesehen, wie die Dame eine Abdeckung holte und diese auf ihren Außenspiegel steckte. Er habe noch eine Weile gewartet, die Frau habe ihr Plastikteil auf den Spiegel gesteckt und die Türe zum Einsteigen geöffnet. Er habe sich nichts dabei gedacht, da er an seinem PKW keinen Schaden entdeckte und sei weiter gefahren. Später sei er von der Polizei angerufen und auf die Dienststelle gebeten worden.

 

Die Polizeiinspektion Marchtrenk hat den Vorfall mit Anzeige vom 4. März 2011 der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Kenntnis gebracht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erließ zunächst gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung (VerkR96-1999-2011 vom 15. März 2011), welche mit Schriftsatz vom 30. März 2011 beeinsprucht wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat in der Folge das Ermittlungsverfahren durchgeführt und die Unfallsgegnerin, Frau X, am 4. April 2011 zeugenschaftlich einvernommen.

 

Die Zeugin führte bei ihrer Einvernahme aus, sie halte die bei der Polizeiinspektion Marchtrenk niederschriftlich aufgenommen Aussagen vollinhaltlich aufrecht. Zur Behauptung, dass kein Schaden an ihrem Fahrzeug entstanden sein solle, gab sie an, dass das Fahrzeug zum Unfallszeitpunkt 8 Monate alt war, dieses Fahrzeug habe sie ganz neu erworben. Durch die Fahrzeugberührung sei der Spiegel zugeklappt, die hintere Abdeckung des Spiegels ca. 8 – 10 Meter weggeschleudert worden. Der Spiegel selbst habe keinen Schaden erlitten, allerdings die Kunststoffabdeckung habe einen Sprung sowie Lackschäden erfahren. Sie habe die Anzeige bei der Polizeiinspektion Marchtrenk unverzüglich erhoben, da der Unfallgegner erst von der Polizei zur Stellungnahme gebeten wurde. Der Unfallgegner habe sein Fahrzeug zwar kurz angehalten, habe aber keinen Versuch unternommen, mit ihr aktiv Verbindung aufzunehmen. Der Unfallgegner sei erst weggefahren, als sie auf dem Weg zurück zu ihrem Auto gewesen sei, nachdem sie die Abdeckung aus einer Entfernung von ca. 8 – 10 Meter geholt habe. Zur Behauptung, der Unfallgegner habe nicht ohne Gefährdung stehen bleiben können, gab sie an, dass auf dieser Gemeindestraße immer sehr wenig Verkehr herrsche, es handle sich ja nicht um eine Hauptverkehrsstraße. Der Unfallgegner hätte, wenn er nicht gehen wollte, zu ihrem Fahrzeug zurück fahren können. Zum Vorwurf, dass der Stillstand jedenfalls einige Minuten dauerte, gab sie an, dass das weggeschleuderte Teil nicht im Feld, sondern auf der Straße gelegen sei und dies sicher nicht einige Minuten gedauert habe. Am Weg zurück zu ihrem Fahrzeug sei er bereits weg gefahren. Zwischen ihrem Fahrzeug und dem auf der Straße geschleuderten Spiegelteil seien etwa 8 – 10 Meter gelegen, das angehaltene Fahrzeug des Unfallgegners werde etwa 3 – 4 Meter vom Spiegelteil entfernt gewesen sein. Die Straße sei in diesem Bereich im Übrigen gleich breit.

 

Nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme replizierte der Berufungswerber in einer Stellungnahme vom 21. April 2011, er bestritt weiterhin den zur Last gelegten Sachverhalt. Unter anderem führte er aus, dass die Zeugin offensichtlich die ihr mögliche Begegnung mit dem Beschuldigten nicht wollte. Dass der Beschuldigte auf Grund seiner Behinderung sein Fahrzeug nicht verlassen konnte, sei bereits dargetan worden. Die Vorgangsweise der Zeugin sofort auf die Polizei zu fahren sei unverständlich, wenn man berücksichtige, dass ihr der Informationsaustausch an der Unfallstelle sofort und jederzeit möglich und zumutbar gewesen sei.

 

Letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gab der Berufungswerber zu Protokoll, er habe sein Fahrzeug angehalten, ebenso die Unfallgegnerin. Diese sei aus ihrem Fahrzeug ausgestiegen und habe die Plastikabdeckung aufgehoben. Er selbst habe mit der Unfallgegnerin Kontakt aufgenommen. Er habe sie angesprochen, die Dame habe jedoch den Spiegel genommen und sei zum Auto gegangen und habe keine Antwort gegeben. Sie habe dann telefoniert. Er habe ihr angedeutet, man solle zum nächst gelegenen Parkplatz vorfahren. Darauf sei keine Reaktion erfolgt. Sie sei ins Auto eingestiegen und er habe gedacht, sie würde dies akzeptieren. Nachdem er selbst zu diesem erwähnten Parkplatz vorgefahren war, habe er dort gewartet und gedacht sie würde nachkommen. Nach ca. 10 Minuten auf diesem Parkplatz sei er dann von der Polizei angerufen worden wegen des Vorfalles. Dies mit der Frage, ob er zum Protokoll vorbeikommen könne.

 

Der beigezogene verkehrstechnische Amtsachverständige erklärte unter Zugrundelegung der Angaben der Zeugin, dass aus den im Akt aufliegenden Fotos die Angabe, ob die Kunststoffabdeckung einen Sprung sowie Lackschäden erfahren habe, nicht so ohne weiteres nachgewiesen werden könne, jedenfalls was den Sprung betreffe. Es sei natürlich auf den Fotos leichte Lackschäden feststellbar, welche möglicherweise auch auf die Berührung, welche konkret stattgefunden habe zurückzuführen sein könnte, dies insbesondere, weil eine höhenmäßige Übereinstimmung bestehe.

 

Bei der Verhandlung am 24. Oktober 2011 bestätigte die Zeugin die im bisherigen Verfahren gemachten Angaben, sie schloss ausdrücklich aus, dass der Berufungswerber mit ihr Kontakt aufnehmen wollte. Weiters erklärte sie ausdrücklich, dass durch den Vorfall die Kunststoffabdeckung des Rückspiegels ihres Fahrzeuges einen Sprung erfahren habe.

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers beantragte die Augenscheinnahme des Fahrzeuges der Berufungswerberin sowie die zeugenschaftliche Einvernahme jenes Polizeibeamten, welcher am 3. März 2011 die Niederschrift mit der Zeugin aufgenommen hat.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Angaben der Zeugin glaubwürdig sind. Sie machte im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung trotz entsprechender Vorhalte durch den Berufungswerber bzw. seinen Rechtsvertreter einen sehr soliden Eindruck und legte das relevante Geschehen in schlüssiger und nicht denkunwürdiger Art und Weise dar. Zu berücksichtigen ist auch, dass sie im Falle einer falschen Aussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte, diesbezüglich wurde sie vor ihrer Aussage eingehend belehrt. Der Umstand, dass sie nicht bereits bei ihrer Einvernahme vor der Polizeiinspektion Marchtrenk am
3. März 2011 den konkreten Schadensfall ausdrücklich zu Protokoll gegeben hat, wird nicht negativ beurteilt. Sie hat dort angegeben, dass das Fahrzeug durch den Verkehrsunfall einen Schaden erfahren habe, Konkretes wurde dann im Laufe des Verfahrens hervor gehoben.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige konnte anhand der Lichtbilder keine entsprechende Feststellung treffen, allerdings stellte er fest, dass die von der Zeugin angegeben Beschädigungen der Spiegelabdeckung auf den Unfall zurückzuführen sein könnten, dies insbesondere, weil eine höhenmäßige Übereinstimmung bestehe.

 

Der Berufungswerber konnte sich in jede Richtung verteidigen, dieser Umstand darf jedoch nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im konkreten Falle ist es ihm jedoch nicht gelungen, die Angaben der Zeugin zu widerlegen. Auffallend ist, dass der Berufungswerber erklärte, er habe mit der Zeugin Kontakt aufgenommen und ihr angedeutet, sie möge zu einem Parkplatz vorfahren. Andererseits führte der Berufungswerber im Laufe des Verfahrens aus, auf Grund seiner Behinderung habe er nicht aussteigen können, er habe lediglich die Seitenscheibe geöffnet. Auffallend ist dazu weiters, dass von dieser nunmehr behaupteten Kontaktaufnahme in den ersten Angaben des Berufungswerbers vor der Polizeiinspektion Marchtrenk und auch in einem später von ihm erwähnten E-Mail keine Rede ist. Ebenso fällt auf, dass der Berufungswerber bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Polizeiinspektion Marchtrenk am 3. März 2011 ausgeführt hat, er sei ein Stück mit seinem PKW zurück gefahren, er sei jedoch dann, nachdem die Dame die Tür zum Einsteigen ihres Fahrzeuges öffnete, da er an seinem PKW keinen Schaden entdeckte, weiter gefahren. Davon, dass er zugewartet hätte ist in diesem Verfahrensstadium noch keine Rede.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet daher, dass die Vorbringen des Berufungswerbers diesbezüglich lediglich als Schutzbehauptungen zu werten sind und somit auch die beantragten weiteren Beweisaufnahmen, nämlich Augenscheinnahme des Fahrzeuges der Berufungswerberin bzw. Einvernahme des Polizeibeamten, welcher die Niederschrift am
3. März 2011 aufgenommen hat, aus objektiver Sicht entbehrlich sind.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Allgemein wird festgestellt, dass als Verkehrsunfall jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen ist, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die im § 4 der StVO 1960 normierten Verpflichtungen unabhängig vom Verschulden an einem Verkehrsunfall von den Unbeteiligten zu erfüllen ist.

 

Im vorliegenden Falle kam es unbestritten zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge im Bereich der Außenspiegel, diese Kollision wurde von beiden Fahrzeuglenkern bemerkt, zumal diese ihre Fahrzeuge zunächst angehalten haben.

 

Unbestritten bleibt auch, dass es zu keinem Identitätsaustausch zwischen den beiden Fahrzeuglenkern gekommen ist.

 

Ausgehend von der Angabe der Zeugin geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weiters davon aus, dass durch den Verkehrsunfall die Außenspiegelabdeckung des von ihr gelenkten Kraftfahrzeuges dahingehend eine Beschädigung erfahren hat, als neben kleineren Abschürfungen auch ein Sprung entstanden ist. Diese Art der Beschädigung stellt keine Minimalbeschädigung mehr dar, sodass jedenfalls die Verpflichtung des § 4 Abs.5 zum Tragen gekommen wäre.

 

Wie bereits in der Beweiswürdigung festgestellt wurde, wird dem Vorbringen des Berufungswerbers, er hätte auf eine Rückkehr der Zeugin gewartet und er sei innerhalb dieser Wartezeit bereits von der Polizei kontaktiert worden, ohne dass er vorher die Anzeige hätte erstatten können, kein Glauben geschenkt. Unter diesen Prämissen wird daher festgestellt, dass der objektive Sachverhalt erfüllt wurde.

 

Was die subjektive Tatseite anbelangt, so mag es zutreffen, dass der Berufungswerber an seinem Fahrzeug keinen Schaden festgestellt hat bzw. auch dass sich die Zeugin von der Unfallstelle entfernt hat. Unabhängig von allem hat jedoch trotz Sachschaden zwischen den beiden Unfallbeteiligten kein Identitätsnachweis bzw. -austausch stattgefunden, sodass der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Nachdem er nach dem Vorfall – seinen Angaben gemäß – von der Polizei angerufen wurde, wird davon ausgegangen, dass er ein Telefon zur Verfügung gehabt hätte und somit die gesetzeskonforme Verständigung der nächsten Polizeidienststelle entsprechend möglich gewesen wäre.

Ein allfälliger Rechtsirrtum kann ihm als geprüften Kraftfahrzeuglenker nicht als Entschuldigungsgrund zugestanden werden. Es ist somit auch die subjektive Tatseite erfüllt und es wird festgestellt, dass der Schuldspruch zu Recht erfolgte.

 

Zur Straffestsetzung (§ 19 VStG) wird festgestellt, dass für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schuld die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigten.

 

Grundsätzlich wird dazu zunächst festgestellt, dass die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" keine Bagatelldelikte sind. Es ist demnach mit einer entsprechend strengen Bestrafung vorzugehen.

 

Die Erstbehörde hat in der Begründung zur Strafbemessung festgehalten, dass straferschwerend keine Umstände hervor gekommen sind, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit komme ihm im Prinzip zugute. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden geschätzt.

 

In Anbetracht des relativ geringfügigen Schadensausmaßes einerseits und der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit andererseits erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass im vorliegenden Falle trotz der Uneinsichtigkeit des Berufungswerbers eine Herabsetzung der Geld- sowie der Ersatzfreiheitsstrafe, dies unter Berücksichtigung der angenommenen unbestritten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, als vertretbar erscheint.

 

Das nunmehr festgelegte Strafmaß erscheint geeignet, den Berufungswerber vor weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten und auch die Allgemeinheit zur Einhaltung der entsprechenden Vorschriften zu sensibilisieren.

 

Eine weitere Herabsetzung kann jedoch aus den erwähnten general- bzw. spezialpräventiven Gründen nicht in Erwägung gezogen werden.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

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