Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590295/2/Gf/Mu

Linz, 17.10.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen den aus Anlass der Vorschreibung eines Pflegegebührenersatzes nach dem Oö. Krankenanstaltengesetz erlassenen Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. August 2011, Zl. SanRL01-7-2011 (mitbeteiligte Partei: Landeskrankenhaus y), zu Recht:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Rechnung vom 5. Mai 2011, Zl. 9001853628, hat das Landeskrankenhaus (LKH) y dem Rechtsmittelwerber die für den stationären Aufenthalt seiner Mutter vom 9. bis zum 19. November 2010 angefallenen Pflegegebühren in einer Höhe von 5.531,46 zur Zahlung vorgeschrieben.

 

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch erhoben.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes vom 23. August 2011, Zl. SanRL01-7-2011, wurde dieser Einspruch gemäß § 55 und 56 des Oö. Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 132/1997, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 60/2010 (im Folgenden: OöKAG), i.V.m. § 143 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 403/1977 (im Folgenden: ABGB), abgewiesen und der Rechtsmittelwerber neuerlich dazu verpflichtet, dem LKH Bad Ischl nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides für den stationären Aufenthalt seiner Mutter den Betrag in Höhe von 5.531,46 Euro zu entrichten.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass seitens der Oö. Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 8. April 2011 erklärt worden sei, dass diese die im Zeitraum vom 9. bis 19. November 2010 für die Anstaltspflege der Mutter des Rechtsmittelwerbers entstandenen Kosten nicht übernehme. Daraufhin habe seine Mutter dem LKH y mit Schreiben vom 28. April 2011 mitgeteilt, dass sie den geforderten Rechnungsbetrag nicht begleichen könne. Im Hinblick auf den von der belangten Behörde erlassenen Bescheid vom 12. April 2011, Zl. SO-24-2011, mit dem der Patientin ab dem 10. Februar 2011 soziale Hilfe zur Sicherung ihres
Lebensbedarfes gewährt worden sei, sei dies als glaubwürdig anzusehen gewesen. Weil der Kostenersatz bei seiner Mutter de facto nicht habe eingefordert werden können, sei sohin die Bestimmung des § 55 Abs. 2 OöKAG zum Tragen gekommen, wonach der gemäß § 143 ABGB verpflichtete Sohn unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse seiner Mutter einen Unterhalt schulde, weshalb er auch zum Ersatz der Pflegegebühren heranzuziehen gewesen sei.

 

1.3. Gegen diesen ihm am 2. September 2011 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 5. September 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer – auf das Wesentliche zusammengefasst – vor, dass seine Zahlungspflicht nicht durch eine bloße Annahme der belangten Behörde begründet werden könne. Indem das Gesetz nämlich ausdrücklich den Begriff "hereingebracht werden" verwende, sei vielmehr davon auszugehen, dass damit jedenfalls das Erwirken eines Exekutionstitels und ein darauf gestützter Versuch einer Exekution gefordert werde. Zudem sei auf Grund der Rechnung der Krankenanstalt auch nicht nachvollziehbar, für welche konkreten Leistungen die Gebühren tatsächlich in Anschlag gebracht wurden und ob diese jeweils den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Schließlich habe die belangte Behörde auch in keiner Weise ermittelt, über welche Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführer i.S.d. § 143 ABGB tatsächlich verfügt.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. SanRL01-7-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der gegenständlichen Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach der Bestimmung des § 56 Abs. 8 OöKAG, entscheiden über Berufungen gegen Entscheidungen, die gemäß § 56 Abs. 7 OöKAG ergangen sind, die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern; derartige Entscheidungen sind gemäß § 67a Abs. 1 AVG durch ein Einzelmitglied zu treffen.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 55 Abs. 1 OöKAG ist zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege- bzw. Pflegesondergebühren (im Folgenden kurz: Pflegegebühren) in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person auf Grund sozialversicherungsrechtlicher
Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise dazu verpflichtet ist oder dafür Ersatz zu leisten hat.

 

Nach § 55 Abs. 2 OöKAG sind, wenn die Pflegegebühren nicht beim Patienten selbst oder bei den sonstigen in § 55 Abs. 1 OöKAG genannten Personen hereingebracht werden können, die für ihn unterhaltspflichtigen Personen – wozu auch volljährige Kinder (was sich daraus ergibt, dass sich der in § 55 Abs. 2 zweiter Satz OöKAG enthaltene Verweis nicht auch auf § 47 Abs. 3 Z. 3 des Oö. Sozial­hilfegesetzes, LGBl.Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 74/2011 [im Folgenden: OöSHG], erstreckt) zählen – zum Ersatz heranzuziehen.

 

Gemäß § 56 Abs. 1 OöKAG sind die Pflegegebühren mit dem Ent­lassungstag oder nach Bedarf mit dem letzten Tag des Monats abzurechnen und, soweit sie nicht im Vorhinein entrichtet worden sind, ohne Verzug mittels Gebührenrechnung zur Zahlung vorzuschreiben. Dagegen steht nach § 56 Abs. 7 OöKAG demjenigen ein Einspruchsrecht zu, gegen den sich die Rechnung richtet. Wenn dem Einspruch vom Rechtsträger der Krankenanstalt nicht voll Rechnung getragen wird, hat ihn dieser der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen, die die Pflegegebühren dem Verpflichteten mit Bescheid vorzuschreiben hat. Gegen einen solchen Bescheid kann gemäß § 56 Abs. 8 OöKAG eine Berufung an den Oö. Verwaltungssenat erhoben werden.

Nach § 143 ABGB schuldet ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat. Der Unterhaltsanspruch eines Elternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes seines eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht – wie auch aus dem vorgelegten erstbehördlichen Akt ersichtlich ist – allseits unbestritten fest, dass die Mutter des Beschwerdeführers während des Zeitraumes ihrer Anstaltspflege (9. November bis 19. November 2010) nicht bei der Oö. Gebietskrankenkasse sozialversichert war. Da auch keine Hinweise für die unmittelbare Leistungspflicht einer sonstigen gesetzlich oder vertraglich verpflichteten physischen oder juristischen Person bestehen, war die Patientin sohin nach § 55 Abs. 1 OöKAG primär selbst zur Entrichtung der aufgelaufenen Pflegegebühren verhalten. Damit erweist sich bereits die mit Rechnung vom 5. Mai 2011 (s.o., 1.1.) unmittelbar an den Beschwerdeführer – und nicht an dessen Mutter – gerichtete Gebührenvorschreibung als dem Grunde nach rechtswidrig.

 

3.3. Für den Fall, dass die Pflegegebühren bei einem unmittelbar Verpflichteten i.S.d. § 55 Abs. 1 OöKAG nicht hereingebracht werden können, legt § 55 Abs. 2 OöKAG eine subsidiäre Haftung für unterhaltsverpflichtete Personen fest. Wie sich diesbezüglich schon aus dem Normtext ergibt, kommt diese jedoch erst dann zum Tragen, wenn bzw. sobald feststeht, dass die Gebühren beim primär Haftungspflichtigen nach § 55 Abs. 1 OöKAG "nicht hereingebracht ..... werden" können.

 

Im vorliegenden Zusammenhang ist der Gesetzeswortlaut noch eindeutiger als die insoweit vergleichbare Bestimmung des § 61 Abs. 2 Z. 2 OöSHG, wonach ein Anspruch des Rechtsträgers auf Kostenersatz (ebenfalls) nur dann besteht, wenn dieser einen solchen "trotz angemessener Rechtsverfolgung" nach keiner anderen gesetzlichen Grundlage erlangen kann.

 

Dennoch ist der Oö. Verwaltungssenat schon im Zusammenhang mit jener Bestimmung in ständiger Judikatur (vgl. z.B. VwSen-560088 vom 13. April 2007 m.w.N.) stets davon ausgegangen, dass die bloße (subjektive) Annahme einer Zahlungsunfähigkeit des Leistungsempfängers für den Eintritt der subsidiären Haftung eines Dritten nicht hinreicht; vielmehr ist dem Erfordernis nach einer "angemessenen Rechtsverfolgung nur entsprochen, wenn" der Anspruchsberechtigte zuvor "ein Verfahren nach § 56 OöKAG durchführt und die dort vorge­sehenen Möglichkeiten ausschöpft, insbesondere auch ein Vollstreckungsverfahren" versucht.

 

Demnach ist also sowohl nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 55 Abs. 2 KAG als auch auf Grund eines Größenschlusses aus der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates zu § 61 Abs. 2 OöSHG davon auszugehen, dass (auch) die subsidiäre Heranziehung des Unterhaltspflichtigen nach der erstgenannten Bestimmung einen vorangehenden formellen Exekutionsversuch gegen den primär Leistungspflichtigen bedingt.

 

Im gegenständlichen Fall lässt sich Derartiges jedoch anhand des vorgelegten erstbehördlichen Aktes nicht belegen, im Gegenteil: Hier hat der Rechtsträger der Krankenanstalt schon von vornherein – offenbar wegen vermuteter Erfolg­losigkeit – von der Einbringung eines Exekutionsantrages abgesehen und stattdessen die Rechnung an den Sohn der Verpflichteten gerichtet (ohne überdies dessen eigene Lebensverhältnisse i.S.d. § 143 Abs. 1 ABGB wenigstens ansatzweise zu berücksichtigen).

 

3.4. Weil damit aber eine objektive Feststellung i.S.d. § 55 Abs. 2 OöKAG dahin, dass die (bzw. welcher Teil der) Ersatzforderung bei der primär Verpflichteten nicht hereingebracht werden kann, fehlt, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 


 

VwSen-590295/2/Gf/Mu vom 17. Oktober 2011

Erkenntnis

 

Oö KAG §55 Abs2;

Oö SHG §61 Abs2 Z2

 

Sowohl nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 55 Abs2 Oö KAG als auch auf Grund eines Größenschlusses aus der Rsp des Oö. Verwaltungssenates zu § 61 Abs2 Oö SHG ist davon auszugehen, dass (auch) die subsidiäre Heranziehung des Unterhaltspflichtigen nach der erstgenannten Bestimmung einen vorangehenden formellen Exekutionsversuch gegen den primär Leistungspflichtigen bedingt.

 

 

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