Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166229/8/Fra/Gr

Linz, 20.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 4. August 2011, VerkR96-18628-2011, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2011, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit eine Geldstrafe von 1600 Euro (EFS zwei Wochen) verhängt, weil sie am 17. Juni 2011 um 02:02 Uhr anlässlich einer Amtshandlung bei ihr zuhause in X, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigert hat, obwohl sie verdächtig war, unmittelbar vorher den PKW mit dem Kennzeichen X in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Gemeindegebiet von X auf der X gelenkt zu haben (Alkoholisierungsmerkmale: Bindehautrötung, Benehmen enthemmt, enorme Aggressivität).

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von zehn Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2011 erwogen:

 

Unstrittig ist, dass die Bw an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit zum angeführten Zeitpunkt den in Rede stehenden PKW gelenkt hat. Unstrittig ist weiters, dass die Bw vom Meldungsleger RI X nach Durchführung eines Alkoholvortestes, welcher kein Ergebnis brachte, zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat aufgefordert wurde. Die Bw verweigerte den Alkomattest sinngemäß mit den Worten: " Ich blase mit Sicherheit nirgendwo rein".

 

Gemäß § 5 Abs.2 Z.1 StVO 1960 sind u.a besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Zur Begründung dieser Vermutung genügt das Vorliegen eines typischen Alkoholisierungssymptoms. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, lässt eine nach Alkohol riechende Atemluft einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vermuten. Der Geruch der Atemluft nach Alkohol ist sohin ein typisches Alkoholisierungssymptom. Aggressives Verhalten kann auf eine Alkoholbeeinträchtigung zurückzuführen sein, dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend, weil – wie gegenständlich - auch eine vorangegangene emotionale Stresssituation iVm anderen Gegebenheiten ursächlich für eine Aggression sein können.

 

Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel vor, dass eine Polizeistreife aufgrund einer Anzeige einer Nachbarin wegen Lärmbelästigung durch ein Autoradio zu ihrem Haus gefahren sei und sie sich zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei bereits in ihrer Wohnung befunden habe. Die Nachbarin habe die Polizei mit der Behauptung, dass sie (die Bw) bei der Ankunft an ihrem Wohnsitz mit ihrem Cabrio bei offenem Verdeck laute Musik gespielt habe und "garantiert wieder betrunken" sei, empfangen. Objektive Gründe für einen begründeten Verdacht einer Trunkenheit seien zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen und mache die Nachbarin nach dem Protokoll zur Begründung ihrer Beschuldigung auch gar keine Angaben. Es seien sohin keine objektiven Tatsachen zur Begründung eines Verdachtes einer Alkoholisierung festgestellt worden, da kein Alkoholgeruch vorgelegen sei, der Gang sicher gewesen sei und die Sprache deutlich gewesen sei. Die Feststellung einer "leichten" Bindehautrötung, die nach allgemeiner Lebenserfahrung allein aus der Fahrt mit einem offenen Cabrio oder bei Rauchern – sie sei Raucherin – aus dem Rauch und aus der schon späten Nachtzeit abgeleitet werden könne, habe daher keinesfalls den begründeten Verdacht einer Alkoholisierung rechtfertigen können. Dass sie sich durch die ungerechtfertigten und unwahren Anschuldigungen der Nachbarin, verbunden mit dem unerwarteten Auftreten der Polizeibeamten in einem Zustand stärkerer Erregung befunden habe, sei wohl leicht nachzuvollziehen und begründe keinen Verdacht auf Alkoholisierung. Wegen der bei ihr vorhandenen und nachvollziehbaren Gemütserregung sei der Vortest ohne Ergebnis geblieben. Sie und ihr Begleiter haben die einschreitenden Beamten gebeten, ihr Zeit zu geben, um sich vor einer weiteren Atemluftmessung zu beruhigen. Dies sei aber von den einschreitenden Beamten abgelehnt worden.

 

Bei der Berufungsverhandlung wiederholte die Bw im Wesentlichen ihre bereits schriftliche vorgetragene Verantwortung, verwies auf ihre psychische Ausnahmesituation, behauptete, dass sie in dieser Nacht keine Tropfen Alkohol konsumiert habe und willig gewesen wäre, nachdem der Alkovortest kein Ergebnis erbrachte, nach einer Beruhigungsphase den Alkotest durchzuführen. An die Äußerung "Du halt die Schnauze. Mit euch Wald- und Wiesengendarmen rede ich nicht", konnte sich die Bw bei der Berufungsverhandlung nicht mehr erinnern und entschuldigte sich beim Meldungsleger, falls sie diese Äußerung tatsächlich gemacht hat.

 

Der Meldungsleger gab an, dass er mit dem Kollegen X nur deshalb mit dem Dienstfahrzeug zum Wohnsitz der Bw gefahren ist, weil es eine Anzeige einer Nachbarin wegen Lärmerregung gab. Der Meldungsleger bestätigte das aggressive Verhalten der Bw bei der Amtshandlung und führte aus, dass sich diese zwischenzeitlich jedoch auch beruhigt habe. Ein Alkovortest sei deshalb nicht zustande gekommen, weil die Bw nicht richtig in das Gerät hineingeblasen hat. Er forderte deshalb die Bw auf, sich einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat zu unterziehen. Das Gerät habe sich im Dienstfahrzeug befunden. Der Meldungsleger bestätigte, keinen Alkoholgeruch bei der Bw wahrgenommen zu haben.

 

Es ist sohin zusammenfassend festzustellen, dass die Bw kein typisches Alkoholisierungssymptom aufgewiesen hat. Das aggressive Verhalten der Bw konnte den Meldungsleger zwar grundsätzlich vermuten lassen, dass sich die Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Der Oö. Verwaltungssenat ist jedoch zur Überzeugung gelangt, dass dieses Verhalten in der Anzeige einer Nachbarin wegen Ruhestörung begründet war, wobei zusätzliche Gründe, die nicht ermittelt wurden, –beispielsweise Einnahme von Medikamenten -, für das aggressive Verhalten eine Rolle gespielt haben könnten. Zudem ist zu bedenken, dass, wenn der Meldungsleger der Bw Zeit gegeben hätte, sich zu beruhigen und sich die Bw in der Folge tatsächlich beruhigt hätte, auch dieses Symptom weggefallen wäre, sohin die Tatbestandsvoraussetzung für die Aufforderung zum Alkotest nicht mehr vorgelegen wäre

 

Faktum ist, dass die Bw keine Alkoholssymptome aufgewiesen hat. Der Oö. Verwaltungssenat kommt zum Ergebnis, dass sich aufgrund der Umstände der vor der Amtshandlung ereigneten Vorfälle im konkreten Fall die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung durch die Bw nicht ausreichend begründet ist bzw. war, woraus folgt, dass die Ablehnung des Alkotests, welche – wie die Bw bei der Berufungsverhandlung aussagte, auf den Moment bezogen war – nicht tatbildlich ist.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Johann Fragner

 

 

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