Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252824/5/Py/Hue

Linz, 13.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. März 2011, Zl. SV96-2-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt zu lauten hat:

            "Gem. § 21 Abs.1 VStG wird von der Verhängung einer Strafe   abgesehen. Gleichzeitig wird Ihnen unter Hinweis auf die          Rechtswidrigkeit Ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt".

 

            Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des            Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu         den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010 iVm §§ 19, 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010  

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 31. März 2011, Zl. SV96-2-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden verhängt, das das Verschulden geringfügig und die Folgen der Tat unbedeutend seien.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie, Herr x, haben als Verantwortlicher der Firma x mit Sitz in x, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, am 30.3.2009 gegen 8.00 Uhr, die unten angeführte Person, als Dienstgeber in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auf der Baustelle ´x`, x, beschäftigt:

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, beim zuständigen Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden:

x, geb. x."

 

In der Begründung führte die belangte Behörde hinsichtlich der Strafbemessung aus, dass strafmildernd die Unbescholtenheit gewertet worden sei.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Bw eingebrachte Berufung vom 20. April 2011, in der vorgebracht wird, dass Herr x am 30. September 2009 (gemeint wohl: 30. März 2009) sofort nach Dienstantritt von der Sekretärin und noch vor der Kontrolle angemeldet worden sei. Die Übertretung habe keine Folgen gehabt. Der Bw sei nicht für die Anmeldung der Dienstnehmer verantwortlich, da die Büroaufgaben vom zweiten Geschäftsführer x durchgeführt würden. Aufgrund der Tatsache, dass Herr x sofort bei Dienstantritt angemeldet worden sei, treffe den Bw kein oder nur ein geringes Verschulden, weshalb die Behörde von einer Bestrafung Abstand nehmen solle. Allenfalls soll eine Ermahnung ausgesprochen werden.

Als Beweismittel wurden die Einvernahme des Bw und seiner (ehemaligen) Sekretärin sowie der Gehaltszettel des Bw angeboten.

Abschließend legte der Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse dar.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Schreiben vom 28. April 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Dem Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr wurde mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 5. Mai 2011 in Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit gegeben, zum Berufungsvorbringen eine Stellungnahme abzugeben.

 

Dieses brachte am 17. Mai 2011 vor, dass sie mit der Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG (Ermahnung) einverstanden sei. Falls der handelsrechtliche Geschäftführer x als verantwortlich Beauftragter bestellt worden sei, werde auch einer Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zugestimmt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung lediglich gegen die Strafhöhe richtet, der wesentliche Sachverhalt unbestritten ist  und von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt wurde.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat erhielt am 12. Juli 2011 von der Oö. Gebietskrankenkasse auf Anfrage die Auskunft, dass die Bestellung einer Person als verantwortlich Beauftragter nach § 35 Abs. 3 ASVG nicht erfolgt sei.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

6.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person jeder aus diesem Personenkreis, soweit nicht verantwortlich Beauftragte bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich ist (vgl. VwGH 26.1.1996, Zl. 95/02/0243), somit bei einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufenen Organen die Verantwortlichkeit kumulativ zu tragen ist (vgl. VwGH 5.9.2002, Zl. 98/02/0220).

 

Der Bw war zur Tatzeit – unbestritten – einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer der Fa. x und damit im Hinblick auf die vorgenannte Bestimmung unzweifelhaft iSd § 9 VStG für die gegenständliche Verwaltungsübertretung verantwortlich, zumal eine Bestellung einer Person als verantwortlich Beauftragter nach § 35 Abs. 3 ASVG nicht erfolgt ist.    

 

6.2. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

6.3. Gem. § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

            1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig

             erstattet oder

            2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

            3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

            4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der     Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige

                Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind,

             einsehen lässt.

 

Nach § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Erstbehörde hat hinsichtlich der Strafzumessung mildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet und gem. § 111 Abs. 2 ASVG die gesetzliche Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten, da es sich um das erstmalige ordnungswidrige Handeln des Bw hinsichtlich der Bestimmungen des ASVG, um ein geringfügiges Verschulden und um unbedeutende Folgen gehandelt habe.

 

Gem. § 21 VStG kann die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Unbestritten hat der Bw den Dienstnehmer erst nach Dienstantritt und deshalb zu spät angemeldet. Obwohl damit dem Bw die verfahrensgegenständliche Tat objektiv und subjektiv vorzuwerfen ist, ist bedeutsam, dass die nachträgliche Meldung nicht infolge einer Kontrolle vorgenommen wurde, da dem Bw diese Kontrolle auf der Baustelle in x erst nach der Anmeldung von Herrn x zur Kenntnis gelangt ist. Der Blick auf die Verantwortung des Bw zeigt, dass die rechtzeitige Meldung nicht deshalb zustande gekommen ist, weil er seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen und Sozialabgaben hinterziehen wollte. Auch wenn der Bw den gesetzlichen Vorgaben – Meldung vor Arbeitsantritt – nicht entsprochen hat, zeigt sich aus dem Gesamtverhalten und seiner Gesinnung, dass die verspätete Anmeldung des Dienstnehmers ein leicht fahrlässiges Verhalten darstellt und im Hinblick auf die geschilderten konkreten Tatumstände und dem damit vorliegenden fahrlässigen Verhalten des Bw von einem geringen Verschulden auszugehen ist. Zu den Tatfolgen ist zu bemerken, dass aufgrund der Tatsache, dass eine Anmeldung zur Sozialversicherung noch vor Bekanntwerden der behördlichen Kontrolle erfolgt ist, von geringen Folgen der Tat auszugehen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich deshalb der Ansicht der Organpartei in ihrer Stellungnahme vom 17. Mai 2011 an, wonach bei der beschriebenen Konstellation des gegenständlichen Falles insbesondere aus spezialpräventiven Überlegungen die Anwendung des § 21 VStG als ausreichend angesehen wird. Der Ausspruch der Ermahnung soll dem Bw die Rechtswidrigkeit seiner Vorgangsweise vor Augen führen und ihn dazu veranlassen, in Hinkunft der Einhaltung der Bestimmungen nach dem ASVG ausreichendes Augenmerk zu schenken.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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