Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522870/14/Fra/Bb/Gr

Linz, 27.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 14. Mai 2011 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 5. Mai 2011, GZ F 11/127927, betreffend Einschränkung der Lenkberechtung und Erteilung von Auflagen, nach Durchführung ergänzender Erhebungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die

·         die zeitliche Befristung der Führerscheingruppe 1 (Klassen A, B, EzB und F) und

·         die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Augenheilkunde

aufgehoben werden.

 

Dem Berufungswerber wird die Lenkberechtigung

·         für die Führerscheingruppe 1 (Klassen A, B, EzB und F) zeitlich unbefristet und

·         für die Klassen C1 und EzC1 der Führerscheingruppe 2 auf die Dauer von zehn Jahren, das ist bis 2. Mai 2021,

erteilt.

 

 

Die zeitliche Befristung der Klassen C und EzC auf die Dauer von fünf Jahren (bis 2. Mai 2016) sowie die Auflage der Verwendung einer geeignete Brille bzw. Kontaktlinsen beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 und 2 sind - mangels Anfechtung - in Rechtskraft erwachsen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5, 8, 24 Abs.1 Z2 und 20 Abs.4 FSG Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Polizeidirektor von Linz hat mit Bescheid vom 5. Mai 2011, GZ F 11/127927, X (dem Berufungswerber) die Gültigkeit der mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz unter Zahl F 11/127927 für die Klassen A, B, EzB, F, C1, EzC1, C und EzC erteilten Lenkberechtigung durch zeitliche Befristung bis 2. Mai 2016 eingeschränkt und als Auflagen das Tragen einer geeigneten Brille oder geeigneter Kontaktlinsen sowie eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Augenheilkunde wegen Amblyopie rechts, hohem Astigmatismus rechts und grenzwertiger Sehkraft rechtzeitig vor Ablauf der Befristung vorgeschrieben.

 

Die gesetzlichen Grundlagen für diesen Bescheid bilden die Bestimmungen der §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5 und 24 Abs.1 Z2 FSG.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Berufungswerbers – mit Schriftsatz vom 14. Mai 2011 – fristgerecht erhobene Berufung, die ihrem Inhalt nach erkennbar ausschließlich gegen die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung der Klassen A, B, EzB, F, C1 und EzC1 gerichtet ist.  

 

Der Berufungswerber beantragt seiner Berufung stattzugeben und die Befristung der Lenkberechtigung der Klassen A, B, EzB und F ersatzlos aufzuheben und die Lenkberechtigung für die Klassen C1 und EzC1 zeitlich bis 2. Mai 2021 zu befristen.

 

Zur Begründung führt er im Einzelnen an, dass das bei ihm bereits seit vielen Jahren bestehende Augenleiden keinesfalls die angefochtenen Befristungen rechtfertige, zumal mit einer Verschlechterung nicht zu rechnen sei und sich auch seit der letzten Untersuchung keine Verschlechterung ergeben habe.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 19. Mai 2011,     GZ F 11/127927, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz und in die Berufung sowie Einholung von gutachtlichen Stellungnahmen gemäß § 8 FSG der amtsärztlichen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, X.

 

Diese amtsärztlichen Stellungnahmen vom 29. Juni 2011, GZ Ges-310686/3-2011-Wim/Kir und vom 23. August 2011, GZ Ges310686/5-Wim/Du, wurden dem Berufungswerber zuhanden seines Rechtsvertreters – nachweislich - zur Kenntnis gebracht und es hat sich dieser mit Schriftsätzen vom 20. Juli 2011 und 18. September 2011 dazu im Wesentlichen wie in der Berufung geäußert.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln – folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

4.1.1. Der Berufungswerber wurde am 26. April 2011 durch den Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz amtsärztlich untersucht. Anlass für diese Untersuchung war die Verlängerung seiner bis 3. Mai 2011 zeitlich befristeten Lenkberechtigung für die Klassen C und EzC.

 

Der Polizeiarzt beurteilte den Berufungswerber - unter Zugrundelegung eines augenärztlichen Facharztbefundes vom 13. April 2011 – in seinem am 2. Mai 2011 erstellten amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 FSG als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 (Klassen A, B, EzB) und der Führscheingruppe 2 (Klassen C1, EzC1, C und EzC) gesundheitlich bedingt geeignet. Es wurde die Befristung der Lenkberechtigung für beide Führerscheingruppen im Ausmaß der Dauer von fünf Jahren sowie die Erteilung von Auflagen, nämlich die Verwendung einer Brille bzw. Kontaktlinsen sowie die Anordnung einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Augenheilkunde rechtzeitig vor Ablauf der zeitlichen Befristung vorgeschlagen. Der Polizeiarzt begründete diesen Vorschlag mit der beim Berufungswerber bestehenden angeborenen Sehschwäche auf dem rechten Auge in Kombination mit einem hohen Astigmatismus und der dadurch sehr grenzwertige Sehkraft.

 

Auf Grundlage dieses amtärztlichen Gutachtens erließ die Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr teilangefochtenen Bescheid. Die dagegen schriftlich erhobene Berufung vom 14. Mai 2011 ist – ihrem Inhalt nach – ausschließlich auf die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung der Führerscheinklassen A, B, EzB, F, C1 und EzC1 gerichtet. Der Ausspruch über die Befristung der Klassen C und EzC sowie die Auflage des Tragens einer geeigneten Sehbrille bzw. Kontaktlinsen wurden nicht in Berufung gezogen, sodass diese Spruchpunkte – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen sind.

 

4.1.2. Angesichts des Vorbringens in der Berufung wurde – im Rahmen des Berufungsverfahrens - ein neuerliches amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG eingeholt. Die beigezogene amtsärztliche Sachverständige der Abteilung Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung kam in ihren gutachtlichen Stellungnahmen vom 29. Juni 2011, GZ Ges-310686/3-2011-Wim/Kir und vom 23. August 2011, GZ Ges-310686/5/2011-Wim/Du, zu dem Ergebnis, dass der Berufungswerber unter der Auflage der Verwendung einer Brille oder Kontaktlinsen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 und hinsichtlich Gruppe 2 unter der Verwendung von entsprechenden Kontaktlinsen gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen dieser Führerscheingruppe geeignet ist. Sonstige Einschränkungen oder Auflagen sind den amtsärztlichen Stellungnahmen nicht zu entnehmen.

 

Als Grundlage für ihre Beurteilung verwies die Amtsärztin im Besonderen auf eine aktuelle augenfachärztliche Stellungnahme des von ihr hinzugezogenen Augenfacharztes Dr. X vom 29. Juni 2011.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs.1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen (§ 8 Abs.2 erster Satz FSG).

 

Gemäß § 5 Abs.5 erster Satz FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 20 Abs.4 erster Satz FSG darf die Lenkberechtigung für die Klasse C nur für fünf Jahre, ab dem vollendeten 60. Lebensjahr nur mehr für zwei Jahre erteilt werden. Die Lenkberechtigung für die Unterklasse C1 darf nur für zehn Jahre, ab dem vollendeten 60. Lebensjahr nur mehr für fünf Jahre erteilt werden. Für jede Verlängerung ist ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 erforderlich.

 

5.2. Der Berufungswerber leidet am rechten Auge an einer angeborenen Sehschwäche (Amblyopie) in Kombination mit einem hohen Astigmatismus (Hornhautverkrümmung).

 

Nach den nunmehr vorliegenden amtsärztlichen Gutachten der dem Berufungsverfahren beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen vom 29. Juni 2011, GZ Ges-310686/3-2011-Wim/Kir und vom 23. August 2011, GZ Ges-310686/5/2011-Wim/Du und dem aktuellen augenfachärztlichen Attest vom 29. Juni 2011 ist er auf Grund dieses bestehenden Augenleidens zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 nur unter der Auflage des Tragens einer Brille bzw. Kontaktlinsen und hinsichtlich Gruppe 2 nur unter Verwendung von Kontaktlinsen gesundheitlich geeignet Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

Die Notwendigkeit des Tragens eines entsprechenden Sehbehelfes beim Lenken von Kraftfahrzeugen ergibt sich im Wesentlichen auch aus dem erstinstanzlichen Bescheid und dem diesem zu Grunde liegenden polizeiärztlichen Gutachten vom 2. Mai 2011. Diese Auflage ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Der Berufungswerber hat gegen die Vorschreibung der Verpflichtung zur Verwendung einer Brille bzw. Kontaktlinsen keine Einwendungen erhoben, sodass der diesbezügliche Ausspruch im Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz - mangels Anfechtung - in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Verfahrensgegenständlich ist – im Hinblick auf den angefochtenen Umfang – die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, EzB, F, C1 und EzC1 im Ausmaß der Dauer der von fünf Jahren und die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung samt Verpflichtung zur Vorlage eines Augenfacharztbefundes.

 

Anders als der Polizeiarzt haben im Berufungsverfahren weder die amtsärztliche Sachverständige noch der von ihr hinzugezogene Augenfacharzt eine Einschränkung der Lenkberechtigung in Form einer zeitlichen Befristung sowie eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage eines Augenfacharztbefundes für notwendig befunden. Hinsichtlich der Führerscheingruppe 2 wurden die im Gesetz vorgesehen zeitlichen Befristungen als ausreichend erachtet. Diese Feststellungen sind schlüssig und anhand der Aktenlage gut nachvollziehbar, da sich aus den Untersuchungsergebnissen der Grunde liegenden ärztlichen Befunde und Gutachten keine Anhaltspunkte darauf ergeben, dass beim Berufungswerber eine fortschreitende Erkrankung vorliegen würde.

 

Nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur (z. B. VwGH 15. September 2009, 2009/11/0084; 25. April 2006, 2006/11/0042) ist eine Befristung der Lenkberechtigung und eine Nachuntersuchung im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG nur dann zulässig, wenn eine "Krankheit" vorliegt bzw. festgestellt wurde, welche sich auf die Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirkt und bei der ihrer Natur nach mit einer Verschlechterung gerechnet werden muss. Solche konkrete Fakten können selbst dem erstinstanzlichen Gutachten des Polizeiarztes vom 2. Mai 2011 samt augenfachärztlichem Befund vom 13. April 2011 nicht abgeleitet werden.

 

Ausgehend von den aktuellen amtsärztlichen und fachärztlichen Ausführungen kann sohin zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat, der die Änderungen der Sach- und Beweislage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat, abgesehen von der Verpflichtung zur Verwendung eines entsprechenden Sehbehelfes beim Lenken, grundsätzlich von der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers im Hinblick auf die Führerscheingruppe 1 (Klassen A, B, EzB und F) und die Klasse C1 und EzC1 ausgegangen werden.

 

In diesem Sinne ist daher die durch die Bundespolizeidirektion Linz verfügte zeitliche Befristung der Führerscheinklassen A, B, EzB und F und die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Augenheilkunde aufzuheben und dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, EzB und F unbefristet zu erteilen. Die Lenkberechtigung der Klassen C1 und EzC1 ist kraft gesetzlicher Anordnung in § 20 Abs.4 FSG zwingend im Ausmaß der Dauer von zehn Jahren zu erteilen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

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