Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130740/2/WEI/Ba

Linz, 04.11.2011

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des B J W, geb. , F,  R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 4. November 2010, Zl. FD-STV-407781-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Parkgebührengesetz (LGBl Nr. 28/1988 idF LGBl Nr. 84/2009) zu Recht erkannt:

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.     Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt für schuldig befunden:

 

"Sie haben als auskunftspflichtige Person, auf das schriftliche Verlangen des Magistrates der Stadt Wels nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt, welcher Person Sie das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen x, Marke BMW, am 06.03.2010 bis mindestens 11:27 Uhr zur Verwendung überlassen haben."

 

Die belangte Behörde erachtete dadurch "§ 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz idgF in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001" als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte "gemäß § 6 Abs. 1 lit. b Oö. Parkgebührengesetz i.V.m. § 9 Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001 – idgF"  über den Bw eine Geld­strafe in Höhe von 43 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von 4,30 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das am 18. November 2010 abgefertigt wurde, richtet sich die per E-Mail vom 20. November 2010 offenbar rechtzeitig eingebrachte Berufung, welche inhaltlich wie folgt lautet:

 

"Gegen das oben bezeichnete Straferkenntnis erhebe ich Berufung. Es wurde mir nie eine entsprechende Lenkeranfrage zugestellt. Die Formulierung der mir angeblich zugestellten Lenkeranfrage entspricht nicht dem Gesetz. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das KFZ nicht zum in der Lenkeranfrage genannten Zeitpunkt am angeführten Ort abgestellt wurde, sondern logischerweise vorher, bzw. nicht zum angeführten Zeitpunkt sondern vorher jemandem anderen zur Verwendung überlassen worden ist. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht nicht der Formulierung der Lenkeranfrage. Die Strafe ist überhöht und entspricht nicht meinen Einkommensverhältnissen. Ich beantrage die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Behebung des Straferkenntnisses, die Herabsetzungsetzung der Strafen, die Einstellung des Verfahrens. B W"

 

1.3. Mit Schreiben vom 22. November 2010 hat die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ihren Verwaltungsstrafakt und die Berufung kommentarlos zur Entscheidung vorgelegt.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich dabei im Wesentlichen der folgende Gang des Verfahrens und S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke BMW mit dem polizeilichen Kennzeichen x war am 6. März 2010 bis 11:27 Uhr in W, R, innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt. Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kfz war zum Tatzeitpunkt der Bw.

 

Da die Organstrafverfügung nicht bezahlt worden war, hatte die belangte Behörde den Bw als Zulassungsbesitzer mit Schreiben vom 25. Mai 2010 gemäß § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz aufgefordert, binnen 2 Wochen bekannt zu geben, wer das Fahrzeug zum angegebenen Zeitpunkt (Tatzeitpunkt) abgestellt hat oder ein Person zu benennen, in deren Verwendung das Kfz stand oder die darüber Auskünfte erteilen kann.

 

Das Schreiben wurde an die damalige Adresse des Bw in W, R, gesendet und nach vergeblichem Zustellversuch beim Postamt x am 26. Mai 2010 hinterlegt. Wegen Nichtbehebung bis 14. Juni 2010 erfolgte die Rücksendung an die belangte Behörde.

 

Nach der aktenkundigen Auskunft aus dem zentralen Melderegister war der Bw in der Zeit vom 7. August 2009 bis 1. Juli 2010 in W, R mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

2.2. Die belangte Behörde hat daraufhin die Strafverfügung vom 24. Juni 2010 erlassen, mit der die unbeantwortet gebliebene Lenkererhebung vom 25. Mai 2010 angelastet wird. Gegen die Strafverfügung erhob der Bw per E-Mail vom 9. Juli 2010 rechtzeitig Einspruch, den er nicht begründete.

 

Mit Schreiben vom 13. September 2010 ersuchte die belangte Behörde um Bekanntgabe der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse und teilte für den Fall der Nichtbekanntgabe die Annahme eines monatlichen Nettoeinkommens von 1.500 Euro bei fehlenden Sorgepflichten und Vermögenslosigkeit mit.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. September 2010 legte die belangte Behörde dem Bw folgende Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz zur Last:

 

"Sie haben als auskunftspflichtige Person auf das schriftliche Verlangen des Magistrates der Stadt Wels nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt, welcher Person Sie das Kraftfahrzeug mit dem behördl. Kennzueichen x, Marke BMW, am 06.03.2010 im Zeitraum 11:26/11:27 Uhr zur Verwendung überlassen haben."

 

Mit der per E-Mail vom 22. September 2010 erstatteten Eingabe äußerte sich der Bw wie folgt:

 

"Ich habe deshalb keine Auskunft erteilt, weil ich der Rechtsansicht bin, dass in Angelegenheit des Oö. Parkgebührengesetzes nur so lange eine sanktionsbewehrte Lenkerauskunft vom Zulassungsbesitzer gefordert werden darf, als dieser nicht Beschuldigter ist (vgl. Oö. Verwaltungssenat 25.2.2008, VwSen-130583)."

 

2.3. Die belangte Behörde hat daraufhin gegen den Bw das Straferkenntnis vom 4. November 2010 erlassen, mit dem sie im Wesentlichen den Tatvorwurf wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung anlastete.

 

Begründend ging sie davon aus, dass der Bw der rechtswirksam zugestellten Lenkererhebung vom 25. Mai 2010 nicht Folge leistete, weil die zweiwöchige Frist für die Lenkerbekanntgabe am 9. Juni 2010 ungenützt verstrichen war. Zur Rechtsansicht, dass eine sanktionsbewehrte Lenkerauskunft vom Zulassungsbesitzer als Beschuldigtem nicht mehr gefordert werden dürfe, wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Lenkererhebung im Administrativverfahren (Stadium einer Anonymverfügung) erfolgt sei.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verfahrensakt und die Berufung festgestellt, dass der Sachverhalt unstrittig erscheint und im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu lösen sind.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 Abs 1 lit b Oö. Parkgebührengesetz  begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen,

 

wer den Geboten des § 2 Abs 2 oder den Geboten oder Verboten der auf Grund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

 

Bis zum 31. August 2009 lautete § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz noch wie folgt:

 

                "(2) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einer dritten Person die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlassen hat, ist verpflichtet, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, sofern dieses Fahrzeug ohne Entrichtung der erforderlichen Parkgebühr gebührenpflichtig abgestellt war. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen und muß den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."

 

Mit der am 31. August 2009 kundgemachten Oö. Parkgebührengesetz-Novelle 2009 (LGBl Nr. 84/2009) wurde diese Vorschrift geändert. Das Inkrafttreten erfolgte mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Landesgesetzblatt (vgl Art II dieser Novelle). Danach wurde der § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz mit Wirksamkeit vom 1. September 2009 wie folgt novelliert:

 

"§ 2 Abs. 2 lautet:

 

                "(2) Die Abgabenbehörde und jene Behörde, die zur Ahndung einer Verwaltungsübertretung nach § 6 zuständig ist, können Auskünfte verlangen, wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt und in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone oder auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer, wenn dieser geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, sein gesetzlicher Vertreter, oder jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeugs überlässt, zu erteilen. Können diese Personen die Auskunft nicht erteilen, haben sie die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung innerhalb von zwei Wochen nach deren Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind Aufzeichnungen zu führen."

 

Das Motiv für die Neufassung war die Beseitigung der in der Rechtsprechung festgestellten Unbestimmtheit. Der Landesgesetzgeber (vgl AB Oö. Parkgebührengesetz-Novelle 2009, Beilage 1885/2009 Oö. LT, 26. GP, Punkt A.I.) begründete den Anlass der Änderung des § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz wie folgt:

 

"In einem Erkenntnis (VwSen-130527/2/Gf/Mu/Ga vom 21. Mai 2007) hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein Straferkenntnis aufgehoben, in welchem ein Beschuldigter wegen Verweigerung der Auskunftspflicht nach dem Oö. Parkgebührengesetz (Übertretung des § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des Oö. Parkgebührengesetzes) bestraft wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, dass weder der Inhalt noch der Gegenstand des Auskunftsbegehrens bzw. der Auskunftsverpflichtung im § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz genügend determiniert sei. So werde auch den Anforderungen des Art 7 Abs. 1 EMRK nicht Genüge getan, wonach eine Straftat im Gesetz klar umrissen sein müsse. Diesem Anspruch werde § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz nicht gerecht, da eben zweifelhaft sei, was den eigentlichen Inhalt bzw. Gegenstand des Auskunftsverlangens bilde, insbesondere, ob dieses sowohl das Abstellen als auch das Lenken umfasse und ob eine derartige Pflicht den Zulassungsbesitzer und den Überlasser in gleicher Intensität treffe etc.

 

4.2. Die belangte Behörde hatte im Zeitpunkt des Auskunftsersuchens vom 25. Mai 2010 bereits die Neufassung des § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz idF LGBl Nr. 84/2009 anzuwenden. Danach hätte sie vom Bw als Zulassungsbesitzer die Auskunft verlangen können, "wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt und in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone oder auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz abgestellt hat."

 

Tatsächlich hat die belangte Behörde aber nicht genau diese gesetzliche Formulierung gewählt und überdies unzutreffend auf den Tatzeitpunkt selbst (arg. "zum angegebenen Zeitpunkt") und damit auf den Zeitpunkt des vom Parkaufsichtsorgan festgestellten Zustandes und nicht auf einen Vorgang davor abgestellt. Das Kraftfahrzeug wurde nämlich sachlogisch vor dem Tatzeitpunkt gelenkt und abgestellt, worauf die Berufung mit Recht hinweist. Es lag demnach keine der gesetzlichen Ermächtigung entsprechende Lenkeranfrage vor. Schon aus diesem Grund konnte die Nichtbeantwortung dieses verfehlten Auskunftsverlangens nicht strafbar sein.

 

4.3. Die Aufforderung zur Rechtfertigung und das Straferkenntnis formulieren eine abweichende Anlastung, die offenbar in Anlehnung an die seit 1. September 2009 nicht mehr anzuwendende Altfassung des § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz, gewählt wurde, wenn davon die Rede ist, welcher Person das Kraftfahrzeug im Tatzeitpunkt zur Verwendung überlassen war.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht demnach nicht der geltenden Rechtslage und ist daher auch nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entsprechend bestimmt und konkretisiert. Die gewählte Fragestellung, Auskunft darüber zu erteilen, wem die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen wurde, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ident mit jener, wer ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt oder geparkt hat, muss doch nicht zwingend jene Person, der ein Fahrzeug überlassen wurde, dieses auch tatsächlich gelenkt bzw geparkt haben (vgl VwGH 12.10.2005, Zlen. 2005/17/0226, 0227; VwGH 12.8.1997, Zl. 96/17/0355).

 

Da der im Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf schon der geltenden Fassung des § 2 Abs 2 Oö. Parkgebührengesetz widerspricht, konnte der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen haben. Das Straferkenntnis war schon aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben. Auch die Lenkeranfrage der belangten Behörde vom 25. Mai 2010 entsprach nicht dem Gesetz und konnte deshalb keine sanktionsbewehrte Auskunftspflicht auslösen.

 

5. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte und eine gesetzwidrige Auskunft verlangte, war im Ergebnis der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer Verwaltungsübertretung einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

D r. W e i ß

 

 

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