Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522879/13/Sch/Eg

Linz, 03.11.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn B. T. L., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27. Mai 2011, Zl. 11183364, betreffend die Befristung der Lenkberechtigung und Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Der Antrag auf Rückerstattung einer Gebühr in der Höhe von 45,60 Euro wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a und 74 Abs. 1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Bescheid vom 27. Mai 2011, Zl. 11183364, die Herrn B. T. L., geb. x, von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach unter Zl. 1183364 am 27.5.2011 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung mit der zeitlichen Befristung bis 1.3.2012 eingeschränkt unter der Auflage, einen Drogenharnbefund auf THC – erstellt von einem Facharzt für Labordiagnostik - alle drei Monate – also zum 1.6.2011, 1.9.2011, 1.12.2011 - sowie zur amtsärztlichen Nachbegutachtung laut Befristungsdatum zu erbringen.  Als Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde die §§ 5 Abs. 5, 8 Abs. 3 und 24 Abs. 1 Z. 2 FSG an.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich aufgrund des abgegebenen Verhandlungsverzichtes seitens des Berufungswerbers als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der von der Erstbehörde vorgelegte Verfahrensakt enthält eine Polizeianzeige, welche folgenden Vorgang zum Inhalt hat:

 

Am 16. Oktober 2010 gegen 01.40 Uhr wurde der Berufungswerber in Bereiche des Linzer Pfarrplatzes von Polizeibeamten beanstandet, weil er ein Fahrzeug vorschriftswidrig abgestellt hatte.

 

Bei der Amtshandlung ergaben sich Verdachtsmomente hinsichtlich Suchtgiftmissbrauchs. Eine Nachschau im Fahrzeug erbrachte den Fund eines Klemmsäckchens mit 1,5 Gramm Marihuana. Bei der Befragung des Berufungswerbers und anderer Personen kam hervor, dass eine dieser Personen gemeinsam mit dem Berufungswerber unmittelbar vor der Beanstandung einen sogenannten "Joint" geraucht habe. Das Marihuana sei vom Berufungswerber gekommen. Der Berufungswerber gestand vor Ort ein, Besitzer des im Fahrzeug aufgefundenen Marihuanas zu sein und dieses am 14. Oktober 2010 um 40 Euro von einem "Schwarzen" im Schillerpark gekauft zu haben. Vor geraumer Zeit habe er schon einmal einen solchen Kauf getätigt. Er rauche seit ca. zwei Monaten Marihuana und habe zuletzt am 15. Oktober 2010 zu Hause einen Joint geraucht.

 

In der Folge wurde auf Wunsch des Berufungswerbers dessen Mutter herbeigerufen. Während der Wartezeit bestätigte der Berufungswerber die oben erwähnten Angaben. Bei der späteren niederschriftlichen Einvernahme im Beisein seiner Mutter wollte er dann jedoch nichts mehr von den vorangegangenen Aussagen wissen. Auch bei seiner Befragung mit Aufnahme einer Niederschrift am 5. November 2011 bestritt er seine ursprünglichen Angaben.

 

Laut Aktenlage hat der Berufungswerber am 21. Dezember 2010 einen Termin zur amtsärztlichen Untersuchung, an welchem Tag auch eine Harnkontrolle durchgeführt wurde. Diese ergab keinen Nachweis von Drogenmetaboliten.

 

Über bescheidmäßige Aufforderung hat der Berufungswerber in der Folge eine psychiatrische Stellungnahme Dris. C. Z. beigebracht, wo es in der Zusammenfassung heißt, es erhebe sich der dringende Verdacht, dass die Angaben des Herrn L. nicht stimmten. Dies umso mehr, als sich der Anschein erhebt, dass Herr L. erst nach konkreter Befragung Antworten konstruiert, die zum Teil unglaubwürdig (kennt nicht einmal den Geburtstag seines Freundes, obwohl er ihn feiert) und zum Teil auch absurd seien (z.B. die leeren Flaschen ins Auto zu bringen).

 

Andererseits könnten seine Angaben aber nicht von vornherein als unwahr abgetan werden.

 

Die Fachärztin bezeichnet eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen als unwahrscheinlich, empfohlen wurden aktuelle Harnuntersuchungen auf Drogenmetabolite (Cannabinoide) und eine verkehrspsychologische Untersuchung. Bei Auffälligkeiten wäre die Lenkberechtigung auf ein Jahr zu befristen, die mit nicht angemeldeten Harnuntersuchungen auf die erwähnten Stoffe zu verbinden sei.

 

4. Das hierauf erstellte amtsärztliche Gutachten hält eine Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr für geboten und wurde amtsärztlicherseits, nach Nachfrage durch die Berufungsbehörde klargestellt, dass auch eine amtsärztliche Nachuntersuchung zum Ende der Befristung erforderlich sei. Als erforderliche Auflagen wurden Kontrolluntersuchungen in Form von Drogenharnbefunde auf THC alle drei Monate angeführt. Begründend wird amtsärztlicherseits im Gutachten vom 1. März 2011 diesbezüglich ausgeführt:

 

"Suchtgiftbelastete Vorgeschichte mit Haschischmissbrauch 2009 (Erwerb von 2x2 Gramm Cannabis von einem Straßenhändler). Nunmehr neuerliche Anzeige wegen Haschischkonsum, der aber von ihm im Gegensatz zu den Angaben bei der Ersteinvernahme in Abrede gestellt wird. Die psychiatrische Begutachtung ergibt den dringenden Verdacht, dass die Zweitangaben nicht stimmen und er unglaubwürdige Antworten konstruiert. Aufgrund der Vorgeschichte werden von der Fachärztin eine Befristung der Lenkerberechtigung und laufende Drogenharnkontrollen empfohlen."

 

Die Erstbehörde hat das amtsärztliche Gutachten vollinhaltlich in den angefochtenen Bescheid übernommen und dafür in der Begründung unter Hinweis auf die Bestimmung des § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG auf die gegenständlich für erforderlich erachtete Einschränkung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung verwiesen.

 

5. Während des anhängigen Berufungsverfahrens wurde der Oö. Verwaltungssenat von der Erstbehörde über folgenden Vorgang informiert:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Rohrbach vom 28. September 2011 sei der Berufungswerber verdächtig, Anfang August 2011 in Linz ein Gramm Marihuana zum Preis von 10 Euro gekauft zu haben. Er habe dieses in der Folge auf dem Balkon seines Elternhauses in Form eines Joints konsumiert. Laut entsprechender mit dem Berufungswerber aufgenommener Niederschrift gab dieser den erwähnten Konsum von Marihuana ausdrücklich  zu.

 

Der Grund für die polizeiliche Amtshandlung war ein bemerkenswerter:

 

Der Berufungswerber hatte am 15. September 2011 einen Termin beim amtsärztlichen Dienst der Erstbehörde. Er sollte eine Harnprobe abgeben. Aufgrund des erwähnten Konsums von Marihuana im August 2011 hatte der Berufungswerber laut eigenen Angaben Bedenken, dass der Harntest ein positives Ergebnis erbringen könnte. Deshalb hatte er sich vorher im Internet eine Penisattrappe besorgt und zudem in Linz im "Phantasieshop" einen Kunststoffbeutel mit Urin erworben. Mit diesen Utensilien suchte er den Amtsarzt der Erstbehörde auf. Die Gegenstände wurden allerdings bei der Untersuchung entdeckt.

 

Die erwähnte Polizeianzeige ist dem Berufungswerber zur Abgabe einer Stellungnahme zugeleitet worden, eine solche ist aber nicht erfolgt.

 

6. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 19.9.1978, 2082/75) schließt die im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG verankerte grundsätzliche Verpflichtung der Rechtsmittelbehörde zur Entscheidung in der Sache selbst mit ein, auch Änderungen der Sach- und Beweislage, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten oder hervorgekommen sind, in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen.

 

In diesem Sinne war von folgender Sachlage auszugehen:

 

Der Berufungswerber ist am 16. Oktober 2010 mit seinem Fahrzeug betreten worden, in welchem sich ein Klemmsäckchen mit 1,5 Gramm Marihuana befunden hat. Bei der ersten Befragung hat er eingestanden, dass das Suchtmittel ihm gehöre und er zudem am Vortag einen Joint geraucht habe. Später wurde dieses Eingeständnis wieder in Abrede gestellt, allerdings findet sich zu diesem Verhalten die schlüssige Aussage der Fachärztin für Psychiatrie, dass der Berufungswerber dazu neigt, konstruierte Angaben zu machen. Es ist also durchaus lebensnah, wenn man annimmt, dass seine ursprünglichen Angaben vor Ort den Tatsachen entsprochen haben, später er sich aber auf das bloße Leugnen und Bestreiten zurückgezogen hat, obwohl  auch einer der damals anwesenden Bekannten des Berufungswerbers angab, den Suchtmittelkonsum gemeinsam mit ihm durchgeführt zu haben. Gegenüber der Fachärztin hat der Berufungsweber laut entsprechender Stellungnahme angegeben, vor diesem Vorfall erst ein einziges Mal Cannabis geraucht zu haben, dies sei an seinem 16. Geburtstag gewesen. Drogen seinen in seinem Leben kein Thema.

 

In der Niederschrift mit dem Berufungswerber vom 15. September 2011 im Hinblick auf den Vorfall beim Amtsarzt der Erstbehörde gab demgegenüber der Berufungswerber an, er konsumiere seit seinem 16. Geburtstag Cannabis in Form von Joints. Erstmals sei er im Oktober 2010 in Linz von der Polizei erwischt worden.

 

Auch hier fällt auf, dass der Berufungswerber massiv dazu neigt, völlig diametrale Angaben zu machen. Es besteht doch ein gravierender Unterschied darin, wenn man einmal aus Anlass des 16. Geburtstages Cannabis konsumiert oder eben seit diesem Zeitpunkt.

 

Besonders hervor zu heben ist aber auch noch der Umstand, dass der Berufungswerber in der Folge, nämlich im August 2011, wiederum Marihuana eingekauft und konsumiert hat. Dieser Umstand sollte bei der amtsärztlichen Untersuchung nicht ans Licht kommen, weshalb er auf die Idee verfiel, das amtsärztliche Personal durch Verwendung einer Penisattrappe und Ablieferung eines mitgebrachten Harns zu täuschen. Das Risiko, dabei entdeckt zu werden, muss wohl als sehr hoch angesehen werden. Dennoch hat es der Berufungswerber auf sich genommen, offenkundig von dem Gedanken getragen, dass der eigene Harn positive Ergebnisse zeitigen könnte. Auch dieser Vorgang weist darauf hin, dass man sich auf die Angaben des Berufungswerbers im Hinblick auf seinen Cannabiskonsum keinesfalls verlassen kann, sie sind vielmehr höchst überprüfungsbedürftig. Naturgemäß kann von niemandem erwartet werden, dass er von sich aus bereitwillig seine Suchtmittelkonsumgewohnheiten preisgibt, allerdings kann es bei einer entsprechenden Verdachtslage der Behörde nicht verwehrt sein, solche Personen durch die Vorschreibung von Kontrolluntersuchungen diesbezüglich zu beobachten. Der Berufungswerber hat sich der ihm bescheidmäßig vorgeschriebenen fachärztlichen Untersuchung unterzogen, die eine derzeitige Abhängigkeit auf Cannabis als unwahrscheinlich erbracht hat. Aufgrund der Bedenken der Fachärztin im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers wurden Harnuntersuchungen und die Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr empfohlen.

 

Diese Aussage der Fachärztin ist retrospektiv betrachtet durch den Vorgang beim amtsärztlichen Dienst in Form des Täuschungsversuches des Berufungswerbers noch massiv erhärtet worden. Der Berufungswerber hat sohin also nicht einmal zu sich selbst das Zutrauen, dass ein von ihm gelieferter Harn unbedenkliche Ergebnisse zeitigen würde, von der Führerscheinbehörde wird aber sehr wohl seinerseits erwartet, dass sie dies tut. Nach Ansicht der Berufungsbehörde kann daher kein Zweifel bestehen, dass die bescheidmäßig vorgeschriebenen Kontrolluntersuchungen ihre Berechtigung haben. Dies auch, wenngleich es vom Berufungswerber wohl nicht so gesehen wird, in seinem eigenen Interesse. Der "Kontrolldruck" kann dazu beitragen, dass der Berufungswerber auch in Zukunft nicht als Drogenlenker in Erscheinung tritt.

 

7. Der Befristung der Lenkberechtigung und die amtsärztliche Nachuntersuchung sind zwingende Folgen der Auflage von Kontrolluntersuchungen (vgl. § 2 Abs. 1 2. Satz Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung idF BGBl. II Nr. 280/2011).

 

8. Zum beanspruchten Kostenersatz im Hinblick auf die vom Berufungswerber "geleistete Gebühr für Führerscheinänderung von 45,60 Euro" ist zu bemerken, dass gemäß § 74 Abs. 1 AVG jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat.

 

Eine hievon abweichende besondere Bestimmung ist dem Führerscheingesetz bzw. den einschlägigen Verordnungen hiezu nicht zu entnehmen, weshalb der entsprechende Antrag unter Hinweis auf die obzitierte Bestimmung abzuweisen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

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