Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522981/2/Kof/Gr

Linz, 27.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwälte X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19.09.2011, VerkR21-661-2011 betreffend Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen
zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass

Herr X aufgefordert wird, sich innerhalb von zwei Monaten – gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides – hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen und

die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs.4 FSG, BGBl. I. Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in Präambel zitierten Bescheid den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 iVm § 8 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die umfangreich begründete Begründung vom 04.10.2011 erhoben und folgendes ausgeführt:

 

 

1. Der angefochtene Bescheid beruht auf tatsachenwidrige Annahmen, insbesondere insoweit, als
im festgestellten Sachverhalt von der Behörde I. Instanz davon ausgegangen wird, dass der Berufungswerber einer Übermittlung der Verletzungsanzeige des Krankenhauses an die Polizei X nicht zugestimmt habe und weiters aufgrund der Feststellungen am Unfallsort sowie der Aussagen der Unfallszeugen davon ausgegangen wurde, dass der Berufungswerber einen epileptischen Anfall erlitten habe.

 

Der Berufungswerber wurde von der den Unfall erhebenden zuständigen Polizeiinspektion X zu einer Zeit, als es ihm verletzungsbedingt aufgrund der erlittenen Verletzungen gesundheitlich nicht gut ging, wegen einer protokollarischen Aufnahme einer Aussage angesprochen, in welchem Zusammenhang der Berufungswerber darauf hinwies, dass er aufgrund der sturzbedingten Verletzungen zum Unfallshergang ohnehin keine Angaben machen könne, weil er sich an den Unfallshergang nicht mehr erinnern könne.

 

Die Übermittlung von ärztlichen Unterlagen wurde von ihm jedoch nicht abgelehnt.

 

Die oben zuerst zitierte Feststellung ist daher unrichtig.

 

 

 

Was die Aussagen der Zeugen A. und B. betrifft, so haben diese Zeugen bezüglich der Sturzursachen keine Angaben machen können. Keiner der Zeugen hat wahrgenommen, dass der Berufungswerber etwa bereits vor dem Sturzgeschehen einen Krampfanfall erlitten hat. Beide Zeugen schildern lediglich Wahrnehmungen nach dem bereits erfolgten Sturzgeschehen dahingehend, dass der Berufungswerber am Boden liegend „eine Art Krampfanfall" bekommen habe und dabei auch teilweise das Bewusstsein verloren habe.

 

 

 

Diese - im übrigen völlig laienhafte Beurteilung - lässt keinen Rückschluss darauf zu,

 

dass der Berufungswerber etwa aufgrund eines epileptischen Anfalles zu Sturz gekommen wäre

 

 

 

Diese Bewusstseinsverluste - die offenbar als eine Art Krampfanfalle in laienhafter Betrachtungsweise von den genannten Zeugen beurteilt wurden, lassen sich aber zweifelsfrei und eindeutig als (Schädel-Him-Trauma-) verletzungsbedingte Bewusstseinsverluste und als -schmerzbedingte Verkrampfungen - erklären, bei denen es häufig - zumindest laienhaft betrachtet - zu Verkrampfungen kommen kann, die mit epileptischen Krampfanfällen überhaupt nichts gemein haben.

 


 

 

Dazu kommt, dass auch aus dem polizeilichen Unfallerhebungsbericht eindeutig hervorgeht, dass der Beschuldigte beim Eintreffen der Polizei ansprechbar war und gegenüber der erhebenden Polizeibeamtin sofort seinen vollständigen Namen, seine Adresse und die Telefonnummer seiner Frau nennen konnte, was eindeutig gegen die Annahme eines etwa epileptischen Krampfanfalles spricht.

 

Im Rahmen eines epileptischen Krampfanfalles könnten solche detaillierten Angaben nie gemacht werden.

 

 

 

Es wäre daher im Rahmen der bezughabenden Feststellungen von der Behörde davon auszugehen und entsprechend festzustellen gewesen, dass der Berufungswerber sehr wohl ansprechbar war und detaillierte Angaben betreffend seinen Namen, Adresse und betreffend die Telefonnummer seiner Frau machen konnte, damit diese vom Unfall verständigt werden konnte.

 

 

 

Weiters hätte davon ausgegangen und entsprechend festgestellt werden müssen, dass es sich
bei den laienhaft von den Zeugen als „Krampfanfall" beschriebenen Bewusstseinv
erlustes nicht um epilepsiebedingte Krampfzustände gehandelt hat, sondern diese auf das verletzungsbedingt erlittene
Schäden-Hirn-Trauma bzw. auf die erlittenen Kopfverletzungen zurückzuführen waren.

 

 

 

Die diesbezüglichen laienhaften Beurteilungen der genannten Zeugen können daher keines-
falls als Grundlage für begründete Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen gem. § 24 FSG herangezogen werden.

 

 

 

Diesbezüglich liegen keine konkreten sowie objektiven Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Berufungswerbers vor, sodass die Voraussetzungen für die bescheidmäßige Aufforderung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und zur Beibringung von Befunden zur Erstartung des amtsärztlichen Gutachtens nicht vorliegen.

 

 

 

3.            In diesem Zusammenhang wird auch auf die beiliegende Zusammenfassung der
EEG-Untersuchung des Berufungswerbers nach „Schlafentzug" am 15.7.2011 verwiesen.

 

3.1.             Es wurde festgestellt, dass das EEG mit einem regelrechten Alpha-Grundrhythmus im Rahmen der Norm liegt. Vielmehr zeigten sich im EEG keine sicheren Zeichen abnormer Veränderungen.

 

3.2.             Auch im EEG nach Schlafentzug waren Zeichen einer zerebralen Anfallsbereitschaft bzw.
epilepsietypische Potentiale
nicht feststellbar.

 

3.3.             Unter Zugrundelegung dieser ärztlichen Untersuchung ist daher eindeutig davon auszugehen -
und werden im Rahmen dieser Berufung daher entsprechende Feststellungen zu treffen beantragt - dass Zeichen einer zerebralen Anfallsbereitschaft bzw. epilepsietypische Potentiale nicht feststellbar sind.

 

3.4.             Dies ergibt die im Verhältnis zum Unfallszeitpunkt 17.6.2011 zeitnahe Untersuchung
im Rahmen eines EEG nach Schlafentzug. Im Rahmen einer solchen Untersuchung könnten
epilepsietypische Potentiale oder eine zerebrale Anfallsbereitschaft festgestellt werden, was
gegenständlich aber eindeutig
nicht der Fall war.

 

3.5.             Somit ist eindeutig bewiesen, dass die Annahme im angefochtenen Bescheid der BH Linz-Land, dass der Berufungswerber einen epileptischen Anfall erlitten habe, eindeutig widerlegt.

 

3.6.             Auch die zuvor beschriebene Ansprechbarkeit des Berufungswerbers und seine konkreten
Angaben betreffend Namen, Adresse und Telefonnummer seiner Frau sprechen eindeutig
gegen die Annahme eines epileptischen Anfalles.

 

3.7.             Wie bereits oben aufgezeigt, reicht eine diesbezügliche laienhafte Interpretation der Reaktionen des Berufungswerbers nach dem Sturzgeschehen wohl nicht für eine solche Annahme aus.
Vielmehr sind die teilweisen Bewusstseinsstörungen und schmerzbedingten Verkrampfungen
auf das vom Berufungswerber sturzgeschehensbedingte Schädel-Hirn-Trauma und auf die dabei erlittenen Kopfverletzungen zurückzuführen gewesen.

 

 

 

4.            Letztlich muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Sturz auf einer bergab führenden
Hauszufahrt stattgefunden hat, in welchem Zusammenhang der Berufungswerber zu Sturz gekommen ist.

Daraus kann wohl nicht abgeleitet werden, dass der Sturz durch einen epilepsie-bedingten Krampfanfall zurückzuführen gewesen wäre.

5. Es liegen daher keine begründeten Bedenken und schon gar keine konkreten Tatsachen vor,
die die Annahme einer beim Berufungswerber vorliegenden Erkrankung rechtfertigen würde, bei denen es etwa zu unvorhergesehenen Bewusstseinsstörungen oder Bewusstseinstrübungen
im Sinne des § 5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung kommen könnte.

Auch für sonstige Erkrankungen des Berufungswerbers liegen keine Anhaltspunkte vor.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

 

Der Bw lenkte am 17. Juni 2011 um ca. 20:00 Uhr ein Fahrrad (Mountainbike) auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, u.a. in der Gemeinde W.

In der F.straße kam er dabei zu Sturz.

Herr RGA. hat diesen Sturz, nicht jedoch die Ursache des Sturzes gesehen und fuhr mit seinem Fahrrad zur Unfallstelle um dem Bw zu helfen.

Gemäß den Aussagen des Herrn RGA. habe der Bw durch den Aufprall seinen Radhelm und seine Brille verloren und er blutete überall am Kopf.

Plötzlich habe er eine Art "Krampfanfall" bekommen.

Er sei immer kurz bei Bewusstsein gewesen und anschließend wieder leblos.

Dies habe ständig gewechselt.

Herr WJB. – dieser wohnt unmittelbar neben der Unfallstelle – gab sinngemäß an, er sei mit seiner Familie im Garten gesessen und habe plötzlich einen lauten Knall von der Straße her gehört.

Ein Rennradfahrer (= der Bw; Anmerkung des UVS) sei mitten in seiner Hauseinfahrt am Boden gelegen.

Offensichtlich sei dieser aus unbekannten Gründen gestürzt.

Der Mann habe bei dem Sturz seinen Radhelm verloren und habe überall am Kopf geblutet. Er habe die Augen offen gehabt und geatmet.

Plötzlich habe er die Augen verdreht und sei ohne Bewusstsein gewesen.

Zuvor habe er starke Krämpfe gehabt.

Anschließend hat Herr WJB. via Handy den Rettungsnotruf gewählt und
die Sachlage mitgeteilt.  Kurz darauf sei der Bw wieder zu Bewusstsein gekommen.

 

§ 24 Abs.4 FSG lautet auszugsweise:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung
noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß
§ 8 leg.cit einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen

 

Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung – im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides – bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann.

Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in der Richtung bestehen, welche die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

Derartige Bedenken sind im Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen.

Die Berufungsbehörde hat eine eigene (neuerliche) Frist festzusetzen und darf sich nicht damit begnügen, die im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzte Frist
zu bestätigen;    ständige Rechtsprechung des VwGH

zuletzt Erkenntnis vom 28.06.2011, 2009/11/0095 mit Vorjudikatur.

 

Den Aussagen der beiden Unfallzeugen kann naturgemäß nicht mit Sicherheit entnommen werden, ob/dass

·         der Bw tatsächlich einen epileptischen Anfall hatte und dies die Ursache des Verkehrsunfalles (Sturz mit dem Fahrrad) war oder

·         die "Krämpfe" bzw. "Krampfanfälle" nur die Folgewirkung des Unfalles waren.

 

Aufgrund der Aussagen der beiden Unfallzeugen kann – entgegen dem Vorbringen des Bw in der Berufung – ein epileptischer Anfall allerdings auch
nicht ausgeschlossen werden.

Ein "epileptisches Anfallsleiden" kann Maßnahmen betreffend die Lenkberechtigung nach sich ziehen;  vgl. VwGH - Beschluss vom 21.10.2004, 2004/11/0193 und

das Erkenntnis vom 28.11.1996, 96/11/0225

 

Tatsache ist jedenfalls – dies bestätigt der Bw auch in der Berufung – dass der Bw bei diesem Verkehrsunfall/Sturz mit dem Fahrrad ein "Schädel-Hirn-Trauma" erlitten hat.  Allein dadurch bestehen Bedenken iSd § 24 Abs.4 FSG, ob beim Bw die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrtzeugen noch gegeben ist.

 

Das vom Bw vorgelegte "EEG nach Schlafentzug 15.07.2011" steht in keinem Zusammenhang mit der Lenkberechtigung des Bw und vermag dadurch die Bedenken iSd § 24 Abs.4 FSG nicht zu zerstreuen.

 

Es war daher

·   die Berufung als unbegründet abzuweisen,

·   der erstinstanzliche Bescheid mit der im Spruch angeführten Maßgabe zu bestätigen und

·   spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung  eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 18,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 16. Oktober 2012, Zl.: 2011/11/0218-8

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum