Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165852/13/Bi/Kr

Linz, 15.11.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X, vom 9. März 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Schärding vom 14. Februar 2011, VerkR96-33-2010, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 8. November 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.a,
4 Abs.7a und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 365 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das nach außen berufne Organ iSd § 9 Abs.1 VStG der X, welche Zulassungsbesitzerin des Kraft­wagen­zuges , Zugfahrzeug X und Anhänger X, sei, nicht dafür gesorgt habe, dass der Lkw-Zug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspro­chen habe, da am 7. Dezember 2009, 15.15 Uhr, im Ortsgebiet Brunnenthal, Otterbacherstraße 2 (Lagerhaus Schärding) das höchstzulässige Gesamtgewicht von 44.000 kg um 6.140 kg überschritten worden sei.   

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 8. November 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am Ort der Verwiegung in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Bw X, des Vertreters der Erstinstanz X, des Meldungslegers X (Ml), PI Andorf, und des kfz-technischen Amtssachverständigen X durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.  

 

3. Der Bw macht unter Hinweis auf Judikatur des UVS wie des VwGH im Wesentlichen geltend, es liege kein Eichschein und auch keine eichamtliche Bestätigung für die maßgebliche Brückenwaage vor, wobei durch ein SV-Gutachten zu klären wäre, ob die durchgeführte Einzel-Verwiegung ordnungs­gemäß gewesen sei. Außerdem erhebe kein der Eichung unterliegendes Messgerät absoluten Anspruch auf Genauigkeit, weshalb eine Messunsicherheit in Form eines Toleranzabzuges zu beachten sei. Das sei hier nicht erfolgt, weshalb beantragt werde, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Einholung einer Konformitätsbescheinigung für die Brückenwaage sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und nach Besichtigung der Brückenwaage zur Heranziehbarkeit des Wiegeergebnisses ein technisches SV-Gutachten erstellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Frau X wurde am 9. Dezember 2009 gegen 15.15 Uhr auf der B137 bei km 61.550, Gemeindegebiet St. Florian am Inn, als Lenkerin des angeführten Lkw-Zuges, der mit Rundholz beladen war, vom Ml angehalten, wobei sie angab, sie habe in X bei einem Bauern geladen und sei auf dem Weg nach Deutschland. Sie leistete der Aufforderung des Ml, zur Verwiegung zu einer öffentlichen Brückenwaage mitzufahren, Folge und wurde von der Polizei nach Brunnenthal zur Brückenwaage der Lagerhausgenossenschaft Schärding gelotst. Der Ml hatte in der Berufungsverhandlung keine konkrete Erinnerung mehr an die Fahrtrichtung des Lkw-Zuges bei der Verwiegung. Er bestätigte, dass Zugfahrzeug und Anhänger getrennt verwogen wurden, weil die Brücken­waage nur bis 40.000 kg bestimmt ist und das zulässige Gesamt­gewicht des Lkw-Zug gemäß § 4 Abs.7a KFG bei 44.000 kg lag.

 

Eingeholt wurde die Konformitätsbestätigung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 1. Juli 2008 für die Brückenwaage der Bauart IT 8000-S, HerstellungsNr. 083037 des Herstellers X, Linz. Aus den bei der Verhandlung eingesehenen Aufklebern der Brückenwaage geht hervor, dass die Brückenwaage mittlerweile im Jahr 2011 bereits neu geeicht wurde. Die am 1. Juli 2008 ausgestellte Konformitäts­bescheinigung spricht dafür, dass die Brückenwaage bei der Verwiegung am 7. Dezember 2009 ordnungsgemäß geeicht war, wobei aber kein Eichschein vorliegt – ein solcher könnte mit der Konformitätsbescheinigung kostenpflichtig angefordert werden. Der Ml bestä­tigte, dass er die Eichung bzw das Vorhandensein von Eichaufklebern an der Brückenwaage vor der Verwiegung nicht kontrolliert hat.

 

Der Ml konnte zur Fahrtrichtung des Lkw-Zuges bei der Verwiegung nichts mehr sagen und auch aus seinen handschriftlichen Notizen ergibt sich dazu nichts. Fest steht nur, dass die Polizei die damalige ortsunkundige Lenkerin zur Brücken­waage gelotst hat, wobei die Brückenwaage beim Lagerhaus Schärding von beiden Seiten befahrbar ist. Auffällig ist, dass sich vor der Brückenwaage (in Fahrtrichtung Osten) ein größeres Gefälle befindet, dort ist eine Absenkung mit einem Kanalgitter. Auf der anderen Seite ist die an die Brückenwaage anschlie­ßende Fläche augenscheinlich annähernd eben.

Die Neigung der Fläche vor der Brückenwaage in Richtung Osten wurde in der Berufungsverhandlung mittels einer Wasserwaage vermessen und vom Sachverständigen mit ca 5 Grad festgestellt. Da die Fahrtrichtung bei der Verwiegung nicht mehr bekannt ist, ist zugunsten des Bw anzunehmen, dass die Verwiegung in Fahrt­richtung Osten vorgenommen wurde, dh bei der Verwiegung des Lkw der Anhänger im Gefälle stand. Eindeutig wurde festgestellt, dass die Lenkerin zwar anordnungs­gemäß die Anhängerbremse gelöst, aber den Anhänger nicht abgekoppelt hat.

 

Nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen reicht es grundsätzlich aus, Verkehrs­­­fehlergrenzen von hier 2x20 kg, dh 40 kg pro verwogenem Fahrzeug, abzuziehen – die Genauigkeit der Waage auf 20 kg steht auf einem Aufkleber an der Brückenwaage. Hier wurden aber die Vorschriften insofern nicht eingehalten, als nicht entkoppelt wurde – in einem solchen Fall würde aufgrund des mecha­nischen Einflusses eine Toleranz von ca 2.000 kg abzuziehen sein. Im ggst Fall war aber wegen des Gefälles und mangels Entkoppelung des Anhängers davon auszugehen, dass über die Anhängerdeichsel horizontale Kräfte auf das Zugfahrzeug bei der Verwiegung wirksam waren, die in Bezug auf die Messtechnik der Brücken­waage nicht einschätzbar sind. Die  Genauigkeit des Messergeb­nisses konnte aus technischer Hinsicht nicht beurteilt werden, zumal hier nicht einfach der Abzug einer Toleranz ausreicht, weil durch diese mechanischen Kräfte die schwebende Brückenwaage – je nach Schräg­stellung des Anhängers auch noch seitlich ungleich – blockiert wird.  

In rechtlicher Hinsicht war somit mangels Überprüfbarkeit der Richtigkeit des bei der damaligen Verwiegung erzielten Gesamtgewichtes des Lkw-Zuges wegen Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs spruchgemäß zu entscheiden. Verfahrens­kostenbeiträge fallen dabei naturgemäß nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Anhänger nicht abgekoppelt bei Verwiegung des LKW + Gefälle 5° -> horizontale Kräfte nicht einschätzbar + Überladung nicht beweisbar -> Einstellung

 

 

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