Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301097/3/Fi/JK/Ga

Linz, 14.11.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden vom 15. September 2011, GZ Sich96-179-2011, wegen einer Übertretung nach dem Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (EGVG) mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24, § 45 Abs. 1 Z. 1, § 51, § 51c und § 51e Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15. September 2011, GZ Sich96-179-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 154 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Art. III Abs. 1 Z. 3 iVm Art. III Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG), BGBl. I. Nr. 87/2008 idgF verhängt.

Dem Bw wird vorgeworfen, bei einer Vernehmung durch Beamte der Polizeiinspektion Laakirchen am 30. Mai 2011 von 18:18 Uhr bis 18:58 Uhr, unter anderem folgenden Wortlaut zu Protokoll gegeben zu haben:

"Ich habe sonst keine Probleme mit Türken. Ich habe das Kurdentum hinter mir gelassen. Ich will auch keinen Kontakt mehr mit irgendwelchen schlagenden Kurden. Ich will meinen Frieden. Ich will zwar keine Türken im Lokal, aber ich will zB auch keine Jugoslawen im Lokal, weil die einfach ungemütlich sind und Leute belästigen. Ich will Österreicher in meinem Lokal, wie die Vorgängerin. Ich lasse keine Türken oder Jugoslawen in mein Lokal." Unter "mein" Lokal" sei das Lokal "X" in X, zu verstehen.

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass zur Erfüllung des genannten Straftatbestandes das Motiv des Täters wesentlich sei, "dass er nämlich eine Benachteiligung einer Person allein auf Grund der Rasse usw. vornimmt bzw. hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind". Dieses besondere Motiv müsse dem Täter nachgewiesen werden. Die Aussagen des Bw seien weder auf sprachliche Missverständnisse zurückzuführen, da dem Bw ein gerichtlich beeideter Dolmetscher zur Seite gestanden und der Bw die Aussagen eigenhändig unterschrieben habe, noch können diese mit der emotionalen Situation des Bw begründet werden, da die Polizeibeamten mehrmals auf die Strafbarkeit seines Verhaltens hingewiesen hätten und der Bw anlässlich eines neuerlichen Vorfalls am 16. Juli 2011 ähnliche Aussagen getätigt habe. Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 20. September 2011 zugestellt wurde, richtet sich die am 28. September 2011 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung vom 23. September 2011, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 30. September 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw im Wesentlichen aus, dass er in keiner Weise diskriminierend vorgehe, da in seinem Lokal Fremde, insbesondere "Türken" und "Jugoslawen" verkehren würden. Seine Äußerungen seien missverständlich und auf unklare Ausdrucksformen und Emotionen zurückzuführen gewesen, die auch durch Anwesenheit eines Dolmetschers nicht beseitigt hätten werden können. Es sei dem Bw nicht darum gegangen, Angehörige irgendwelcher Volksgruppen zu diskriminieren oder zu benachteiligen, sondern darum, lediglich jene Personen in seinem Lokal verkehren zu lassen, die weder mit Gästen noch in sonstiger Weise Probleme verursachen. Nach Ansicht des Bw habe er den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sei. In eventu wird eine angemessene Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

2.2. Aus den angeführten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der bereits der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde lag und vom Bw auch nicht bestritten wird:

Der Bw hat im Zuge einer Vernehmung durch Beamte der Polizeiinspektion Laakirchen am 30. Mai 2011 von 18:18 Uhr bis 18:58 Uhr unter anderem folgenden Wortlaut zu Protokoll gegeben: "Ich habe sonst keine Probleme mit Türken. Ich habe das Kurdentum hinter mir gelassen. Ich will auch keinen Kontakt mehr mit irgendwelchen schlagenden Kurden. Ich will meinen Frieden. Ich will zwar keine Türken im Lokal, aber ich will zB auch keine Jugoslawen im Lokal, weil die einfach ungemütlich sind und Leute belästigen. Ich will Österreicher in meinem Lokal, wie die Vorgängerin. Ich lasse keine Türken oder Jugoslawen in mein Lokal." Unter "mein Lokal" ist das Lokal "X" in X, zu verstehen.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß Art. III Abs. 1 Z. 3 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008 (Wv) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 20/2009 (im Folgenden: EGVG), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1.090 Euro zu bestrafen,

wer Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind.

3.3. Als Tathandlung setzt die zitierte Vorschrift die Benachteiligung von Personen oder – alternativ – die Hinderung von Personen, Orte zu betreten, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, voraus. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes eine konkrete Benachteiligung oder Hinderung von Personen vorliegen muss (so auch Panthène, Diskriminierungsverbot im Verwaltungsstrafrecht, ÖJZ 2009, 1049 [1050] mwN). Indem der Bw lediglich im Zuge einer Polizeivernehmung die Aussage tätigte, er "lasse keine Türken oder Jugoslawen" in sein Lokal, und nicht etwa gegenüber bestimmte Personen entsprechende Handlungen setzte, wurde niemand benachteiligt oder in irgendeiner Form daran gehindert, das Lokal des Bw zu betreten. Eine pauschale Äußerung – wie sie der Bw tätigte – mag sie auch eine diskriminierende Absichtserklärung darstellen – ohne eine in weiterer Folge tatsächliche Benachteiligung von Personen wird vom objektiven Tatbestand des Art. III Abs. 1 Z. 3 EGVG nicht erfasst. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung kommt gemäß § 8 Abs. 1 VStG auch kein Versuch in Betracht, der im Übrigen durch eine bloße Absichtserklärung noch nicht erfüllt wäre (zu den Voraussetzungen einer Ausführungshandlung siehe etwa Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 704).

Es kann im konkreten Fall daher dahingestellt bleiben, ob das Verhalten des Bw auf dem Motiv beruhte, Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt zu benachteiligen, da durch die bloße Äußerung des Bw im Zuge der Polizeivernehmung die objektive Tatseite nicht erfüllt wurde.

3.4. Da es somit bereits an der objektiven Tatbestandserfüllung mangelt, scheidet eine Strafbarkeit des Bw nach Art. III Abs. 1 Z. 3 EGVG aus. Es war der gegenständlichen Berufung daher aus diesem Grund gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

 

VwSen-301097/3/Fi/JK/Ga vom 14. November 2011

 

Erkenntnis

 

EGVG ArtIII Abs1 Z3

 

Als Tathandlung setzt die zitierte Vorschrift die Benachteiligung von Personen oder – alternativ – die Hinderung von Personen, Orte zu betreten, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, voraus. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes eine konkrete Benachteiligung oder Hinderung von Personen vorliegen muss. Eine pauschale Äußerung – mag sie auch eine diskriminierende Absichtserklärung darstellen – ohne eine in weiterer Folge tatsächliche Benachteiligung von Personen wird vom objektiven Tatbestand des Art III Abs 1 Z 3 EGVG nicht erfasst. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung kommt gemäß § 8 Abs 1 VStG auch kein Versuch in Betracht, der im Übrigen durch eine bloße Absichtserklärung noch nicht erfüllt wäre.

 

 

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