Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100924/10/Weg/Ri

Linz, 28.06.1993

VwSen - 100924/10/Weg/Ri Linz, am 28. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung der E W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K G, vom 9. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L vom 22. September 1992, VU/S/4865/91 W, nach der am 14. Juni 1993 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion L hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.500 S (im NEF 72 Stunden) und 2.) 1.000 S (im NEF 48 Stunden) verhängt, weil es diese am 13. September 1991 um 8.40 Uhr in L, gegenüber dem Hause W Str. Nr., als Lenkerin des PKW's L unterlassen hat, 1.) nach einem Verkehrsunfall mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten und 2.) nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 250 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet die Berufungswerberin sinngemäß ein, sie habe den Verkehrsunfall zwar verursacht bzw. verschuldet, diesen (es handelte sich um eine leichte Kollision bei einem Ausparkmanöver) jedoch nicht bemerkt. Sie wendet sich auch gegen die Feststellung des Amtssachverständigen, nach welchem sie den Unfall hätte bemerken müssen, da von unrichtigen Remissen ausgegangen worden sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Beschuldigten, durch Vernehmung des Zeugen G P sowie durch Befragung des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Ing. G S anläßlich der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 1993, zu der ein Vertreter der belangten Behörde (entschuldigt) nicht erschienen ist.

Demnach gilt als erwiesen, daß die Berufungswerberin bei ihrem Ausparkmanöver nicht im rechten Winkel mit dem auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite geparkten PKW kollidiert ist (so die Annahme im erstbehördlichen Verfahren) sondern in einem Winkel von ca. 60 Grad. Beim Anstoß sei nicht Metall gegen Metall gestoßen (so die erstinstanzliche Annahme) sondern Kunststoff gegen Gummi. Es hat sich auch um keinen ruckartigen Stoß gehandelt sondern eher um eine schiebeartige Kollision.

Auf Grund dieses sowohl durch die Aussage des Zeugen G P als auch durch die Aussage der Beschuldigten als erwiesen anzunehmenden Sachverhaltes kommt der Amtssachverständige für Verkehrstechnik entgegen seinem Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren zur Ansicht, daß die Berufungswerberin den nur leichten Sachschaden nach sich ziehenden Verkehrsunfall nicht unbedingt habe bemerken müssen. Akustisch sei der Anstoß überhaupt nicht wahrnehmbar gewesen, auch die durch die Kollision entstandene Geschwindigkeistverzögerung (hervorgerufen durch den Anstoß) habe nicht gefühlt werden müssen, weil diese Verzögerung mit dem gleichzeitigen Bremsen zusammenfiel.

Der Berufungswerberin kann mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nicht entgegengetreten werden, wenn sie behauptet, den Verkehrsunfall nicht bemerkt zu haben. Ihr kann auch im Hinblick auf das Gutachten des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen nicht weiter angelastet werden, bei entsprechender Aufmerksamkeit den Unfall bemerkt haben zu müssen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Die Verletzung des § 4 Abs.1 lit.a sowie die Verletzung des § 4 Abs.5 jeweils StVO 1960 setzt die Kenntnis vom verursachten Unfall voraus. Selbst bei Unkenntnis würden allerdings die in den zitierten Gesetzesstellen normierten Rechtsfolgen eintreten, wenn bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis vom Unfall erlangt hätte werden müssen.

Da der Berufungswerberin nicht nachgewiesen werden konnte, vom Verkehrsunfall Kenntnis erlangt zu haben und ihr auch nicht unterstellt werden konnte, auf Grund objektiver Umstände vom Verkehrsunfall Kenntnis erlangt haben zu müssen, war im Zweifel für die Beschuldigte spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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