Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166323/2/Bi/Kr

Linz, 24.10.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 12. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Braunau/Inn vom 27. Juni 2011, VerkR96-4035-2011-Sg, wegen Übertretung des Tiertransportgesetzes 2007, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Spruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Geldstrafe nicht nach dem Schlusssatz des § 21 Abs.1 TTG zu bemessen ist, sondern nach dem für den Fall der Z14 vor­gesehenen Strafrahmen im § 21 Abs.1 TTG 2007; die Geldstrafe wird auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs.1 und 2 VStG auf 12 Stunden herab­gesetzt.  

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 5 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 21 Abs.1 Z14 und Schlusssatz TGG 2007 iVm Art.6 Abs.5 VO (EG) Nr.1/2005 eine Geldstrafe von 200 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. März 2011, 9.30 Uhr, in der Gemeinde Eberstalzell, A1 bei km 201.100, RFB Salzburg, als Lenker des Lkw X mit dem Anhänger X eine Tierbeförderung durchgeführt und nicht über einen Befähigungsnachweis gemäß Art.17 Abs.2 verfügt habe, obwohl Straßen­fahrzeuge, auf denen Hausequiden, Hausrinder, Hausschafe, Hausziegen, Haus­schweine oder Geflügel befördert werden, nur von Personen gefahren oder als Betreuer begleitet werden dürfen, die über einen Beförderungsnachweis gemäß Art.17 Abs.2 verfügen. Zum angeführten Zeitpunkt sei am angeführten Ort festgestellt worden, dass lebende Hühner transportiert worden seien, der Lenker jedoch im Zuge der Kontrolle keinen Befähigungsnachweis vorweisen habe können.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erübrigte sich (§51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Tatvorwurf bestehe nicht zurecht. Richtig sei nur, dass er den Befähigungsnachweis bei der Verkehrskontrolle nicht vorweisen habe können, weil er diesen in einem anderen Lkw seiner Arbeit­geberin, den er ebenfalls lenke, vergessen gehabt hätte. Er habe auch bei der Kontrolle ausgeführt, er habe bereits einen Kurs besucht, finde aber die Bestätigung nicht. Die Erstinstanz habe ihm einerseits vorgeworfen, über keinen Befähigungsnachweis verfügt zu haben, und andererseits, diesen auch nicht vorgewiesen zu haben. Der erste Vorwurf bestehe nicht zurecht, weswegen auch die verhängte Strafe bedeutend zu streng sei, insbesondere im Hinblick auf seine Unbescholtenheit und das Geständnis; die Schätzung seiner finanziellen Verhält­nisse sei richtig. Es sei aber vom Unrechtsgehalt her ein wesentlicher Unter­schied, ob jemand über eine notwendige Berechtigung verfüge oder lediglich die hierüber ausgestellte Urkunde mitzuführen vergesse. Im ersteren Fall würde das Wohl der transportierten Tiere gefährdet, im 2. Fall nur die Kontrollierbarkeit dieses Umstandes, was einen gravierenden Unterscheid mache – ähnlich wie beim Lenken ohne Lenkberechtigung und dem bloßen Nichtmitführen des Führerscheins. Im Übrigen seien alternative Tatvorwürfe nach der Judikatur unzulässig. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Ver­fahrens­­einstellung, in eventu Herabsetzung der Geldstrafe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw am 30. März 2011, 9.30 Uhr als Lenker eines Tiertransportes bei km 201.100 der A1 vom Anzeiger X, LVA , kontrolliert und festgestellt wurde, dass der Bw beim Transport lebender Hühner keinen Befähigungs­nachweis dabei hatte. Laut Anzeige verantwortete er sich damit, er habe in Linz einen Kurs besucht, finde aber die Bestätigung darüber im Fahrzeug nicht und meine, dass er diese in einem anderen Lkw vergessen habe. Am Ort  der Kontrolle konnte laut Anzeige nicht geprüft werden, ob der Bw über einen Befähigungsnachweis tatsächlich verfügt.

 

Die zunächst örtlich zuständige BH Wels-Land erließ auf der Grundlage der Anzeige die Strafverfügung vom 18. April 2011. Mit dem Einspruch hat der Bw zwei Teilnahme­bestätigungen, ausgestellt von der Wirt­schafts­kammer Oö am
14. Oktober 2010 vorgelegt über den Besuch der Veran­staltungen "Tier­trans­port­­betreuer für Kurz­streckentransporte", Module 1 und 2, im Ausmaß von jeweils 4 Trainings­ein­heiten. Am 10. Mai 2011 wurde das Verfahren gemäß § 29a VStG an die nun­mehrige Erstinstanz abgetreten, die nach Einsichtnahme in den Verfahrens­akt durch den Rechtsvertreter und Nichterstattung einer Stellung­nahme das nunmehr angefochtene Straferkenntnis mit dem inhaltlich gleichen Tatvorwurf wie in der Strafverfügung erließ.  

 

Laut Mitteilung der Erstinstanz hat der Bw erst am 8. August 2011, also 4 Monate nach dem ggst Vorfall und nach Zustellung des Straferkenntnisses, die Ausstellung eines Befähigungsnachweises beantragt. Nach Mitteilung des zuständigen Bearbeiters bei der Erstinstanz ist der Bw mittlerweile auch im Besitz eines Befähigungsnachweises.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 21 Abs.1 Z14 TTG 2007 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer entgegen Art.6 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr.1/2005 den Befähigungsnachweis gemäß Art.17 der Verordnung (EG) Nr.1/2005 beim Transport von Tieren nicht mit sich führt oder nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt.

Gemäß Art.6 Abs.5 Verordnung (EG) Nr.1/2005 dürfen Straßenfahrzeuge, auf denen Hausequiden, Hausrinder, Hausschafe, Hausziegen, Hausschweine oder Geflügel befördert werden, nur von Personen gefahren werden oder als Betreuer begleitet werden, die über einen Befähigungsnachweis gemäß Art.17 Abs.2 verfügen; auch Personen, die als Betreuer auf dem Fahrzeug tätig sind, müssen im Besitz dieses Nachweises sein. Der Befähigungsnachweis wird der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt der Tierbeförderung vorgelegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Tiertransport-Ausbildungsverordnung (TT-AusbVO) haben ua Personen, die gemäß Art. 6 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 Haus­equiden, Hausrinder, Hausschafe, Hausziegen, Hausschweine oder Hausgeflügel transportieren oder während des Transports betreuen, Folgendes nachzuweisen:

1. erfolgreichen Abschluss eines Lehrganges, der die Inhalte des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 vermittelt, im Gesamtausmaß von mindestens acht Stunden sowie

2. Praxis im Umgang mit Tieren gemäß Art.6 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 bei Tiertransporten im Ausmaß von mindestens 80 Stunden unter Aufsicht und Anleitung einer Person, die in Besitz eines Befähigungsnachweises ist und die Anwesenheit zu bestätigen hat.

Gemäß § 4 Abs.1 TT-AusbVO gilt der Lehrgang gemäß § 2 als erfolgreich abgeschlossen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Anwesenheit,

2. erfolgreich absolvierte Prüfung gemäß Abs.3.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist die Prüfung im Anschluss an den Lehrgang abzuhalten. Sie ist von einer Prüfungskommission bestehend aus einem Vortra­gen­den und zumindest einer weiteren unabhängigen Person, die von der durch­führenden Stelle zum Prüfer bestellt wurde, abzunehmen.

Gemäß Abs.3 hat der Kandidat für einen positiven Abschluss der Prüfung die Kenntnisse gemäß Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 nachzuweisen. Die Prüfung gilt als absolviert, wenn 60 Prozent der gestellten Fragen aus einem vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend approbierten Fragen­katalog richtig beantwortet werden.

Gemäß § 6 Abs.1 TT-AusbVO hat die ausstellende Behörde oder Stelle bei Nachweis des erfolgreichen Abschlusses des Lehrganges gemäß § 4 den Befähigungsnachweis ... auszustellen, sofern keine Vorstrafen wegen Tierquälerei vorliegen und keine wiederholten schweren Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr.1/2005, das Tiertransportgesetz 2007, das das Tiertransportgesetz-Straße, die Tierschutzgesetze der Länder oder das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere bekannt sind, und der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat.

 

Der Bw hat lediglich zwei "Teilnahmebestätigun­gen" über den Besuch zweier Module zum Thema "Tier­trans­port­­betreuer für Kurzstreckentransporte" vom
14. Oktober 2010 im Ausmaß von zusammen 8 Stunden vorgelegt, dh er hat damit nachgewiesen, dass er den Lehrgang gemäß § 2 Abs.1 Z1 TT-AusbVO absolviert hat, und damit zumindest eine – wesentliche – Voraussetzung für den Erwerb des Befähigungs­nachweises erfüllt. Er war aber am 30. März 2011 definitiv nicht im Besitz eines Befähigungs­nachweises, zumal er diesen erst nach Zustellung des Straf­erkenntnisses beantragt hat. Sein Berufungsvorbringen, er sei bei der in Rede stehenden Kontrolle bereits im Besitz "der Berechtigung" gewesen, habe aber lediglich "die hierüber ausgestellte Urkunde (Bestätigung) mitzuführen vergessen", geht damit schon deshalb ins Leere, weil die bloße Teilnahme­bestätigung noch nicht die "Berechtigung" darstellt – um beim Vergleich des Bw zu bleiben: Eine Bestätigung über den Besuch der Fahrschule oder auch die erfolgreiche Ablegung der Führerschein­prüfung stellt noch keine Lenk­berech­tigung dar, zumal für deren Erteilung auch noch andere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Allerdings war der Bw offenbar der irrtümlichen Auffassung, die beiden Teilnahmebestätigungen seien schon ausreichend. 

 

Zum Berufungsvorbringen im Hinblick auf eine unzulässige Tatanlastung ist auszuführen, dass § 21 Abs.1 Z14 TTG 2007 das "Nicht-mit-sich-Führen", das "Nicht-Vorlegen" und das "nicht rechtzeitige Vorlegen" des Befähigungs­nachweises "entgegen Art.6 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr.1/2005" als strafbares Verhalten normiert, wobei gemäß dieser Bestimmung ein solcher Transport Personen vorbehalten ist, die "über einen Befähigungs­nachweis gemäß Art.17 Abs.2 verfügen".

Im Spruch des Straferkenntnisses wurde sowohl der Wortlaut des § 21 Abs.1 Z14 TTG 2007 zitiert als auch der des Art.6 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr.1/2005.

Dem Bw wurde in konkreter Tatumschreibung zur Last gelegt, dass er bei der nach Zeit und Ort umschriebenen Kontrolle des Tiertransports als Lenker keinen Befähigungsnachweis vorweisen konnte, wobei die Anführung des Umstandes, dass der Bw bei der in Rede stehenden Tierbeförderung über keinen Befähi­gungs­nachweis verfügte, keine Anlastung sondern eine Tatsache darstellt. Im Übrigen war das "Nichtvorweisen-Können" bereits die Anlastung laut Anzeige, die dem Bw im erstinstanzlichen Verfahren innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht worden war, dh der Tatvorwurf ist eindeutig.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates hat der Bw zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht die Rede sein kann.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 21 Abs.1 für den Fall des Z14 bis zu 2.000 Euro Geldstrafe reicht. Das TTG 2007 sieht keine Ersatzfreiheitsstrafe vor, sodass gemäß § 16 Abs.2 VStG der Strafrahmen hier bis zu zwei Wochen reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Unbescholtenheit und das Geständnis des Bw als mildernd gewertet, keine straferschwerenden Umstände gefunden und die finanziellen Verhältnisse des Bw – von ihm unbestritten – auf 1.200 Euro netto monatlich bei fehlendem Vermögen und zwei Sorgepflichten geschätzt.

Der Bw hat zur Höhe der Geldstrafe argumentiert, es mache einen Unterschied im Unrechtsgehalt, ob jemand nur eine Bestätigung mitzuführen vergesse oder ob er tatsächlich nicht über die Berechtigung verfüge. Dazu ist zu bemerken, dass ihm auch (lediglich) vorgeworfen wurde, dass er den Befähigungsnachweis nicht vor­weisen konnte. Allerdings ist gerade unter Bedachtnahme auf die angeführten Milderungsgründe bei den angenommenen finanziellen Verhältnissen die Verhängung einer unter einem Zehntel des Strafrahmens liegenden Geldstrafe auch unter general- und spezialpräventiven Überlegungen noch gerecht­fertigt, zumal beim Bw die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befähigungsnachweises vorlagen und er mittlerweile auch einen solchen besitzt.

Die Voraussetzungen der §§ 20 und 21 VStG waren nicht gegeben, weil das TTG 2007 keine Mindeststrafe vorsieht und das Nichtvorweisen-Können eines Befähigungsnachweises nicht unter dem Gesichtspunkt eines als geringfügig anzusehenden Verschulden zu sehen ist, da der Bw zum Vorfallszeitpunkt keinen solchen hatte und es seine Sache gewesen wäre, sich genau zu erkundigen.

Die nunmehr nach den Bestimmungen des § 19 VStG verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalprä­ventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zu entsprechender Sorgfalt anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Bw hatte keinen Befähigungsnachweis, führte ihn auf der Fahrt nicht mit und konnte ihn nicht vorweisen, Art. 6 Abs.5 VO (EG) Nr. 1/2005 "verfügen" "Nichtmitführen" (meinte die Kursbestätigung sei der Befähigungsnachweis)

 

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