Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222492/2/Bm/Sta

Linz, 19.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn A P, vertreten durch S C & P, E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23.5.2011, Ge96-15-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit obgenanntem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23.5.2011 wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 und § 81 Abs.1 GewO 1994 verhängt:

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Es wird Ihnen als nach außen vertretungsbefugten gewerberechtlichen Geschäftsführer der P B GmbH, H, P, zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Sie haben in den mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26.7.2000, Ge20-35-2000, und 7.7.2003, Ge20-25-2003, genehmigten Lagerhallen bei der ggst. Betriebsanlage in P, H, außerhalb der mit den angeführten Bescheiden genehmigten Betriebszeiten (Montag – Freitag von 06.00 – 22.00 Uhr und Samstag von 06.00 – 17.00 Uhr) an folgenden Tagen und zu folgenden Zeiten gewerbliche Tätigkeiten (Inbetriebnahme des Förderbandes, welches in die Lagerhalle 2003 führt) durchgeführt:

16.1.2011 – 22.50 Uhr

17.1.2011 – 05.11 Uhr und 22.30 Uhr

18.1.2011 – 22.55 Uhr

19.1.2011 – 05.30 Uhr und 23.30 Uhr

20.1.2011 – 23.30 Uhr

21.1.2011 – 05.30 Uhr

23.1.2011 – 22.30 Uhr

24.1.2011 – 05.15 Uhr und 22.50 Uhr

25.1.2011 – 05.15 Uhr und 22.00 Uhr

26.1.2011 – 23.30 Uhr

30.1.2011 – 23.00 Uhr

 1.1.2011 – 23.00 Uhr

 1.2.2011 – 05.30 Uhr"

 

 

2.Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht  und darin im Wesentlichen mangelndes Verschulden eingewendet.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage fest steht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.     die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.     die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

5.2. Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 die Genehmigungspflicht selbstständig auf Grundlage des § 74 Abs.2 GewO zu beurteilen (VwGH 30.1.1996, 95/04/0139).

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 muss um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199).

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegende Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist gegenständlich weder dem Spruch noch der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu entnehmen.

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und war somit das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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