Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522989/2/Bi/Kr

Linz, 17.11.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 13. Oktober 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Oktober 2011, VerkR21-665-2011/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird im Anfechtungsumfang abgewiesen und die festgesetzte Entziehungsdauer bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.2 Z1, 3 Abs.2, 32 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG die von der BH Linz-Land am 21. November 2007, Zl. 07424424, für die Klassen B und EzB erteilte Lenkberechtigung für den Zeitraum von acht Monaten, gerechnet ab
18. September 2011 (FS-Abnahme), entzogen und für den gleichen Zeitraum, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, dh ab 6. Oktober 2011, das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeu­gen verboten und ihm das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde gemäß §§ 8 und 24 Abs.3 die Absolvierung einer Nachschulung für alkohol­auffällige Lenker vor Ablauf der Entziehungs­dauer auf eigene Kosten sowie die Bei­bringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Unter­suchungs­stelle, wobei er darauf hingewiesen wurde, dass die Entziehungsdauer nicht vor der Befolgung dieser Anordnungen ende. Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 6. Oktober 2011.

 

2. Ausschließlich gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw frist­ge­recht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Ober­österreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Mindestentziehungsdauer bei erstmaligen Delikten gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 betrage gemäß § 26 Abs.2 FSG sechs Monate. § 7 Abs.4 FSG verweise auf die Kriterien des Abs.3 und verlange, dass die Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgeblich sei.  Er habe aber keines der in Abs.3 angeführten Kriterien verwirklicht. Er habe zwar die Voraussetzungen des § 26 für eine Entziehung des Führerscheins erfüllt, aber nicht die Kriterien für eine längere Entziehungsdauer als die sechs Monate. Eine Verwerflichkeit der "Tat" sei nicht nachvollziehbar, deren "Gefährlichkeit" ohnehin notorisch sei. Wenn in alkoholisiertem Zustand ein Verkehrsunfall verursacht werde, werde dadurch gerade jenes Risiko verwirklicht, welches § 26 FSG sanktionieren wolle. Ein besonderer Erschwerungsgrund liege aber nicht vor; er habe keinen der in § 7 Abs.3 FSG aufgezählten Tatbestände verwirklicht. Wenn aufgrund der Alkoholisierung die "Konzentrationsbeobachtungs- und Refelak­­­tions­fähigkeit" (gemeint offenbar: Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktions­fähigkeit) herabgesetzt werde, sei dies gerade der Umstand, der den Führerscheinentzug rechtfertige. Dass ein Verkehrsunfall verwirklicht worden sei, sei ihm nicht als erschwerend anzulasten. Die Herabsetzung der Entziehungs­dauer auf sechs Monate wird beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker des Pkw X (D) am
18. September 2011 um 23.10 Uhr in Pasching, Nebenfahrbahn der Wiener Straße, ca 50 m vor der Fa X, Haus Nr.X, insofern einen Verkehrsunfall verursachte, als er zu weit rechts fuhr und mit einem am rechten Fahrbahnrand geparkten Lkw kollidierte. Nach den der Anzeige beigelegten Unfallfotos war der Lkw, an dem hinten auf der Ladebordwand reflektierende Tafeln angebracht waren, ordnungsgemäß abgestellt, wobei der Pkw mit der Beifahrerseite bis zum Dach unter die linke hintere Ecke des Lkw geriet. Der Bw befand sich beim Eintreffen der Beamten der PI Pasching um 23.20 Uhr nicht am Unfallort, jedoch konnte er aufgrund einer Zeugenaussage eines unbeteiligten Pkw-Lenkers, wonach ein Mann mit einer blutenden Platzwunde am Kopf in der Nähe der Unfallstelle herumgeirrt und dann Richtung Auffischerweg davongegangen sei, eruiert werden. Er wies Alkoholisierungsmerkmale (Alkoholgeruch, unsicheren Gang, lallende Sprech­weise) auf und wurde von Frau X, PI Pasching, zunächst zum Alkoholvortest und nach dessen Verweigerung mehrmals zum Alkotest aufgefordert, den er um 23.33 Uhr mit der Begründung verweigerte, er sei nicht gefahren und wisse auch nicht, wer gefahren sei. Er gab aber sofort an, der Schlüssel stecke im Zündschloss, weshalb seine Lenkereigenschaft ange­nommen und ihm der Führerschein um 23.40 Uhr vorläufig abgenommen wurde.   

Am 20. September 2011 gab der Bw telefonisch an, er könne sich an den Unfall nicht erinnern, habe im "X Cafe" in Traun – X, ca 500 m von der Wohnung des Bw entfernt – Alkohol konsumiert und anschließend mit dem Firmenwagen heimfahren wollen. Die Platzwunde an der Stirn wurde im UKH Linz geklebt; am 20. September 2011 erklärte er telefonisch, er habe keine Schmerzen mehr.

In der Stellungnahme vom 23. September 2011 wurde näher ausgeführt, der Bw habe wegen eines frühen Termines am 19. September 2011 die paar 100 m heimfahren wollen; er sei als Außendienstmitarbeiter der X GmbH sofort entlassen worden und die Entziehung treffe ihn daher massiv privat wie auch beruflich. Er bereue sein "trottelhaftes" Verhalten zutiefst und erkläre dies mit dem damaligen labilen psychischen Zustand aufgrund der  Beendigung der Beziehung durch seine Freundin.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenk­berechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Dabei handelt es sich um die gesetzlich vorgeschriebene Mindestentziehungs­dauer; diese Bestimmung steht der Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässig­keit für einen darüber hinaus reichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl VwGH 24.4.2007, 2004/11/0001; 17.11.2009, 2009/11/0023, mit Vorjudikatur).

 

Die Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG, die für die über die schon gesetzlich vorgegebene Mindestdauer hinausgehende Dauer der Entziehung der Lenk­berechtigung relevant sind, bilden die Verwerflichkeit der gesetzten Übertretung, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter der sie begangen wurde, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit.

 

Der Bw hat durch die – auch von ihm unbestrittene – Verweigerung des Alkotests eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 verwirklicht, für die die vom Gesetzgeber zwingend festgesetzte Mindestentziehungs­dauer bei Erstbegehung sechs Monate beträgt. Allerdings hat er – ebenfalls unbestritten – nicht nur einen Verkehrs­unfall in Form eines Anstoßes an einen abgestellten Lkw, dh ein berechenbar großes und einwandfrei erkennbares Verkehrs­hindernis, verursacht, sondern sich auch danach vom Unfallort entfernt, sodass er ausgeforscht werden musste. Er hat jeden Zusammenhang mit der Verursachung des Unfalls sofort abgestritten und im Zuge dieser Verantwortung auch den Alkotest verweigert.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungs­gerichts­hofes gehören Alkohol­delikte – dazu zählt zweifelsohne auch die Verweigerung der Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung – zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrs­vorschriften, zumal alkoholbeein­trächtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil sie infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs-, und Reaktions­fähigkeit nicht in der Lage sind, die kraft­fahr­spezifischen Leistungs­funktionen zufriedenstellend auszuüben.


Im Hinblick auf die Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG bedeutet dies, dass durch die Tat auf Grund des verursachten Verkehrsunfalles, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf "Ausfallserscheinungen" im Zuge einer Alkoholbeeinträchtigung zurückzuführen sein kann, gefährliche Umstände geschaffen wurden. Die Verweigerung der Alkomatuntersuchung nach diesem Verkehrsunfall hat daher auf Grund des vorangegangen Unfalles besonders Gewicht bei ihrer Wertung. Es liegt zwar auf der Hand, dass die Verweigerung einer Alkomatuntersuchung an sich keine Gefährlichkeit für den Straßenverkehr bewirken kann, da es sich ja um ein Formaldelikt handelt. Es darf aber keinesfalls außer Acht gelassen werden, unter welchen gegebenen Umständen die Verweigerung erfolgt.

  

Die von der Erstinstanz unter Bedachtnahme auf diese Überlegungen festgesetzte Entziehungsdauer von acht Monaten, die gleichzeitig als Prognose zu sehen ist, wann der Bw wieder verkehrszuverlässig sein wird, ist durchaus angemessen und ohne Zweifel ausdrück­lich geboten, um den Bw von einer neuerlichen Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahr­zeuges nach exzessivem Alkoholkonsum, gleichgültig aus welchen vielleicht sogar menschlich verständlichen Beweggründen, abzuhalten.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva). 

Nach der Rechtsprechung des VwGH bilden bei der Beurteilung der Verkehrs­zuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nach­­teile, die mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 14.11.1995, 95/11/0300; 24.8.1999, 99/11/0166; 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; uva).

 

Dem Bw war seine berufliche Situation im Sinne der an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich Mobilität und Einsetzbarkeit für den Arbeitgeber und das Erfordernis einer gültigen Lenkberechtigung als Außendienstmitarbeiter schon vor diesem Vorfall bestens bekannt und er wäre mit diesem Wissen jederzeit in der Lage gewesen, nach seinem Alkoholkonsum auf die wenige 100 m lange Heimfahrt mit dem Dienstwagen zu verzichten und diesen beim Lokal stehen zu lassen.

Die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit ist naturgemäß auch auf das Verbot, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invaliden­kraft­fahr­zeuge zu lenken, und die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, zu übertragen.

 

Es war daher im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden. Im gegen­ständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Verweigerung des Alkotests nach Kollision mit abgestelltem LKW + Fahrerflucht -> 8 Monate Entziehungsdauer bestätigt

 

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