Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531200/4/Re/Ba

Linz, 24.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn A D, N, vom 23. September 2011 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. September 2011, Ge20-3094-135-2011, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagen­genehmigung gemäß § 77 GewO 1994  zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen und der bekämpfte Genehmigungsbescheid vom 5. September 2011, Ge20-3094-135-2011, wird bestätigt.        

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a, 74 und 77 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 5. Septem­ber 2011, Ge20-3094-135-2011, über Antrag der B, W, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines B-Nahversorgungsmarktes sowie eines B-Schulungszentrums samt Park- und Verkehrsflächen im Standort T, L, Gst.Nr.  der KG T unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und vorgebrachte Einwendungen von Nachbarn, soweit diesen nicht durch Projektseinschränkung bzw. Auflagenvorschreibung Rechnung getragen wurde, zum Teil als unbegründet abgewiesen bzw. zum Teil als unzulässig zurückge­wiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das durchgeführte Ermitt­lungsverfahren habe ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage bei Einhaltung der im Spruchteil I. vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Be­lästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 – 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Zu den Einwendungen von Anrainern wurde u.a. begründend ausgeführt, dass Maßnahmen wie die Errichtung einer Linksabbiegespur auf der L 1386 Leondinger Straße sowie der Fußgängerquerungshilfe sich bereits aus einem getroffenen Zufahrts- und Gestattungsvertrag zwischen der Landesstraßenverwaltung und der B AG ergäben. Das Verfahren gemäß den Bestimmungen des Oö. Straßengesetzes würde unabhängig vom gegenständlichen Verfahren durchgeführt. Blendwirkungen würden durch Auflagenvorschreibung hintange­halten. Grundstücke der S I V GmbH würden nicht durch Baumaßnahmen betroffen. Lärmbelästigungen würden bei projektsgemäßer Realisierung und Auflageneinhaltung entsprechend den schlüssigen gutachtlichen Äußerungen des Amtssachverständigen nicht in unzumutbarem Bereich entstehen. Dem Gutachten des technischen Amtssachverständigen läge auch ein eingereichtes schalltechnisches und als solches überprüftes Projekt zugrunde. Im Übrigen dienen auch vorgeschriebene Auflagen der Sicherstellung und Reduzierung der Lärmemissionen auf ein zumutbares Maß. Lärm von der öffentlichen Straße könne im gewerbehördlichen Betriebsanlagengenehmigungs­verfahren nicht ausschließlich der Konsenswerberin zugerechnet werden. In Bezug auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr käme den Nachbarn keine Stellung zu, diese Beeinträchtigung als Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechtes geltend zu machen; es liege diesbezüglich kein subjektives Nachbarrecht vor. Die von Amts wegen durchzu­führende diesbezügliche Prüfung ergab sich letztlich aus dem, aufgrund der Umwidmung im erforderlichen Flächenwidmungsänderungs­verfahren in die Widmungskategorie "Gebiet für Geschäftsbauten Gesamtverkaufsfläche max. 1.050 m2" zu erstellenden und zu realisierenden Verkehrskonzept. Dieses Konzept beinhaltet u.a. neben Geschwindigkeitsbeschränkungen auch die Errichtung eines Linksabbiegestreifens bzw. die Ausweitung von Ausfahrts- bzw. Einfahrtstrompeten,  ermöglicht zum Teil auch durch Grundabtretungen seitens der Konsensweberin. Der für die notwendigen Verkehrsbewegungen erforderliche Zufahrts- und Gestattungsvertrag mit der Landesstraßenverwaltung existiere bereits und beruhe auf dieser Planung. Ein weiters von Anrainern vorgebrachter Antrag auf Errichtung einer Wohnstraße in der R werde gemäß § 6 AVG an die hiefür zuständige Behörde weitergeleitet.

 

2. Gegen diesen Bescheid habt der Anrainer A D, V, N, mit Schriftsatz vom 23. September 2011, bei der belangten Behörde eingelangt am 27. September 2011, innerhalb offener Frist Berufung erhoben.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bei einem derartigen Projekt mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 580 PKW und LKW in einer Wohn­gegend bedürfe es eines Gesamtkonzeptes, wo auch die Verkehrssituation der betreffenden Straßen einbezogen sein müsste. Bei der Verhandlung am 25. August 2011 sei von Seiten der Gemeinde sowie den Behörden- und Firmenvertretern darauf hingewiesen worden, dass sie hiefür nicht zuständig seien. Die L Straße sei Landessache (kein Vertreter anwesend bzw. eingeladen), für die R sei die Präsidialabteilung der Stadtgemeinde Traun zuständig (kein Vertreter anwesend bzw. eingeladen). Die für ein Gesamt­konzept notwendige Verkehrsführung in der R sei nicht geregelt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Unter Beachtung dieser dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Gesetzesbestimmungen ist nach Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrens­akt zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde über Antrag der B AG, W, vom 18. Juli 2011 betreffend Errichtung und Betrieb eines B-Nahversorgungsmarktes sowie eines B-Schulungsgebäudes nach Vorprüfung der Projektsunterlagen eine mündliche Augenscheinsverhandlung für den 25. August 2011 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt hat. In der Kundmachung wird unter Bezugnahme auf §§ 40 bis 42 AVG darauf hingewiesen, dass Nachbarn im gewerbehördlichen Genehmigungsverfahren ihre Stellung als Partei verlieren, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs.2 Z 1, 2, 3 oder 5 erheben. Diese Kundmachung vom 21. Juli 2011 wurde u.a. auch der Stadtgemeinde Traun und dem Amt der Oö. Landesregierung, Direktion SVD, Abteilung Straßenerhaltung und -betrieb, Straßenmeisterei Ansfelden unter Anschluss eines Lageplans zugestellt. Die Direktion Straßenbau und Verkehr des Amtes der Oö. Landesregierung hat daraufhin vor Durchführung der mündlichen Verhandlung schriftlich zum verfahrensgegenständlichen Vorhaben der B AG Stellung genommen und diese mit Schreiben vom 29. Juli 2011 der Genehmi­gungsbehörde übermittelt. Darin wird bestätigt, dass insbesondere zur Errichtung einer Linksabbiegespur sowie einer Fußgänger-Querungshilfe der Abschluss eines Gestattungsvertrages erforderlich war und dieser bereits abgeschlossen wurde. Die für deren Errichtung erforderliche Zustimmung nach dem Oö. Straßengesetz 1991 ist durch Ansuchen an die Landesstraßenverwaltung einzuholen.

 

Von Seiten des Berufungswerbers A D wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die anzunehmende Erhöhung des Lärms und Verkehrs von angenommenen 580 PKW am Tag und die dadurch erhöhte Sicherheitsgefahr in der R hingewiesen.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des bekämpften Genehmigungsbe­scheides in Bezug auf Nachbarvorbringen betreffend Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des allfälligen Verkehrs auf öffentlichen Straßen unmissverständlich begründend festgestellt, dass der Schutz der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 74 Abs.2 Z 4 GewO 1994 kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht darstellt und daher vom Nachbarn zulässigerweise nicht eingewendet werden kann. Diese rechtliche Feststellung der belangten Behörde entspricht der Rechtslage und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und gilt in gleicher Weise auch im Berufungsverfahren.

 

Der Berufungswerber A D begründet seine Berufung ausschließlich mit seiner Sorge im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines Gesamtkonzeptes für die Verkehrsführung in der R, und beruft deshalb ausdrücklich gegen den Bescheid.

 

Aufgrund der oben dargestellten Sach- und Rechtslage konnte jedoch dieser Berufung, da sie unzulässig ist, keine Folge gegeben werden sondern war wie im Spruch zu entscheiden.

 

Hingewiesen wird ausdrücklich darauf, dass dem Akt eindeutig zu entnehmen ist, dass die Gewerbebehörde erster Instanz ihrer amtswegigen Verpflichtung zur Sicherstellung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nachgekommen ist. Das Berufungsvorbringen, weder die Stadt Traun noch die Landesstraßenverwaltung seien durchgeführten Verfahren beteiligt gewesen, ist nicht zutreffend und wurde dies oben bereits dargestellt. Die von der Landesstraßenverwaltung vor Beginn der durchgeführten Verhandlung abgegebene schriftliche Stellungnahme wurde im Verfahren vollinhaltlich berücksichtigt, zum Teil durch Vorschreibung einer Auflage bzw. zum Teil durch Feststellung, dass zur Realisierung des Projektes die Zustimmung der Landesstraßenverwaltung erforderlich ist und auch ein Gestattungsvertrag abzuschließen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

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