Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240858/2/AB/Sta

Linz, 10.11.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung der M A, vertreten durch den Bürgermeister, A, A, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 22. September 2011, Z SanRB96-23-2-2011-As, wegen einer Übertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

 

     Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die M A eingestellt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 22.9.2011, Z SanRB96-23-2-2011-As, wurde die "M A" als Berufungswerberin (in der Folge: Bw) nach § 21 Abs 1 VStG (auf Grundlage der §§ 5 Abs 5 Z 2 und 90 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG iVm der Trinkwasserverordnung – TWV) ermahnt. Weiters wurde spruchmäßig vorgeschrieben, die entstandenen Barauslagen für die Untersuchungskosten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Wien in der Höhe von insgesamt 291 Euro gem. § 64 Abs 3 VStG zu ersetzen.

 

Begründend wird nach Wiedergabe des Wortlautes des § 21 Abs 1 VStG lediglich ausgeführt, dass nach erfolgter telefonischer Rücksprache mit der Amtsleitung der M A erklärt worden sei, dass die Verunreinigung des Trinkwassers vermutlich durch die neugetauschte Armatur erfolgt sei. Der Armaturenaustausch sei telefonisch zugesagt worden. Eine Trinkwasserwarnung sei am in Rede stehenden Waschbecken bereits angebracht worden.

 

Da entsprechende Maßnahmen zur Hebung der Trinkwasserqualität der in Rede stehenden Quelle bereits gesetzt worden seien und keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen aufschienen, gelange die belangte Behörde zu der Ansicht, dass unter Hinweis auf die strengen gesetzlichen Bestimmungen im konkreten Anlassfall eine Ermahnung ausreichend sei.

 

Es könne ohne weiteres Verfahren von einer Geldstrafe abgesehen werden, da das Verschulden der Bw geringfügig sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid vom 22.9.2011 erhob die Bw durch ihren Bürgermeister mit Schriftsatz vom 5.10.2011 Berufung gegen die Ermahnung und die damit verbundene Einforderung der Auslagen für die durchgeführten Wasseruntersuchungen.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die gegenständliche Wasserentnahmestelle nicht öffentlich zugänglich sei, da dieser Raum versperrt sei und lediglich für Reinigungsarbeiten verwendet werde. Weiters scheine das Trinkwasser dort durch die dort montierte Armatur verunreinigt worden zu sein. Da diese Armatur erst am 13.1.2010 neu montiert worden sei, sei es unerklärlich, woher diese Verunreinigung wirklich stamme, da bei der zweiten Entnahmestelle im 2. Obergeschoss keinerlei Verunreinigungen festgestellt werden haben können. Es sei jedoch sofort ein Tausch der Armatur durch ein konzessioniertes Installationsunternehmen in die Wege geleitet worden.

 

2.1.          Mit Schreiben vom 25.10.2011 übermittelte die belangte Behörde die gegenständliche, innerhalb offener Frist eingebrachte Berufung unter gleichzeitiger Vorlage des bezughabenden Verwaltungsaktes.

 

2.2.         Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

2.3.         Der Oö. Verwaltungssenat weist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hin, dass als Adressatin des angefochtenen Bescheides im Adressfeld die "M A" (ohne nähere diesbezügliche Ausführungen im Spruch oder in der Begründung des Bescheides selbst) genannt ist.

 

2.4.         Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3.        Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.   § 21 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl I 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I 111/2010, lautet:

 

"Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten."

 

3.2.   Wenn die belangte Behörde daher gemäß § 21 Abs 1 VStG vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Diese Ermahnung ist allerdings nur bei Vorliegen einer Verwaltungsübertretung zulässig und setzt daher ein – wenn auch bloß geringfügiges – Verschulden des Beschuldigten voraus (vgl. mwN Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG - Verwaltungsstrafgesetz [2010], Rz 18 zu § 21 VStG).

 

Da juristische Personen nicht verschuldensfähig sind (VwSlg 1819A/1950), können nach dem VStG nur natürliche Personen als Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren – dem auch eine Ermahnung nach § 21 Abs 1 VStG zuzurechnen ist – zur Verantwortung gezogen werden (vgl. mwN Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, Rz 708 und 764; Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG - Verwaltungsstrafgesetz [2010], Rz 1 zu § 3 VStG).

 

Da die bescheidmäßige Ermahnung (samt Ersatz der Barauslagen) seitens der belangten Behörde gegenüber der Marktgemeinde als juristischer Person erlassen wurde, war schon aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden. 

 

3.3.   Der Berufung war daher stattzugeben, der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die M A einzustellen, weil eine juristische Person wie die Bw nicht Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens und damit auch nicht Adressatin einer bescheidmäßigen Ermahnung nach § 21 Abs 1 VStG sein kann.

 

3.4.   Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass im Übrigen die Auferlegung des Ersatzes von Barauslagen – wie den gegenständlichen Untersuchungskosten – im Rahmen des § 21 Abs 1 VStG schon insofern nicht möglich wäre, als die Ermahnung nach höchstgerichtlicher Auffassung keine Strafe darstellt (vgl. mN aus der Rechtsprechung Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG - Verwaltungsstrafgesetz [2010], Rz 19 zu § 21 VStG; vgl. dazu auch zB Oö. UVS 12.1.2007, VwSen-240597).

 

Weiters erforderte das Vorgehen nach § 21 Abs 1 VStG im Bescheidspruch die Anführung des konkreten strafbaren Tatbestandes und der übertretenen Verwaltungsnorm (VwGH 25.6.1987, 85/06/0169). Auch wäre für die Erteilung einer bescheidmäßigen Ermahnung nach der Verwaltungsformularverordnung, BGBl II 508/1999, grundsätzlich ein eigenes Formular zu verwenden (Formular 33).

 

Schließlich wären hinsichtlich der Notwendigkeit einer Ermahnung, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Handlungen der gleichen Art abzuhalten, von der Behörde jedenfalls entsprechende Feststellungen zu treffen und zu begründen, warum auf Basis dieser Feststellungen die Begehung weiterer Handlungen gleicher Art wahrscheinlich oder gewiss ist und daher notwendiger Weise mittels Ermahnung reagiert werden muss (Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG - Verwaltungsstrafgesetz [2010], Rz 18 zu § 21 VStG).

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw – nicht zuletzt auch mangels verhängter Strafe iSd § 64 Abs 2 VStG – weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220,- Euro zu entrichten.

Astrid Berger


 

 

 

VwSen-240858/2/AB/Sta vom 10. November 2011

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

 

VStG §21 Abs1

 

Wenn die belangte Behörde daher gemäß § 21 Abs 1 VStG vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Diese Ermahnung ist allerdings nur bei Vorliegen einer Verwaltungsübertretung zulässig und setzt daher ein – wenn auch bloß geringfügiges – Verschulden des Beschuldigten voraus (vgl mwN Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG - Verwaltungsstrafgesetz (2010), Rz 18 zu § 21 VStG).

Da juristische Personen nicht verschuldensfähig sind (VwSlg 1819A/1950), können nach dem VStG nur natürliche Personen als Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren – dem auch eine Ermahnung nach § 21 Abs 1 VStG zuzurechnen ist – zur Verantwortung gezogen werden (vgl mwN Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, Rz 708 und 764; Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG - Verwaltungsstrafgesetz (2010), Rz 1 zu § 3 VStG).

Da die bescheidmäßige Ermahnung (samt Ersatz der Barauslagen) seitens der belangten Behörde gegenüber der Marktgemeinde als juristischer Person erlassen wurde, war daher der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Marktgemeinde Aschach einzustellen, weil eine juristische Person wie die Bw nicht Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens und damit auch nicht Adressatin einer bescheidmäßigen Ermahnung nach § 21 Abs 1 VStG sein kann.

 

 

Rechtssatz 2

 

VStG §21 Abs1

 

Die Auferlegung des Ersatzes von Barauslagen – wie den gegenständlichen Untersuchungskosten – im Rahmen des § 21 Abs 1 VStG wäre schon insofern nicht möglich, als die Ermahnung nach höchstgerichtlicher Auffassung keine Strafe darstellt (vgl mN aus der Rechtsprechung Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG - Verwaltungsstrafgesetz (2010), Rz 19 zu § 21 VStG; vgl dazu auch zB UVS OÖ 12.1.2007, VwSen-240597).

 

 

 

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