Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100930/12/Bi/Gr

Linz, 08.03.1993

VwSen - 100930/12/Bi/Gr Linz, am 8. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des M F, KStraße, L vom 2. November 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L vom 16. Oktober 1992, St9565/92-In, aufgrund des Ergebnisses der am 8. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 84 Stunden herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenersatz erster Instanz ermäßigt sich daher auf 400 S. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I) § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 20 VStG, § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 Zu II) §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion L hat mit Straferkenntnis vom 16. Oktober 1992, St9565/92-In, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 31. Juli 1992 um 19.50 Uhr in L auf der KStraße nächst dem Haus Nr. ein Fahrrad stadtauswärts gelenkt und am 31. Juli 1992 um 19.51 Uhr in L auf der KStraße nächst dem Haus Nr. trotz begründeter Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung (deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, schwankender Gang, undeutliche Sprache, deutliche Rötung der Augenbindehäute) und trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat verweigert hat. Gleichzeitig wurde ihm ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz von 800 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Am 8. März 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Vertreters der ersten Instanz Dr. Innreiter, des Zeugen Insp. L sowie der medizinischen Amtssachverständigen Dr. H durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei seit 17. Juli 1992 wegen mehrerer Krankheiten beim praktischen Arzt Dr. F W in Behandlung und habe seit diesem Zeitpunkt mehrere starke Medikamente nehmen müssen, sodaß er lediglich unter deren Einfluß gestanden sei. Er habe nur ein Seidel Most mit Almdudler aufgespritzt getrunken und sehr starke Tabletten eingenommen. Dr. W habe ihn erst im nachhinein darauf aufmerksam gemacht, daß diese Medikamente die Fahrtüchtigkeit beeinflussen. Er finde daher, daß diese Strafe zu Unrecht erfolgte. Dem Rechtsmittel beigelegt war eine ärztliche Bestätigung Dris. F W, praktischer Arzt in L KStraße vom 17. September 1992, wonach der Rechtsmittelwerber seit Juli 1992 an mehreren Krankheiten leidet und außerdem eine Neigung zu einer obstruktiven Atemwegserkrankung besteht, weshalb er bis Anfang September mit einer antiobstruktiven Therapie behandelt wurde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstinstanz und durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Demnach stellt sich der dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Sachverhalt so dar, daß der Rechtsmittelwerber am 31. Juli 1992 um 19.50 Uhr in Linz auf der K Straße Fahrtrichtung stadtauswärts ein Fahrrad gelenkt hat, wobei er vom Meldungsleger in Höhe des Hauses K Straße angehalten und aufgrund von Alkoholisierungssymptomen, wie insbesondere Geruch der Atemluft nach Alkohol, zum Alkotest mittels Alkomat aufgefordert wurde. Der Rechtsmittelwerber hat die Alkomatuntersuchung mit der Begründung verweigert, er sei mit einem Fahrrad unterwegs und da blase er nicht in den Alkomaten. Außerdem sei er bei einem Gespritzten nicht alkoholisiert. Er habe auch verschiedene Medikamente genommen, so auch für eine Schleimbeutelentzündung am rechten Ellbogen; im übrigen könne er aber nicht angeben, welche. Diese Schilderung des Vorfalles wurde auch durch die Zeugenaussage des Meldungslegers Insp. L im Rahmen der mündlichen Verhandlung sinngemäß bestätigt, wobei dieser noch ausführte, er habe den Rechtsmittelwerber über die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich einer Alkotestverweigerung aufgeklärt, jedoch sei dieser bei seiner Meinung geblieben, er müsse keinen Alkotest machen, weil er mit dem Fahrrad fahre. Der Zeuge konnte sich bei der mündlichen Verhandlung nicht mehr daran erinnern, ob er dem Rechtsmittelwerber angeboten habe, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen, jedoch ergibt sich aus der Anzeige eindeutig, daß der Rechtsmittelwerber eine amtsärztliche Untersuchung abgelehnt hat. Der Alkoholgeruch aus der Atemluft sei beim Gespräch aus einer Entfernung von einem halben bis einen Meter festgestellt worden und der Rechtsmittelwerber habe den zuvor stattgefundenen Konsum eines alkoholischen Getränkes zugegeben.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, daß die Schilderung des Vorfalles durch den Meldungsleger mit der des Rechtsmittelwerbers im wesentlichen übereinstimmt, sodaß diesbezüglich keine Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Meldungslegers bestehen. Die Aufforderung zur Durchführung einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat ist insofern rechtmäßig ergangen, als der Rechtsmittelwerber ein Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt und Alkoholisierungssymptome aufgewiesen hat, wobei er selbst in der Berufung angibt, er habe gegen die durch die Wirkung der eingenommenen Medikamente bedingte Mundtrockenheit kurze Zeit vorher ein Seidel Most mit Almdudler aufgespritzt konsumiert. Da es sich entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers bei Most um ein alkoholisches Getränk handelt, das im übrigen auch den aus der Atemluft bei normaler Gesprächsentfernung sicher feststellbaren Alkoholgeruch erklärt, macht dieser auch die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung nachvollziehbar.

Zur Frage, ob der Rechtsmittelwerber aufgrund des damaligen Gesundheitszustandes gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, eine Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat ordnungsgemäß durchzuführen, vertrat die medizinische Amtssachverständige die Auffassung, daß die genannten Erkrankungen keinen Einfluß auf die Durchführung einer ordnungsgemäßen Alkomatuntersuchung haben konnten. Die Mindestanforderungen zur Erzielung eines konkreten Meßergebnisses von 1,5 Liter Luftvolumen über eine Ausatmungszeit von 3 Sekunden seien ohne Kraftaufwand durch ein einmaliges Ein- und Ausatmen zustandezubringen. Eine Nichterfüllung der Mindestanforderung bedeute atemphysiologisch eine massive Lungenfunktionsstörung, dh eine schwere körperliche Behinderung, die anhand der auffälligen klinischen Symptomatik wie Atemnot, hörbares Pfeifen usw. auch für einen medizinischen Laien sofort erkennbar sei. Im gegenständlichen Fall lägen keine objektiven Hinweise für einen derart schlechten Gesundheitszustand beim Rechtsmittelwerber vor, der außerdem zuvor ein Fahrrad gelenkt habe, was mehr Kraftaufwand und Lungenvolumen erfordere, als die Bedienung des Alkomaten in Ruhe. Die obstruktive Atemwegserkrankung sei laut ärztlicher Bestätigung mit einer entsprechenden Therapie behandelt worden, sodaß relevante Atembeschwerden auszuschließen seien. Die vom Rechtsmittelwerber angeführten Beruhigungs- und Schlafmittel hätten keinen Einfluß auf die korrekte Durchführung einer Alkomatuntersuchung, jedoch sei besonders in Verbindung mit Alkohol mit einer verstärkten subjektiven Alkoholwirkung oder mit einer Unverträglichkeitsreaktion sowie mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit zu rechnen. Der Rechtsmittelwerber sei aber zum Zeitpunkt der Aufforderung aus gesundheitlichen Gründen in der Lage gewesen, die Atemalkoholuntersuchung ordngungsgemäß durchzuführen.

Dieser Auffassung schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat insofern an, als der Meldungsleger im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme bestätigt hat, ihm sei am Rechtsmittelwerber nichts außergewöhnliches aufgefallen. Dieser habe allerdings nur auf eine Schleimbeutelentzündung am rechten Ellbogen hingewiesen, nicht aber auf Atembeschwerden.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher zusammenfassend davon aus, daß gesundheitliche Rechtfertigungsgründe für eine Nicht-Durchführung der Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat beim Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest nicht vorgelegen haben und er somit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, daß gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 der Strafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S Geldstrafe und einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Gemäß § 20 VStG kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates hat der Rechtsmittelwerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubwürdig dargelegt, er sei zum Zeitpunkt des Vorfalles tatsächlich der Meinung gewesen, wenn er ein Fahrrad lenke, brauche er seine Atemluft nicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen und es könne ihn auch zu einem solchen Alkotest niemand zwingen. Der Rechtsmittelwerber hat nie eine Lenkerberechtigung erworben und daher auch keine entsprechende Ausbildung absolviert. Er weist drei aus dem Jahr 1989 stammende Vormerkungen nach den EGVG auf, jedoch keine einschlägige Vormerkung im Hinblick auf Alkohol im Straßenverkehr. Aus diesem Grund ist zumindest im Zweifel von einem geringeren Verschulden auszugehen als von der Erstinstanz angenommen, wobei dem Rechtsmittelwerber mittlerweile bekannt ist, daß auch ein Radfahrer an die Bestimmungen des § 5 der StVO gebunden ist. Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Rechtsmittelwerber mehr getrunken hat, als die angegebene Alkoholmenge. Mildernd war außerdem zu berücksichtigen, daß der Vorfall in einer Wohnstraße stattgefunden hat - der Rechtsmittelwerber ist dem Meldungsleger beim Überqueren der in der Karl-Steiger-Straße befindlichen Bodenschwellen aufgefallen -, sodaß davon auszugehen ist, daß im Zustand des Rechtsmittelwerbers die mögliche Eigengefährdung wesentlich höher ist, als die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Insgesamt gesehen überwiegen die angeführten Milderungsgründe beträchtlich, zumal erschwerend auch nach Auffassung der Erstinstanz kein Umstand zu berücksichtigen war. Die Anwendung des § 20 VStG war daher gerechtfertigt, sodaß insgesamt von einem Strafrahmen von 4.000 S bis 50.000 S auszugehen war. Die Verhängung der Mindeststrafe wurde aus den schon dargestellten Überlegungen und auch deshalb, weil es sich bei der gegenständlichen um die erste Alkoholübertretung im Straßenverkehr handelt, für noch gerechtfertigt erachtet. Der Rechtsmittelwerber bezieht Notstandshilfe und hat weder Vermögen noch Sorgepflichten.

Der Mindeststrafe im Hinblick auf § 20 VStG entspricht auch die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe mit 84 Stunden, ds dreieinhalb Tage.

Insgesamt soll die verhängte Strafe dem Rechtsmittelwerber in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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