Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166160/9/Bi/Kr

Linz, 21.11.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vom 29. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 7. Juni 2011, VerkR96-7121-2010/Pos, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 17. November 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die übertretene Norm auf "§ 116 Abs.1 KFG 1967" korrigiert wird. Die Geldstrafe wird auf 250 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt.

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 25 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z2 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 108 Abs.2 iVm 117 Abs.1, 116 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 365 Euro (6 Tagen EFS) verhängt, weil er am 31. Oktober 2010 um 9.20 Uhr in 4020 Linz, X, Fahrschule "X", im Rahmen eines Fahrkurses als Fahrlehrer Bewerbern um eine Lenkberechtigung theoretischen Unterricht erteilt bzw Bewerber im theoretischen Unterricht ausgebildet habe, obwohl er als Fahrlehrer nur zur Erteilung von praktischem Unterricht (Schulfahrten iSd § 114 KFG) befugt gewesen wäre. Es sei festgestellt worden, dass er vor 22 Fahrschülern aus dem Frageprogramm für die theoretische Fahrprüfung vorgetragen habe und kein Fahrschullehrer anwesend gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. November 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw sowie des Anzeigers X, PI Lenaupark, durchge­führt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, auf seine im Einspruch dargelegten Argumente sei nicht eingegangen worden. Er bezweifle aber, dass 22 Schüler in der Lage seien, an 2 bereits von 2 Schülern besetzten Computern zu üben, zumal es nur 2 Übungscomputer gebe. Es seien nur Prüfungsfragen gelesen worden und es mache keinen Unterschied, ob an der Wand oder am PC. Er erblicke keine nachteiligen Folgen, wenn Prüfungsfragen gelesen würden, ohne dazu einen Kommentar abzugeben. Außerdem seien keine Umstände strafmildernd gewertet worden, obwohl er verwaltungsstrafrechtlich und nach StGB unbescholten sei. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt und der Anzeiger unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Anzeiger betrat zum oben genannten Zeitpunkt die Fahrschule aufgrund eines konkreten Auftrages, diese zu überprüfen und erhielt die Auskunft, dass gerade ein Kurs stattfinde. Durch die offene Tür konnte er im Unterrichtsraum sitzend 22 Schüler wahrnehmen, die in schulähnlicher Formation einer zunächst von außen nicht sichtbaren Person zuhörten, die türkisch sprach. Der Anzeiger nahm die Situation ca 2 Minuten lang wahr und betrat dann den Raum, wobei er neben der Tür den Bw sitzen sah, der als Einziger sprach und mittels Beamer einen in türkischer Sprache gehaltenen Text an die Wand projiziert hatte. Anhand von für ihn verständlichen Wortfetzen war für den Anzeiger erkennbar, dass es sich dabei um die Frage Nr.686 aus dem Programm für die theoretische Fahrprüfung, betreffend den Themenkreis "allgemeine Fahrordnung", handelte, was ihm auch der Bw nachher bestätigte. Dem Anzeiger fiel auch auf, dass die anwesenden Personen nicht im Sinne eines Frage-Antwort-Verhaltens kommuni­zierten, sondern bis zum Erscheinen des Anzeigers allein der Bw sprach.

Der Anzeiger ersuchte um kurze Unterbrechung für eine Kontrolle und verlangte einen Ausweis, worauf der Bw seinen Fahrlehrerausweis vorwies. Gefragt, warum er als Fahrlehrer einen Kurs halte, erklärte der Bw, er mache das nur kurz in Vertretung, weil der Fahrschullehrer kurzfristig verhindert sei. Er begann auf Ersuchen des Anzeigers, der zuständige Fahrschullehrer möge kommen, zu telefonieren.

Um 9.33 Uhr (laut den Aufzeichnungen des Anzeigers) kam die Gattin des Bw, die die Frage des Anzeigers, ob sie die Fahrschullehrerin sei, zunächst bejahte, dann aber ebenfalls einen Fahrlehrerausweis vorzeigte – der Bw erklärte das als Missverständnis.

Nach den Aufzeichnungen des Anzeigers um 9.46 Uhr kam Herr X in die Fahrschule und wies sich mit einem Fahrschullehrerausweis aus. Er erklärte, er habe in der Fahrschule in Traun zu tun gehabt, wo ein Erste-Hilfe-Kurs stattfinde, und sei daher für den (Außen-)Kurs in Linz, der eigentlich um 9.00 Uhr beginne, kurzfristig verhindert gewesen.

Nach den Aussagen des Anzeigers haben alle dort anwesenden Personen türkisch gesprochen und auch die Fahrschüler seien seinem Eindruck türkisch-sprachig gewesen; auch der an die Wand projizierte Text sei in türkischer Sprache gewesen. Da der Bw erwähnt habe, er fungiere als Dolmetscher, habe er Herrn Kurt gefragt, ob er türkisch spreche, was dieser mit der Bemerkung bejaht habe, er sei in der Türkei geboren. Der Anzeiger bestätigte in der Berufungsver­handlung, er habe die Erforderlichkeit eines Dolmetschers nicht erkennen können. 

 

Der Bw gab in der Berufungsverhandlung an, ihm sei um 9.00 Uhr ein Fahrschüler ausgefallen, sodass er in die Fahrschule gegangen sei. Dort habe sich herausgestellt, dass Herr X, der den Kurs um 9.00 Uhr hätte halten sollen, verhindert sei, weshalb er sich in den Unterrichtsraum begeben habe, um dort für die anwesenden 24 Fahrschüler, denen nur 2 Übungscomputer zur Verfügung gestanden seien, die Fragen vorzulesen, die mittels Beamer an die Wand projiziert worden seien. Er habe nur einen türkischen Text vorgelesen und meine, das sei nicht als Unterricht zu sehen. Das Vorlesen habe vor dem Erscheinen des Anzeigers gerade einmal 5 Minuten gedauert, der Kurs hätte plangemäß um 9.00 Uhr beginnen sollen. Das sei alles nur Zufall gewesen; ihm sei das nicht bewusst geworden, er habe seinen Fahrlehrerausweis damals erst kurz gehabt. Auf das Ersuchen des Anzeigers habe er telefoniert, aber das Erscheinen seiner ebenfalls als Fahrlehrerin in der genannten Fahrschule beschäftigten Gattin und des Fahrschullehrers sei Zufall gewesen. Diese seien nicht auf seine Telefonate hin gekommen; der Fahrschullehrer habe sich schon auf dem Weg befunden.

Der Anzeiger hat hingegen – zeitlich absolut nachvollziehbar – ausgeführt, man brauche für den Weg von der Fahrschule in X nach Linz nicht so lange, nach seinem Eindruck sei Herr X nur auf das Telefonat des Bw hin erschienen.    

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, zuwiderhandelt.

Gemäß § 108 Abs.2 KFG 1967 dürfen Bewerber um eine Lenkberechtigung und Besitzer einer Lenkberechtigung im Rahmen des Betriebes einer Fahr­schule nur durch deren Besitzer, sofern er die Voraussetzungen des § 109 erfüllt, durch einen Leiter (§ 113 Abs. 2 bis 4), durch Fahrschullehrer (§ 116) und durch Fahrlehrer (§ 117) ausgebildet oder weitergebildet werden.

 

Dem Bw wurde mit Bescheid der BH Linz-Land vom 21. Juli 2009, VerkR22-11-11-2009, gemäß § 117 Abs.1 KFG 1967 die Berechtigung erteilt, als Fahrlehrer für die Klasse B an einer Fahrschule praktischen Fahrunterricht zu erteilen. Von einer Berechtigung im Sinne des § 116 Abs.1 KFG, als Fahrschullehrer an einer Fahrschule theoretischen und praktischen Unterricht zu erteilen, steht in diesem Bescheid nichts. Damit war – auch vom Bw unbestritten – davon auszugehen, dass er am 31. Oktober 2009 lediglich berechtigt war, in der Fahrschule "X", X, als Fahrlehrer praktischen Fahrunterricht zu erteilen (Fahr­lehrer­ausweis vom 9. September 2009).

 

Wikipedia.de definiert den Begriff "Unterricht" als ein Interaktions­geschehen, bei dem Individuen unter pädagogischer Begleitung in planmäßig initiierten und geführten Lernprozessen zum Ziele ihrer Qualifikation, Personalisation und Sozialisation ausgewählte Inhalte von Kultur aufnehmen und weiterentwickeln. Fahrschulunterricht ist demgemäß zu sehen als fach-spezifische Wissens­vermittlung mit dem Zweck, eine Lenkberechtigung zu erlangen, wobei der Fahrschullehrer im Sinne des § 116 Abs.1 KFG 1967 entsprechend qualifiziert sein muss (Reifeprüfungszeugnis und fünf Jahre Praxis als Fahrlehrer innerhalb der letzten acht Jahre vor dem Antrag) und darunter nicht nur die erstmalige Vermittlung einschlägiger rechtlicher Bestimmungen sondern auch die Reflexion dieser Wissensinhalte – naturgemäß mit dem Zweck, diese nachhaltig zu verinnerlichen – im Zuge von näheren Erläuterungen, vertiefenden Wieder­holungen und Übungen – selbstverständlich auch unter Zuhilfe­nahme technischer Geräte – fällt.

 

Der Bw bestreitet nicht, vor 22 oder nach seinen Aussagen auch 24 Fahrschülern kurzfristig vertretungsweise für den nicht erschienenen Fahrschullehrer die Prüfungsfrage betreffend den Themenkreis "allgemeine Fahrordnung" dargelegt, erörtert bzw im konkreten Fall in Anwesenheit des Anzeigers vorgelesen zu haben, meint aber, diese Tätigkeit falle nicht unter den Begriff "Unterricht".

 

Dieser Ansicht vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat nicht anzu­schließen. Der Anzeiger hat seine Wahrnehmungen damit umschrieben, er habe den Bw etwa zwei Minuten lang als einzige Person in türkischer Sprache reden gehört und beim Betreten des – auch von der von ihm im Sekretariat ange­troffenen Dame als solches bezeichneten – Unterrichtsraumes gesehen, dass dieser einen in türkischer Sprache gefassten Text an die Wand projiziert hatte, während die in Unterrichtsformation platzierten Schüler ihm zuhörten. Als Thema seiner Dar­legun­gen hat der Bw dem Anzeiger gegenüber die "allgemeine Fahrordnung", vom Anzeiger als Prüfungsfrage 686 zugeordnet, genannt.

 

Da alle Anwesenden – unbestritten – türkisch-sprachig waren und der Anzeiger nach seinen glaubwürdigen Schilderungen auch keinerlei Über­setzungs­tätigkeit des Bw wahrgenommen hat, scheidet eine Tätigkeit als Dolmetscher aus. Auch beim späteren Erscheinen des an sich ab 9.00 Uhr zuständigen Fahrschullehrers wäre keine Übersetzung durch den Bw erforderlich geworden, weil auch dieser türkisch-sprachig ist – all dies blieb bestritten.

Damit hat der Bw ohne jeden Zweifel seine Befugnisse als Fahrlehrer überschritten. Als Fahrlehrer hätte er in der Fahrschule nicht gegenüber Schülern Unterricht in irgendeiner Form halten dürfen – darunter fällt auch das Verbot jeglicher Wieder­holung von Prüfungs­fragen, selbst wenn es wegen des Zu-Spät-Kommens des an sich eingeteilten Fahrschullehrers und des Entfalls einer Fahrstunde, wie der Bw dargelegt hat, von ihm "gut gemeint" gewesen sein sollte.        

 

Der Bw hat sich auf das Erkenntnis des UVS Oö. vom 20. Jänner 2000, VwSen-106680/29/Br/Bk, berufen und die dort erfolgte Verfahrens­­einstellung auch auf den gegen ihn ergangenen Tatvorwurf bezogen geltend gemacht. Im dem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall war aber auch aufgrund der Wahrnehmungen des damaligen Anzeigers eindeutig von einer bloßen Übersetzungs­tätigkeit des beschuldigten Fahrlehrers in die kroatische Sprache in ständiger Anwesenheit eines aktiv serbokroatisch vortragenden Fahrschullehrers auszugehen, die beim Bw, wie in der Berufungsverhandlung ausführlich erörtert, ausdrücklich nicht gegeben war, zumal dieser als einziger der Fahrschule zuzuordnen war und allein in Anwesenheit einer größeren Zahl von Fahrschülern Lehrinhalte in türkischer Sprache vortrug.

 

Damit hat der Bw ohne Zweifel den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. 

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1957 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für  den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw weist eine Vormerkung wegen Übertretung der StVO aus dem Jahr 2007 auf, die zwar knapp noch nicht getilgt, aber von eher unterge­ordneter Bedeutung ist, sodass im Ergebnis quasi Unbescholtenheit anzunehmen ist. Zur vom Bw behaupteten "kurzen" Dauer seiner Vertretung liegt kein dezidierter Beweis vor. Insgesamt war auch aufgrund der längeren Verfahrensdauer eine Herabsetzung der verhängten Strafe gerechtfertigt; die Einkommensschätzung hat der Bw nicht korrigiert. Die nunmehr gemäß § 19 VStG neu bemessene Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzliche Strafrahmens und hält general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis dazu bemessen.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Fahrlehrer – Vortrag in türkischer Sprache ohne Übersetzungstätigkeit -> bestätigt, Strafherabsetzung wegen quasi Unbescholtenheit + längerer Verfahrensdauer

 

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