Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166322/7/Br/Th

Linz, 08.11.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Dr. X u. Mag. Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom  27. Juni 2011, Zl.: VerkR96-4401-2011, nach der am 31. Oktober 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden für das Berufungsverfahren 44 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II.:  § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, wegen der Übertretung nach § 82 Abs.8, 2. Satz iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 220 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wider sie folgender Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben es als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen, dieses länger als einen Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich verwendet, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG ist nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Das KFZ wurde am 17.09.2010 (Zulassungsdatum des Pkw) in Österreich eingebracht. Sie haben Ihren Hauptwohnsitz in Österreich und haben das KFZ zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort verwendet.

Tatort:         Gemeinde Ostermiething, Landesstraße Ortsgebiet, Mühlen-                    Landesstraße,   Nr. 1007 bei km 2.325.

Tatzeit:        05.05.2011, 10:55 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 82 Abs. 8 2 Satz KFG

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, MERCEDES-BENZ CLK, schwarz."

 

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:

"Die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind aufgrund der vorliegenden Anzeige der Polizeiinspektion Ostermiething vom 13.05.2011, GZ:A1/0000008621/01/2011, festgestellt und als erwiesen anzusehen.

 

Der Akteninhalt wurde Ihnen mit Schreiben vom 25.05.2011 nachweislich zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hiezu binnen einer Frist von 14 Tagen, ab Zustellung, Stellung zu nehmen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntzugeben. Gleichzeitig wurden Sie darauf hingewiesen, dass, sollte eine diesbezügliche Äußerung nicht erfolgen, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ohne die weitere Anhörung fortgeführt werden wird.

 

Mit Schreiben vom 01.06.2011 rechtfertigten Sie sich im wesentlichen dahingehend, dass Sie nicht der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X wären.

 

Gemäß § 82 Abs.8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

 

Zuzug aus dem Ausland liegt nur dann vor, wenn eine Anmeldung mit Hauptwohnsitz erfolgt und der frühere Wohnsitz im Ausland lag. Die Anmeldung mit weiterem Wohnsitz stellt keinen Zuzug dar, da ja der Mittelpunkt des Lebensinteressen weiterhin im Ausland liegt.

Der Meldepflichtige bestätigt mit seiner Unterschrift die sachliche Richtigkeit der Meldedaten. Diese Garantiefunktion der Unterschrift ist im Meldezettel ausdrücklich vermerkt.

 

Aus den Meldedaten geht hervor, dass Sie sich am 06.12.1999, Ihre X, geb. X, mit 20.09.1989, welche Zulassungsbesitzerin vom gegenständlichen Kraftfahrzeug ist, X, geb. X mit 26.11.2001 und Tochter X, geb. X mit 11.11.2009 X angemeldet haben und als Wohnsitzqualität Hauptwohnsitz angeführt wurde.

 

Da aus den Meldedaten eindeutig hervorgeht, dass Sie und Ihre Familie den Hauptwohnsitz in Österreich haben und Sie in Ihrer Behauptung lediglich anführten nicht der Zulassungsbesitzer zu sein, ist es Ihnen nicht gelungen einen Gegenbeweis zum obigen Tatvorwurf anzutreten.

 

Sie haben daher die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass Grundlage hiefür gem. § 19 VStG idgF. stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Der Strafrahmen reicht bei § 134 Abs. 1 KFG bis zu 5.000 Euro.

 

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung vom 25.05.2011 nicht bekannt gegeben haben, wurde bei der Bemessung der Strafe von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (ca. 1.200 Euro mtl. Nettoeinkommen, kein Vermögen, 1 Sorgepflicht) ausgegangen.

 

Strafmildernd war Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Straferschwerende Gründe lagen keine vor.

 

Das angewandte Strafausmaß ist dem Unrechtsgehalt der Übertretung(en) angepasst und schuldangemessen."

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner durch dessen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung mit nachfolgendem Inhalt:

"Der Beschuldigte gibt bekannt, dass er mit ihrer Vertretung die Kanzlei Dr. X - Dr. X, RA in X, beauftragt und bevollmächtigt hat. Die einschreitenden Vertreter berufen sich auf die erteilte Vollmacht.

 

Gegen das Straferkennntis der BH Braunau am Inn vom 27.06.2011, VerkR96-4401-2011, zugestellt am 05.08.2011, wird in offener Frist

 

BERUFUNG

 

erhoben. Das angeführte Straferkenntnis wird in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten, dessen ersatzlose Aufhebung und die Einsteilung des VerwaltungsstrafVerfahrens beantragt.

 

Begründung

 

Der Beschuldigte hat seinen Hauptwohnsitz in Deutschland an der Anschrift X. Dieser Wohnsitz stellt den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen dar.

 

Die Familie X (X, dessen Ehegattin X, die beiden Kinder X geb. X und X geb. X) besitzt dort ein Wohnhaus. Grundbücherliche Eigentümerin dieser Liegenschaft (Flurnummer 1045/1 der Gemarkung X, Grundbuchsamt X) ist die Ehegattin X. Die Benutzung der Liegenschaft steht den in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten X gemeinsam zu, was in Band 17 Blatt 822 Grundbuch von X in der Zweiten Abteilung der Grundbuchseintragung ausgewiesen ist. X ist dort seit 09.10.2000 mit alleiniger Wohnung gemeldet

Das Fahrzeug, dessen Zulassungsbesitzerin die Ehegattin X ist, wird überwiegend von dort aus benützt und fallweise auch dem Ehegatten X von dort aus zur Verwendung überlassen.

 

Als dauernder Standort eines Fahrzeuges gilt gem. § 40 (1) 2. Satz KFG der Hauptwohnsitz derjenigen Person, welche die Zulassung des Fahrzeuges beantragt. Das Fahrzeug gegenständliche Fahrzeug mit dem Kennzeichen X ist auf die Ehegattin X zugelassen. Sie hat ebenso wie die gesamte restliche Familie X ihren Hauptwohnsitz in X.

 

Die Wohnsitzqualität in X als Mittelpunkt der Lebensinteressen der Familie X wurde bereits in einem gleichgelagerten Fall vom UVS Oberösterreich mit Erkenntnis vom 12.04.2010, VwSen-164891/6/Br/TH, festgestellt.

 

Da der Beschuldigte als Ehegatte und Familienvater seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit seinen Hauptwohnsitz in Deutschland hat und das gegenständliche Fahrzeug von der Zulassungsbesitzerin überwiegend von Deutschland aus verwendet wird, ist § 82 (8) KFG nicht anwendbar. Es liegt kein strafbares Verhalten des Beschuldigten vor.

 

Daran ändert es auch nichts, dass der Beschuldigte am 06.12.1999 einen weiteren Wohnsitz in Österreich, X, angemeldet hat. Dieser Wohnsitz stellt lediglich einen Zweitwohnsitz dar und bildet nicht den überwiegenden Lebensmittelpunkt der Familie X, die sich mit Einzugsdatum 09.10.2000 allesamt (Sohn X war damals noch nicht geboren) in X als Hauptwohnung angemeldet und diese bezogen hat.

 

Aus den dargelegten Gründen ist es auch unrichtig, wenn im Straferkenntnis davon ausgegangen wird, das Fahrzeug sei mit Zulassungsdatum 17.09.2010 nach Österreich eingebracht worden. Das Zulassungsdatum steht damit in keinerlei Zusammenhang.

Beweis:  Anmeldebestätigung Meldebehörde X vom 09.10.2000 Meldebescheinigung X Grundbuchsauszug des Grundbuchsamtes X Zeuge: X, X, X, X

 

Braunau, am 16.08.2011                                                                                          X"

 

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung.  Auszugsweise verlesen wurden auch die der Berufungsbehörde von der Finanzverwaltung übermittelten Dokumente und die daraus hervorleuchtende Rechtsauffassung über die Standortvermutung eines KFZ

Als Zeugen wurden einvernommen der Anzeigeleger, RevInsp. X u. BezInsp. X als stellvertretender Kommandant der Polizeiinspektion Ostermieting.

Der Berufungswerber war aus beruflichen Gründen verhindert an der Berufungsverhandlung teilzunehmen. Als seine persönliche Vertreterin erschien seine  Ehefrau X, welche aus Auskunftsperson befragt wurde. Ein Vertreter der  Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.

Betreffend den Berufungswerber wurde eine Meldeanfrage (ZMR-Anfrage) und fernmündlich bei der Gemeinde u. Volksschule betreffend den Schulbesuch des mj. Sohnes des Berufungswerbers gestellt.

 

 

4. Sachverhalt:

Die Ehefrau des Berufungswerbes, X, geb. X, ist deutsche Staatsbürgerin und laut den vorgelegten Beweismittel die Käuferin und Eigentümerin des fraglichen Mercedes. Dieser ist auf das Kennzeichen X  an der Adresse Ehefrau des Berufungswerbers angemeldet (Beilagen 1 bis 3).

Sie ist Eigentümerin eines Hauses im grenznahen Deutschland, Adresse: X.

In diesem Haus ist die Tochter des Berufungswerbers X und die pflegebedürftige Mutter der Ehefrau des Berufungswerbers  wohnhaft. Laut eigenen Angaben ist X dort auch mit Hauptwohnsitz gemeldet. Laut h. Meldedaten scheint der Wohnsitz in X seit 2009 als Hauptwohnsitz auf (Beilage 2 und AS 17).

Auch der Berufungswerber ist an dem in seinem Eigentum stehenden Haus  in X, X als Hauptwohnsitz angeführt. Er ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. X, Einlagezahl: X, der Katastralgemeinde X, Nr. X (Abfrage der DKM via System Doris).

An dieser Adresse ist ebenfalls der am 15.11. 2001 geborene mj. X mit Hauptwohnsitz gemeldet, welcher  laut Mitteilung der Gemeinde und Schule dzt. die 4. Klasse der Volksschule X besucht.

 

 

4.1. Gemäß den Ausführungen von Frau X im Rahmen der Berufungsverhandlung  arbeitet der Berufungswerber als Bäckermeister in Salzburg. Den Weg zur Arbeitsstelle bewerkstelligt er regelmäßig mit dem in Deutschland zugelassenen Pkw seiner Ehefrau.

Selbst wenn gemäß den Angaben der Ehefrau die Fahrt nach Salzburg gelegentlich auch vom gemeisamen Nebenwohnsitz in Deutschland angetreten werden mag, wird damit keineswegs die Vermutung des Standortes dieses KFZ in X widerlegt. Ganz im Gegenteil wird vielmehr diese Vermutung von der Ehefrau des Berufungswerbers selbst untermauert.

Da die Familie X offenbar lediglich über dieses Kraftfahrzeug verfügt und der Berufungswerber laut Angabe seiner Ehefrau im Rahmen der Berufungsverhandlung den Pkw für die Fahrt zu seinem Arbeitsplatz in Salzburg – als Bäckermeister bereits um zwei Uhr morgens – überwiegend verwendet, erachtet die Berufungsbehörde dessen Standort in Österreich nicht bloß als zu vermuten, sondern vielmehr als erwiesen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat übersieht andererseits jedoch keineswegs, dass die Familie X aus durchaus begreiflichen finanziellen Interessen an der deutlich günstigeren Fahrzeuganschaffung und Fahrzeughaltung (Normverbrauchsabgabe, deutlich höhere motorbezogene Versicherungssteuer), das Familienfahrzeug in Deutschland lociert darzustellen sucht.

Nicht zuletzt wird der Fahrzeugstandort in X auch in der Zeugenaussage des BezInsp. X erhärtet, welcher diesen Pkw in jüngerer Vergangenheit in der Garageneinfahrt abgestellt in Erinnerung hatte. Nicht zuletzt muss im Umstand des Schulbesuches des mj. Sohnes des Berufungswerbers in X auch der familiäre Lebensmittelpunkt dort als evident gelten. Wenn sich die Zulassungsbesitzerin (Fahrzeughalterin) schließlich  mit dem Schreiben an das Finanzamt vom 21.7.2011, angeblich ab Jänner 2010 an der Adresse ihres Hauses in X hauptwohnansäßig meldete, ist wohl auch daraus schon das Motiv der günstigeren Fahrzeuganschaffung u. Haltung in Deutschland abzuleiten. Durchaus unlogisch wäre es letztlich, wenn eine Mutter sich nicht überwiegend am Schulort ihres mj. Kindes aufhalten würde. Letztlich kann es auf sich bewenden, inwieweit objektiv betrachtet nicht auch die Ehefrau des Berufungswerbers der Mittelpunkt ihres Lebensinteresses X zuzurechnen wäre. Der Schulort ihres Kindes scheint dies zu bekräftigen. 

Dem Anzeigeleger RevInsp. X konnte demnach in seiner Beurteilung der von ihm im Zuge der Anzeigeerstattung gepflogenen Recherchen gefolgt werden.

Wenn schließlich drei Personen mit Hauptwohnsitz an einer österreichischen Adresse gemeldet sind und der Familienvater in Österreich als Bäcker arbeitet, wobei er auf Grund der frühen Morgenstunden des Arbeitsbeginns typischer Weise die Strecke nach Salzburg nur mit dem Pkw zurücklegen kann, würde letztlich jede von seinem und dem Hauptwohnsitz seines mj. Kind abweichende  Fahrzeugstandortvermutung geradezu lebensfremd und den logischen Denkgesetzen widersprechend anmuten.

Wenn der Berufungswerber schließlich auf das h. Erk. vom 12.04.2010, Zl.: VwSen-164891/6/Br verweist, worin als Mittelpunkt der Lebensinteressen der Familie X X festgestellt worden sei, ist dem entgegen zu halten, dass einerseits eine diesbezügliche rechtswirksame Feststellung im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht möglich ist. Andererseits hat sich der Hinweis auf "die Liegenschaft der Famile X in X" lediglich um die Glaubhaftigkeit des Standortes des Motorrades der tatsächlich in X mit Hauptwohnsitz gemeldeten und dort wohnhaften Tochter X gehandelt. In deren Berufungsfall ist daher von einer rechtmäßigen Anmeldung des Motorrades der Rechtsmittelwerberin in Deutschland ausgegangen worden. Die Verwendung eines Motorrades ist einerseits jahreszeitbedingt eingeschränkt und dient weniger der Deckung des Mobilitätsbedarfes, sondern ist vielmehr der Freizeitmobilität und sportlichen Motiven zuzuordnen. Daher war mit diesem Hinweis für den Berufungswerber hier nichts zu gewinnen.

Auf Grund der hier erwiesenen Tatsachen geht daher die Berufungsbehörde sowohl vom überwiegenden Stand- als auch Verwendungsort dieses Kraftfahrzeuges in Österreich aus. Der Beweis des tatsächlichen Fahrzeugstandortes in Deutschland ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

Mit der Fahrzeuganmeldung durch seine Ehefrau als deutsche Staatsbürgerin mit ebenfalls einem Haus und Wohnsitz in Deutschland, werden offensichtlich die in Österreich deutlich höheren Fahzeuganschaffungs- und Betriebskosten zu umgehen versucht.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 82 Abs.8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Aufgrund dieser Rechtslage sind demnach Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen.

Dieser Gegenbeweis wurde hier nicht erbracht.

Selbst der Blick auf gemeinschaftsrechtliche Überlegungen vermögen den Berufungswerber in seinem Rechtsstandpunkt nicht unterstützen (vgl. EuGH v. 15.12.2005, C-151/04 und C-152/04).

Die von einem belgischen Gericht betreffend das oben zitierte Urteil gestellte Vorlagefrage lautete dahingehend, "ob die Artikel 10 EG, 39 EG, 43 EG und 49 EG der einem Gebietsansässigen in einem ersten Mitgliedstaat auferlegten Verpflichtung entgegenstehen, in diesem Staat ein Firmenfahrzeug zuzulassen, das ihm von der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft, bei der er beschäftigt ist, überlassen wird, wenn der Beschäftigte, der einen Arbeitsvertrag besitzt, außerdem Aktionär oder aber Mitglied des Verwaltungsrats oder Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist."

Nicht vergleichbar stellt sich hier die Frage ob das dem Ehegatten von seiner Ehefrau als deutsche Staatsbürgerin an deren Liegenschaft in Deutschland zugelassene und dem Ehemann für die weitenstehende Verwendung dieses KFZ Österreich überlassenen wurde und damit die Stadortvermutung widerlegt gelten könnte.

Die zur Klärung der Standortvermutung iSd § 82 Abs.8 KFG 1967 ergangene Judikatur ist vom Grundsatz bestimmt, dass diese Bestimmung als lex Spezialis zu § 40 Abs.1 KFG (Zulassung eines Kraftfahrzeuges), dass "als dauernder Standort eines KFZ der Hauptwohnsitz des Antragstellers gilt" (VwGH 28.10.2009, 2009/16/0107).

Dies setzt Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus. Wie oben festgestellt ist hier als überwiegende Art der Verwendung im Fahrzweck des Berufungswerbers zum Arbeitsplatz zu sehen, wobei dies, wenngleich gelegentlich auch vom Zweitwohnsitz in Deutschland geschehen mag, vom Hauptwohnsitz der Familie in X anzunehmen ist.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung des § 82 Abs.8 KFG 1967 ferner  entscheidend, wer derartige Fahrzeuge im Inland verwendet. Die kumulative Erfüllung der Voraussetzung, dass das Fahrzeug auch von einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht (das heißt physisch über die Staatsgrenze gebracht) wird, ist demnach unbeachtlich. Dies entspricht auch dem Telos von § 82 Abs.8 leg.cit., weil es andernfalls durch das bloße Überstellen des Fahrzeuges in das Bundesgebiet durch eine Person, die über keinen Hauptwohnsitz im Inland verfügt, möglich wäre, die inländische Zulassungspflicht nach dieser Gesetzesbestimmung zu umgehen.

Die subjektiven Interessen ein Fahrzeug möglichst steuergünstig zu erwerben und zu betreiben treten demnach gegenüber den hier betroffenen öffentlichen Interessen zurück.

Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung des § 82 Abs.8 leg.cit. in der hier anzuwendenden Fassung offensichtlich davon ausgegangen, dass die Einbringung jedenfalls für jene Person(en) erfolgt, die das Fahrzeug sodann im Bundesgebiet verwendet bzw. verwenden (so VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025, mit Hinweis auf VwGH 21.5.1996, 95/11/0378 und Gurtner/Herger, SWK 2005, 543ff).

Dies tut hier der der Berufungswerber mit seinem Hauptwohnsitz in Österreich in Verbindung mit der Bewältigung der Fahrt zu seinem ebenfalls in Österreich gelegenen Arbeitsplatz.

Zuletzt wird diese Auslegung auch vom rechtspolitisch wohl legitimen Interesse gestützt, nämlich im Inland verwendete Fahrzeuge dem inländischen Steuerregime mit der Einführung des Auffangtatbestandes in § 1 Z3 NoVAG, durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/1999  einzubeziehen (vgl. VwGH 27.1.2010, 2009/16/0107 mwN).

Abschließend sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat auch zur Feststellung veranlasst, in der mit der durch die Judikatur geübten Auslegung des § 82 Abs.8 KFG kein in die Verfassungssphäre greifende Unsachlichkeit, nämlich in Form des Eingriffes in den Gestaltungsfreiraum (die Disposition über den Ort der Zulassung eines KFZ) erblicken kann (s. VfSlg. 16022).

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Mit Blick auf das mit 2.500 Euro schätzungsweise anzunehmen gewesene Monatseinkommen, den Vermögens- u. Familienverhältnissen des Berufungswerbers, kann unter weiterer Bedachtnahme auf den bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen, in der hier ausgesprochenen Geldstrafe ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Diese an sich milde bemessene Strafe scheint vielmehr geboten um die Zulassung des Kraftfahrzeuges mit Standort in Österreich der Rechtslage entsprechend zu veranlassen.

 

 

Der Berufung musste  demnach sowohl im Schuld- als auch im Strafausspruch ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Standortvermutung eines Kraftfahrzeuges

 

VwSen-166322/7/Br/Th vom 8. November 2011

 

Erkenntnis

 

KFG 1967 §82 Abs8

 

Die Standortvermutung iSd § 82 Abs 8 KFG gilt auch dann nicht widerlegt, wenn eine mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratete deutsche Staatsbürgerin mit Wohnsitz (Haupt- bzw Nebenwohnsitz) in Deutschland, deren dort angemeldetes KFZ (PKW) ihrem Ehemann, der – ebenso wie ihre Familie – seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, regelmäßig für die Fahrt zum Arbeitsplatz in Österreich überlässt.

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 11. September 2013, Zl.: 2012/02/0011-5

 

 

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