Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252793/6/Py/Hu

Linz, 28.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. März 2011, GZ: 0043009/2010, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. März 2011, GZ: 0043009/2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz fünf Geldstrafen zu 4.000 Euro (zu Faktum 1. bis 3., Ersatzfreiheitsstrafen je 27 Stunden), 6.000 Euro (zu Faktum 4., Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) und 10.000 Euro (zu Faktum 5., Ersatzfreiheitsstrafe 67 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 2.800 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaberin der Firma x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von Ihnen als Arbeitgeber im Lokal 'x', x, die nachfolgend angeführten ausländischen Staatsbürgerinnen als Tänzerinnen und Animierdamen gegen Entgelt – Anteil an verkauften Getränken von € 6,00 bis € 50,00 pro Getränk – zu den jeweils angeführten Zeiten beschäftigt wurden, obwohl Ihnen für diese Arbeitnehmerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder die Ausländerinnen weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzen:

  1. Frau x, geboren x, gemeldet x, rumänische Staatsangehörige, beschäftigt seit 28.08.2010,
  2. Frau x, geboren x, gemeldet x, ungarische Staatsangehörige, beschäftigt seit 25.08.2010,
  3. Frau x, geboren x, gemeldet x, rumänische Staatsangehörige, beschäftigt seit 23.08.2010 bis zumindest am 25.08.2010
  4. Frau x, geboren  x, gemeldet x, rumänische Staatsangehörige, beschäftigt seit 28.04.2010 bis zumindest am 25.08.2010 und
  5. Frau x, geboren x, gemeldet x, tschechische Staatsangehörige, beschäftigt seit 11.12.2008 bis zumindest am 25.08.2010 (teilweise verjährt)."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die ausländischen Damen allesamt an der Adresse x, gemeldet waren. Deren Aussagen gegenüber den Polizeibeamten erscheinen der Behörde durchaus glaubwürdig. Die Ausländerinnen waren sowohl organisatorisch in den Betriebsablauf eingegliedert als auch wirtschaftlich vom Lokal der Bw abhängig, weshalb vom VwGH bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen die Arbeitnehmerähnlichkeit festgestellt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 8. April 2011. Darin bringt die Bw zusammengefasst vor, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt von der erkennenden Behörde nicht ausreichend ermittelt wurde. Es wurden keinerlei Merkmale überprüft, die für eine allfällige Abgrenzung zur unselbstständigen Tätigkeit erforderlich sind. Auch ist nicht erkennbar, wer welche Angaben gemacht habe, insbesondere wurde keine der angeblich angetroffenen Damen befragt und wurde das Verfahren massiv mangelhaft abgeführt. Dem Strafakt bzw. Bericht des einschreitenden Polizeibeamten ist auch nicht zu entnehmen, welche Sprachen dieser spricht, um eine entsprechend fehlerfreie Kommunikation mit den Damen zu führen. Die angefochtene Entscheidung basiert einzig auf Mutmaßungen und leidet der Bescheid sohin an massiver Mangelhaftigkeit. Darüber hinaus sind die verhängten Strafen viel zu hoch angesetzt, zumal Feststellungen zu den tatsächlichen Aufenthaltszeiten der Damen nicht getroffen wurden.

 

3. Mit Schreiben vom 11. April 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

Mit Schreiben vom 27. September 2011 wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen des Parteiengehörs die Berufung dem Finanzamt Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei übermittelt. Mit Stellungnahme vom 7. Oktober 2011 wurde seitens des Finanzamtes Linz einer Anwendung des § 45 Abs.1 Z1 VStG zugestimmt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)      überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

4.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis stützt sich die belangte Behörde auf die Angaben im Polizeibericht vom 26. August 2010 über die Kontrolle des gegenständlichen Lokals. In seinem Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2010/09/0069 bis 0070-9, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass alleine eine Tätigkeit als Prostituierte die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung nicht rechtfertigt, sofern nicht auch Merkmale hinsichtlich der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin vorliegen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Da im gegenständlichen Verfahren das Vorliegen einer wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung der von der Polizei angetroffenen Damen mit dem Lokalbetrieb der Bw nicht ausreichend erwiesen werden konnte, war im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis einer Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch der Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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