Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166296/10/Br/Th

Linz, 06.10.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vertreten durch RA Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. August 2011, Zl.: VerkR96-10481-2011/Fe, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 5. Oktober 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; im Spruch hat jedoch der Hinweis des Abzuges der "in Betracht kommenden Messtoleranz zu seinen Gunsten" zu entfallen.

      Die Geldstrafe wird auf 330 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden ermäßigt.

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 33 Euro; für das Berufungsverfahren entfallen Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert           durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm    § 19, § 24,   § 51  Abs.1 und  § 51e Abs.1           Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 -            VStG.

Zu II.:  § 65 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52a Z 10 a StVO 1960 eine Geldstrafe von 430 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 120 Stunden verhängt, weil er am  20.02.2011, 15:56 Uhr, auf der  A1 bei km 175.102 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 76 km/h überschritten habe.

Als nicht spruchspezifischer Bestandteil wurde auch festgestellt, dass "die in Betracht kommende Messtoleranz zu seinen Gunsten bereits abgezogen worden sei."

 

 

1.1. In der auszugsweise wiedergegebenen Begründung tätigte die Behörde erster Instanz folgende Erwägungen:

"Aufgrund einer Anzeige des Landespolizeikommandos für OÖ., Autobahnpolizeiinspektion Haid, vom 4.3.2011, wurden Sie mit Schreiben vom 16.03.2011 aufgefordert, sich für die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

 

Mit Schriftsatz vom 01.04.2011 brachte Ihr Rechtsvertreter folgende Stellungnahme ein:

'I.

1.        Dem Einschreiter wird zu Last gelegt, am 20.2.2011, 15:56 Uhr, Gemeinde Pucking, Autobahn Freiland, Nr 1, bei km 175.102 in Fahrtrichtung Wien die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 76 km/h überschritten zu haben.

2.        Im Hinblick auf die Tatsache, dass der Einschreiter zur Tatzeit den Tacho des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X stets im Auge behalten hat und die maximale angezeigte Geschwindigkeit 140 km/h nicht überschritten hat, ist auszuschließen, dass eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um den angeführten Wert von 76 km/h stattgefunden hat.

 

Die dem Einschreiter vorgeworfene Überschreitung resultiert daher offenkundig aus einer Fehlbedienung bzw. einer Fehlfunktion des verwendeten Geschwindigkeitsmessgerätes.

 

Im Hinblick auf die offensichtliche Fehlbedienung bzw. Fehlfunktion des Radarmessgerätes ergeht der ANTRAG auf Übermittlung des:

 

-          Eich- und Wartungsnachweises des eingesetzten Radarmessgerätes;

-          Schulungsnachweis des mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten (samt Bedienungsanweisung);

-          Protokolls über die durchgeführte Geschwindigkeitsmessung

 

Im Hinblick auf die noch zu übermittelnden Unterlagen behält sich der Einschreiter eine ausführliche Stellungnahme/Rechtfertigung vor.

 

II.

 

Unter Hinweis auf Punkt I. ergeht der ANTRAG auf Übermittlung einer Aktenabschrift (allenfalls elektronisch).

 

III.

 

Im Hinblick auf Punkt I. und II. ergeht der ANTRAG, die Frist zur Rechtfertigung derart zu erstrecken, dass diese am 14.4.2011, jedoch frühestens zwei Wochen nach Einlangen der unter Punkt I. und II. genannten Unterlagen, endet.'

 

In der Folge wurde am 7.4.2011 Ihrem Rechtsvertreter eine Kopie des Aktes übermittelt und eine Frist von 3 Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

Mit Schreiben vom 28.04.2011 gab Ihr Rechtsvertreter folgende Stellungnahme ab:

 

'1. Unter Hinweis auf die Rechtfertigung vom 1.4.2011 wird festgehalten, dass die Behörde bis dato den Anträgen des Einschreiters nicht nachgekommen ist. Lediglich die Anzeige vom 4.3.2011 wurde übermittelt.

 

2. Wie bereits in der Rechtfertigung vom 1.4.2011 ausgeführt, handelt es sich bei der vorliegenden
Geschwindigkeitsmessung um eine offensichtliche Fehlbedienung bzw. Fehlmessung mit dem
Lasergeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS.

Auch im Hinblick auf die große Messentfernung von 442 m ist davon auszugehen, dass eine Fehlmessung vorliegt. Wie aus dem Referat des Ingenieurbüros X & Kollegen hervorgeht, hat für die Zuordnung des Messwertes einer Laserpistole die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Zusammenarbeit mit den Herstellern den sogenannten Zielerfassungsbereich kreiert (PTB1). Nach Durchsicht der entsprechenden Parameter ist der Entfernungsbereich, in der eine Messung — eindeutig — erfolgen kann, bei dem Gerät LTI 20:20 TS 20 m bis 400 m (!). Beweis: Geschwindigkeitsfeststellung im Bußgeldverfahren von Ingenieur— Büro X & Kollegen, in der Beilage./A.

 

3. Unter einem wurde es seitens der Behörde unterlassen, nachstehende Unterlagen
beizuschaffen:

-   Eichschein für das verwendete Lasermessgerät;

-   Messprotokoll über die erforderlichen Gerätefunktionskontrollen;

-   Schulungsnachweis des mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten;

-   die anzuwendende Dienstvorschrift hinsichtlich der Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät LTI 20:20 TS.

 

Es ergeht daher der ANTRAG,

das Verwaltungsstrafverfahren e i n z u s t e II e n, in eventu,

1.  auf Übermittlung sämtlicher unter Punkt 3. genannten Unterlagen zu Händen des ausgewiesenen Vertreters;

2.  die Frist zur Rechtfertigung derart zu erstrecken, dass diese frühestens zwei Wochen nach Einlangen der oben genannten Unterlagen endet.'

 

In der Folge wurden der einschreitende Polizeibeamte, Rev.Insp. X, als Zeuge vorgeladen.

 

Anlässlich seiner Einvernahme am 19.05.2011 tätigte der Meldungsleger, Rev.Insp. X, unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht folgende Aussage:

 

'Die Anzeige bleibt vollinhaltlich aufrecht. Ich gebe anlässlich meiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Wesentlichen an, dass zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung von mir mit dem geeichten Laser-Messgerät der Marke TruSpeed, Geräte Nr. 3069, einwandfrei festgestellt wurde. Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Bedienung und Verwendung dieses Gerätes bin ich entsprechend geschult und vertraut. Die Messung wurde von mir den Bedienungsrichtlinien entsprechend durchgeführt.

Es wurde von mir einwandfrei das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X mit der roten Visiermarkierung anvisiert und sind somit eine Fehlmessung und eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug mit absoluter Sicherheit auszuschließen. Die gemessene Geschwindigkeit betrug 182 km/h. Nach Abzug der 3%igen Verkehrsfehlergrenze betrug somit die gefahrene Geschwindigkeit 176 km/h. Im dortigen Bereich befindet sich eine verordnete 100 km/h Beschränkung. Somit wurde die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit um 76 km/h überschritten.

Bei der Anhaltung gab der Lenker als Rechtfertigung an, dass er sowohl die gefahrene Geschwindigkeit als auch die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen habe, weil er mit seinen Mitfahrern gesprochen habe. Das Messergebnis wurde dem Fahrer gezeigt.

Hinsichtlich der Messentfernung des Gerätes der Marke TruSpeed, Geräte Nr. 3069 wird angegeben, dass eine Messentfernung bis zu 1000m gemessen werden kann.

 

Mit Schreiben der hs. Behörde vom 23.05.2011 wurden Ihnen diese Zeugenaussage, das Messprotokoll sowie der Eichschein des Lasermessgerätes zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

Mit Schriftsatz vom 8.6.2011 brachte Ihr Rechtsvertreter einen Fristerstreckungsantrag ein:

 

"Mit Verständigung von dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.5.2011 wurde dem Einschreiter eine Frist von 2 Wochen ab Zustellung zur Stellungnahme eingeräumt. Da wegen urlaubsbedingter Abwesenheit des Einschreiters eine ausführliche Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme noch nicht möglich war ergeht der ANTRAG die Frist derart zu erstrecken, dass diese am 22.6.2011 endet.'

 

Mit Schriftsatz vom 22.06.2011 brachte Ihr Rechtsvertreter folgende Stellungnahme ein:

 

'Der Einschreiter erstattet zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.5.2011 binnen der erstreckten Frist nachstehende STELLUNGNAHME:

1.   Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Stellungnahme vom 28.4.2011 verwiesen.

2.   Zudem ist festzuhalten, dass gemäß der vom Einschreiter vorgelegten Beilage VA der Entfernungsbereich, in der eine Messung erfolgen kann, bei dem Gerät LDI 20:20 TS lediglich 20 m bis max. 400 m beträgt. Die nunmehr seitens des anzeigenden Beamtes angeführte Messentfernung von bis zu 1000 Metern ist nicht nachvollziehbar, zumal selbst der Hersteller (Laser Technology Inc., USA) eine maximale Messentfernung von 610 Metern anführt. Hinsichtlich der Genauigkeit bei einer solchen Entfernung wird auf die bisherige Stellungnahme verwiesen. Daraus ergibt sich aber auch, dass der mit der Messung beauftragte Beamte über die Spezifikationen des eingesetzten Geschwindigkeitsmessgerätes nicht ausreichend informiert ist, was auf eine mangelhafte Ausbildung am Gerät schließen lässt. Die Ausbildung am Gerät wird daher seitens der Behörde nachzuweisen sein (s.u.).

3.   Unter Hinweis auf Punkt 3. der Stellungnahme vom 28.4.2011 wird festgehalten, dass nachstehende Unterlagen noch nicht beigeschafft wurden:

 

-  Schulungsnachweis des mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten;

-  die anzuwendende Dienstvorschrift hinsichtlich der Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät LDI 20:20 TS.

 

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse des Beweisverfahrens wiederholt der Einschreiter den ANTRAG, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.'

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 52 lit.a Zif.10a StVO wird durch das Verkehrszeichen 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" angezeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort dieses Zeichens verboten ist.'

 

Wenn Sie die Ihnen angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung bestreiten, wird Ihnen die Zeugenaussage des Meldungslegers entgegengehalten, der angibt, dass er hinsichtlich der ordnungsgemäßen Bedienung und Verwendung dieses Gerätes entsprechend geschult und vertraut sei. Die Messung sei von ihm den Bedienungsrichtlinien entsprechend durchgeführt worden. Es sei einwandfrei Ihr Fahrzeug mit dem roten Visierpunkt anvisiert worden und somit sei eine Fehlmessung sowie eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug mit absoluter Sicherheit auszuschließen.

 

Bei der Anhaltung gab der Lenker als Rechtfertigung an, dass er sowohl die gefahrene Geschwindigkeit als auch die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen habe, weil er mit seinen Mitfahrern gesprochen habe. Das Messergebnis wurde dem Fahrer gezeigt.

Hinsichtlich der Messentfernung des Gerätes der Marke TruSpeed, Geräte Nr. 3069 wird angegeben, dass eine Messentfernung bis zu 1000m gemessen werden kann.

 

Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen des fachlich geschulten, technisch versierten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen der Zeuge anlässlich seiner Einvernahme hingewiesen wurde, auf sich nehmen würde, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

Darüber hinaus wird auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 28.06.2001, ZI. 99/11/0261, hingewiesen, welches wie folgt lautet: Ein Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20TS/KM ist grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit.

Ebenso wie bei einer Radarmessung (Hinweis E 30.10.1991, 91/03/0154) ist auch einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten.

 

Diesbezüglich wird auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 05.06.1991, 91/18/0041, verwiesen, wonach einem mit der Radarmessung betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten ist. Die Behörde kann daher -gestützt auf die Aussagen des als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten, der mit der Handhabung des Radargerätes befasst war - davon ausgehen, dass das Gerät ordnungsgemäß aufgestellt und justiert war, ohne, dass es erforderlich gewesen wäre, die "Verwendungsbestimmungen der Herstellerfirma" beizuschaffen oder einen Augenschein am Ort der Aufstellung des Gerätes vorzunehmen.

 

Gleiches gilt auch für Lasermessungen, weshalb die Behörde keine Notwendigkeit sah, den Schulungsnachweis des mit der Geschwindigkeit betrauten Beamten sowie die anzuwendende Dienstvorschrift hinsichtlich der Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät LDI 20:20 TS beizuschaffen.

 

Durch den im Akt einliegenden Eichschein wurde belegt, dass das Lasermessgerät zum Tatzeitpunkt gültig geeicht war. Aus dem Messprotokoll ist die Durchführung der laut Verwendungsbestimmungen vorgesehenen Kontrollmessungen ersichtlich.

 

Die Behörde konnte daher keine Gründe dafür finden, dass bei der Bedienung des ggstl. Lasermessgerätes ein Fehler unterlaufen ist oder eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug vorliegt.

 

Gemäß VwGH-Erkenntnis vom 30.06.1992, ZI. 89/07/0005 liegt es im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Behörde sich aufgrund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte.

 

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs.1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich der bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde mangels konkreter Bekanntgabe von folgender Schätzung ausgegangen: Einkommen: 1.200 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten

 

Strafmildernd war Ihre bisherige Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk zu werten. Straferschwerend war die gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung zu werten."

 

 

1.2. Mit diesem Vorbringen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber jedoch mit seiner  durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung entgegen:

"Der Berufungswerber erhebt gegen das Straferkenntnis vom 2.8.2011, dem BWV am 12.8.2011 zugestellt, binnen offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG:

 

1.         Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Berufungswerber auf die

            Ausführungen in       

-           Rechtfertigung vom 1.4.2011;          

-           Stellungnahme vom 28.4.2011;        

-           Stellungnahme vom 22.6.2011.        

 

2.         Eingangs ist festzuhalten, dass die Behörde in ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides die Rechtssätze des VwGH (ZI. 99/11/0261, 91/03/0154, 91/18/0041) richtig zitiert, aber aus den nachfolgenden Gründen unrichtig angewendet hat:

 

a)      Wie die Behörde richtig zitiert, könnte zwar die Behörde - gestützt auf die Aussagen des als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten, der mit der Handhabung des Radargerätes befasst war - davon ausgehen, dass das Gerät ordnungsgemäß aufgestellt und justiert war und dass der Beamte mit der Handhabung vertraut war. Dies kann aber nur für den Fall gelten, dass keine Zweifel an diesen Umständen dargetan werden. Der Bw hat nachgewiesen und dies ist auch dem Akt zu entnehmen, dass

 

-          der Gendarmeriebeamte nicht als Zeuge vernommen wurde und

-          der Berufungswerber aufgrund seiner Ausführungen im Schriftsatz vom 22.6.2011 belegen konnte, dass der mit der Radarmessung betraute Beamte eben nicht mit der ordnungsgemäßen Verwendung des Geräte vertraut war, weil er offenkundig nicht einmal über die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich der maximalen Messentfernung des verwendeten Radargerätes verfügte.

 

Die belangte Behörde hat es daher zu Unrecht unterlassen,

-        Schulungsnachweise des mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten beizuschaffen und

-        den mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten als Zeugen zu vernehmen, sowie

-        die Verwendungsbestimmungen der Herstellerfirma Laser Technology Inc. (USA) beizuschaffen.

 

Schon alleine aus diesen oben genannten Gründen haftet dem Verfahren ein Verfahrensmangel an, der zur Aufhebung des Straferkenntnisses führen wird.

 

b)    Weiters hat es die belangte Behörde überhaupt unterlassen, sich mit der gutachterliche Stellungnahme der Physikaltechnischen Bundesanstalt auseinander zu setzen.

 

Die belangten Behörde hat es unterlassen - es wurde auch nicht einmal ein Versuch dahingehend unternommen - den durch Beilage JA substantiierten Bedenken des Beschwerdeführers auf gleicher fachlicher Ebene zu entgegnen (vgl auch dazu VwGH 13.8.2003, 2003/11/0118)

 

Stattdessen hat sie - ohne sich auf gleiche fachliche Ebene zu begeben -, ohne ausreichende Begründung weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt.

 

Aufgrund dieses Vorgehens ist das angefochtene Straferkenntnis mit einem weiteren Verfahrensmangel behaftet, der zur Aufhebung führt.

 

 Aus all den oben genannten Gründen ergeht der

 

ANTRAG,

 

der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

Wien, am 26.8.2011                                                                          X"

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien insbesondere mit Blick auf das Berufungsvorbringen in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4.  Der unabhängige  Verwaltungssenat  des  Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Verwaltungs­strafaktes der  Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.:  VerkR96-10481-2011/Fe sowie durch die zeugenschaftlichen Vernehmungen der Beamten der Autobahngendar­merie RevInsp. X anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Verlesen wurde ferner der vom Zeugen bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Eichschein des verfahrensgegenständlichen Lasermessgerätes sowie des von der gegenständlichen Messung erstellten Messprotokolls. Abschließend wurden noch im Wege der Bundespolizeidirektion Wien die  den Berufungswerber betreffenden Verwaltungsvormerkungen eingeholt.

Der Berufungswerber entschuldigte sich bereits telefonisch am 27.9.2011 betreffend eines allfälligen Nichterscheinens, ebenso wie die Behörde erster Instanz in einer schriftlichen Mitteilung vom 26.9.2011.

 

 

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

Die A1 verläuft, wie aus anderen h. Verfahren und auch empirisch bekannt, in Fahrtrichtung Wien im Bereich des sogenannten "Puckinger-Berges" in einem sehr flachen Kurvenbogen und in einem leichten Gefälle von 1,4%. Nächst dem Messpunkt findet sich die Ausfahrtsschleife auf die A25. Unstrittig gilt an dieser Stelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h kundgemacht. Diese beginnt auf der Richtungsfahrbahn Wien bei Strkm 177,480 und endet bei Strkm 167,850 (Bescheid des BMVIT v.18.12.2000, Zl:138.001/133-II/B/8/00).

Der Meldungsleger beschreibt anlässlich der Berufungsverhandlung das Verkehrsgeschehen als eher gering, weil an einem Sonntag weder ein Berufs- sowie kaum Schwerverkehr herrscht. Die Messung aus der Entfernung von 430 m beschreibt der Berufungswerber als problemlos, wobei er einen Irrtum oder eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug ausschloss. Vor Messbeginn beschreibt der Meldungsleger die durchzuführenden Kontrollroutinen. Nach der Ablesung von über 180 km/h vom Display erfolgte eine Nachfahrt unter Verwendung des Blaulichtes und nachfolgend die Anhaltung bei der Autobahnraststätte Ansfelden.

Der Berufungswerber begründete die Fahrgeschwindigkeit mit einem gesprächsbedingten Übersehen der Geschwindigkeitsbeschränkung. Nach Vorweisung der Displayanzeige wurde auch das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Abrede gestellt.

Der Berufungswerber ist wohl nicht einschlägig vorgemerkt, weist jedoch jeweils zwei Verstöße nach dem Führerschein- und dem Kraftfahrgesetz auf.

 

 

5.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnte demnach auch von der Berufungsbehörde die Überzeugung gewonnen werden, dass es sich beim  Meldungsleger um einen diensterfahrenen Autobahnpolizisten handelt, der mit dieser Art von Geschwindigkeitsmessungen bestens vertraut ist. Das es sich um eine fehlerfreie Messung handelte vermochte der Meldungsleger  überzeugend darzutun. So weist er zu Gunsten des Berufungswerbers etwa auch darauf hin, dass mit dieser an sich krassen Geschwindigkeitsüberschreitung keinerlei Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit verbunden gewesen ist. Andererseits belegt dies, dass wohl an der Zuordnung des Messergebnisses zum Fahrzeug des Berufungswerbers nicht zu zweifeln ist. Wenn der Meldungsleger schließlich mit dem rechtmäßig geeichten Gerät vor Messbeginn die erforderlichen Kontrollroutinen durchführte und keine Mängel an diesem Gerät feststellte, ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates auch am Messergebnis nicht zu zweifeln. Dies tat offenbar selbst der Berufungswerber nicht im Rahmen der unmittelbar danach erfolgten Anhaltung. 

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Der § 20 Abs.2 StVO 1960 lautet: "Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

An der genannten Örtlichkeit war durch ein iSd § 52 Abs.2 Z10 StVO 1960 eine kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verordnet.

Nach § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

.......

Da jedoch die Frage des Verkehrsfehlers kein Tatbestandselement sondern lediglich den Gegenstand einer Beweisbeurteilung bildet, war der Spruch iSd. § 44a VStG zu korrigieren.

 

 

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.2. Es trifft wohl zu und damit kann grundsätzlich den erstbehördlichen Ausführungen gefolgt werden, dass mit dem Schnellfahren in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Insbesondere gründen die nachteiligen Folgen einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung empirisch darin, dass abstrakt betrachtet bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h der Anhalteweg mit ~ 82 m anzunehmen ist, während er bei der hier zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit bei über 175 m liegt. Dieser Schlussfolgerung wird eine in diesem leichten Gefällebereich im Maximalbereich liegenden Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle an der das Fahrzeug aus 100 km/h zum Stillstand gelangt wird bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Geschwindigkeit noch mit mehr als 167 km/h durchfahren, wobei sich eine Fehlbremsstrecke von über 144 m ergibt (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5). Da jedermann darauf vertrauen darf, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauens­grundsatz) wird damit die  im Konfliktfall zu Buche schlagende Gefahrenpotenzierung evident.

Andererseits darf aber auch nicht übersehen werden, dass konkret nur geringes Verkehrsaufkommen herrschte und daher der Unwertgehalt wohl deutlich hinter dem Ausmaß zurückgeblieben ist als dies etwa bei üblichem Verkehrsaufkommen der Fall gewesen wäre.

Der erstbehördlichen Straffestlegung könnte mit Blick auf die oben genannten Grundsätze angesichts der ihr vorliegenden Beweislage für den Regelfall nicht entgegengetreten werden. So wurde eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S, [entspricht 290,70 Euro] wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn von 180 bis 190 km/h, wurde bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Da der Berufungswerber jedoch bislang nicht als Schnellfahrer in Erscheinung getreten ist und die Behörde erster Instanz ihrem Strafausspruch nur ein Einkommen von 1.200 Euro zu Grunde legte, scheint angesichts der Begehung bei geringem Verkehrsaufkommen, mit  einem Fahrzeug der Oberklasse mit hohem Sicherheitsstandard, scheint die mit 430 Euro ausgesprochene Geldstrafe doch etwas überzogen nicht der Tatschuld angemessen. Immerhin kommt auf den Berufungswerber in diesem Zusammenhang auch noch ein kurzzeitiger Entzug der Lenkberechtigung zu. Wohl kommt dem Führerscheinentzug kein Strafcharakter, sehr wohl aber eine erzieherische Maßnahme (vgl. VfGH 14.3.2003, G 203/02 ua) und damit jedoch sehr wohl auch ein weiteres als Strafe zu empfindendes  Präventionsinstrument zu.

Der Oö. Verwaltungssenat vermeint daher, auch mit dem nunmehr festgesetzten Strafausmaß dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum