Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240776/10/BMa/Th

Linz, 30.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Berufung des X, vertreten durch Paar und X, Rechtsanwälte-Partnerschaft in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 8. September 2010, SanRB96-35-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 51 und 27 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: § 65 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) für schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "X" X mbH." mit Sitz in X, X, mit einer weiteren Betriebsstätte in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass in diesem Lokal in X, welches als Betrieb im Sinne des § 111 Abs.2 Z.3 GewO 1994 (Imbissstube) geführt wird, das Personal dieses Betriebes nicht in geeigneter Weise informiert und nicht angewiesen wurde, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, auf das Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen wurde, sowie Aschenbecher aufgestellt waren und somit nicht dafür Sorge getragen wurde, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Betriebes am 18.5.2010 um 20:38 Uhr nicht geraucht wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 13a Abs. 1 Z. 3 iVm § 13c Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 Z. 4 iVm § 14 Abs.4 Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 idgF (BGBl. Nr. 120/2008) iVm § 9 VStG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von                        falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß

                                            Ersatzfreiheitsstrafe von

200,00 Euro                        25 Stunden                                        § 14 Abs. 4 Tabakgesetz

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

20,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher 220,00 Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, der Bw habe sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite erfüllt. Die Strafbemessung sei vom Gedanken der Generalprävention geleitet und sei tat- und schuldangemessen erfolgt.

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters nachweislich am 10. September 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 24. September 2010.

 

Die Berufung ficht den Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, wesentlicher Verfahrensmängel sowie der Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Erstbehörde an. Im Wesentlichen wird dazu ausgeführt, der angelastete Tatbestand sei durch die von der Erstbehörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gedeckt.

 

Es würden auch Feststellungen zu konkreten (unterlassenen) Anweisungen, Informationserteilung oder andere individuelle Handlungen oder Unterlassungen des Berufungswerbers fehlen. Die bescheiderlassende Erstbehörde sei weiters unzuständig. Denn der Tatort liege dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Das Verfahren habe nicht ergeben, dass der Berufungswerber in Gmunden seine Dispositionen oder Anweisungen zu setzen gehabt hätte. Vielmehr würden sämtliche Entscheidungen der Geschäftsleitung ausschließlich am Sitz der Gesellschaft in X getroffen werden. Auch werde das Lokal in X nicht als Imbissstube geführt. Es würden keinerlei Speisen verabreicht und ebenso wenig Bier ausgeschenkt werden. Ausschließlich über Automaten könnten nicht alkoholische Getränke in Gefäßen bezogen werden.

 

Es könne auch nur ein beschränkter Personenkreis, nämlich nur Volljährige, das Lokal betreten. Abschließend wurde der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt.

 

2.1. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

Weil im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zu SanRB96-35-2010 und am 12. September 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der ein Vertreter des Berufungswerbers und der belangten Behörde gekommen sind. Als Zeugen wurden X und X einvernommen.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "X X mbH" mit Sitz in X. Im Lokal "X" in X, das eine weitere Betriebsstätte dieser GmbH ist, wurde am 18. Mai 2010 um 20.38 Uhr von mehreren Gästen geraucht. Das Personal des Betriebs war nicht angewiesen, die Gäste darüber zu informieren, den Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten und auf das Rauchverbot hinzuweisen. Es waren auch Aschenbecher aufgestellt.

 

Das in X im X anwesende Personal der X X GmbH wird von X instruiert und geschult. Diese wiederum ist Mitarbeiterin der vorgenannten GmbH und gegenüber dem Bw weisungsgebunden. Entscheidungen über die Führung des Unternehmens werden vom Bw in Gerasdorf getroffen.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt und den Aussagen in der mündlichen Verhandlung ergibt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 14 Abs.4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995 idF BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einen die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs.1 leg.cit gegen eine im § 13c Abs.2 leg.cit festgelegte Obliegenheit verstößt und ist mit Geldstrafe von bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 13c Abs.1 Z2 haben Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 und gemäß Z3 Inhaber von Betrieben gemäß § 13a Abs.1 für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß

§ 13b Abs.4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.

 

3.3.2. Unter welche der beiden Ziffern der vorgeworfene Sachverhalt zu subsumieren ist, kann dahingestellt bleiben, das Erkenntnis war wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben:

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einen anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Es stellt sich zunächst die Frage nach dem Tatort, da an deren Beantwortung die Zuständigkeit der Strafbehörde anknüpft.

 

Für die örtliche Zuständigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alleine entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Wird ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein, jedoch ist auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH v. 15. Jänner 1998, 97/07/0137). Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl. u.a. ebenda).

 

Die in § 13c Abs.2 Z3 Tabakgesetz postulierte Sorgepflicht von Inhabern eines öffentlichen Ortes oder Betreibern von Gaststätten zur Vermeidung von Verstößen gegen den Nichtraucherschutz beinhaltet neben dem unmittelbaren Einschreiten gegen das Rauchen vor Ort und ua. das Personal eines Unternehmens in geeigneter Weise zu informieren und anzuweisen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, dafür zu sorgen, dass auf das Rauchverbot hinreichend hingewiesen wird, sowie das Aufstellen von Aschenbechern zu unterbinden (vgl. VwSen-240737/2/BP/Gr vom 22.06.2010).

 

Bei diesen Maßnahmen, die von einem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines Unternehmens gefordert sind, handelt es sich fraglos um solche, die nicht an die Örtlichkeit des betreffenden öffentlichen Raumes gebunden sind, sondern um Verfügungen, die vom Sitz des Unternehmens aus ergehen oder koordiniert werden. Dass sich der Erfolg der Verletzung der Sorgetragungspflicht in der Regel in der Gaststätte oder am öffentlichen Ort manifestiert, ist im Sinne des § 27 VStG unerheblich. Nach dem reinen Wortlaut des § 13c Abs.2 Z3 Tabakgesetz wäre im Übrigen auch anzudenken, ob nicht die Tatbestandsmäßigkeit alleine durch das Verletzen dieser Pflicht verwirklicht wird, ohne das überhaupt an einem öffentlichen Ort geraucht wird, zumal das inkriminierte Verhalten bzw. Unterlassen in der Verletzung dieser Sorgetragungspflicht liegt.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass Tatort im Sinn des § 13c Abs.2 Z3 Tabakgesetz bei Inhabern eines öffentlichen Raumes oder einer Gaststätte in Form von juristischen Personen, deren Sitz nicht mit dem in Rede stehenden Ort übereinstimmt, jedenfalls der Unternehmenssitz ist.

 

3.3.3. Die Berufung hat damit zu Recht geltend gemacht, dass im vorliegenden Fall die örtlich unzuständige Behörde das Straferkenntnis erster Instanz erlassen hat, weshalb der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund aufzuheben war. Ein Eingehen auf das weitere Berufungsvorbringen erübrigt sich daher.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

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