Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522972/3/Br/Th

Linz, 11.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr, vom 23.09.2011, Zlen.: Fe 191/2011, Nsch 134/2011, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Entzugsdauer auf 12 (zwölf) Monate reduziert wird. Im gleichem Umfang wird das ausgesprochene Lenkverbot für nicht lenkberechtigungspflichtige Kraftfahrzeuge, sowie die Aberkennung des Rechtes von allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigungen Gebrauch zu machen reduziert.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 24 Abs.3 u. § 24 Abs.3 u. § 26 Abs.2 Z2 Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 117/2010 - FSG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid hat die Behörde erster Instanz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung dem Berufungswerber gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG die ihm von der BPD Steyr am 21.02.2007, mit der Zahl 07031918 für die Klasse B  ausgestellte Lenkberechtigung für den Zeitraum von achtzehn Monaten gerechnet ab der Zustellung des Bescheides – entzogen.

Die Behörde erster Instanz ordnete

1) gemäß § 24 Abs.3 FSG an, die begleitende Maßnahme der Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 2 FSG-NV, erfolgreich bei einer hiezu ermächtigten Stelle vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit zu absolvieren;

 

2) forderte den Berufungswerber gemäß § 24 Abs.3 FSG auf, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, einschließlich einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, durchgeführt von einer hiezu ermächtigen Stelle, vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit beizubringen;

 

Die Behörde erster Instanz sprach gemäß § 32 FSG ausdrücklich das Verbot zum Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit -  gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides - aus.

 

Die Behörde erster Instanz erkennt ihm ferner gemäß § 30 FSG das Recht ab von einem im Ausland ausgestellten Führerschein, umfassend alle Klassen, für die Dauer des Zeitraumes der Verkehrsunzuverlässigkeit in Österreich Gebrauch zu machen.

Zuletzt wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

 

Aufgrund der Angaben in der Anzeige der Polizeiinspektion Ennserstrasse vom 14.07.2011 nahmen Sie am 14.07.2011 um 14:26 Uhr in X das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen X in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand in Betrieb.

 

Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur an Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

 

Als verkehrszuverlässig gilt gemäß § 7 Abs 1 Z 1 FSG eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigen Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs 3 FSG hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO begangen hat.

 

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig.

 

Gemäß § 25 (iVm. § 26) FSG ist bei einer Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Ab einem Alkoholgehalt von 0,80 mg/l oder im Falle der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf den Alkoholgehalt, einer amtsärztlichen Untersuchung, einer Vorführung zum Amtsarzt oder einer Blutabnahme - bei jeweils erstmaliger Tatbegehung - hat der Entzug mindestens sechs Monate zu betragen (§ 26 Abs. 2 Z. 1 FSG). Wird ein solches Delikt innerhalb von fünf Jahren nochmalig begangen, so beträgt die Entzugsdauer mindestens zwölf Monate; wird ein solches Delikt innerhalb dieses Zeitraumes nach einem Delikt gem. § 99 Abs.1a StVO gesetzt, beträgt die Mindestentzugsdauer zehn Monate (§ 26 Abs. 2 Z2 und Z5 FSG).

 

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung können laut § 24 Abs. 3 FSG zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung angeordnet werden. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Zudem dann, sofern eine Übertretung gem. § 99 Abs.1b StVO (ab 0,4 mg/l AAG bis weniger als 0,6 mg/l AAG) innerhalb von fünf Jahren nach der Begehung einer Übertretung gem. § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen wurde. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahmen anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entzugsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Eine Nachschulung für alkohol- oder verkehrsauffällige Lenker (§§ 2 und 3 FSG-NV) ist bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. §§ 4 Abs. 3 und 24 Abs. 3 FSG durch Verkehrs- oder alkoholauffällige Probeführerscheinbesitzer oder sonstigen Verkehrs- oder alkoholauffälligen Kraftfahrzeuglenkern zu absolvieren.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 FSG kann Besitzern ausländischer Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 FSG auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat.

 

Gemäß § 32 FSG kann Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich verboten werden.

 

Gemäß § 28 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, sofern die Entziehungsdauer nicht als 18 Monate andauerte und zudem keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird. Vor der Wiederausfolgung des Führerscheines ist das Lenken von Kraftfahrzeugen unzulässig.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

 

Wertung und Entscheidung der Behörde

 

Aufgrund des Inhaltes der Anzeige vom 14.07.2011 und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch Ihrer eigenen Angaben zum Sachverhalt, der Befragung der Organe der öffentlichen Sicherheit und der im Akt angeführten Beweise, steht für die erkennende Behörde fest, dass Sie durch Ihr Verhalten eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.1 und 2 FSG verwirklicht haben. Ihre Aussage wird als reine Schutzbehauptung gewertet. Außerdem haben Sie angegeben ein Handy im Auto aufgeladen zu haben, dies ist jedoch nur mit aktivierter Zündung möglich, was einer In-Betriebnahme des Fahrzeuges iSd StVO entspricht, weshalb der Tatbestand auch nach Ihren eigenen Angaben verwirklicht wurde.

 

Sie haben es als Lenker zu verantworten, dass Sie ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand auf einer öffentlichen Verkehrsfläche In-Betrieb-Genommen zu haben und damit eine Verwaltungsübertretung begangen haben. Es steht für die Behörde fest, dass Sie die angeführten Straftatbestände in rechtswidriger Weise schuldhaft begangen haben, weshalb Strafen zu verhängen waren.

 

Zudem handelt es sich bei dem von Ihnen verwirklichten Tatbestand schon aufgrund der Wertung des Gesetzgebers um eine besonders verwerfliche und im konkreten Fall vor allem auch besonders gefährliche Handlungsweise, welche schon an sich geeignet ist, die Verkehrssicherheit zu gefährden.

 

Gemäß ständiger Judikatur des VwGH gehören verkehrsrechtlich relevante Alkohol- und Suchtgiftdelikte zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht (VwGH 23.04.2004, Zl 2000/11/0184).

Erschwerend im Rahmen der Wertung anhand der Kriterien der Verwerflichkeit und der Gefährlichkeit der Verhältnisse waren folgende Umstände:

•     Verweigerung der Überprüfung der Atemluft auf den Alkoholgehalt

•     Inbetriebnahme des KFZ während aufrecht entzogenem Führerschein

•     Entzug vom 08.07.2010 zur AZ: Fe 206/2010 von der BPD Steyr

•     Bereits mehrere Vormerkungen

Mildernd, insofern zu Ihren Gunsten, wurde im Rahmen der Wertung Folgendes entsprechend berücksichtig:

•     Ihre grundsätzlich gezeigte Einsicht während der Verhandlung.

 

Aufgrund dieser erwiesenen bestimmten Tatsachen, Ihrer Wertung und der von Ihnen im Straßenverkehr gezeigten Sinnesart verfügen Sie sohin über die zur Lenkung von Kraftfahrzeugen erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr und lässt sich auch eine negative Prognose für Ihr zukünftiges Verhalten im Straßenverkehr ableiten. Um Sie von der Begehung vergleichbarer Handlungen abzuhalten und zum Schutz der Allgemeinheit setzt die Behörde daher als vorbeugende Maßnahme die Entziehung der Lenkberechtigung.

 

Als begleitende Maßnahme zum Entzug Ihrer Lenkberechtigung war zwingend eine Nachschulung anzuordnen, welche bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu absolvieren ist.

 

Zwecks Feststellung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ist überdies ein amtsärztliches Gutachten erforderlich, welches auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat. Diese ist von einer hiezu ermächtigen Stelle durchzuführen.

 

Aufgrund der jedenfalls mangelnden Verkehrszuverlässigkeit war auch ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG, sowie ein solches gemäß § 30 FSG für die entsprechend prognostizierte Dauer dieser Verkehrsunzuverlässigkeit auszusprechen. Aufgrund des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltes kommen hinsichtlich der Lenkverbote die Vorschreibung von Auflagen, sowie eine zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkung nicht in Betracht.

 

Da die Weiterbelassung Ihrer Lenkberechtigung unter den gegebenen Umständen mit Gefahr für die übrigen Straßenbenützer verbunden wäre und die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des Öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist, handelt es sich beim Entzug Ihrer Lenkberechtigung um eine unaufschiebbare Maßnahme iSd § 64 Abs 2 AVG und berechtigt die Behörde, einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

Auf persönliche, wirtschaftliche und berufliche Interessen kann daher keine Rücksicht genommen werden."

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich in der dagegen fristgerecht durch die fristgerecht bei der Behörde erster Instanz im Beisein eines Sprachhelfers unmittelbar bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung:

"Ich, X, geb X erhebe Berufung gegen den Bescheid Nr. Fe 191/2011 vom 23.09.2011.

 

Diese Berufung begründe ich wie folgt:

Laut Ihrer Niederschrift ist es korrekt, dass der Schlüssel in dem Zündschloss des Autos mit den Kennzeichen X steckte. Hierfür neigte ich nicht dazu, das Auto in Bewegung zu bringen, sondern den verbrauchten Akku meines Mobiltelefons aufzuladen. Da ich an diesem besagten Tag meinen Wohnungsschlüssel nicht bei mir hatte, blieb mir nur diese eine Möglichkeit, mit den Familienangehörigen in Kontakt zu treten.

 

Unstimmigkeiten treten jedoch bei der Untersuchung des Atemalkoholgehalts auf. Dieser wurde mir von den Polizeibeamten nicht angeboten. Nicht während der Schilderung des Sachverhalts in der X, noch während des Aufenthalts in der zuständigen Polizeistation.

 

Abschließend möchte ich noch betonen, dass es nicht meine Absicht war jemanden anderen oder mir selbst damit zu schaden.

 

Ich beantrage deshalb um erneute Durchsicht der Akten und um Herabsetzung des Zeitraumes des Führerscheinentzugs.

 

Herzlichen Dank für Ihre Mühen!

 

Mit freundlichen Grüßen,

X" (mit offenbar e.h. Unterschrift)

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 13.2.2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung schien mit Blick auf das Berufungsvorbringen im Sinne der umfassenden Beurteilungsmöglichkeit der Faktenlage geboten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie die Abklärung der Rechtskraft des Verfahrens nach § 5 Abs.2 StVO bei der Behörde erster Instanz (AZ: S 4502/St/2011).

 

 

4. Die erstinstanzliche Ausgangslage:

Der Sachverhalt ist unbestritten und die Bindung an die sich hier als Vorfrage stellende rechtskräftig abgeschlossene Angelegenheit der Verweigerung der  Atemluftuntersuchung, konnten hier weiterführende Beweiserhebungen unterbleiben. Auch mit der Berufung wird der Entzugsgrund offenbar nicht in Abrede gestellt, sondern nur das Ausmaß der ausgesprochenen Entzugsdauer zum Gegenstand der Berufung erklärt.  Wenngleich das Straferkenntnis in wohl verfehlter Weise einmal vom alkoholisiertem Lenken spricht und als Übertretungsnorm § 5 Abs.1 StVO angezogen wird, ändert dies nichts an der Rechtmäßigkeit der Bestrafung nach § 99 Abs.1 StVO. Tatsächlich scheint die Strafbehörde aber doch von einem Verweigerungstatbestand ausgegangen zu sein, weil in der Anzeige explizit von der Verweigerung die Rede ist. Das wohl jedenfalls der Verdacht des Lenkens begründet war sei an dieser Stelle ebenfalls nochmals festgestellt.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Grundsätzlich kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Behörde erster Instanz betreffend die Mindestentzugsdauer nach wiederholten Alkodelikte mit einem bestimmten Alkoholisierungsgrad verwiesen werden. 

Es trifft daher zu, dass im Sinne des § 26 Abs.2 Z2 FSG, im Fall, dass ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung abermals Eines gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen ist. Davon war hier laut Aktenlage auszugehen (zwei Verweigerungsdelikte binnen fünf Jahren).

Hier handelt es sich jedoch um eine vom Gesetzgeber vorweggenommene Wertung die zu einer Verkehrunzuverlässigkeitsprognose in der jeweils genannten Dauer führt. Nur im Falle des Hinzutretens weiterer Wertungstatsachen kann der Schluss auf eine länger währende Verkehrsunzuverlässigkeit in zulässiger Weise gezogen werden.

 

 

5.1. Als "erschwerend im Rahmen der Wertung anhand der Kriterien der Verwerflichkeit und der Gefährlichkeit der Verhältnisse" hat die Behörde erster Instanz als wohl zusätzliches Wertungskriterium

  • in der Verweigerung der Atemluftuntersuchung
  • Inbetriebnehmen des KFZ während aufrecht entzogener Lenkberechtigung
  • und letztlich mehrere Vormerkungen, erblicken zu können vermeint.

Die  Ausführungen zur Wertung der als erwiesenen angenommenen Tatsachen scheinen auch dem Entzug der Lenkberechtigung eine strafende Komponente zuzusinnen.

Damit wird jedoch übersehen, dass es einerseits um den Schutz der Verkehrsteilnehmer geht und andererseits es hier nur zu einer bloßen Inbetriebnahme in Form der Aktivierung der Zündung gekommen ist. Dies ist rechtskräftig -  und daher auch für die Berufungsbehörde bindend – festgestellt.

Die Art und die Umstände lassen jedenfalls den logischen Schluss zu, dass der Tatunwert doch weit hinter dem zurück geblieben war, als der Gesetzgeber mit dem Schutzziel der verwaltungsstraf- u. führerscheinrechtlichen Maßnahmen hinanzuhalten sucht. Es gilt die mit dem Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand herbeigeführten Gefahren zu vermeiden, wobei im Falle der Verweigerung der Atemluftuntersuchung der Betroffene im Führerscheinentzugsverfahren immer noch nachweisen könnte, das er tatsächlich nicht gelenkt bzw. in Betrieb genommen hat.

Hier wurde der Pkw des Berufungswerbers von den Beamten offenbar weder mit gestarteten Motor noch in Bewegung wahrgenommen.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde (hier der Unabhängige Verwaltungssenat), an einen im obigen Sinn "eine bestimmte Tatsache" feststellenden rechtskräftigen Schuldspruch gebunden (vgl. VwGH 28.5.2002, 2002/11/0074 sowie VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038).  Darin wird von einer Inbetriebnahme ausgegangen.

 

 

5.2. Für eine über die gesetzlich vorgesehene Mindestentzugsdauer hinausgehende Wertung bleibt aber für diese "formal" als Inbetriebnahme (rechtskräftig festgestellt) gewertete Tatsache kein Raum mehr. Als gegen das Doppelverwertungsgebot verstoßend erweist es sich insbesondere als verfehlt, die Verweigerung der Atemluftuntersuchung anzuführen, präsumiert doch gerade diese Bestimmung in den Rechtsfolgen eine Alkoholisierung  von mehr als 0,8 mg/l. Dies wird vollumfänglich von der gesetzlich determinierten Wertung der Entzugsdauer (mindestens von 6 Monaten bei erstmaliger Begehung und bei abermaliger binnen fünf Jahren von mindestens 12 Monate) abgedeckt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehen ferner die in § 26 Abs.1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum etwa nur dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

Solche können aber in den von der Behörde erster Instanz angeführten Punkten keinesfalls stichhaltig begründet gelten. Sein Tatverhalten ist vielmehr im Gegensatz dazu, selbst bei abstrakter Betrachtung gänzlich ohne nachteilige Folgen für andere Verkehrsteilnehmer geblieben.

Es ergeben sich somit keine überzeugenden Indizien dafür, dass der Berufungswerber, über den mit einem Jahr bereits sehr langen Entziehungsdauer nach § 26 FSG hinausgehenden Zeitraum,  noch verkehrsunzuverlässig gelten sollte (VwGH 28.4.2011, 2010/11/0217 mit Hinweis auf VwGH 29.3.2011, Zl. 2011/11/0039, mwN.).

Mit einer bloßen Inbetriebnahme des KFZ in Form der aktivierten Zündung – um den, was nicht gänzlich unlogisch ist, Akku des Handys aufzuladen -  wobei sogar das Starten des Motors unterblieben war, begründet schließlich auch noch keine Übertretung iSd § 1 Abs.3 FSG (hier ist nur "das Lenken" subsumierbar). Auch in einer länger als fünf Jahre zurückliegenden Vormerkungen  vermag keine "Wertungstatsache" erblickt werden welche eine Verkehrsunzuverlässigkeit über den an sich schon hohe gesetzlich vorgesehene Entzugsdauer rechtfertigen könnte. Sohin bleibt letztlich für eine über die Mindestentzugsdauer hinausreichende negative Prognoseeinschätzung der Verkehrszuverlässigkeit kein Raum.  Auf die sonstigen Aussprüche ist mangels des darauf zielenden Berufungsantrages nicht einzugehen.

 

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum