Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730213/2/BP/MZ/Wu

Linz, 28.10.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      5A02, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von China, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 19. August 2010, GZ: Sich41-29-2010, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in ein Verfahren betreffend die Erlassung einer Ausweisung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

诉因理由不足被驳回维持原判

 

Rechtsgrundlage/法律依据:

§§ 71 und 72 iVm § 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit verfahrensrechtlichem Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 19. August 2010, GZ: Sich41-29-2010, wurde ein Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 13. August 2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungserhebung gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 9. Februar 2010, GZ: Sich41-29-2010 (betreffend Ausweisung), gemäß § 71 AVG 1991 als unbegründet abgewiesen.

 

Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 9. Februar 2010, welcher vom Bw am gleichen Tage um 14.45 Uhr übernommen worden sei, gegen diesen eine Ausweisung aus der Republik Österreich ausgesprochen wurde. Der Bw bringe nun im Wesentlichen vor, dass dieser Bescheid keine ihm verständliche Rechtsmittelbelehrung enthalten, was zur Versäumung der Rechtsmittelfrist geführt habe.

 

1.1.2. Nach Wiedergabe der den angefochtenen Bescheid abschließenden Rechtsmittelbelehrung und den §§ 71 und 39a AVG führt die belangte Behörde an das Ausfolgedatum des gegenständlichen Bescheides anknüpfend in rechtlicher Hinsicht aus, dass die zweiwöchige Rechtsmittelfrist am 23. Februar 2010 geendet habe. Da der Bw bis dahin kein Rechtsmittel erhoben hätte, wäre der Bescheid in Rechtskraft erwachsen.

 

Entgegen der vom Bw im Wiedereinsetzungsantrag vertretenen Rechtsansicht sei § 39a AVG nur für den mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und Parteien anzuwenden. Im Allgemeinen bestehe jedoch kein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde. Da die Partei daher nicht davon ausgehen habe dürfen, dass ein schriftlicher Bescheid samt Rechtsmittelbelehrung in einer ihr verständlichen Sprache erlassen wird, könne die Unkenntnis der deutschen Sprache auch nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG angesehen werden.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei daher abzuweisen gewesen.

 

1.2. Der angefochtene Wiedereinsetzungsbescheid wurde laut Berufungsvorbringen, welches des aufgrund im der erkennenden Behörde vorgelegten Verwaltungsakt nicht enthaltenen Rückscheines als glaubhaft anzusehen ist, am 25. August 2010 zugestellt. Gegen den Bescheid erhob der Bw mit am 8. September 2010 bei der BH Schärding eingelangtem Telefax rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Wesentlichen nicht entgegengetreten.

 

Ergänzend wird – soweit für die hier zu treffende Entscheidung wesentlich – vorgebracht, dass im Bescheid der BH Schärding vom 9. Februar 2010 selbst vermerkt sei, dass "der Inhalt des vorstehenden Bescheides" dem Betroffenen in einer "verständlichen Sprache zur Kenntnis gebracht wurde". Dies sei jedoch als unmöglich anzusehen, da der Betroffene nicht deutsch spreche oder verstehe. Der Bw habe aufgrund der behördlichen Weisung sofort das Bundesgebiet verlassen, und demnach auch keine rechtliche Beratung in Österreich in Anspruch aufnehmen können.

 

Weiters rügt der Bw ein mangelndes Ermittlungsverfahren durch die Erstbehörde, welche sich mit dem Vorbringen des Antragstellers nur in äußerst oberflächlicher und in ungenügender Weise auseinandergesetzt habe.

 

Es folgen – im gegenständlichen Verfahren nicht weiter relevante Ausführungen – zur Aufenthaltsberechtigung des Bw in Italien sowie Wiederholungen der bereits erstatteten Vorbringen.

 

Verfahrensmängel wären schließlich auch deshalb gegeben, da dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Leiterin der Amtshandlung vom 9. Februar 2010 zum Beweis, dass der Amtshandlung kein Dolmetscher beigezogen war und der Bw selbst kaum deutsch gesprochen oder verstanden habe, nicht entsprochen worden sei. Dieser Mangel allein rechtfertige bereits die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Es folgen Judikaturnachweise, welche die Themenkreise Beweisanträge sowie die freie Beweiswürdigung betreffen.

 

Letztlich stellt der Bw fest, dass die Behörde gar nicht bestreite, dass der Amtshandlung kein Dolmetscher beigezogen worden und der Bw über die rechtliche Bedeutung der verfügten Ausweisung nicht aufgeklärt worden sei. Vor diesem Hintergrund träfe den Bw kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens im Sinne der Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Antrag hätte somit stattgegeben werden müssen.

 

Es werde daher im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren beantragt, eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen und den Bescheid der BH Schärding vom 19. August 2010, GZ: Sich41-29-2010, aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass dem Antrag vom 13. August 2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben werde. In eventu wird beantragt, den angeführten Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidungsfindung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Gleiches hat – wie im gegenständlichen Fall – für Rechtsmittel bezüglich Ausweisungen zu gelten, da diese sich von der Wirkung her von einem Aufenthaltsverbot nicht wesentlich unterscheiden.

 

Im Sinne dieser Ausführungen ergibt sich schließlich in Verbindung mit § 72 Abs. 4 AVG, wonach gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung dem Antragsteller das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zusteht, nunmehr eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion des Bundeslandes Oberösterreich am 4. Juli 2011 zuständigkeitshalber der erkennenden Behörde übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte trotz diesbezüglichem Antrag abgesehen werden, da im Sinne von § 67d Abs. 4 AVG ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen ist, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs 1 EMRK nicht entgegensteht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bw im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4.  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

3.2. Dass der Bw durch die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 9. Februar 2010, mit welchem gegen ihn eine Ausweisung aus der Republik Österreich ausgesprochen wurde, einen Rechtsnachteil erleidet, da er durch das Versäumnis Prozesshandlungen, die zur Wahrung seiner Rechte und rechtlichen Interessen notwendig und zweckmäßig wären nicht mehr vornehmen kann, bedarf keiner näheren Erläuterung.

 

Die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch den Bw ist daher dem Grunde nach zulässig.

 

3.3. Zum Vorbringen des Rechtsmittelwerbers ist festzuhalten:

 

3.3.1. Vorab wird darauf hingewiesen, dass dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Leiterin der Amtshandlung vom 9. Februar 2010 um festzustellen, dass im Ausweisungsverfahren kein Dolmetscher beigezogen wurde bzw der Bw der deutschen Sprache nicht mächtig sei, von der Erstbehörde schon deshalb nicht entsprochen zu werden brauchte, als im gesamten Verfahren – wie in der hier gegenständlichen Berufung schließlich auch explizit vom Bw eingeräumt wird – zu keiner Zeit davon ausgegangen wurde, dass dem Verfahren ein Dolmetscher beigewohnt hätte. Auch wurde bislang zu keinem Zeitpunkt angezweifelt, dass der Bw der deutschen Sprache nicht mächtig ist und über die rechtliche Bedeutung der verfügten Ausweisung nicht weiter aufgeklärt wurde.

 

Eine Entsprechung des Beweisantrages hätte daher zu keinen im Verfahren verwertbaren Erkenntnissen führen können, weshalb die Unterlassung der Einvernahme einen Verfahrensfehler auch nicht zu bewirken vermochte.

 

3.3.2. Festzuhalten ist weiters, dass der Anmerkung am Ende des Ausweisungsbescheides, "der Inhalt des vorstehenden Bescheides" sei dem Betroffenen in einer "verständlichen Sprache zur Kenntnis gebracht" worden, keinerlei normative Wirkung beikommt und diese daher als irrelevant einzustufen ist.

 

Auch findet sich – soweit für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ersichtlich – in der Rechtsordnung keine die Behörden treffende Verpflichtung, Parteien über die rechtliche Bedeutung von erlassenen Bescheiden, in concreto über die Rechtsfolgen der verfügten Ausweisung, aufzuklären. Die in § 13a AVG geregelte Manuduktionspflicht bei nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretene Personen umfasst zum einen keinen materiellrechtlichen Auskünfte oder Erläuterungen. Zum anderen macht die Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung in einem Bescheid nach der lex specialis des § 61 AVG eine gesonderte Manuduktion gemäß § 13a AVG entbehrlich (VwGH 30.1.1986, 85/08/0183).

 

3.3.3. Fragwürdig ist schließlich, ob der Bw tatsächlich der deutschen Sprache völlig unkundig ist. Mehrfach wird im Berufungsvorbringen nämlich wörtlich darauf hingewiesen, dass der Bw das Bundesgebiet nach der Amtshandlung am 9. Februar 2010 "aufgrund der behördlichen Weisung" sofort verlassen habe. Dass der Bw der rechtlichen Anordnung des Ausweisungsbescheides unmittelbar Folge geleistet, jedoch den Inhalt desselben in keinster Weise verstanden hat, scheint prima vista zumindest zweifelhaft.

 

Die Klärung dieser Frage kann im weiteren Verfahren jedoch dahingestellt bleiben, da aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Entscheidung der belangten Behörde über den Wiedereinsetzungsantrag des Bw, wie im Weiteren darzulegen sein wird, eindeutig zu bestätigen ist.

 

3.4.1. Entgegen der Rechtsansicht des Bw und wie von der belangten Behörde zu Recht ausgeführt, regelt § 39a AVG nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur den mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien bzw den zu vernehmenden Personen (vgl VwGH 21.1.1999, 98/20/0304; 19.3.2003, 98/08/0028). Hingegen besteht im Allgemeinen kein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde (VwSlg 12.836 A/1989; VwGH 30.9.1998, 98/02/0281).

 

Schon daraus folgt, dass § 39a AVG auf schriftliche Erledigungen im Sinne des § 18 AVG keine Anwendung findet, sodass danach insbesondere schriftlichen Bescheiden keine Übersetzung beizufügen ist (vgl VwSlg 12.836 A/1989; VwGH 24.4.1990, 87/04/0223) und Zustellungen von Bescheiden nicht in Gegenwart eines Dolmetschers vorzunehmen sind (vgl VwGH 20.9.1989, 89/01/0292; 21.2.1996, 96/21/0010; 29.3.1996, 95/02/0274).

 

3.4.2. Weiters stellt der Umstand, dass eine Partei die deutsche Sprache überhaupt nicht oder nur mangelhaft beherrscht, schon prinzipiell keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar (siehe etwa VwGH 1.8.2000, 2000/21/0097; 19.9.2007, 2007/08/0097). Wie der Verwaltungsgerichtshof betont, handelt es sich weder bei der Zustellung eines in deutscher Sprache gehaltenen Bescheides noch bei der Unkenntnis der deutschen Sprache um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs 1 Z 1 AVG (siehe ua VwGH 7.10.1993, 93/01/0910; 19.11.1999, 96/19/1221).

 

Vielmehr genüge es, dass dem Sprachunkundigen bewusst gewesen sein musste, rechtlich bedeutsame behördliche Schriftstücke erhalten zu haben (vgl VwGH 11.10.2001, 98/18/0355; 19.11.2003, 2003/21/0090). Bestehe Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des behördlichen Schreibens, habe sich die Partei – allenfalls unter Heranziehung eines Dolmetschers – mit dem Inhalt der Erledigung einschließlich der Rechtsmittelbelehrung vertraut zu machen (VwGH 27.1.2004, 2003/21/0167). Vor allem der Rechtsmittelbelehrung sei von einem Fremden, der die deutsche Sprache nur ungenügend beherrsche, besondere Aufmerksamkeit zu widmen (VwGH 10.5.2000, 95/18/0972). Weil aus dieser die Zulässigkeit und die Art des zur Verfügung stehenden Rechtsmittels sowie die Einbringungsbehörde und die Dauer der Frist hervorgehe, treffe den Sprachunkundigen diesbezüglich eine erhöhte Sorgfaltspflicht (VwGH 7.8.2001, 98/18/0068). Habe es eine der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Partei verabsäumt, diesbezüglich entsprechende Erkundigungen einzuholen, treffe sie ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden (vgl VwGH 12.12. 1997, 96/19/3394; 10.5.2000, 95/18/0972).

 

Anders gewendet: Da der Bw nicht davon ausgehen durfte, dass ein schriftlicher Bescheid samt der Rechtsmittelbelehrung (vgl auch VwGH 24.4.1990, 87/04/0223) in einer ihm verständlichen Sprache erlassen wird, kann die Unkenntnis der deutschen Sprache auch nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG angesehen werden (vgl VwSlg 12.836 A/1989).

 

3.5. Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung kann das Vorbringen des Bw, aufgrund seiner mangelhaften Kenntnisse der deutschen Sprache erst am 13. August 2010 gegen den am 9. Februar 2010 zugestellten Bescheid Rechtsmittel erhoben zu haben, nicht zum Erfolg führen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.6. Abschließend wird angemerkt, dass der am 1. Juli 2011 durch das Bundesgesetz BGBl I 2011/38 in Kraft getretene § 59 Abs. 1 FPG 2005, wonach Entscheidungen gemäß den §§ 52 bis 56 leg cit – Ausweisungen gemäß § 53 FPG 2005 vor der Novelle BGBl I 2011/38 sind nunmehr als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG 2005 in der geltenden Fassung zu qualifizieren – in Bescheidform ergehen und den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Drittstaatsangehörigen verständlichen Sprache oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Drittstaatsangehörige sie versteht, zu enthalten haben, widrigenfalls ein Wiedereinsetzungsgrund vorliege, im gegenständlichen Fall außer Betracht bleiben kann, weil der in Rede stehende Sachverhalt bereits zu einem Zeitpunkt verwirklicht wurde, in welchem die genannte Vorschrift noch nicht bestand.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

对使用法律手段的指示:

 

针对此判决不可以进行普通民事上诉。

 

指示:

 

在判决书发送之日起六个星期内,您可以向宪法法院和或行政法院提起; ( 除非法定特例) 由全权代理律师递送。每份抗收取手续费220欧元。

 

 

Bernhard Pree

Beschlagwortung:

§§ 39a AVG, 71 Abs.1 AVG;

Wiedereinsetzung, Dolmetscher, mangelnde Sprachkenntnisse;

 

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