Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720302/3/BP/Wu

Linz, 23.11.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried/I. vom 27. Juni 2011, GZ: Sich40-16957, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das gegen den Berufungswerber auf fünf Jahre befristete Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf eine Befristung von drei Jahren herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried/I. vom 27. Juni 2011 GZ.: Sich40-16957, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt und ihm gleichgehend ein einmonatiger Durchsetzungsaufschub gewährt. Als Rechtsgrundlagen werden § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 sowie §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF. genannt.

 

1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum  Sachverhalt aus, dass der Bw am X in Deutschland geboren sei, verheiratet und für seine rumänische Gattin sowie für seinen rumänischen Stiefsohn Sorgepflichten habe und seit 15.5.2008 in Österreich wohne, wobei die Hauptwohnsitzmeldung am 7. Mai 2009 erfolgt sei.

 

Weiters schienen gegen den Bw im deutschen Zentralregister folgende (14) Vorstrafen auf:

 

1.  Verurteilung durch das AG Marburg am 25.02.1986, 12B LS 6 JS 9603/85, wegen Diebstahls in 13 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, nach StGB § 25 Abs. 2, § 52, § 53, § 242, § 243, StVG § 21, JGG § 1, § 3 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr unter Bestimmung einer Bewährungszeit von 2 Jahren;

2.      Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 18.02.1988, 15 JS 36605/87 - 3 LS, wegen schweren Diebstahls in 4 Fällen, davon in 2 Fällen fortgesetzt und gemeinschaftlich han­delnd, wegen Diebstahls in 3 Fällen, davon in einem Fall gemeinschaftlich handelnd, wegen fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis und ohne Haftpflichtversicherung, Urkundenfäl­schung sowie Sachbe­schädigung nach StGB § 303, § 267, § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2, § 52, § 53, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, PFLVG § 1, § 6, JGG § 1, § 3, § 57 zu einer Ju­gendstrafe von 2 Jahren unter Bestimmung einer Bewährungszeit von 2 Jahren unter Einbeziehung von 1.;

3.      Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 27.09.1988, 26 JS 151652/88 - 3 LS, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 2 Fällen, davon in einem Fall fortgesetzt und in Tateinheit mit Kennzeichenmissbrauch sowie Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz und die Abgabenordnung, in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl in einem besonders schweren Fall sowie Urkundenfälschung nach StGB § 267, § 242, § 243 Abs. 1, § 53, § 52, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1, PFLVG § 1, § 6 Abs. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, JGG § 1, §3 zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten unter Einbeziehung von 1. und 2.;

4.      Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 08.05.1991, 10 JS 41904/90 3 LS, wegen schweren Diebstahls, fortgesetzten versuchten schweren Diebstahls, Körperverletzung und Sachbeschädigung nach StGB § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 1, § 223, § 303, § 52, § 53, § 22, § 23, JGG § 1, § 105, § 21 zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten unter einer Be­währungszeit von 3 Jahren;

5.      Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 26.02.1993, 10 JS 23449/91-3 LS, wegen schweren Diebstahls in 3 Fällen, davon in einem Fall fortgesetzt und gemeinschaftlich handelnd, sowie Diebstahls nach StGB § 243 Abs. 1 Nr. 1, 2, § 242, § 53, § 52, § 25 Abs. 2, JGG § 1, § 105, § 57 zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten;

6.      Verurteilung durch das AG Darmstadt am 26.04.1995, 19 JS 1356.2/95 242 CS, wegen un­erlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach BtMG § 1, § 29 Abs. 1 Nr. 3, § 33 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 5 DM;

7.      Verurteilung durch das LG Darmstadt am 23.06.1995, 10 JS 42810.5/93 2 KLS, wegen ge­meinschaftlichen Betrugs sowie gemeinschaftlichen Totschlags nach StGB § 212, § 263, § 25 Abs. 2, § 53, § 45 Abs. 1 zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren;

8.      Verurteilung durch das AG Butzbach am 14.10.1999, 504 JS 2185/99 C 3 DS, wegen uner­laubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach BtMG § 1, § 29 I Nr. 3, § 33, StGB § 74 zu ei­ner Freiheitsstrafe von 4 Monaten;

9.      Verurteilung durch das AG Frankfurt am Main vom 11.09.2006, 5310 Js 215439/06 941 Cs, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Heroin und Haschisch) nach BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 3, § 33 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 8 Euro;

10.  Verurteilung durch das AG Miesbach vom 08.02.2007, 2 Ds 56 Js 45053/06, wegen vorsätz­lichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichen Verstoßes gegen das PflVG nach StGB § 52, 56, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, PFIVG § 1, § 6 Abs. 1 zu einer Frei­heitsstrafe von 4 Monaten unter Bestimmung einer Bewährungszeit von 3 Jahren;

11.  Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 05.04.2007, 430 Js 44327/06 32 Ds, wegen Diebstahls in zwei Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis nach StGB § 242 Abs. 1, § 53, §54, § 56, StVG § 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1 zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten unter Bestimmung einer  Bewährungszeit bis 04.04.2011;

12.  Verurteilung durch das AG Groß-Gerau am 03.12.2007, 430 Js 44327/06 32 Ds, zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten; nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von 10. und 11. sowie Bestimmung einer Bewährungszeit bis 04.04.2011;

13.  Verurteilung durch das AG Oldenburg am 11.12.2007, 43 Ds 441 Js 51400/07 (183/07), wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach StGB § 44, StVG § 2, § 21 Abs. 1 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 8 Euro;

14.  Verurteilung durch das AG Oldenburg am 27.03.2008, 43 Ds 441 Js 70673/07 (2/08), wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach StGB § 44, § 55, § 56, § 56d, StVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten unter Bestimmung einer Bewäh­rungszeit von 3 Jahren und Einbeziehung von 13.

In Österreich sei der Bw zudem vom Landesgericht Ried/I. am 14.10.2010, 7 Hv 37/10 v, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigem Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1, 130 4. Fall StGB sowie wegen der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB sei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von 9 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, 3 Monate Freiheitsstrafe unbedingt verhängt worden. Einer dagegen erhobenen Berufung habe das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 07.03.2011, 10Bs 42/11i, teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in seinem Strafausspruch dahin­gehend abgeändert, dass ein Strafteil von 11 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen werde und der unbedingte Teil 1 Monat betragen würde (rechtskräftig seit 07.03.2011).

 

Der Bw sei vom Gericht für schuldig befunden worden, in X am Inn

I.   fremde bewegliche Sachen dem X mit dem Vorsatz weggenommen zu haben und sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er Einbruchsdieb­stähle in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar durch Eindringen in das Gast­haus "Goldenes Kreuz" unter Verwendung eines widerrechtlich erlangten Schlüssels,

i)   am 03.09.2009 durch Wegnahme einer Kellnerbrieftasche mit € 60,00 Bargeld,

ii)  zwischen 06.10.2009 und 08.10.2009 durch Wegnahme von € 60,00 an Bargeld,

iii) am 02.11.2009 durch Wegnahme einer schwarzen Kellnerbrieftasche mit          € 50,00 Bargeld,

 

ll.   den X dadurch geschädigt zu haben, dass er die unter I. i) und iii) erwähnten Kellnerbrieftaschen aus dessen Gewahrsam dauernd entzogen habe, ohne sich die Sachen zuzueignen, dadurch, dass er sie

i)   am 03.09.2009 auf der Fahrt von X nach Geinberg in ein unbekanntes Feld weggeworfen habe, Schaden € 60,00;

ii)  am 02.11.2009 in einen Mistkübel der Shell Tankstelle in Suben weggeworfen habe, Schaden € 60,00.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 23.05.2011 sei dem Bw zur Kenntnis gebracht worden, dass beabsichtigt sei, gegen den Bw auf Grund seines Fehlverhaltens gemäß § 86 FPG ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu erlassen.

 

In einer Stellungnahme vom 25. Mai 2011 habe der Bw angegeben, dass er sich seit 2008 in Österreich aufhalte und bei der Firma X beschäftigt sei – dzt. sei er aber wegen einer Thrombose freigestellt. Das Beschäftigungsverhältnis würde jedoch nach seiner Genesung wieder fortgeführt werden. Seine Frau sei als Küchenhilfe tätig und sein Stiefsohn besuche die 3. Volksschulklasse. Bei seinen Taten handle es sich um einmalige Fehltritte und er ersuche daher von einem Aufenthaltsverbot abzusehen, da sein Lebensmittelpunkt sowie seine familiäre Zukunft in Österreich lägen. Seit 15. Mai 2011 beziehe der Bw Arbeitslosengeld.

 

1.1.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass - aufgrund der EWR-Bürgerschaft des Bw - im vorliegenden Fall § 86 Abs. 1 FPG anzuwenden sei. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei demnach erforderlich, dass das persönliche Verhalten des Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit bzw. ein Grundinteresse der Gesellschaft gegenwärtig, nachhaltig und schwerwiegend gefährde. Zur Beurteilung könne allerdings als Orientierungsmaßstab auf den Katalog des § 60 FPG zurückgegriffen werden.

 

Gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (früher § 36 Abs. 1 Fremdengesetz) ein Aufenthaltsverbot auch dann erlassen werden könne, wenn triftige Gründe vorlägen, die zwar nicht die Voraussetzungen der in Abs. 2 angeführten Fälle aufwiesen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die in § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme rechtfertigen würden.

 

Die belangte Behörde sei demnach unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamtverhaltens des Fremden berechtigt zu prüfen, ob die im § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

 

Aus der Schwere der oa. gerichtlichen Verurteilung allein in Österreich gehe hervor, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz erfüllt sei. Zudem lägen noch 7 einschlägige Verurteilungen wegen in der Bundesrepublik Deutschland begangener Straftaten vor, die noch nicht getilgt seien und daher ebenso zweifelsfrei den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllen würden.

 

Insgesamt manifestiere sich aus den planmäßigen, vielfach einschlägigen Vorgehen, dass beim Bw eine ausgeprägte kriminelle Neigung gegeben sei und er nicht gewillt sei, Eigentum und körperliche Integrität anderer sowie die in einer demokratischen Gesellschaft geschützten Werte zu respektieren. Diesbezüglich könnten – entgegen dem Vorbringen des Bw – die Straftaten nicht als einmalige Fehltritte angesehen werden, sondern bewiesen einen kontinuierlich bestehenden groben Charaktermangel. Es sei somit von einer äußerst negativen Zukunftsprognose auszugehen, wodurch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch in Hinblick auf § 66 FPG und die in Art. 8 EMRK geschützten Werte dringend erforderlich sei. Aufgrund der 20-jährigen Straf- und Urteilsbiographie sei mit keiner Besserung zu rechnen. Ein allenfalls angedachter Neubeginn in Österreich müsse – aufgrund der Wiederholung der Straftaten - als gescheitert betrachtet werden.

 

Nachdem der Bw seit Mai 2008 in Österreich aufhältig, teils als Koch bzw. Maler beschäftigt gewesen sei und sich seine Ehegattin und sein Stiefsohn hier aufhalten würden, werde durch ein Aufenthaltsverbot fraglos in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Allerdings wiege das öffentliche Interesse (wie oa.) bedeutend schwerer als die privaten bzw. familiären Interessen des Bw, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet auch als verhältnismäßig kurz zu bezeichnen sei. Von einer gelungenen beruflichen Integration könne ebenfalls nicht gesprochen werden. Auch wenn die Maßnahme Auswirkungen auf die rumänische Ehegattin und den rumänischen Stiefsohn hätten, so sei ein Wohnsitzwechsel diesen zumutbar, da sich diese Angehörigen nicht einmal zwei Jahre im Bundesgebiet befänden. Die Ehegattin könne sogar ihre berufliche Tätigkeit als Pendlerin weiter ausüben. Auch für den Bw selbst ergäben sich bei einer beruflichen und sozialen Reintegration keine nennenswerten Schwierigkeiten.

 

Durch das vom Bw gezeigte Verhalten sei die öffentliche Ordnung und Sicherheit tatsächlich, nachhaltig und erheblich gefährdet, was zur Notwendigkeit des Aufenthaltsverbotes führe. Unzulässigkeitsgründe im Sinne des § 61 FPG lägen keine vor.

 

Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes, die nach § 63 FPG bis zu unbefristet hätte erlassen werden können, könne frühestens in 5 Jahren mit dem Wegfall der zur Erlassung führenden Gründe gerechnet werden.  

 

1.2.1. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Berufung mit Schreiben vom 13. Juli 2011.

 

1.2.2. Zum Sachverhalt wird darauf hingewiesen, dass die Verurteilung des LG Ried bzw. des OLG Linz in Anbetracht des geringen Schadens 12 Monate - davon allerdings 11 Monate bedingt – ausgefallen sei. Hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht Groß-Gerau vom 5. April 2007 zeige schon der Umstand, dass ein Amtsgericht befasst gewesen sei, den geringen Schaden. Diesbezüglich sei das in Rede stehende Urteil beizuschaffen. Schon 14 Jahre davor sei der Bw wiederum vom Amtsgericht Groß-Gerau wegen eines Eigentumsdelikts verurteilt worden. 

 

Es werde eingeräumt, dass der Bw seit 1986 (als 15- bzw. 16-Jähriger) mehrmals wegen Diebstahls verurteilt worden sei – seit dem Jahr 2000 allerdings nur mehr wegen geringem Schadens. Ohne Kenntnis der Diebstähle aus dem Jahr 2006 und 2007 könne die Gefährdungsprognose nicht erstellt werden.

 

Ergänzend sei zum Sachverhalt festzustellen, dass der Bw seine Gattin über eine rumänische Arbeitskollegin kennen gelernt habe. Sprachhindernisse seien nicht störend gewesen.

 

Die Gattin des Bw sei sehbehindert und arbeite als Tellerwäscherin. Sie könne nicht mit dem Auto bzw. nicht richtig mit dem Fahrrad fahren. Daher wäre es ihr nicht möglich vom angrenzenden X (Bayern) nach X zur Arbeit zu gelangen. In X würden auch Cousinen bzw. eine Schwester seiner Frau leben. Das Verhältnis zu seinem Stiefsohn sei gut, und der Bw unterstütze diesen bei den Hausübungen. Er nehme am Schulerfolg Anteil und kenne auch die Lehrerinnen.

 

Gemeinsam mit seiner Gattin betreue er einen Schrebergarten in X und sei Mitglied im dortigen Verein. Der Bw besuche mit seinem Stiefsohn den Fußballplatz, wo letzterer vereinsmäßig spiele. Auch sei der Stiefsohn Jungfeuerwehrmann. Der Bw pflege viele Kontakte in X, wo er akzeptiert und geschätzt werde. Hingegen habe er den Kontakt zu den Verwandten in Deutschland abgebrochen.

 

Der Bw habe die Absicht, mit seiner Gattin einen kleinen Imbiss zu eröffnen, falls ein Kredit bewilligt werde.

 

Aus all diesen Gründen hätte die Abwägung des Privat- und Familienlebens gegen die öffentlichen Interessen zugunsten des Bw ausfallen müssen.

 

1.2.3. In rechtlicher Hinsicht wird zunächst auf die Novelle des Fremdenpolizeigesetzes (Fremdenrechtsänderungsgesetz), BGBl. I Nr. 38/2011, sowie die damit verbundene Neunummerierung hingewiesen.

 

Hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen über die vorhandene kriminelle Neigung des Bw, gesteht dieser ein, dass sein Vorleben erheblich getrübt sei. Er habe aber in Österreich einen Neubeginn versucht und Drogen sowie dem Fahren ohne Führerschein abgeschworen. Die vielfachen Gerichtsdelikte des Fahrens ohne Lenkerberechtigung könnten hier jedoch nicht gewertet werden, da diese Taten in Österreich als Verwaltungsübertretungen geahndet würden.

 

Das Wegnehmen der Kellnerbrieftaschen gebe er zu, es würde sich dabei aber um eine unzulässige Eigenhilfe in einem arbeitsrechtlichen Streit handeln. Der Arbeitgeber sei ihm Geld schuldig gewesen. Er gebe zu, dass es sich nicht um eine optimale Lösung dieses Konflikts gehandelt habe. Das LG Ried und das OLG Linz hätten dem Bw aber eine Chance gegeben, was die belangte Behörde nicht getan habe.

 

Es könne nicht davon die Rede sein, dass vom Bw eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgingen.

 

Weiters wendet sich der Bw gegen die Art und Struktur der Interessensabwägung, bei der ihm fälschlicher Weise die inländische Integration abgesprochen worden sei. Die Erstbehörde habe zu wenig darauf geachtet, dass der Bw seine Frau vor seiner Straffälligkeit in Österreich kennengelernt habe.

 

Abschließend wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 15. Juli 2011 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vorgelegt.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Nachdem die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsangaben in der Berufung nicht angezweifelt werden, erübrigt sich auch aus diesem Grund eine weitere mündliche Erörterung.

 

Hiezu ist auch darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen ua. vom 21. Dezember 2010, ZI. 2007/21/0528 und vom 5. Juli 2011; ZI. 2008/21/0671-6, explizit ausgeführt hat, dass im fremdenpolizeilichen Administrativverfahren ein Recht des Fremden von der Berufungsbehörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.2. und 1.2.2. dargestellten widerspruchsfreien Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

3.1.2. Beim Bw handelt es sich um einen deutschen Staatsangehörigen, der von seiner Freizügigkeit Gebrauch machte, indem er sich in Österreich niederließ, also um eine Person des in § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises. Nachdem sich der Bw nicht schon seit 10 Jahren im Bundesgebiet aufhält, kommt § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG nicht zur Anwendung.

 

3.2.1. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nachhaltig und schwerwiegend zu gefährden.

 

3.2.2.1. Zunächst ist dabei zu klären, inwieweit die in Deutschland begangenen Straftaten bei der in Rede stehenden Beurteilung in Betracht zu ziehen sind. § 67 FPG gibt darüber keinen Aufschluss. Dies korreliert mit der Vorgängerbestimmung des § 86 FPG, in der Fassung des BGBl. I Nr. 17/2011, die die relevante Rechtslage im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bildete.

 

3.2.2.2. Nun ist aber mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung festzuhalten, dass § 60 FPG in der damaligen Fassung als Orientierungsmaßstab anzusehen war, weshalb die belangte Behörde völlig zurecht mit Verweis auf Abs. 3 dieser Bestimmung i.V.m. § 73 StGB die einschlägigen – in der Bundesrepublik Deutschland geahndeten gerichtlichen Straftaten in die Beurteilung mit einbezog.

 

In der aktuellen Fassung des FPG (BGBl. I Nr. 38/2011) findet sich eine dem § 60 Abs. 3 FPG alt) vergleichbare Regelung in § 53 Abs. 5, wonach auf § 73 StGB verwiesen wird.

 

In Ermangelung einer diesbezüglichen expliziten Regelung dieser Frage in § 67 FPG ist nun zu erörtern, dass diese Norm per se generell keine Umschreibung bzw. keinen Katalog von relevanten Gerichtsdelikten anführt (weder inländische noch ausländische). In diesem Sinn wird – wie schon bei der vorhergehenden Gesetzeslage – ein Orientierungsmaßstab anzunehmen sein, wobei sich hier § 53 Abs. 5 FPG anbietet.

 

3.2.2.3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sofern eine Straftat nicht getilgt ist und sofern der Tatbestand des § 73 StGB erfüllt ist, dass auch ausländische Verurteilungen in die Beurteilung des Verhaltens eines EWR-Bürgers miteinzubeziehen sind.

 

Gemäß § 73 StGB stehen, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen sind.

 

3.2.2.4. Mit Ausnahme der zahlreichen gerichtlichen Verurteilungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, die – der Berufungsargumentation folgend – in Österreich als Verwaltungsübertretungen geahndet werden, sind also die in der Bundesrepublik begangenen und abgeurteilten Straftaten wie ua. zahlreiche Vermögensdelikte (Diebstahl Betrug Sachbeschädigung), aber auch Totschlag, Körperverletzung und Suchtgiftdelikte grundsätzlich für die Gefährlichkeitsüberprüfung heranzuziehen.

 

3.2.3.1. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. eines Grundinteresses der Gesellschaft muss nach § 67 Abs. 1 FPG nachhaltig und erheblich sein.

Maßgeblich ist nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Beginnend bei der letzten Verurteilung (durch das LG Ried / das OLG Linz) steht außer Zweifel, dass Einbruchsdiebstähle – noch dazu, wenn gewerbsmäßig begangen – eine erhebliche Gefährdung des Interesses der Gesellschaft am Schutz des Eigentumsrechts darstellen. Dazu führte das LG Ried in der Urteilsbegründung aus: "Der Angeklagte beging bewusst Einbruchsdiebstähle mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel und er wollte sich durch den Diebstahl der Geldbeträge in Höhe von insgesamt 180 Euro unrechtmäßig bereichern und es kam ihm darüber hinaus geradezu darauf an, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen."

 

Auch, wenn man – wie sich aus dem Urteil und der Berufung erschließen lässt – berücksichtigt, dass der Bw behauptet die Einbrüche begangen zu haben, weil er von seinem Arbeitgeber unter Kollektivvertrag entlohnt worden sei, ändert dies nur wenig an der Bejahung der Erheblichkeit. Es liegt sicher im gesteigerten Interesse der österreichischen Gesellschaft allfällige arbeitsrechtliche Konflikte nicht in (zweifelhafter) Selbstjustiz durch Verbrechen (wie im vorliegenden Fall) zu lösen. Dass dem Bw die Tragweite dieser Handlungsweise nicht voll bewusst sein dürfte, zeigt seine Äußerung in der Berufung, wonach die Vorgangsweise lediglich als nicht optimale Konfliktlösung bezeichnet wird. Jedenfalls stellt alleine die letzte Verurteilung schon eine erhebliche Gefährdung dar. Nicht zu sprechen davon, dass der Bw – wie oben ausgeführt – neben Suchtgiftdelikten auch Körperverletzung und sogar Totschlag beging, wobei diese Umstände das Bild der kriminellen Neigung des Bw vervollständigen.

 

3.2.3.2. Die ebenfalls geforderte Nachhaltigkeit der Gefährdung liegt in Anbetracht dessen, dass der letzten Verurteilung 7 einschlägige Verurteilungen über einen beachtenswerten Zeitraum vorangegangen waren, jedenfalls vor. Dem Bw muss ein ausgeprägtes Maß an krimineller Energie zugemessen werden, das sich, seit frühester Jugend manifestiert, auch durch entsprechende Verurteilungen nicht in den Griff bekommen ließ.

 

3.2.3.3. Der Bw wendet nun ein, in Österreich einen Neubeginn beabsichtigt und Drogen sowie dem Fahren ohne Führerschein abgeschworen zu haben. Damit verneint er die Gegenwärtigkeit der von ihm ausgehenden Gefährdung.

 

Nun ist aber auf die – über Jahre - gefestigte kriminelle Energie des Bw hinzuweisen, die es ihm nicht möglich machte, seinen guten Vorsatz konsequent zu verfolgen. Es reicht nicht, lediglich einen Teil seiner kriminellen Aktivitäten einzustellen (Drogen und Fahren ohne Lenkerberechtigung) und im Gegenzug weiterhin Eigentumsdelikte zu begehen. Durch seine – noch dazu gewerbsmäßig begangenen – Einbruchsdiebstähle führte er seinen Vorsatz in Österreich neu zu beginnen selbst ad absurdum.

 

Es mag eingewendet werden, dass die in Rede stehenden Straftaten schon zwei Jahre zurückliegen. In Anbetracht der Schwere und der kontinuierlichen Begehung über zwei Jahrzehnte hinweg, kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass das kriminelle Potential nunmehr nicht mehr bestehen würde. Im Gegenteil ist zu konstatieren, dass die festgestellte kriminelle Energie weiterhin zu bejahen sein wird, was die Gegenwärtigkeit der Gefährdung untermauert. Das eher als momentan zu bezeichnende Wohlverhalten des Bw steht den obigen Ausführungen nicht effektiv entgegen.

 

3.2.3.4. Im Ergebnis ist also zu konstatieren, dass durch das vom Bw gezeigte Verhalten das öffentliche Interesse der Gesellschaft an der Verhinderung von strafbaren Handlungen generell, die Verhinderung von Eigentumsdelikten speziell, gegenwärtig, nachhaltig und erheblich gefährdet ist und ihm keinesfalls eine günstige Zukunftsprognose auszustellen ist.

 

Grundsätzlich liegt somit der Tatbestand des § 67 Abs. 1 vor, weshalb die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw zulässig erscheint.

 

Allerdings ist im in Rede stehenden Fall auch besonders auf das Privat- und Familienleben des Bw im Sinne einer Interessensabwägung Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich effektiv zu begegnen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

3.4.2. Es steht außer Frage, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot massiv sowohl in das Privat- als auch Familienleben des Bw eingreift. Er ist mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet und lebt mit ihr und seinem Stiefsohn im selben Haushalt in X. Den Hauptwohnsitz begründete er im Mai 2009, war aber auch schon davor mittels Nebenwohnsitz seit dem Jahr 2008 aufhältig. Dieser Aufenthalt war nicht als rechtswidrig anzusehen. Das Familienleben ist fraglos grundsätzlich als schützenswert einzustufen.

 

Auch kann dem Bw – entgegen der Feststellungen im angefochtenen Bescheid – ein gewisses Maß an beruflicher Integration zugestanden werden, wenn auch nach Aktenlage keine durchgängige Erwerbstätigkeit festgestellt werden kann.

 

Weiters vermittelte der Bw in der Berufung glaubhaft, dass bei ihm – vor allem aber auch bei seinen Angehörigen – ein den Umständen entsprechendes Maß an sozialer Integration vorliegt. Er selbst ist Mitglied im örtlichen Schrebergarten-Verein und pflegt auch sonst lokal Kontakte.

 

Im Gegenzug ist aber auch festzuhalten, dass aufgrund des nur kurzen Aufenthalts in Österreich, gemessen an seinem Lebensalter, dem Bw eine Rückkehr nach Deutschland jedenfalls zumutbar ist. Es bestehen diesbezüglich weder sprachliche noch kulturelle Barrieren zum angrenzenden Bayern. Wenn der Bw einwendet, dass er in Österreich beabsichtigt gemeinsam mit seiner Gattin  einen Imbiss zu betreiben, falls die Kreditwürdigkeit festgestellt werde, ist ihm entgegen zu halten, dass er diese Absicht genau so gut in Deutschland verwirklichen könnte und keinesfalls auf einen Standort in Österreich angewiesen ist. Ohne Vorweggriff sei hier auch schon angemerkt, dass bei Verwirklichung dieses Vorhabens auch die relevierte Problematik der Sehbehinderung der Ehegattin und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Wegstrecken vom Wohnort zur Arbeitsstätte bewältigt werden könnten.

 

Bei einem allfälligen Wohnsitzwechsel ins benachbarte Bayern ließen sich darüber hinaus auch die sozialen Kontakte des Bw wie auch die seines Stiefsohns (Feuerwehr bzw. Fußballverein) unschwer aufrecht erhalten. 

 

Zu der massiv eingestuften Straffälligkeit des Bw bedarf es keiner weiteren Ausführungen, weshalb hiezu auf die obige Darstellung verwiesen wird.

 

Es ist einzuräumen, dass das Privat- bzw. Familienleben des Bw zu einem Zeitpunkt entstand, als sein Aufenthalt im Bundesgebiet noch nicht in Frage gestellt war. Etwaige Verzögerungen von Seiten der österreichischen Behörden sind nicht festzustellen.

 

3.4.3. Im vorliegenden Fall sind aber auch die Interessen der rumänischen Ehefrau und des Stiefsohnes zu erörtern (vgl. § 61 Abs. 3 FPG). Dazu ist zunächst auf die oben schon getroffenen Feststellungen zu verweisen. Auch für die Ehegattin und den Stiefsohn würde ein allfälliger Wohnsitzwechsel weder eine sprachliche noch kulturell relevante Veränderung mit sich führen. Wenn auch die Tatsache der Sehbehinderung der Ehegattin nicht in Frage gestellt wird, so ist doch festzustellen, dass eine der jetzigen vergleichbare Beschäftigung auch in Bayern (mit guter verkehrstechnischer Erreichbarkeit) keinesfalls ausgeschlossen wäre oder wie oben dargestellt, mittels eigenem betriebenen Imbiss diese Frage nicht weiter problematisiert wäre. Nicht zuletzt ist festzuhalten, dass es zwischen X und X wohl eine nicht unverhältnismäßige öffentliche Verkehrsverbindung geben würde.

 

Für den Stiefsohn könnte ein Wohnsitzwechsel wohl eine schulische Veränderung herbeirufen, die aber durch das Nicht-Bestehen einer (sonst bei Aufenthaltsverboten durchaus gegebenen) Sprachbarriere gemildert erscheint. Zu dessen Sozialkontakten wird auf die obigen Feststellungen hingewiesen.

 

3.4.4. Aus all dem folgt, dass zwar ein Eingriff in das Privat- und Familieleben des Bw und seiner Angehörigen durch die Maßnahme zu bejahen ist, dass dieser aber im Verhältnis zu dem unter dem Punkt 3.2. eingehend dargestellten öffentlichen Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes weniger stark zu gewichten ist.

 

3.5. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes sind als maximaler Rahmen nach § 67 Abs. 2 FPG 10 Jahre vorgesehen. In Anbetracht der familiären Situation sowie seiner grundsätzlichen Integration erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates einen Zeitraum von 3 Jahren für angemessen, um dem Bw die Möglichkeit zu geben, den von ihm wiederum behaupteten Gesinnungswandel entsprechend unter Beweis zu stellen.

 

In diesem Punkt war also zugunsten des Bw vom angefochtenen Bescheid abzuweichen.

 

3.6. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wird dieser gesetzlichen Vorgabe somit gerecht.

 

3.7. Es war daher im Ergebnis der Berufung hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes stattzugeben, diese auf 3 Jahre herabzusetzen und im Übrigen der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

Bernhard Pree

 

 

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